Diskussion:Holocaust-Denkmal
Textablage aus der Artikelfassung vor dem 25.2.2025
Chronologie des „Holocaust“-Mahnmals
- August 1988: Lea Rosh fordert die Errichtung eines Holocaust-Denkmals in Berlin.[1] Im Land der Täter müsse ein „weithin sichtbares Zeichen“ für die „Opfer der Nazidiktatur gesetzt werden“. Das Mahnmal soll auf dem Gelände der ehemaligen Reichskanzlei im Zentrum Berlins gebaut werden.
- Im September 1988 ruft Lea Rosh in Berlin eine „Initiative engagierter Bürger“ ins Leben, die – unterstützt von namhaften Persönlichkeiten – einen privaten „Förderkreis zur Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas e. V.“ gründet und fortan die Errichtung eines „riesigen, unübersehbaren Mahnmals“ (Zitat: Lea Rosh) betreibt. Damit greift Rosh eine Idee Eberhard Jäckels (Hitler-Tagebücher) auf, der sie bei der Realisierung auch unterstützt.
- April 1992: Die Bundesregierung stimmt einem Standort am Brandenburger Tor zu.
- Mai 1994: Ein künstlerischer Wettbewerb wird ausgeschrieben. Es melden sich 1.200 Wettbewerbsteilnehmer.
- März 1995: Die Jury vergibt zwei erste Preise für den Architekten Simon Ungers und für eine Künstlergruppe um Christine Jackob-Marks.
- Juni 1995: Die Auslobenden – Bund, Berlin und Förderkreis – einigen sich auf den Marks-Entwurf: eine elf Meter hohe, 20.000 Quadratmeter große schiefe Ebene aus Beton. In diese sollen die Namen der Holocaust-Opfer eingemeißelt werden.
- Juli 1995: Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) bezeichnet den Entwurf als „nicht akzeptabel“ und fordert eine erneute Diskussion. Das durch die israelische Gedenkstätte Yad Vashem inspirierte Projekt, an dem sich neben Förderkreis und Land Berlin auch der Bund beteiligte und ein 20.000 Quadratmeter großes Areal zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz zur Verfügung stellte, wurde Gegenstand eines jahrelangen, zum Teil erbitterten öffentlichen Streites. Dieser brachte Rosh u. a. im Sommer 1995 in die Schlagzeilen, nachdem Kanzler Helmut Kohl (CDU) durch sein Veto gegen den preisgekrönten Entwurf einer fußballfeldgroßen Namensplatte mit 4,2 Millionen eingravierten Opfernamen eine neue Kontroverse auslöste.[2] Der Senat verschiebt wegen der Berlin-Wahl seine Entscheidung über den Bau auf 1996.
- Januar 1997: Berlins Kultursenator Peter Radunski (CDU) schlägt vor, neue Entwürfe für das Mahnmal einzuholen.
- Juli 1997: 25 in- und ausländische Künstler, darunter neun Preisträger des ersten Wettbewerbs, werden gebeten, ihre Modelle vorzustellen.
- November 1997: Vier Siegerentwürfe werden präsentiert, unter anderem der des Neu Yorker Architekten Peter Eisenman, der ein Stelenfeld vorsieht.
- Januar 1998: Zweite Ausschreibung, Sieger: Peter Eisenman. Idee: ein begehbares Feld mit 4.200 Betonstelen.
- Oktober 1998: Die rot-grüne Bundesregierung legt in ihrem Koalitionsvertrag fest, daß der Bundestag über das Mahnmal entscheiden soll.
- Erst nach dem Regierungswechsel im September 1998 wurde die Angelegenheit von der Koalition aus SPD und Grünen an den Bundestag übergeben, der sich mehrheitlich (314 gegen 209 Stimmen) für den verkleinerten Stelenfeld-Entwurf des jüdischen Architekten Peter Eisenman aussprach. Ein „Ort der Information“ über den „Mord an den Juden“ sollte integriert werden. Rosh protestierte gegen ein Mehrzweckhaus mit „Denkmals-Appendix“.[3] Sie sah das Denkmal gefährdet und zu Gunsten eines Museums von dem Gelände verdrängt und räumte deshalb ihren Platz in der „Stiftung Deutsches Holocaust-Museum“. Die Kosten für das monumentale Bauprojekt wurden auf 25 Millionen D-Mark veranschlagt.[2]
- Juni 1999: Der Bundestag entscheidet sich mit klarer Mehrheit für den Eisenman-Entwurf, nimmt aber Änderungen vor. Auf Anraten Roshs soll er um einen unterirdischen „Ort der Information“ ergänzt werden. Darin soll der Holocaust dokumentiert werden. – Zitat: Lea Rosh: „Herzstück ist dabei der ‚Raum der Namen‘, in dem die Daten von rund 3,5 Millionen Juden dokumentiert werden“. Etwa 1.000 Biographien sollen mit der Eröffnung für die Besucher multimedial zugänglich sein.
