Galinski, Heinz

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Heinz Galinski vor dem jüdischen Gemeindehaus
Grundsteinlegung für das Gemeindehaus Fasanenstraße, Berlin 1957, mit dem Regierenden Bürgermeister Willi Brandt und dem Vorsitzenden der Berliner Gemeinde Heinz Galinski

Heinz Schmuel Galinski (Lebensrune.png 28. November 1912 in Marienburg, Westpreußen; Todesrune.png 19. Juli 1992 in Berlin) war der erste und vierte Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland.[1]

Werdegang

Heinz Galinski wurde 1912 im westpreußischen Marienburg als Sohn eines jüdischen Textilhändlers geboren. Sein Vater war Kriegsteilnehmer des Ersten Weltkrieges und nach Verwundungen zu 80 Prozent schwerbeschädigt. Galinski besuchte im ostpreußischen Elbing das Gymnasium und schloß eine kaufmännische Lehre an, die er 1933 beendete.

Wirken

In den dreißiger Jahren arbeitete Galinski als Textilverkäufer beim Kaufhaus Conitzer & Söhne in Rathenow. Mit seiner ersten Frau Gisela zog er zu den in Berlin lebenden Eltern. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde er zusammen mit seiner Frau und seiner Mutter (1940) zur Zwangsarbeit verpflichtet. 1943 wurde die ganze Familie verhaftet, Galinskis Vater starb kurz nach der Verhaftung auf einer Polizeistation, seine Mutter, seine Frau und Galinski selbst wurden im Konzentrationslager Auschwitz interniert, wo er seine Familie zum letzten Mal sah. Galinski selbst wurde zur Zwangsarbeit für die I.G. Farben in Buna (KL Auschwitz-Monowitz) abgeordnet. Von dort kam er Anfang 1945 in ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. Vor den anrückenden sowjetischen Truppen erneut verlegt, wurde er im April 1945 im Lager Lager Bergen-Belsen von britischen Truppen befreit.

Galinski blieb in Deutschland und beteiligte sich an den OdF-Ausschüssen und an der Gründung der VVN. So setzte er sich dafür ein, „rassisch Verfolgte den Widerstandskämpfern in ihren Rechten gleichzustellen. Die Ausarbeitung der ersten Entschädigungs- und Versorgungsgesetze für rassisch, politisch und religiös Verfolgte wurde von ihm maßgeblich beeinflußt.“[2] Gleichzeitig widmete sich Galinski dem Wiederaufbau der Jüdischen Gemeinde in Berlin. Im Mai 1945 wurde der erste jüdische Gottesdienst abgehalten. Mit ca. 11.000 Mitgliedern ist heute die Jüdische Gemeinde zu Berlin die größte in Deutschland. Daneben gibt es die kleine orthodoxe Gemeinde Adass Jisroel mit 1.000 Mitgliedern sowie mehrere Tausend Juden, die keiner Gemeinde angehören.[3]

Von April 1949 bis 1992 war er erster Vorsitzender der jüdischen Gemeinde West-Berlins. Unter seiner Leitung baute die Gemeinde vorbildliche Sozial- und Jugendeinrichtungen auf. Galinskis Maxime „volle Integration unter Ablehnung der Assimilation“ entsprechend, wurde das 1959 eingeweihte jüdische Gemeindezentrum Berlins eine Stätte deutsch-jüdischer bzw. deutsch-israelischer Begegnung. „In seinem Informationsdienst nahm Galinski immer wieder zu aktuellen Tagesfragen Stellung – das sehr politische Verständnis seiner Ämter veranlaßte ihn dazu; als Nörgler und ständiger Mahner wollte er sich gleichwohl nicht sehen. Wiederholt sprach sich Galinski scharf gegen eine Amnestie nationalsozialistischen Unrechts aus, warnte vor rechtsextremistischen Umtrieben in der Bundesrepublik, nahm andererseits aber auch die Bundesrepublik gegen diffamierende Angriffe linksextremer Gruppen in Schutz.“[2] Mehrmals übte er Kritik an der Bonner und westeuropäischen Nahostpolitik, der er „Anbiederung an die PLO“ vorwarf. Auf der anderen Seite wies er im Mai 1981 die heftigen persönlichen Attacken des israelischen Ministerpräsidenten Menachem Begin auf Bundeskanzler Helmut Schmidt zurück.

