Israel und die Bombe – Ein radioaktives Tabu
Filmdaten | |
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Originaltitel: | Israel und die Bombe. Ein radioaktives Tabu |
Produktionsland: | Deutschland |
Erscheinungsjahr: | 2012 |
Laufzeit: | 52 Minuten |
Sprache: | Deutsch |
Stab | |
Regie: | Dirk Pohlmann |
Drehbuch: | Dirk Pohlmann |
Produzenten: | Anja Kühne, Florian Hartung |
Musik: | Mona Mur |
Kamera: | Michael Khano, Jean Schablin, Peter Reuther |
Besetzung | |
Darsteller | Rolle |
Israel und die Bombe. Ein radioaktives Tabu ist ein Dokumentarfilm aus dem Jahre 2012, der die Geschichte der israelischen Atombombe zum Thema hat. Die Erstausstrahlung des 52 Minuten langen Films fand am Samstag, 7. Juli 2012, 13.00 Uhr auf ARTE statt.[1] ZDF-History zeigte in Koproduktion mit ARTE den Film am Sonntag, 8. Juli 2012 um 23.35 Uhr. Die Redaktion hatten Martin Pieper (ARTE) sowie Annette Tewes (ZDF) inne. Der Film basiert zentral auf den Thesen, die der in den USA tätige israelische Wissenschaftler Avner Cohen in seinem 1998 erschienenen Buch Israel and the bomb vertritt. Buch und Autor wurden in der Sendung vorgestellt. Weiter kommen die Autoren Gideon Remez und Isabella Ginor zu Wort, die Thesen aus ihrem Buch „Foxbats over Dimona“ vorstellen.
Inhaltsverzeichnis
Inhalt
Tabu
Der Film rollt zunächst die Enthüllung des israelischen Atomwaffenprogramms durch den Nukleartechniker Mordechai Vanunu im Jahr 1986 auf, in Folge dessen Vanunu durch die Mossad-Agentin Cheryl Ben Tov entführt wurde. Vanunu durfte nicht „gegen das Tabu des Staates Israel verstoßen, dort darf niemand über die eigenen Atombomben reden … offiziell gibt es sie nicht … Israel will sich nicht kontrollieren lassen … der Rest der Welt aber soll über das israelische Atomwaffenarsenal sprechen … zur Abschreckung … das ist eine ausgeklügelte Strategie, sie heißt Amimut…“. (Die hebräische Formulierung dafür heißt: "עֲמִימוּת גַּרְעִינִית"/ „nukleare Mehrdeutigkeit“). Der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld kommt zu Wort und thematisiert die Problematik über das israelische Atomwaffenprogramm nicht sprechen zu können. Er betont, dass er sein Wissen aus ausländischen Quellen beziehe. Auch Peter Hounam, Chefreporter der Sunday Times, erklärt, daß Nuklearwaffen in Israel ein sehr sensibles Thema seien und spricht hierbei von einem Tabu. Auch Eschkol vertrat diese Strategie, als er mit Johnson 1963 proklamierte „Israel werde nicht der erste Staat im Nahen Osten sein, der Atomwaffen einführt“. Der Journalist Gideon Remez nimmt dazu Stellung und erwähnt, daß auch Jitzchak Rabin die Interpretation des Wortes "Einführung" diskutierte. Remez erklärt, dass diese Formulierung in dreierlei Weise interpretierbar wäre: als Durchführung von Atomtests, als Besitz von Atomwaffen oder als Verzicht auf die Bekanntmachung der Existenz. Der Militärhistoriker Martin van Creveld erklärt, daß die von Johnson und Eschkol getroffene Formulierung eine Geheimhaltung über das israelische Atomprogramm beinhaltete – „Ihr Israelis erzählt uns nichts und wir Amerikaner wissen von nichts“. Avner Cohen sieht in dem vagen Wort "Einführung" eine absichtliche Verschleierung. Experten schätzen das isrealische Atomwaffenarsenal auf 100-400 Nuklearsprengköpfe modernster Bauart.
