Kaiserpfalz Goslar

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Die Kaiserpfalz Goslar umfasst ein Areal von etwa 340 mal 180 Metern, gelegen am Fuße des Rammelsbergs im Süden der Stadt Goslar. Die Pfalz diente insbesondere den Salierkaisern als bevorzugte Aufenthaltsstätte. Die Anlage der Kaiserpfalz hat bereits im 11. Jahrhundert derart beeindruckt, dass der Chronist Lampert von Hersfeld vom „berühmtesten Wohnsitz des Reiches“ sprach.

Lage

Der Pfalzbezirk befindet sich im Süden der Stadt Goslar. Das Areal wird im Westen überragt vom nord-südlich ausgerichteten Kaiserhaus, dem zentralen Bau der Anlage. Im Norden schloss sich rechtwinklig dazu, durch einen kleinen Hof getrennt, die Liebfrauenkirche an, von der heute nichts mehr zu sehen ist. Ihre Fundamente befinden sich unter dem Weg, der zum Kaiserhaus hinauf führt. Im Süden, heute durch einen Arkadengang aus dem 19. Jahrhundert mit dem Kaiserhaus verbunden, befindet sich die Ulrichskapelle. Im Osten, dem Kaiserhaus gegenüber, stand die ost-westlich ausgerichtete Stiftskirche St. Simon und Judas, von der nur noch die nördliche Vorhalle erhalten geblieben ist. Der Grundriss der Stiftskirche ist allerdings in die Pflasterung des heute dort befindlichen Parkplatzes eingearbeitet. Zum Pfalzbezirk gehörten weiterhin noch die Wohn- und Wirtschaftsgebäude der Stiftsherren, die Häuser der Ministerialen und des kaiserlichen Gefolges sowie Ställe und Vorratskammern. Außerdem war der gesamte Bezirk von einer Mauer umgeben.

Weitere nahegelegene Pfalzen befinden sich in Dahlum und Werla.

Die einzelnen Bauten des Pfalzbezirks

Die frühesten Ursprünge der Kaiserpfalz liegen vermutlich in einem königlichen Jagdhof, wie ihn Adam von Bremen für die ottonische Zeit erwähnte. Bereits Heinrich II. hatte um 1005 einen ersten Pfalzbau in Goslar errichten lassen, der, sicher aufgrund der reichen Erzfunde des nahen Rammelsbergs, der unweit gelegenen Pfalz Werla schnell den Rang ablief. In den 1030er Jahren begann Konrad II. die Anlage auszubauen, indem er u. a. den Grundstein für die Liebfrauenkirche legen ließ. Vollendet und zugleich zum Höhepunkt geführt wurde das Areal von seinem Sohn, Heinrich III.. Dieser berief 1048 einen der bedeutendsten Baumeister seiner Zeit, den späteren Bischof von Osnabrück, Benno II., nach Goslar. Unter dessen fachkundiger Leitung wurden in der ersten Hälfte der 1050er Jahre die Bauten beendet, an denen seit den 1040er Jahren gearbeitet wurde: ein neues, das uns heute bekannte Kaiserhaus und die Stiftskirche „St. Simon und Judas“. Unsicher ist hingegen die Datierung der dem Heiligen Ulrich geweihte Ulrichskapelle. Ihre Entstehung wird wahlweise in der Zeit Heinrichs III., Heinrichs V. oder gar erst Lothars III. (von Süpplingenburg) vermutet.

Das Kaiserhaus

Das Kaiserhaus ist mit 54 Metern Länge und 18 Metern Tiefe der größte Profanbau seiner Zeit. Das Zentrum des Kaiserhauses stellt der zweigeschossige Saalbau dar. Er beherbergte übereinander zwei Säle von 47 Metern Länge und 15 Metern Tiefe. Beide hatten eine Balkendecke, die in der Mitte durch eine Säulenreihe gestützt wurde. Der obere der beiden Säle war dem Kaiser und seinem unmittelbaren Gefolge vorbehalten, der untere den Hofleuten niederen Ranges.

Der kaiserliche Thron stand im sieben Meter hohen Obergeschoss mittig an der geschlossenen, rückwärtigen Westwand. Die Ostwand war von einer Fensterreihe durchbrochen und gab den Blick auf fast den gesamten Pfalzbezirk und den gegenüberliegenden Dom frei. Das zentrale Fenster des Obergeschosses führte hinaus auf einen säulengetragenen Altan, daneben befanden sich auf jeder Seite drei Rundbogenfenster. Übrigens war keins der Fenster verglast, sie befanden sich lediglich auf der meist windabgewandten Seite des Baus.

