Schäfer, Ernst

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Bundesarchiv Bild 135-KB-14-082, Tibetexpedition, Ernst Schäfer.jpg

Ernst Schäfer (Lebensrune.png 14. März 1910 in Köln; Todesrune.png 21. Juli 1992 in Bad Bevensen) war ein deutscher Ornithologe (Zoologe), Hochschulprofessor und Offizier der Allgemeinen SS, zuletzt (seit 1942) SS-Sturmbannführer, führendes Mitglied der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe und Mitglied des Freundeskreis Reichsführer SS. Er war Leiter der deutschen Tibet-Expedition 1938/39, dabei entstand der Dokumentarfilm „Geheimnis Tibet“, der 1943 uraufgeführt wurde.

Leben

Flughafen Berlin-Tempelhof im August 1939; von links: Der vom SS-Rasse- und Siedlungshauptamt abgestellte Entomologe, Film- und Kameramann SS-Obersturmführer Ernst Krause (Lebensrune.png 24. März 1899; SS-Nr.: 293.212), der Ethnologe und Anthropologe Bruno Beger, Expeditionsführer SS-Hauptsturmführer Dr. Ernst Schäfer, der technische Leiter und Karawanenführer Edmund Geer und der Geophysiker und Erdmagnetiker Karl Wienert. Ein geheimes „Unternehmen Tibet“ war ebenfalls geplant, kriegsbedingt jedoch nicht ausgeführt. Dr. Schäfer sollte mit einer kleinen Truppe von etwa 30 Mann und einer Waffenausrüstung für 1000 bis 2000 Mann nach Tibet entsandt werden. Der Schäfer-Stoßtrupp sollte mit Geschenken versuchen, die tibetische Armee gegen die britischen Ausbeutern einzusetzen, um ihre Freiheit zu erlangen. Die Schäfertruppe wurde bei einer zweimonatigen Spezialausbildung der SS-Leibstandarte „Adolf Hitler“ sowohl am mittleren und schweren Granatwerfer als auch am schweren M.G. ausgebildet. Zum letzten Mal wurden die deutschen Tibet-Pläne 1942 aktuell, der Weg sollte frei sein, aber durch die erfolgreichen Offensiven der Roten Armee wurde das Unternehmen verworfen.
Als ersten Deutschen gelang es den Teilnehmern an der SS-Tibet-Expedition, Lhasa, die verbotene Stadt, zu betreten. Nach sechsmonatiger Dauer trafen die Forscher wieder in Berlin ein. Dr. Schäfer, der Führer der Expedition, sprach Begrüßungsworte für den Rundfunk.

Ernst war der Sohn von Dr. Albert Schäfer (1881–1971), der lange Zeit als Aufsichtsratsvorsitzender der Harburger Gummiwaren-Fabrik Phoenix AG maßgeblich die Geschicke der Hansestadt bestimmte, ein überregional bekannter Wirtschaftsführer hat. IM Keller der Hauptverwaltung der von Dr. Schäfer als Generaldirektor geleiteten Phoenix-Werke war ein Lazarett untergebracht. Albert Schäfer war 1946 Mitglied der ersten von den Engländern einberufenen Hamburgischen Bürgerschaft nach dem Krieg. Ernst’ Mutter war Margarete, geb. Imdahl.

Ernst Schäfer studierte nach dem Abitur von 1928 bis 1934 in Göttingen an der Georgia Augusta Universität und an der Medizinischen Hochschule Hannover eine Vielzahl von Fächern: Zoologie, Botanik, Geologie, Mineralogie, Chemie, Physik und Völkerkunde.

„Die einzelnen Kollegs füllten, nur von einer Mittagspause unterbrochen, den Tag: Physik bei Pohl Prof. Dr. Robert Pohl (Experimentalphysiker, 1884-1976) und Chemie bei Butenandt Prof. Dr. Adolf Butenandt (Chemiker, 1903-1995), beide Nobelpreisträger; Geologie und Paläontologie bei Stille Prof. Dr. Hans Stille (Geologe und Paläontologe, 1876-1966)einem weitgereisten Weltmann und Experten der Bergwerksindustrie; Geographie bei Meinardus Prof. Dr. Wilhelm Meinardus (Geograph, 1867-1952): ‚Der Herr im Tropenhelm, das bin ich…‘ war eine seiner ständigen Redensarten, denn er hatte ja Ägypten besucht; Völkerkunde bei Plischke, einem gemütlichen Sachsen, der die deutschen Grenzen noch nie überschritten hatte; Allgemeine Botanik bei von Wettstein Prof. Dr. Fritz von Wettstein, Ritter von Westersheim (Botaniker, 1895-1945), Wiener und eine faszinierende Persönlichkeit; Botanische Systematik bei Schmucker Prof. Dr. Theodor Schmucker (Botaniker, 1894-), einem raubeinigen bajuwarischen Original; Allgemeine Zoologie und Vererbungswissenschaften bei Alfred Kühn Prof. Dr. Alfred Kühn (Zoologe, 1885-1968); Physiologie bei Kühn; Vererbungslehre bei Kröning; Zoologische Systematik und Entomologie bei Voß Prof. Dr. Friedrich Voss (Zoologe, 1877-1950) und schließlich Jagdwissenschaft bei Nachtigall.“[1]