Galinski äußerte sich auch zu Problemen der Entschädigung jüdischer Opfer (z. B. Forderung an den Flick-Konzern) und zur Darstellung von Themen der Judenverfolgung in den Massenmedien (z. B. Fernsehfilm über Majdanek-Prozeß). Er forderte auch die Bundesregierung auf, das „Leugnen der organisierten Juden-Vernichtung endlich unter Strafe zu stellen“ (sogenannte Auschwitz-Lüge).[2]

Galinski war neben seiner Berliner Tätigkeit Direktoriumsmitglied im Zentralrat der Juden in Deutschland und u. a. Vorstandsmitglied der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Zwischen 1954 und 1963 war er der erste Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland. 1987 wurde ihm die Ehrenbürgerwürde der Stadt Berlin verliehen. Nach dem Tod des Präsidenten des Zentralrates Werner Nachmann (gest. am 21. Januar 1988 in Karlsruhe) wurde Galinski im März 1988 Nachfolger im Amt des Vorsitzenden des Direktoriums.

„Als größten Schaden seit 1945“ für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland stufte Galinski Mitte Mai 1988 die Nachmann-Affäre ein: Damals war bekannt geworden, daß sein Amtsvorgänger offenbar seit 1980 Zinsgelder von etwa 33 Millionen DM aus Wiedergutmachungszuwendungen der Bundesregierung unterschlagen und zur Sanierung seiner maroden Unternehmen verwendet hatte. Der Verbleib der Gelder ist bis heute ungeklärt. Der Generalsekretär des Zentralrats, Alexander Ginsburg, erklärte damals seinen Rücktritt.

Im Juni 1988 traf Galinski in der DDR mit Parteichef Erich Honecker zusammen, der sich gegenüber den Wünschen Galinskis – z. B. Öffnung der Archive, Gedenken aus Anlaß des 50. Jahrestags der „Reichskristallnacht“ – konzessionsbereit zeigte. In der Volkskammer der DDR (8. Oktober 1988) und im Bundestag (10. November 1988) wurden Gedenksitzungen abgehalten, Galinski war jeweils als Zuhörer geladen. Daß das Bundestagspräsidium ihm eine Rede im Plenum verweigerte (die Grünen hatten für Galinski Rederecht gefordert, was Bundestagspräsident Philipp Jenninger ablehnte) erbitterte ihn, die innenpolitische Diskussion darüber nannte er „beschämend“.[2]

Den Prozeß der deutschen Teilvereinigung nannte Galinski 1990 eine „Chance und Bewährungsprobe“, die zu Ende gegangene Epoche dürfe aber nicht der Vergessenheit anheimfallen, mahnte er in seiner Rede zur Eröffnung der Tagung des Jüdischen Weltkongresses in West-Berlin (Mai 1990). In die Präambel des Einigungsvertrages mit der DDR wollte er ein „Bekenntnis zur deutschen Geschichte in allen ihren Teilen“ aufgenommen wissen, scheiterte aber mit diesen Bemühungen. Das vereinte Deutschland forderte er während des Zweiten Golfkrieges (Januar/Februar 1991) zu uneingeschränkter Solidarität mit Israel auf, was mit einer „Scheckbuch-Politik“ allein nicht zu machen sei, wie Galinski betonte. „Vom neuen Geist des kommerziellen Denkens“, der buchstäblich „auf Leichen der jüdischen NS-Opfer gebaut“ werde, sprach Galinski im September 1991, als die Thüringer Regierung einen Teil des bereits von der DDR genutzten Bergwerkes Mittelbau-Dora an eine westdeutsche Firma verkaufen wollte. Seit dem Fall der innerdeutschen Mauer und der Vereinigung der jüdischen Gemeinden in Ost und West bemühte sich Galinski besonders um die Integration der jüdischen Einwanderer aus der Sowjetunion. Daß die dreitausend bis November 1991 aus der zerfallenden Sowjetunion in die BRD ausgewanderten Juden hier den Status von „Kontigentflüchtlingen“ erhielten, der sie den deutschen Staatsbürgern fast gleichstellte, war auch sein Verdienst.[2]

Pfeil 3 siehe auch.pngSiehe auch: Masseneinwanderung von Ostjuden in die BRD

Galinski stand bis zu seinem Tod 1992 wieder an der Spitze des Zentralrats der Juden in Deutschland. Sein Nachfolger wurde Ignatz Bubis.