Im Norden schloss sich an den Saalbau ein ebenfalls zweigeschossiges Wohngebäude an. Auch hier war das Obergeschoss wahrscheinlich der kaiserlichen Familie vorbehalten. Es bot einen direkten Zugang sowohl in den oberen Saal als auch, wahrscheinlich über eine Galerie, in die benachbarte Liebfrauenkirche.

Unter Heinrich V. wurden zu Beginn des 12. Jahrhunderts noch einmal bauliche Veränderungen am Kaiserhaus vorgenommen. Er fügte am südlichen Ende ein dem älteren fast baugleiches zweites Wohngemach an. 1132 stürzt der Saalbau ein, wurde aber umgehend wieder aufgebaut. Dabei wurde mittig über die gesamte Gebäudehöhe ein Quertrakt eingeschoben und vor die Mitteltür im Erdgeschoss eine Vorhalle gesetzt, die nun dem Obergeschoss als Altan diente. Aus dem bisherigen schiefergedeckten Steildach ragt nun auch ein Giebel hervor. Außerdem wurden einige Fenster verschließbar gemacht und eine Art Fußbodenheizung eingebaut. Die Fensterarkaden des Untergeschosses wurden durch Rechteckfenster ersetzt.

Zu Füßen der südlichen Freitreppe finden sich Fundamentreste, die wohl auf den ersten Pfalzbau Heinrichs II. hindeuten.

Das ehemalige Kollegiatstift „St. Simon und Judas“

Die Stiftsherren feierten ihren Gottesdienst einst in einer dreischiffigen Basilika mit Querschiff, drei Ostapsiden und einem Westwerk mit zwei achteckigen Türmen und zwischengebautem Glockengeschoss sowie einem schlichten Paradies. Unter dem Chor befand sich eine Krypta, über der Vierung ein weiterer Turm. Die Kirche wurde am 2. Juli 1051 durch Erzbischof Hermann von Köln den Geburtstagsheiligen Heinrichs III., Simon und Judas, geweiht. Zu diesem Zeitpunkt war die Basilika der größte romanische Kirchenbau rechts des Rheins und wurde zum Vorbild für zahlreiche vergleichbare Bauwerke in Norddeutschland, z. B. für den Braunschweiger Dom. Aus dem Stift gingen eine ganze Reihe bedeutender geistlicher Würdenträger des Reiches hervor. Im Jahr 1819 wurden das Stift, häufig auch als „Goslarer Dom“ bezeichnet, auf Abbruch verkauft.

Die sogenannte Domvorhalle

Um 1150 wurde dem Nordportal der Kirche eine Vorhalle vorgesetzt, die als einzige unverändert bis heute erhalten geblieben ist, wobei das ehemalige Nordportal des Doms jetzt die Rückwand der Vorhalle bildet. Die Front der Vorhalle schmücken in zwei Reihen Nischen mit ursprünglich farbigen Stuckplastiken. Die obere Reihe zeigt in der Mitte Maria mit dem Jesuskind, zu beiden Seiten umrahmt von Leuchtern und Engeln, wobei die originalen Engelsfiguren verloren gegangen sind und durch Malereien ersetzt wurden. Die untere Reihe zeigt von links nach rechts Kaiser Heinrich III., die Schutzpatrone des Doms Simon, Matthias und Judas und eine weitere, nicht eindeutig identifizierbare Kaiserfigur.

In dieser Halle wird heute unter anderem eine Kopie des Kaiserstuhls ausgestellt, der sich ursprünglich in der Stiftskirche befand. Das Original befindet sich im Gewölbe der Pfalz. Die bronzenen, mit Rankenornamenten verzierten Seiten- und Rückenlehnen stammen aus der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts, die den eigentlichen Sitz umgebenden Sandsteinschranken sind etwas jüngeren Datums. Sie zieren romanische Tierfiguren und Fabelwesen. Der Kaiserstuhl diente wahrscheinlich schon Heinrich IV. als Thronsitz. Er ist neben dem Thron Karls des Großen in Aachen der einzige erhalten gebliebene Thron eines römischen Kaisers des Mittelalters. Er war in den 1840er Jahren vom Prinzen Carl von Preußen erworben und im mittelalterlich gestalteten Klosterhof seines Schlosses Glienicke bei Potsdam aufgestellt worden. So in den Besitz der Hohenzollern gelangt, diente der Kaiserstuhl auch Kaiser Wilhelm I. bei der Eröffnung des ersten deutschen Reichstags am 21. März 1871 als Sitzgelegenheit.

