Kirchner, Herti

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Herti Kirchner.jpg

Herti Kirchner (Lebensrune.png 3. September 1913 in Kiel als Herta Kirchner; Todesrune.png 1. Mai 1939 in Berlin) war eine deutsche Schauspielerin und Schriftstellerin im Umfeld Erich Kästners.

Leben

Herti war die Tochter des Dachdeckermeisters Franz Joseph Kirchner und der Lehrerin Herta Kirchner geb. Hartmann. Anstelle der früh verstorbenen Mutter wurde Herti Kirchner von einer Haushälterin („Fräulein Sorge“ in Lütte), sowie indirekt von den drei unverheirateten Schwestern ihrer Mutter und einer Tante erzogen. Alle waren Lehrerinnen, die in Kiel (Paula, Julia) und Heide (Marina) wohnten. Dieser Fürsorge entzog sie sich, indem sie heimlich am Kieler Stadttheater Schauspielunterricht nahm [1] und dann das Elternhaus gegen den Willen der Familie verließ.

Am 29. Mai 1931 heiratete sie Heinrich Weidinger, der Kapellmeister am Stadttheater und Leiter des Städtischen Orchesters Salzwedel war. Am 1. Oktober 1933 wurde die Ehe in Berlin geschieden, wobei Herti Kirchner die alleinige Schuld auf sich nahm.

Sie gab ihr Debüt 1930 am Stadttheater von Salzwedel. 1932 ging sie nach Berlin und erhielt ein Jahr später ihr erstes Engagement am Deutschen Künstlertheater. Sie übernahm vorwiegend komisch-naive Rollen und war auch als Kabarettistin und Soubrette tätig, zuletzt am Lustspielhaus.

In ihrem ersten Film „Kampf um Blond“ erhielt sie kaum zwanzigjährig die Hauptrolle. Sie spielte eine Schülerin, die aus dem Erziehungsheim flüchtet und sich als Tänzerin versucht. Als putziges Mädel wirkte sie in den dreißiger Jahren in mehreren Filmen mit, meist allerdings nur als Nebendarstellerin. 1933/34 lernte sie den dreizehn Jahre älteren Schriftsteller Erich Kästner kennen, mit dem sie in den folgenden Jahren befreundet war.

1937 veröffentlichte sie das Jugendbuch „Lütte. Geschichte einer Kinderfreundschaft“, 1938 folgte „Wer will unter die Indianer?“.

Herti Kirchner starb am 1. Mai 1939 um 5.00 Uhr durch ein Autounfall. Die Trauerfeier fand in Berlin am 6. Mai 1939, die Beisetzung in Kiel auf dem Südfriedhof am 8. Mai 1939 statt. Erich Kästner identifizierte die Tote und vermied aufgrund seines Schocks über ihren Tod für den Rest seines Leben, selbst Auto zu fahren und bevorzugte statt dessen Taxifahrten.

Autorenarbeit

Herti Kirchner schrieb ihre Texte auf Stenoblöcken offensichtlich während Auftrittspausen im Theater oder anderen Engagements und tippte sie später selbst ab. Daß Kästner als Berater und Lektor wirkte, ist u. a. in verschiedenen Manuskripten belegt durch zahlreiche mit Bleistift vorgenommene Änderungsvorschläge in Kästners Handschrift. Zu formalen Ähnlichkeiten zwischen den Kinderbüchern beider trugen aber auch die Änderungswünsche des Verlages bei.

Eine genauere Bewertung der Anteile von Herti Kirchner und Erich Kästner steht noch aus. Bei den Manuskripten, die eine Zusammenarbeit erkennen lassen, war Kirchner Ideengeberin und Verfasserin der ersten Versionen; Kästners Beitrag in Bezug auf knappere und treffendere Formulierungen und ggf. bühnen- bzw. filmgerechte Form ist jedoch unübersehbar. Die Schreibbilder der Maschinen von Herti und (vermutlich) Elfriede Mechnig (Reinschriften) sind gut unterscheidbar.

Der NS-Lehrerbund setzte 1938 „Lütte“ auf den Index der für deutsche Schulkinder ungeeigneten Bücher. Daraufhin orderte der Buchhandel beide Bücher nicht mehr in größerem Umfang.[2] Herti Kirchners Versuche, einen Widerruf der Entscheidung zu erreichen, blieben bis zu ihrem Tode erfolglos. Ein drittes Kinderbuch war 1938 bereits in Vorbereitung.[3]

Im Nachlaß fertige und unfertige Manuskripte und Typoskripte von
• Kurzgeschichten (z. T. unter Pseudonym Hanne Timm); in einer kommt ein Hund „Nauke“ vor
• frivolen Gedichten und Monologen (vermutlich für/von Auftritten und Sendungen)
• Bühnenstück, Drehbüchern[4]
• die handschriftlichen Fassungen von „Lütte“ und „Schwarzfußindianer“ (erschienen als „Wer will unter die Indianer“) sowie
• Stoffsammlungen.

Filmographie

Synchronsprecher

Theater, Kabarett, Funk und Fernsehen

  • 1934 mit Heinz Rühmann in „Der Mustergatte“ auf Deutschlandtournee
  • 1935 April bis Mai Tingel-Tangel, Berlin
  • 1937, 1.–31. Oktober: Kabarett (Hofgartenspiele) Annast München [5]
  • 1938, ab August Lustspielhaus, Berlin, Friedrichstraße

Neben Theater, Kabarett und Film hatte sie zahlreiche kleine Engagements bei Rundfunk und Fernsehen, z. B. 1938: ca. 25 Aufnahmen als Schauspielerin, Sprecherin oder Sängerin, z. T. speziell Chansons, beim Reichsrundfunk Berlin GmbH, Reichssender Stuttgart, Fernsehsender Berlin, Fernsehsender Paul Nipkow, meist „live“, sonst „Wachsaufnahmen“ (neben Metro Goldwyn Mayer Berlin und Luis-Trenker-Film in diesem Jahr).

Fußnoten

  1. Interview, Nordische Rundschau, 25./26. März 1937
  2. Schreiben vom Verlag, C. Dressler, vom 25. August 1938
  3. Brief an die Tanten o. D. (Mitte Juli 1938)
  4. Drehbücher jeweils mit Exposé und Kurzfassung: Siebenundsechzig Sommersprossen. Ein Kurztonfilm der Terra Filmkunst G.m.b.H. Buch Herti Kirchner. Typo-Durchschlag, 67 Seiten, ohne Datum.
    Die Maße der Venus,
    1. Exposé, o. Autor, mit handschriftlichen Korrekturen Erich Kästner
    2. Exposé Herti Kirchner (mit eingearbeiteten Korrekturen)
    3. Fassung Idee: Hertha Plessow (Pseudonym Herti Kirchner), Drehbuch: Harald Röbbeling“IMDb, ohne Paginierung, 22 Bilder, ca. 50 Seiten. (1 und 2 Schreibmaschine HK, 3 vermutlich Meschnig))
  5. Programmheft Annast vom Oktober 1938.