Coler, Edith von
Edith Amanda Bertha Elise von Coler (auch: Edit; 9. Juli 1895 in Charlottenburg; 14. Mai 1949 in Pyrmont) war eine deutsche Propagandistin, Journalistin, Dramaturgin und Auslandspressechefin im Reichsnährstand sowie „Sonderbeauftragte in Rumänien“ im Zweiten Weltkrieg. Die US-Amerikaner nannten sie ehrfurchtsvoll „die neue Mata Hari“. Nach Kriegsende wurde von Coler für kurze Zeit im Internierungslager „Civilian Internment Camp No. 6“ in Moosburg an der Isar festgehalten und verhört, von wo sie nach Bemühungen ihrer Tochter Jutta entlassen wurde.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Der betuchte Geschäftsmann Paul Lohmann ermöglichte von Coler bis 1930 ein luxuriöses Leben, das sie zur Gründung einer Yachtschule und – als einzige Frau ihrer Zeit – zur Erlangung des Kapitänspatents nutzte. Mit ihrem Vermögen unterstützte sie vaterländische Verbände, da sie Deutschland als gedemütigtes Opfer des Schanddiktates von Versailles verstand. Schon im Mai 1931 trat sie in die NSDAP ein und machte dort Karriere. Auch als Dramaturgin beim Staatstheater betrieb sie der Bewegung treu. Im März 1935 wurde sie auf Empfehlung Himmlers Auslandspressechefin im Reichsnähramt unter Richard Walther Darré, Reichsbauernführer und Leiter des Rasse- und Siedlungshauptamts.
- Als Kind konservativer, wohlhabender Eltern hat sie Zugang zu höchsten Kreisen. Im Jahr der Russischen Oktoberrevolution heiratet sie den Oberleutnant Ulrich von Coler, später Oberst der Wehrmacht und der finnischen Armee, bei der er sich im Kampf gegen die Bolschewisten Verdienste erwirbt. Trotz der Geburt der (einzigen) Tochter Jutta (1918) trennt sich das Paar 1922. Hauptgrund ist der schwerreiche Geschäftsmann Paul Lohmann, der Edit bis 1930 ein märchenhaftes Leben ermöglicht […] Im März 1935 avanciert sie dank ihrer Fremdsprachenkenntnisse zur Auslandspressechefin im Reichsnähramt. […] Das frankophile Rumänien war als Mitglied der „Kleinen Entente" in den 20er Jahren zur Regionalmacht im Südosten Europas aufgestiegen. Da es für Hitlers Pläne zur Eroberung von „Lebensraum" in Russland beste Voraussetzungen bot (geopolitische Lage und die weltweit fünftgrößten Erdölvorkommen), versucht Deutschland dieses Land „friedlich" zu erobern. Dafür scheint eine so kluge, gewandte, begabte und außerdem wunderschöne Frau bestens geeignet, zumal sie treu zur Nazi-Ideologie steht. Ihren ersten spektakulären Coup landet sie, als sie den Streit zwischen den beiden seit 1935 rivalisierenden rumäniendeutschen NS-Parteien im Oktober 1938 innerhalb von 48 Stunden schlichtet. Es ist viel darüber gerätselt worden, wie ihr dies so schnell gelingen konnte. Vermutungen legen nahe, sie habe als Beauftragte der Nazis den Radikalen damit gedroht, daß die NSDAP ihnen die Finanzierung streiche. Damit mischt sich das „Mutterland" nach 800 Jahren erstmals in die Politik der hiesigen Volksdeutschen ein. Auch in Rumänien findet sich wieder ein großzügiger Mäzen: Der 54-jährige germanophile Industrielle Nicolae Malaxa ist der reichste Mann Rumäniens, eine „byzantinische Figur", die zudem auf die Presse Einfluß nimmt. Durch ihn bekommt sie einen einjährigen Vertrag beim „Curentul" (ihr Name erscheint jedoch nicht im Impressum), wird fürstlich bezahlt und bewohnt ein komplettes Appartement im Hotel Athenée Palace. Sie beginnt sofort mit vollem Einsatz ihre Aktivitäten im Sinne des Deutschen Reichs. Schon Anfang 1939 wird der französische