- Januar 2000: Symbolischer Baubeginn. Am vorgesehenen Standort unweit des Brandenburger Tores werden drei Informationstafeln enthüllt. Damit wird symbolisch der Baustart vollzogen.
- Mai 2000: Das Kuratorium favorisiert ein Modell Eisenmans, den „Ort der Information“ unterirdisch zu bauen.
- Juli 2000: Das Kuratorium stimmt dem Eisenman-Entwurf für den „Ort der Information“ zu. Er geht von zirka 800 Quadratmeter Ausstellungsfläche aus.
- Oktober 2000: Die zentrale israelische Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem erklärt sich bereit, der Mahnmal-Stiftung eine Datenbank mit allen bekannten Namen der jüdischen Holocaust-Opfer für den „Ort der Information“ zur Verfügung zu stellen.
- November 2000: Für das Mahnmal und den „Ort der Information“ werden Kosten in Höhe von 54 Millionen Mark veranschlagt.
- Mai 2001: Auf dem Mahnmal-Areal werden elf Musterstelen aufgestellt. Der Architekten-Entwurf sieht nunmehr 2.700 Betonstelen vor.
- Juli 2001: Ein Werbeplakat des Fördervereins, auf dem groß stand: „den holocaust hat es nie gegeben“, und darunter, kleingedruckt: „Es gibt immer noch viele, die das behaupten, in 20 Jahren könnten es noch mehr sein. Spenden Sie deshalb für das Denkmal für die ermordeten Juden Europas“, sorgte im Juli 2001 für massive Kritik und Strafanzeigen. Rosh begründete die „Schockwerbung“ mit dem Argument: „So ein einzigartiges Ereignis wie der Holocaust muss einzigartig vermittelt werden.“ Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, sagte, der Holocaust sei nicht dazu geeignet, mit „schreierischen, provokanten und letztendlich falschen PR-Gags das Richtige zu erreichen“. Im August 2001 gab Rosh, die in diesem Zusammenhang auch in ihrem Engagement scharf angegriffen wurde, das Ende der Plakataktion bekannt und bedauerte, daß der Spendenaufruf Anlaß zu Mißverständnissen gegeben habe.[2]
- April 2003: Baubeginn am Holocaust-Mahnmal
- 4. April 2003: Nach Querelen zwischen Eisenman, Regierung und Bauverwaltung beginnt die Arbeit am Denkmal.
- August 2003: Die Aufstellung der Stelen beginnt.
- Oktober 2003: Baustop. Das Kuratorium trennt sich vom Unternehmen Degussa, das mit dem Graffiti-Schutz beauftragt war, weil eine Tochterfirma im Zweiten Weltkrieg in die Produktion des Giftgases Zyklon B verwickelt war, das angeblich zur Judenvernichtung eingesetzt wurde.
- November 2003: Das Kuratorium revidiert seinen Beschluß.
- Im Oktober/November 2003 entbrannte ein Streit über die Beteiligung der Firma Degussa am „Holocaust-Mahnmal“, an dem seit Oktober 2001 gebaut wurde. Zum Schutz der 2.711 Betonstelen – vor allem gegen Farbschmierereien – sollte ein Speziallack von Degussa verwendet werden. Weil deren Tochterfirma Degesch in der Zeit des Nationalsozialismus das Insektizid „Zyklon B“ herstellte und vertrieb, protestierten Initiatoren des Denkmals, an ihrer Spitze Lea Rosh und Salomon Korn. Andere, darunter Paul Spiegel und der Architekt Peter Eisenman, bemühten sich um Vermittlung. Schließlich entschied das Stiftungskuratorium unter dem Vorsitz von Wolfgang Thierse, daß das Mahnmal weitergebaut werden solle – unter Verwendung des Degussa-Baustoffes.[2]
- März 2004: Spitzenvertreter der Jüdischen Gemeinde Berlins fordern wegen einer verbalen Entgleisung Eisenmans dessen Rückzug. Hintergrund ist ein von ihm erzählter „Judenwitz“ in einer Sitzung des Kuratoriums, woraufhin mehrere Mitglieder unter Protest den Saal verließen. Thierse soll im Auftrag der Gemeinde vermitteln und bei Eisenman eine Entschuldigung einholen. Eisenman entschuldigt sich für seine Äußerung.