Die Pfalzkapelle „St. Ulrich“

Der Grundriss der Doppelkapelle St. Ulrich bildet in der Unterkapelle ein gleicharmiges, sogenanntes „Griechisches Kreuz“, mit drei Ostapsiden. Die Oberkapelle hingegen ist achteckig mit nur einer Ostapsis. Eine derartige Konstruktion ist in Deutschland einmalig. Eine quadratische Öffnung über der Vierung stellt eine Verbindung zwischen der Unterkapelle und der ursprünglich der kaiserlichen Familie vorbehaltenen Oberkapelle her. Eine andere Verbindung bildet ein Treppenturm, der sich quasi zwischen dem Nord- und dem Westarm des Kreuzes befindet. Von diesem Turm aus war die Ulrichskapelle auch durch einen Gang mit dem südlichen, jüngeren, Wohngemach des Kaiserhauses verbunden.

In der Unterkapelle, genau im Mittelpunkt des Kreuzes, steht heute ein Sarkophag, dessen Deckelplatte eine etwa in der Mitte des 13. Jahrhunderts entstandene Plastik ziert: Der lebensgroße, liegende Heinrich III., den Kopf auf ein Kissen gebettet, zu Füßen ein Hund liegend, in der rechten Hand das Zepter, in der linken das Modell einer Kirche. Der Sarkophag enthält (in einer achteckigen, vergoldeten Kapsel) das Herz Heinrichs III., das auf dessen eigenen Wunsch hin in Goslar verblieben ist und seit 1884 in der Ulrichskapelle aufbewahrt wird.

Die Liebfrauenkirche

Die Liebfrauenkirche (eigentl. Pfalzkapelle „Sanctae Mariae virginis“; auch Marienkapelle) bestand aus einem zentralen quadratischen Bau von knapp 10 Metern Seitenlänge, dem sich im Osten drei Apsiden, auf der gegenüberliegenden Seite ein Westwerk mit zwei Rundtürmen anschlossen. Das Gebäude war zweigeschossig. Das Erdgeschoss mit Zugang auf der Südseite war für das „einfache Personal“ bestimmt. Das wahrscheinlich mit Marmor ausgelegte Obergeschoss diente auch hier der kaiserlichen Familie und hatte vom Westwerk aus eine direkte Verbindung zum Kaiserhaus.

Die Kuriengebäude

Zum Pfalzbezirk gehörten Kuriengebäude. Sie standen wie z.B. die Vikariatskurien in der "Domburg", dem engeren Stiftskirchenbereich, der von einer Mauer umgeben war. Weitere Kuriengebäude, wie die "von Steinberg" und "Herlinberg" begrenzten im Norden und Süden den "Kaiserbleek" genannten Platz zwischen Stiftskirche und Kaiserhaus.

Die Pfarrkirche St. Thomas

In der nordöstlichen Ecke der Domburg stand die St. Thomas Kirche, errichtet im 11. Jahrhundert. Sie war die Pfarrkirche des Pfalzbezirkes.

Beschreibung

„Das Kaiserhaus in Goslar“:[1]
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Geschichtliches

Im Pfalzbezirk ereigneten sich zahlreiche besondere historische Begebenheiten, von denen im folgenden einige genannt sein sollen:

  • Am 11. November 1050 wird Heinrich IV. im Pfalzbezirk geboren.
  • Im Spätsommer 1056 war Papst Viktor II. mehrere Wochen lang Gast Heinrichs III. in der Kaiserpfalz. Er war auch bei dessen Tod in Bodfeld am Harz zugegen und organisierte anschließend die Regierungsübernahme durch Heinrichs Witwe, Kaiserin Agnes.
  • An Pfingsten 1063 kommt es beim „Goslarer Rangstreit“ im Dom zu einem Blutbad, dessen Zeuge der junge Heinrich IV. wird. Es entbrennt zwischen dem Bischof Hezilo von Hildesheim und dem Abt Widerad von Fulda ein Streit über die Sitzordnung, der in einem halbtägigen, blutigen Gemetzel endet.
  • Im Sommer 1073 muss Heinrich IV. vor den aufständischen Sachsen aus der Kaiserpfalz auf die nahegelegene Harzburg fliehen.
  • An Weihnachten 1075 empfängt Heinrich IV. in Goslar ein Schreiben Papst Gregors VII., in dem dieser ihm die Exkommunizierung androht: der Investiturstreit beginnt.
  • 1081 lässt sich der Gegenkönig Heinrichs IV., Hermann von Salm, in der Pfalz krönen und salben.
  • Zwischen 1152 und 1188 ist die Kaiserpfalz teils Austragungsort, teils selbst Gegenstand des Streits zwischen Kaiser Friedrich I. und Herzog Heinrich dem Löwen.
  • Im Juli 1219 hält Friedrich II. in der Kaiserpfalz einen Reichstag ab und bekommt bei dieser Gelegenheit die Reichsinsignien überreicht, die Otto IV. auf der Harzburg verwahrt hatte.