Geheimdienst auf sie aufmerksam und verdächtigt sie, Gestapo-Agentin zu sein. Zum deutsch-rumänischen Wirtschaftsvertrag, der die für Deutschlands Kriegspläne notwendigen Erdöllieferungen garantiert, hat sie im Hintergrund Wesentliches beigetragen – nach ihren Worten arbeitet sie nur für die „Sicherung des Friedens" und die „friedliche Gewinnung eines wirklichen Freundes für Deutschland". Ihr Wirken in Bukarest ist für Agenten unterschiedlicher Staaten auffällig. Die Vielzahl ihrer Kontakte weckt sogar das Mißtrauen der Gestapo, die sie verdächtigt, eine Doppelagentin zu sein.[1]
„Edith von Köhler“
Über „Edith von Köhler“ (natürlich war von Coler gemeint) schreibt der US-Auslandsgeheimdient „CIA“ in ihrer von Fehlern strotzenden Hetz- und Verleumdungsschrift „Who's Who in Nazi Germany“,[2] sie wäre eine „deutsche Meisterspionin auf dem Balkan“. „The World’s News“ meldet am 9. November 1940, Edith von Köhler wäre groß, schlank, dunkelhaarig, kultiviert und intelligent. Mit Fahrer und Sekretärin würde sie in Bukarest eine Brauerei leiten und unter dem Schutz der Deutschen Gesandtschaft Bukarest stehen. Sie soll im Westen, insbesondere Belgien, eine „fünfte Kolonne“ führen, und daß die Brauerei nur als Deckung und zur Finanzierung dient. Vor allem wird behauptet, Edith von Köhler wäre eine Cousine von Heinrich Himmler und die neue „Mata Hari“.[3]
Die Zeitschrift „LIFE“ schreibt in der Ausgabe vom 11. März 1940, Edith von Köhler wäre blond, war zuvor in der Presseabteilung des Reichspropagandaministeriums und würde nun aus unbekannten Gründen im Hotel „Athenée Palace“ residieren und Audienz halten. Einer anderen Quelle zufolge, Charles M. Newton, war sie im Auftrag von Joachim von Ribbentrop in Rumänien, wobei sie auf Bitten auch Juden beriet, wie sie am Besten aus dem Osten über die Schweiz in die USA gelangen konnten. Auch soll sie mit dem König von Rumänien eine Affäre gehabt haben. Newton war ein Jude aus Belgien, hatte in den USA seinen Namen geändert und kehrte nach Kriegsende als Verhörspezialist nach Europa zurück. Zu seinen Aufträgen gehörte auch Edith von Coler, die einst ihm, als Junge, und seinem Onkel bei der Flucht geholfen hatte. Natürlich hatte sie ihn nicht wiedererkannt.[4] Eine italienische Quelle behauptet, „Edith von Kohler“ wäre im Auftrag Heinrich Himmlers in Bukarest gewesen, zur Tarnung agierte sie als Auslandsberichterstatterin der „Deutschen Allgemeinen Zeitung“.[5]
Frauenbataillon
- „Edith von Coler hatte vom Führer eine Mission: das schönste Frauenbataillon des Zweiten Weltkriegs zu schaffen. Es war ein einzigartiger Fall in der Geschichte der internationalen Spionage. […] Edith hatte zwei Eigenschaften: eine sehr scharfe Intelligenz und eine große Schönheit. Bundeskanzler Franz von Papen war, als er sie kennenlernte, überwältigt von dieser Frau, die ein glitzernder Filmstar hätte sein können, aber militärische Aktionen, Operationsplanungen […] Aber es war ein entfernter Verwandter, Heinrich Himmler, der sie zu Adolf Hitler führte, der, hingerissen von ihrer Schönheit und Scharfsinnigkeit und vor allem von der gründlichen Kenntnis aller Prämissen der nationalsozialistischen Ideologie, überlegte Sie ist ein Meisterwerk in Ihren Plänen. Der Führer sah in ihr die Voraussetzungen, sich zu einer ‚großen Ausbilderin von Spionen‘ zu entwickeln. Ihr als Kind erworbenes tänzerisches Talent nutzte sie aus, um eine Stelle als Tanzlehrerin an der Universität