- 12. Juli 2004: Richtfest. Die Hälfte der 2.711 Stelen steht.
- Dezember 2004: Die letzte Stele wird aufgestellt.
- Am 10. Mai 2005 wurde mit einem Festakt in Berlin das schließlich 27,6 Millionen Euro teure Denkmal für die Juden Europas eröffnet. Rosh sorgte in ihrer Ansprache für Aufsehen, als sie einen „Backenzahn“ und einen gelben Stoffstern präsentierte. Sie kündigte an, ein „persönliches Versprechen“ einzulösen und den Zahn mit samt dem Stoffstück in einer der Stelen zu versenken. Den Zahn habe sie im Sand neben einem der langen Gräber in einem polnischen „Vernichtungslager“ (Belzec) gefunden. Dabei habe sie geschworen, „daß wir den Ermordeten ein Denkmal setzen. Und dieser Zahn wird darin einen Platz finden“. Dies habe sie dann mit dem Architekten des Mahnmals, Peter Eisenman, verabredet. Der Stoffstern sei ihr von einer Frau in Amsterdam übergeben worden, deren Mutter während des Zweiten Weltkrieges ums Leben kam. Diese hatte ihrer Tochter zuvor das Stoffstück als Erinnerung in die Hand gedrückt. Rosh habe der Tochter versprochen, daß der Stern einen würdigen Platz findet. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, nannte den Plan „pietätlos“ und religiös fragwürdig, man sollte nicht versuchen, daraus „einen Reliquienschrein zu machen“.[4] Nach empörten Reaktionen nahm sie von dem Vorhaben Abstand und kündigte an, den Zahn nach Belzec zurückzubringen. Von ihren Gegnern wurde Rosh, die das Mahnmal als ihr „Lebenswerk“ bezeichnet hat, auch schon wahlweise mit Titeln wie „Gedenkdomina“, „Holocaustkassandra“ oder „Berufsjüdin“ bedacht.[2][5][6][7][8][9]
- Mit der Fertigstellung des Mahnmals 2005 sah Rosh ihre Arbeit dort nicht beendet, so wollte sie Besuchergruppen durch die Ausstellung führen und sich um die Finanzierung für den „Raum der Namen“ im „Ort der Information“ kümmern. Ein anderes Mahnmal war auf Betreiben von Rosh bereits 1994 in Hannover enthüllt worden: ein von Michelangelo Pistoletto entworfenes Denkmal mit den eingemeißelten ca. 2.000 Namen von Juden. Auch ein weiteres Mahnmal für Juden in Berlin war bereits in Planung.
- September 2005: Vier Monate nach der Einweihung des Holocaust-Mahnmals war die Stiftung für das „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ in Finanznot geraten. Die Unterhaltskosten für das Mahnmal sind teurer als geplant. Über 550.000 Euro fehlen in der Haushaltskasse. Für das Mahnmal waren für dieses Jahr 2,1 Millionen Euro vorgesehen (sie werden vom Bund bezahlt), die nun nicht mehr reichten. Die Kosten für das Holocaust-Mahnmal explodieren. Die Eröffnungsveranstaltung für das Stelenfeld am 9. Mai (mit viel Polit-Prominenz) war teurer als vorgesehen. Dazu kamen noch Mehrkosten für Info-Broschüren, die Stiftung ließ viele Hefte zusätzlich drucken.[10]
- Im November 2005 wurde Rosh für weitere zwei Jahre als Vorsitzende des Förderkreises „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ bestätigt. Der Historiker Eberhard Jäckel bleibt einer ihrer Stellvertreter. Neu in den Vorstand gewählt wurde u. a. der frühere Berliner Justizsenator Wolfgang Wieland.
- 2006: Erste Baumängel am Denkmal werden der Öffentlichkeit präsentiert.
- Im Sommer 2007 stellte sich heraus, daß über 400 Stelen des Holocaust-Mahnmals rissig sind.[11]
- Mai 2010: Holocaust-Mahnmal feiert fünfjähriges Bestehen. 2.200 der 2.711 Beton-Stelen zeigen Risse.[12]
- März 2012: Das Holocaust-Mahnmal bröckelt weiter. Probeweise sollen Manschetten den drohenden Abbruch von Betonteilen verhindern. Etwa jede siebte Stelen müsse gesichert werden.[13] Betroffen seien Stelen, die zwischen einem und zwei Metern hoch sind.