Verfall und Restaurierung

1253 hielt sich mit Wilhelm von Holland letztmals ein Deutscher König in der Pfalz auf. Danach begann der Verfall der Anlage. 1289 zerstörte ein Brand viele Gebäude bis auf die Grundmauern. Das jüngere Wohngebäude wurde daraufhin bis auf das Fundament abgerissen. Im Jahr darauf ging der Pfalzbezirk in den Besitz der Stadt Goslar über. Der Saalbau diente eine Zeit lang als Gerichtsstätte, teils dem Goslarer Stadtvogt, teils als sächsisches Landgericht, wurde aber immer auch als Lager- oder Vorratsraum „missbraucht“. So dienten z. B. sowohl die Hallen des Kaiserhauses als auch das ältere Wohngebäude Mitte des 16. Jahrhunderts als Kornspeicher. Die Ulrichskapelle wurde ab 1575 als Gefängnis genutzt (was allerdings nicht unerheblich zu ihrer Erhaltung beigetragen hat). Die Türme der Liebfrauenkirche stürzten 1672 ein, der Rest der Kirche 1722, die Steine wurden als Baumaterial verkauft. Beim Dom ist bereits 1331 erstmals von einstürzenden Mauern die Rede, 1530 stürzte ein Turm ein. 1802 ist nur eine Ruine übrig, die am 19. Juli 1819 für 1504 Taler zum Abbruch verkauft wird. Nur die nördliche Vorhalle bleibt stehen und gibt heute einen kleinen Eindruck von der einstigen Größe des Doms.

1865 stürzten im Kaiserhaus wieder Mauern ein, und auf der Tagesordnung des Goslarer Rates stand damit das Thema „Abbruch“. Dieser konnte aber abgewendet werden, stattdessen empfahl eine staatliche Kommission die Restaurierung des Gebäudes. Die Bauarbeiten hierzu begannen am 14. August 1868. Am 15. August 1875 besuchte Kaiser Wilhelm I. die Baustelle und gab dem Projekt damit quasi die „nationale Weihe“. 1879 war die Restauration des Bauwerks abgeschlossen. Der Arkadengang vom Kaiserhaus zur Ulrichskapelle, die Freitreppenanlage vor der Ostfront, die zwei Nachbildungen des Braunschweiger Löwen und die Reiterstandbilder der Kaiser Barbarossa und Wilhelm I. (1900/01 errichtet) seien hier stellvertretend, weil am augenfälligsten, genannt. Auch im Inneren des Gebäudes zeugen die von Prof. Hermann Wislicenus in der Zeit von 1879 bis 1897 geschaffenen monumentalen Wandgemälde vom nationalen Hochgefühl jener Zeit.

In den Jahren 1913/14 und noch einmal 1922 wurden von Professor Uvo Hölscher archäologische Untersuchungen im Pfalzbezirk durchgeführt, denen die Wiederentdeckung der Fundamente der Liebfrauenkirche zu verdanken ist.

Literatur

  • Karl Leimbach: Das Kaiserhaus zu Goslar. Kurze Angaben über seine Geschichte (1889) (PDF-Datei)
  • Adelbert Hotzen: Das Kaiserhaus zu Goslar. Vortrag, gehalten in der IV. Hauptversammlung des Harz-Vereins für Geschichte und Alterthumskunde am 30. Mai 1871 zu Goslar (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
  • Max Jordan: „Die Wandgemälde im Kaiserhaus zu Goslar von Prof. Hermann Wislicenus“, 1904 (Bestellmöglichkeit als PDF-Datei und Dateiausdruck)
  • Carl Wolff (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. Bd. II, 1 u. 2, Stadt Goslar, Hannover 1901
  • Th. Asche: Die Kaiserpfalz zu Goslar, am Harz, im Spiegel der Geschichte, 1892 (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!

Verweise

Fußnoten

  1. in: Zeitschrift für Bauwesen, Bände 50-51, 1900, Jahrgang L., Heft IV. - VI., S. 161ff. (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!