1930 unterbrach er sein Studium für zwei Jahre, um an einer Expedition nach Westchina und Tibet teilzunehmen. Zurückgekehrt nach Deutschland trat er am 1. November 1933 in die SS (51. SS-Standarte Göttingen) ein. Bis 1936 führte er dann erneut eine Expedition nach Osttibet und China.

„Doch schon 1933 erhielt ich von Dolan im Auftrage der Academie der Naturwissenschaften zu Philadelphia, die mich inzwischen zum lifemember ernannt hatte, das höchst verlockende Angebot, die wissenschaftliche Leitung einer weit größeren Expedition nach Ost- und Zentraltibet zu übernehmen. Ich gab mein Jawort und unterbrach, allen Gepflogenheiten deutscher Universitäten zum Trotz, mein Studium zum zweiten Male, um abermals für zwei volle Jahre in der asiatischen Wildnis unterzutauchen. Als Dolan und ich uns im Februar 1934 in Schanghai trafen, ahnten wir nicht, was uns noch alles bevorstand. Nicht nur waren die Strapazen dieser zweiten Reise weit größer als alles, was wir vorher und nachher erlebten, sondern wir wurden auch von jeglicher Verbindung mit der Zivilisation abgeschnitten und galten als verschollen. Auf dieser zweiten Dolan-Expedition gelang es mir, bis in die unerforschten Nordsteppen Tibets vorzudringen. Im Jahre 1936 kehrte ich über Japan und die USA nach Deutschland zurück und bereitete nach bestandenem Doktorexamen meine dritte, diesmal rein deutsche Tibetexpedition vor. Diese brachte mir die Erfüllung des schönsten Traumes aller Asienforscher, den Besuch Lhasas, der ,verbotenen‘ Hauptstadt des Götterlandes, vor deren Toren selbst Filchner und Sven Hedin unter Todesbedrohungen abgewiesen waren.“

1936 wurde er zum SS-Untersturmführer im Persönlichen Stab des Reichsführer SS ernannt. Schäfer nahm schließlich sein Studium in Berlin wieder auf und promovierte 1937 bei dem international anerkannten Ornithologen Erwin Stresemann mit einer umfangreichen Dissertation über die Vogelwelt in Tibet. Ab April 1938 leitete er die Deutsche Tibetexpedition im Auftrag des Ahnenerbes. Die Expedition bestand aus fünf Mitgliedern: Schäfer als Zoologe und vor allem Ornithologe, Ernst Krause als Entomologe, Photograph und Kameramann, Bruno Beger als Anthropologe und Ethnologe, Karl Wienert als Geophysiker und Edmund Geer als technischer Leiter.

Nachdem es Ernst Schäfer gelungen war, persönliche Kontakte mit einflußreichen Tibetern zu knüpfen, die sein Gesuch, ohne die Engländer einzuschalten, direkt nach Lhasa weitergereicht hatten, erhielt die Expedition tatsächlich einige Wochen später ein fünffach versiegeltes Schreiben: die offizielle Einladung des Kashag, des tibetischen Ministerrats, mit der Genehmigung, nach Lhasa zu reisen. Vielen Ausländern vor ihnen – darunter Sven Hedin und Wilhelm Filchner – war das nicht gelungen.

Während ihres Aufenthalts in Lhasa schaffte es Schäfer sogar, die erste Genehmigung für Ausländer überhaupt für einen Besuch des Yarlungtales, der Wiege der tibetischen Kultur, zu erhalten. Von größter Wichtigkeit war Schäfers Bekanntschaft mit Reting Rinpoche, dem jungen tibetischen Regenten, der in der Interimszeit zwischen dem Tod des 13. Dalai Lama 1935 und der Inthronisierung des 14. Dalai Lama die Regierungsgeschäfte führte und einen persönlichen Brief an Adolf Hitler schrieb:

„An Herrn Hitler, den deutschen König, der auf der breiten Erde Macht erlangt hat. [...] Ich habe nicht nur Sahib Schäfer und seine Begleiter, die jetzt als erste Deutsche nach Tibet gekommen sind, ohne Behinderung nach Tibet hineingelassen und bin ihnen im wahrsten Sinne des Wortes ein freundschaftlicher Helfer gewesen, vielmehr hege ich auch den Wunsch, die bisherigen freundschaftlichen Beziehungen zwischen unseren beiden Residenzen zu intensivieren. [...] Gegenwärtig bemühen Sie sich um das Werden eines dauerhaften Reiches in friedlicher Ruhe und Wohlstand, auf rassischer Grundlage [...]“[2]

Seit 1940 baute Schäfer in München als Leiter die Forschungsstätte für Innerasien und Expeditionen innerhalb der Forschungs- und Lehrgemeinschaft „Das Ahnenerbe“ auf, die 1942 in „Sven Hedin Institut für Innerasienkunde“ umbenannt, der Universität München angegliedert und direkt dem Reichserziehungsministerium unterstellt wurde (1943-45 kriegsbedingt nach Mittersill bzw. Pinzgau, Österreich ausgelagert). Im Juni 1942 habilitierte Dr. Schäfer sich bei Hans Krieg (1888–1970) in München.

Ernst Schäfer - Geheimnis Tibet.jpg

Nachkriegszeit

Nach dem Zusammenbruch Deutschlands 1945 geriet Schäfer im Juli 1945 in München in Kriegsgefangenschaft und wurde anschließend von der Besatzungsmacht interniert. In den folgenden Jahren mußte er wiederholt im Zuge der Nürnberger Prozesse als Zeuge aussagen. 1949–1954 war er Professor an der Universidad Central de Venezuela, Caracas und Leiter der Forschungsstation Estación Biologica de Rancho Grande. Er kehrte anschließend nach Europa zurück und war ab 1954 jagdlich-wissenschaftlicher Berater des abgedankten belgischen Königs Leopold III., wobei er Forschungsreisen nach Belgisch-Kongo unternahm. Daraufhin drehte er gemeinsam mit Heinz Sielmann den 1959 erschienenen Film „Herrscher des Urwalds“. Von 1960 bis 1970 war er in der Abteilung für Naturkunde im Niedersächsischen Landesmuseum tätig. Er schrieb auch für die Jagdzeitschrift „Wild und Hund“ im „Paul Parey Zeitschriftenverlag“.

Tod

Seinen Lebensabend verbrachte Prof. Dr. Ernst Schäfer mit seiner Frau in Bad Bevensen, wo er auch 1992 verstarb. Nach seinem Tod veröffentlichte seine Frau Ursula Bücher über den Nationalpark in Venezuela und seine Vogelwelt (rund 500 Vogelarten).

Familie

1937 verlor er seine erste Frau durch einen Jagdunfall. In Hannover im Jahre 1939 heiratete Dr. Schäfer ein zweites Mal, diesmal seine Verlobte Ursula von Gartzen (1920–2002) aus Winsen/Luhe, Tochter des Major der Reserve und Oberlandwirtschaftsrat Bruno von Gartzen (Lebensrune.png 1878) und der Luise, geb. Carpie (Lebensrune.png 1882). Aus der Ehe sind drei Kinder entsprossen, die Töchter:

  • Heide (Lebensrune.png 1940)
  • Hedda (Lebensrune.png 1942
  • Karin (Lebensrune.png 1943)

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

  • Mitglied der Academy of Natural Sciences Philadelphia (1932)
  • Das von ihm bei der Expedition 1934 entdeckte Zwergblauschaf trägt den wissenschaftlichen Namen „Pseudois schaeferi“
  • SS-Totenkopfring, August 1939
  • Ehrendegen der SS, August 1939
  • Ehrenmitglied der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft (1939)
  • Kriegsverdienstkreuz (1939), II. Klasse mit Schwertern, 1945

Werke (Auswahl)

  • Berge, Buddhas und Bären, Verlag Paul Parey, Berlin 1933
  • Unbekanntes Tibet, Verlag Paul Parey, Berlin 1938
  • Dach der Erde, Verlag Paul Parey, Berlin 1938
  • Ornithologische Ergebnisse zweier Forschungsreisen nach Tibet, Berlin 1939 (Dissertation)
  • Tibet ruft, Verlag Paul Parey, Berlin 1942
  • Geheimnis Tibet. Erster Bericht der Deutschen Tibet-Expedition, Ernst Schäfer, 1938/39, 1943
  • Unter Räubern in Tibet
  • Das Fest der weißen Schleier
  • Über den Himalaja ins Land der Götter

Verweise

Fußnoten

  1. Wer war Ernst Schäfer?, 21. November 2007
  2. in: International Inst. for Tibetan and Buddhist Studies, 2008: „Zentralasiatische Studien“, Band 37, S. 99