Vermächtnis

Zum Vermächtnis des verstorbenen Heinz Galinski sagte Bundespräsident Richard von Weizsäcker, es sei das Recht und die Pflicht des Dahingegangenen gewesen, „daß er uns wahrhaftig immer wieder die Leviten gelesen“ habe. Galinski sei ein „Vorbild an Bürgersinn“ gewesen. Und, so fuhr Weizsäcker fort: „In ganz Deutschland hörte jeder auf seine Stimme, um täglich von neuem den rechten Weg zu finden.“[4]

Auch von DDR-Staatschef Erich Honecker war Galinski noch zu Lebzeiten mit hoher Ehrung versehen worden: Der SED-Chef verlieh dem Zentralratsvorsitzenden in Ost-Berlin den „Stern der Völkerfreundschaft“. Galinski sprach nach der Begegnung mit Honecker von „menschlicher Wärme und ehrlichem Entgegenkommen“. Nach dem Krieg hatte Galinski dem in der Zeit des Nationalsozialismus inhaftierten Honecker ein Zertifikat als NS-Verfolgter ausgestellt.[4]

Galinskis unablässiges Streben war darauf gerichtet, Israel zu unterstützen und bei den Deutschen ein Schuldbewußtsein wegen Adolf Hitler wachzuhalten. In den eigenen Reihen wurde sein selbstherrlicher Führungsstil kritisiert. Anfang 1992 wehrte er sich gerichtlich gegen jüdische Widersacher, die ihn als eine Art „letzten Stalinisten“ gebrandmarkt hatten. Galinski stachelte zu radikalem Vorgehen gegen die gesamte politische Rechte der Bundesrepublik an. Ständig suchte er das Rampenlicht der Medien für seine Auftritte und verhielt sich damit grundsätzlich anders als der jüdische Zentralrat in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik, als die jüdische Führung der Ansicht war, penetrantes Hervortreten mit Anklagen und Forderungen könne eines Tages Unmut schaffen und der jüdischen Sache schaden.[4]

Im Sommer 1975 scheiterte ein der „Rote Armee Fraktion“ (RAF) zugerechneter Attentatsversuch auf Galinski.[5] Am 10. Februar 1993 erklärte sein Nachfolger Bubis, das Ministerium für Staatssicherheit der DDR habe ernsthaft erwogen, Galinski umzubringen. In den 1960er Jahren sei eine an ihn gerichtete Briefbombe abgefangen und entschärft worden. Die Untat sollte als rechtsradikales, antisemitisches Verbrechen erscheinen, um die Bundesrepublik international in Mißkredit zu bringen.[4] Unbekannte verübten im Dezember 1998 in Berlin auf das Grab Galinskis auf dem bewachten Jüdischen Friedhof Heerstraße in Berlin-Charlottenburg einen Sprengstoffanschlag. Bereits Ende September 1998 war das Grab geschändet worden.

Familie

Im Mai 1992 mußte sich Galinski einem schweren Herzeingriff unterziehen. Am 19. Juli 1992 starb er in einem Berliner Herzzentrum an den Folgen dieser Operation. Er war seit 1947 in zweiter Ehe mit Ruth Weinberg verheiratet und hinterließ eine Tochter Evelyn. Seine Frau war Vorsitzende des Jüdischen Frauenbundes in Deutschland. Galinski war Musikliebhaber, Fußballfan und züchtete Kakteen.[2]

Ehrungen

In Berlin-Gesundbrunnen befindet sich die Heinz-Galinski-Straße, in der heute das Jüdische Krankenhaus Berlin steht. Nach ihm ist der Heinz-Galinski-Preis benannt. An seinem ehemaligen Wohnhaus in der Schönhauser Allee ist heute eine Gedenkplakette angebracht.

Auszeichnungen u. a.:

DRK-Ehrenzeichen (1960), Großes Bundesverdienstkreuz (1966), mit Stern (1979) und Schulterband (1982), Ernst-Reuter-Plakette in Silber (1974), Ehrendoktorwürde der Bar-Ilan-Universität, Tel Aviv (1983), Ehrenbürgerschaft Berlins (1987). Seit November 1987 besteht eine Heinz-Galinski-Stiftung der Jüdischen Gemeinde Berlin.

Zitat

  • „Wir geben den Weg zu einer schrankenlosen Geschichtsdiskussion nicht frei.“[6]

Fußnoten

  1. Internationales Biographisches Archiv 38/1992 vom 7. September 1992
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 Munzinger-Archiv GmbH, 1992
  3. Juden in Berlin – Informationen zum jüdischen Leben in Berlin, hagalil.com
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 David Korn: Wer ist wer im Judentum? – FZ-Verlag ISBN 3-924309-63-9
  5. Empörung über den Anschlag auf Heinz Galinski, abendblatt.de, 21. August 1975
  6. „Blätter für deutsche und internationale Politik“, Januar 1987