Vertrag von Saint-Germain
Für den gleichnamigen Vertrag siehe Vertrag von Saint-Germain-en-Laye (1679) Dieser Artikel befaßt sich mit der Zerschlagung Österreich-Ungarns, zur Zerschlagung des Deutschen Reiches siehe auch Versailler Vertrag.
Der Vertrag von St. Germain war einer der Pariser Vorortverträge, die den Ersten Weltkrieg formal beendeten. Er wurde zwischen Österreich und 27 alliierten und assoziierten Mitgliedern abgeschlossen, wobei Österreich keinesfalls gleichberechtigter Vertragspartner, sondern vielmehr Befehlsempfänger der Engländer und Franzosen war. Das Vertragswerk diktierte nach dem Ersten Weltkrieg die Auflösung der österreichischen Reichshälfte (die im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder) Österreich-Ungarns und die Bedingungen für die neue Republik Österreich. Der Vertrag von Trianon regelte die Situation Ungarns, des anderen Teilstaates der vormaligen Doppelmonarchie. Der am 2. September 1919 den österreichischen Delegierten übergebene Vertrag wurde am 10. September 1919 im Schloß Saint-Germain-en-Laye unterzeichnet. Mit dem sogenannten „Vertrag“ wurde das ehemalige Habsburger Reich zerschlagen und der Zusammenschluß des verbliebenen deutschen Rest-Österreichs mit dem deutschen Reich verboten.
Inhaltsverzeichnis
Bestimmungen
Im Mai 1919 reiste eine österreichische Delegation nach St. Germain-en-Laye, aber eine direkte Teilnahme an den Gesprächen wurde ihr verweigert, lediglich schriftliche Vorschläge konnten unterbreitet werden. Auch dem Habsburger Herrscherhaus von Österreich-Ungarn wurde wie dem Deutschen Kaiserreich die angebliche Alleinschuld am Krieg zugewiesen.
Die wichtigsten Bestimmungen der 381 Artikel des Friedensvertrages von St. Germain waren:
- Böhmen, Mähren, Österreichisch Schlesien und einige Gemeinden Niederösterreichs (u. a. Feldsberg, der Bahnhof Gmünd und andere Gemeinden) gehen an die neu gegründete Tschechoslowakei, das Selbstbestimmungsrecht der deutschsprachigen Bevölkerung im Sudetenland (Deutschböhmen), die im Oktober 1918 eigenständige Provinzen gegründet hatten, findet dabei keine Berücksichtigung.
- Galizien geht an Polen.
- Südtirol, Welschtirol und das Kanaltal gehen an Italien.
- Istrien geht an Italien.
- Die Bukowina geht an Rumänien.
- Teile der Untersteiermark sowie das Kärntner Mießtal und das Seeland gehen an das neue Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen.
- Über Südkärnten ist eine Volksabstimmung darüber, ob es künftig zu Österreich oder zu Jugoslawien gehören möchte, durchzuführen.
- Westungarn geht an Österreich und erhält den Namen Burgenland (kommt von den vier Komitaten Wieselburg, Eisenburg, Ödenburg und Preßburg, aus deren Teilen das Burgenland gebildet wird).
- Die Verwendung von „Deutschösterreich“ als Staatsname wird verboten.
- Der Anschluß an das Deutsche Reich wird untersagt.
- Die Republik Österreich wird zu Reparationszahlungen verpflichtet.
- Eine allgemeine Wehrpflicht wird verboten. Es wird nur ein Berufsheer von 30.000 Mann erlaubt. Die Rüstungsfabriken und Waffen müssen zerstört werden.
Nach Abtrennung dieser Gebiete blieb von Österreich (Cisleithanien) ein Reststaat von etwa 6,5 Millionen Einwohnern. Dem Deutschen Reich wurden noch härtere Bedingungen und Reparationen auferlegt. Sinngemäß entsprach der sogenannte Vertrag von St.-Germain dem Versailler Vertrag.
Der Vertrag von St. Germain trat am 16. Juli 1920 förmlich in Kraft. Er hatte wie der sogenannte Versailler Vertrag zum Ziel, zwischen den Völkern Mitteleuropas dauerhaft Zwietracht und Feindschaft zu säen, um der französischen kontinentalen Vormacht und dem Weltmachtstreben Englands keinen Widerpart bieten zu können.
Dokumentation
- Der Vertrag von Saint-Germain und seine Folgen
Siehe auch
- Zerschlagung des Osmanischen Reiches im Zuge des Sykes-Picot-Abkommens
Literatur
- Bedingungen des Friedens mit Österreich, provisorische deutsche Übersetzung (1919) (PDF-Datei)
- Géza Lukács: Fort mit den Friedensverträgen von Versailles, Trianon, Neuilly, St. Germain, Sèvres, Berlin 1922 (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Gustav Stolper: Deutschösterreich als sozial- und wirtschafts-Problem (1921) (PDF-Datei)