Altona anzutreten, um aus den Schülern die schönsten und listigsten auszuwählen. Es können sehr sanfte Brünetten oder Hollywood-Blondinen sein, mit verheerenden Augen und Lippen, die jeden Mann mit Liebe vergiften können, aber vor allem Frauen mit langen Beinen, die, wenn der Moment gekommen ist, nicht zögern würden, ihr Leben für das Dritte Reich zu geben. Auf diese Weise bewaffnete Edith von Coler das Susanas-Bataillon mit 110 Mitgliedern, die dazu bestimmt waren, die großen Säle - und die Schlafzimmer - zu infiltrieren, in denen die Weltpolitik entschieden wurde. Die erste Operation, die sie durchführen mußten, war in der Türkei. Als sich dieses Land den amerikanischen Ansprüchen zu unterwerfen schien, gewannen Edith und einige ihrer Mädchen das Vertrauen und den Wunsch einflußreicher Regierungsmitglieder und hoher Militärbefehlshaber, und es gelang ihnen, in Ankara Freundschaftsverträge zwischen Deutschland und der Türkei zu unterzeichnen, die die Kauf von vier deutschen U-Booten und ein millionenschwerer Verkauf von Ausrüstung für die türkische Armee und Luftwaffe. Was Edith selbst nicht kannte, war die Seide, die ihr Herz aus Stahl verbarg. Diese Offenbarung, die sie vor einen Abgrund stellte, war in Rumänien. Es war beauftragt worden, von den Behörden dieses Landes eine günstige Wendung nach Deutschland zu erwirken. Edith ging in diese Länder. Diesmal allein. Er war mit folgender Berichterstattung unterwegs: einem Journalisten der mächtigen Deutschen Allgemeine Zeitung. Bald würde Edith von Coler eine weitere Mission haben, die französische Regierung vor der Nazi-Invasion zu infiltrieren. Es war eine sehr schwierige Mission, denn es ging darum, die schöne Gräfin Helena de Portes, Geliebte des französischen Premierministers in der Dritten Republik, Paul Reynaud, zu entthronen. Edith und der Premier waren im Splendid Hotel in Bordeaux. Die Deutsche soll für den Autounfall verantwortlich gewesen sein, der die Gräfin das Leben kosten sollte. Als Rommels Panzer Paris erreichten, war Reynaud nur noch eine Erinnerung, die in Ediths Erinnerung zu verblassen begann, ein weiterer Name auf ihrer langen Liste von Verführungen im Dienste des Führers. Nach dem Krieg sagten ehemalige Untergebene vor dem Düsseldorfer Gericht gegen Coler aus. Ehemalige Mitglieder der Feldkommandantur 810 bezeugten auch, dass Coler zahlreiche Missionen für die Nazi-Regierung erfüllt hatte.“[6]
Familie
Edith war die Tochter des Bildhauers Fritz Heinemann und dessen Frau Alice, geborene Tonn, die Tochter eines wohlhabenden Rittmeisters und Gutsbesitzers aus Nakel in der Provinz Posen. Ihre Kindheit verbrachte Edit mit ihrer drei Jahre jüngeren Schwester Alexandra „Alix“ Martha Leonore (1896–1993) im Umkreis von gebildeten Künstlern und wurden durch ihre Gouvernante Antoinette in der französischen Sprache unterwiesen. 1902 trennten sich Ediths Eltern, Mutter Alice heiratete in zweiter Ehe den Bildhauer, Maler und Graphiker Ludwig Carl Ernst Manzel (auch: Karl Ludwig; 1858-1936), zu dessen Bekanntenkreis Kaiser Wilhelm II. und führende Kreise der Wilhelminischen Ära zählten.
Ehe
1917 heiratete Edith ihren Verlobten Hauptmann Ulrich von Coler. Das Paar trennte sich 1922. Aus ihrer Ehe ist Tochter Jutta Alix Marie-Luise von Coler ( 4. April 1918 in Charlottenburg-Wilmersdorf; 2. November 2009 in Sierksdorf, Schleswig-Holstein) entsprossen, die in erster Ehe Dr. jur. et rer. pol. Sven Erich von Müller heiratete.