Anfänge
Der Film interpretiert die atomare Bewaffnung als Reaktion auf den den „nationalsozialitstischen Rassenwahn“. Avi Primor beschreibt die Erfahrung des Holocausts als Erniedrigung („sie ließen sich wie Lämmer zur Schlachtbank führen“) und deswegen dürfen laut Primor die Juden „nie wieder Opfer werden, nie wieder wehrlos sein“. Dieser Gedanke war auch der Grund dafür, dass der Soldat auf die erste israelische Atombombe die hebräische Formulierung "אַף פַּעַם" („nie wieder“) schrieb.
Der Film verweist darauf, daß die USA nur durch die Arbeit jüdischer Wissenschaftler zur Atommacht aufsteigen konnten. Die Vision, Atommacht zu werden, geht auf David Ben Gurion zurück, der darin von Schimon Peres und Ernst David Bergmann unterstützt wurde. David Ben Gurion erklärte die Notwendigkeit des militärischen Sieges: „Sie müssen nur einmal gewinnen um uns zu vernichten. Wir müssen aber jeden Krieg gewinnen um zu überleben“. Denn Israel wurde „im Krieg geboren“ und hatte bereits bei seiner Gründung „viele Feinde“.
Nach der Beschreibung im Film, wurde die israelische Politik wesentlich durch die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki und durch das Manhattan-Projekt beeinflußt:
- „Um einen zweiten Holocaust, ein zweites Auschwitz zu vermeiden, meinten die jüdischen Politiker, sie müßten die Macht haben ein zweites Hiroshima, ein zweites Nagasaki zu verursachen … Mit der Möglichkeit ein zweites Hiroshima zu schaffen, sollte ein zweiter Holocaust vermieden werden.“
Der Nachal Sorek Reaktor und der neue Reaktor in Dimona ab 1957
Das Problem war, daß Israel über kein Uran verfügte. Israel unterschrieb das Atoms-for-Peace-programm und kaufte einen Reaktor von den USA. Schon damals untersuchten israelische Wissenschaftler, ob das Material zur Herstellung von Atomwaffen nutzbar wäre. Der „Nachal Sorek Reaktor“ (Soreq Nuclear Research Center) diente später dazu, um das Atomprogramm zu verschleiern. Frankreich arbeitete ebenfalls daraufhin, Atommacht zu werden und war deswegen für Israel von Interesse. Pierre Péan legt dar, welch enge Beziehung Israel und Frankreich ab 1952 aufnahmen, so sind die beiden Staaten „auf höchster und geheimster Ebene miteinander verbunden, anders ausgedrückt sie sind verfilzt“. Schimon Peres hatte – laut Pierre Péan – sogar ab 1954/1955 sein Büro im französischen Verteidigungsministerium. In der Sueskrise (1956) versprach Israel Großbritannien und Frankreich militärisch aktiv zu werden. Im Gegenzug erhielt Israel von den Briten schweres Wasser und Uran, während die Franzosen den Israelis dabei halfen ab 1957 in der Negevwüste eine Atomanlage zu errichten, um damit waffenfähiges Plutonium herzustellen. Es handelte sich dabei um den Negev Nuclear Research Center bei Dimona, als Vorbild diente die Nuklearanlage Marcoule. Dabei wurden die Israelis von amerikanischen Spionageflugzeugen beobachtet. Dino A. Brugioni erklärt, wie Präsident Eisenhower die Informationen zum „neuen Reaktor in Dimona“ wiederholt als unwichtig abtat. Die Weltöffentlichkeit wurde belogen, offiziell wurde die Anlage sogar als Textilfabrik deklariert. Der amerikanische Geheimdienst CIA beschreibt die Zusammenarbeit von Frankreich und Israel als „geheimes israelisch-französisches Atomwaffenprogramm – die Paten dieses Geheimprojektes sind der französische Präsident Guy Mollet und der Verteidigungsminister Bourgès-Maunoury“. Die Hilfeleistung Frankreichs wurde sogar durch einen Vertrag abgesichert, der von Peres zurückdatiert werden mußte. Inzwischen war die den Vertrag unterzeichnende französische Regierung per Misstrauensvotum gestürzt worden.
Doch Israel stand unter Zeitdruck, denn unter Charles de Gaulle ändert sich die Politik Frankreichs und Israel benötigt noch die nötigen Trägersysteme, um Atommacht zu werden. In den ersten eineinhalb Jahren seiner Präsidentschaft war de Gaulle über die Unterstützung an Israel nicht ausreichend informiert. Neue Hilfe kommt aus Deutschland, das bereits Waffen an Israel geliefert hat. Konrad Adenauer sichert den Israelis ab 1961 für 10 Jahre jährlich 200 Millionen Mark an Entwicklungshilfe zu, offiziell für eine Entsalzungsanlage.
Martin van Creveld, Pierre Péan sowie Avner Cohen erklären einstimmig, wie John F. Kennedy die Entwicklung der israelischen Atombombe unmöglich machen wollte. Über Kennedy wird im Film gesagt, er würde „wie kein zweiter US-Präsident versuchen die israelische Bombe zu verhindern“. Kennedy verlangte Kontrollen und drohte mit der Einstellung von US-Wirtschaftshilfen. Nach Darstellung im Film stimmten die Israelis in der Theorie dieser Kontrolle zu, bauten aber eine falsche Schaltzentrale welche den Amerikanern gefälschte Daten anzeigte (laut Pierre Péan). Als Gegenleistung zur Einstellung verlangte David Ben Gurion die Lieferung anderer nichtatomarer Waffen, um sich verteidigen zu können. Kennedy lieferte Hawk-Abwehrraketen, welche die Israelis dann aber um die Atomanlage herum aufstellten. Erst mit Kennedys Nachfolger im Jahre 1963 verbesserte sich die Kooperation von USA und Israel – mit Lyndon B. Johnson „entwickelte sich die Freundschaft mit Israel“. Johnson einigte sich mit Levi Eschkol auf die Formulierung „Israel wird nicht der erste Staat sein, der im mittleren Osten Atomwaffen einführt“. Die Amerikaner wollen offiziell nichts mehr von Dimona wissen – „ab jetzt werden die USA nicht mehr genau hinsehen was sich in Dimona tut“. Nach Beschreibung im Film forderten nun einzig die arabischen Staaten und die Sowjetunion das israelische Atomwaffenprogramm zu beenden.
„Foxbats over Dimona“ und der Sechs-Tage-Krieg 1967
Der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld beschreibt, daß die arabische Liga unter Führung von Gamal Abdel Nasser nicht tatenlos zu sehen wollte, wie die israelische Atombombe gebaut würde. Die Liga beschloß daher im Jahre 1965 auf einer Konferenz einen Angriff auf Israel zu führen. Gideon Remez, Autor des Buches "Foxbats over Dimona" erklärte, daß die UdSSR das israelische Atomprogramm stoppen und mittels einer gezielter Provokation die Israelis zum Angriff bewegen wollte. Gegenüber der arabischen Liga bot die UdSSR Rückendeckung an und versicherte, einen Einsatz von Atomwaffen seitens Israels werde man atomar vergelten. Es wird erklärt, wie deswegen die UdSSR im Jahre 1967 im Rahmen einer gezielten militärischen Provokation die MiGs (laut Bezeichnung im Film, die MiG-25 Foxbat) nach Dimona schickte.[2]
Isabella Ginor, ebenfalls Autorin von "Foxbats over Dimona" kommt zu Wort und berichtet daß Israel dem Flug der MiGs nichts entgegen zu setzen hatten. Ginor berichtet von dem Befehl der UdSSR, die Anlage zu bombardieren. Sowjetische Tu-16-Bomber, mit den Farben der arabischen Liga bemalt, standen demnach auf dem Kaukasus bereit und sollten Dimona vernichten.[3] Doch nach der Zerstörung der Landebahnen in Ägypten im Sechs-Tage-Krieg (5. Juni 1967) wird dieser Befehl nicht ausgeführt.
Am Vorabend des Sechstagekriegs (4. Juni 1967) wurde die Atombombe in Dimona, 6 Stockwerke unter dem Boden fertiggestellt. Dies wird im Film besonders dargestellt: „Dieser Moment ist in Israel zum Mythos geworden, der Sechstagekrieg beginnt. Ein Soldat soll ein Bekenntnis auf die erste Atombombe seines Staates geschrieben haben nie wieder. Eine Demonstration der Macht“.
Peter Hounam schildert Einzelheiten zu dem Spiongageschiff Liberty, das am dritten Tag des Sechstagekriegs von israelischen Einheiten angegriffen wurde. Israel sprach von einem Versehen. Als möglicher Grund werden Abhöraktivitäten genannt und der Versuch, den Angriff den Ägyper zuzuschieben, damit die USA in den Krieg eintreten könne. Peter Hounam berichtet, wie drei nuklear bewaffnete Jagdbomber starteten, die sich auf dem Flugzeugträger USS America der 6. Flotte im Mittelmeer befanden, um militärische Stationen bei Kairo zerstören. Seit 1967 sind Israel und die USA enger alliiert - „trotz oder wegen des Angriffs auf die Liberty“. Golda Meir und Richard Nixon schließen 1969 ein geheimes Abkommen: „Israel darf jetzt Atommacht sein“.
Der Jom-Kippur-Krieg 1973
Im Jom-Kippur-Krieg 1973 hält Israel „ sein Versprechen seine nuklearen Waffen nicht für den atomaren Erstschlag einzusetzen“. Die USA schickt ihr Spionage-Flugzeug SR-71 und entdeckt nuklear bestückte Jericho-Raketen. Dies wird als „stumme Drohung … [als] Drohgebärde der Israelis“ gewertet. Um einen Atomkrieg zu verhindern veranlassen daraufhin Präsident Richard Nixon und sein Außenminister Henry Kissinger eine massive Unterstützung mit militärischem Material für Israel. Die israelischen Atomwaffen spielen demnach eine wichtige Rolle – die „israelische Atomwaffen bekommen Gewicht in der Diplomatie des kalten Krieges … die Atomwaffen waren der Grund für die Lieferung der konventionellen Waffen der USA an Israel … sie führten zur Luftbrücke der Amerikaner, die Israel vom Einsatz seiner Atomwaffen abhielt.“ Der Film beschreibt, daß in Israel einsatzfähige F4-Kampfflugzeuge mit atomarer Bewaffnung für einen Angriff auf das sowjetische Odessa bereitgehalten wurden.
Der Atombombentest 1979
Mit der Hilfe Südafrikas, so weiß Sasha Polakow-Suransky zu berichten, führte Israel 1979 zwischen Afrika und der Antarktis einen Atomwaffentest durch. Südafrika strebt seinerseits danach, Atommacht zu werden. Israel bot das Know-How und erhielt dafür Uran aus Südafrika. Der Film beschreibt, wie parallel zum Atomtest die Verhandlungen zum israelisch-ägyptischen Friedensvertrag unter Jimmy Carter stattfanden.
2. Golfkrieg 1991
Der Film beschreibt, wie 1991 Israel in der Koalition im 2. Golfkrieg gegen den Irak stand, als Saddam Hussein Scud-Raketen auf Israel schießen ließ. Der Film zeigt, wie der Angriff auf Israel erfolgte, als der damalige Außenminister Hans Dietrich Genscher zu Besuch in dem Land weilte. Der israelische Außenminister David Levy (Außenminister von 1999 bis 2000) machte Genscher Vorwürfe für dessen Unterstützung des Irak. Dafür lieferte Deutschland 1999 drei U-Boote im Wert von einer Milliarde Euro an Israel, von denen Israel allerdings nur eines zur Hälfte bezahlte. Diese können nach Darstellung im Film auch atomar bestückte Cruise-Missiles weltweit transportieren. Avi Primor erklärt, daß man in Deutschland versucht, weitgehend das Thema zu ignorieren, auch die Tatsache, daß später zwei weitere U-Boote geliefert wurden.
Israel als Kriegstreiber
Auszug aus dem Gedicht „Was gesagt werden muß“ von Günther Grass:
- Warum sage ich jetzt erst,
- gealtert und mit letzter Tinte:
- Die Atommacht Israel gefährdet
- den ohnehin brüchigen Weltfrieden?
- Weil gesagt werden muss,
- was schon morgen zu spät sein könnte.