Gruber, Kurt
Kurt Paul Gruber (* 21. Oktober 1904 in Syrau, Vogtland; † 24. Dezember 1943 in Dresden) war ein deutscher nationalsozialistischer Politiker und von 1926 bis 1931 der erste Vorsitzende der Hitler-Jugend (HJ).
Leben
Als Junge hatte er sich zu einem Freikorps gemeldet, wurde aber nicht zu einem Einsatz geschickt. In seiner Heimatstadt Plauen gründete der eben 18jährige im Herbst 1922 eine Ortsgruppe des Jugendbundes der NSDAP. Die kleine Gruppe von anfangs sechs Jungen im Alter von 15 und 16 Jahren wurde dank Grubers organisatorischen Geschickes zur Keimzelle der späteren Hitlerjugend. Getarnt als „Wandersportverein Vogtland“ überdauerte die Gruppe die Zeit des Parteiverbotes.
Gruber gewann durch sein vorbildliches Verhalten die Freundschaft des sächsischen Textilfabrikanten und späteren Gauleiters Martin Mutschmann, mit dessen finanzieller Hilfe er seine Jugendarbeit zum Hauptberuf machte. In Plauen mietete Gruber Büroräume und baute eine eigene Verwaltung auf, knüpfte Kontakte zu anderen völkischen Gruppen und warb um neue Mitglieder. Im Frühjahr 1924 ernannte ihn Adolf Lenk zum Führer des Landesverbandes der „Großdeutschen Jugendbewegung“, und im Juli hielt Kurt Gruber bei Plauen sein erstes eigenes Reichstreffen ab.
Allein in Sachsen hatte Gruber in nur wenigen Monaten rund 2.500 Jugendliche hinter sich geschart, eine Leistung, der auch Hitler seine Anerkennung nicht lange verwehren konnte. Trotz der Neugründung der NSDAP zweifelte Adolf Lenk noch an der Integrationskraft Hitlers. Im Alleingang gründete er die unabhängige „Deutsche Wehrjugend“. Lenk wurde daraufhin wegen Verrates an der Bewegung und mit dem Vorwurf der Unterschlagung und Unfähigkeit aus der Partei entfernt. Zum Nachfolger Lenks bestimmte Hitler zunächst den ehemaligen Leutnant Edmund Heines. Als Mitglied im Freikorps Roßbach war Heines einer der Führer in dessen „Schilljugend“. Die Entscheidung rief jedoch Unmut innerhalb der Partei und der nationalsozialistischen Jugendgruppen hervor, denn die „Schilljugend“ galt als elitäre Vereinigung, in der sich vorwiegend bürgerliche Jugendliche und Gymnasiasten sammelten. Auch Kurt Gruber wandte sich besorgt an Hitler. Da der Plauener die meisten seiner Anhänger in der Arbeiterjugend der Industriegebiete Sachsens und Thüringens fand, gab Gruber zu bedenken, daß ein Anschluß der „Großdeutschen Jugendbewegung“ an die „Schilljugend“ unweigerlich die Rekrutierungsbasis für den nationalsozialistischen Nachwuchs auf Jugendliche aus dem bürgerlichen Milieu einengen würde. Diesem stichhaltigen Argument konnte sich auch Hitler nicht verschließen.
Im Oktober 1925 ernannte Hitler den 21jährigen Kurt Gruber zum nationalsozialistischen Jugendführer in Sachsen. Längst hatte Gruber seinen Wirkungskreis erweitert und bemühte sich, neue Landesverbände in Franken, im Rheinland und der Pfalz aufzubauen. Spenden aus dem Volk erleichterten ihm dieses Vorhaben. Um die Geschlossenheit der Bewegung zu demonstrieren, berief Hitler einen Parteitag ein. Am 3. und 4. Juli traten die Parteiformationen in Weimar an, denn Thüringen zählte zu den wenigen Ländern, in denen Hitler öffentlich sprechen durfte. Auch in der thüringischen Jugend warb Gruber unermüdlich neue Mitglieder. Einige Nationalsozialisten hielten den Kurs des Plaueners für zu „links“, aber Hitler wischte diese unnützen Bedenken beiseite, und hob in seiner Hauptansprache das Ziel hervor, die deutsche Jugend für die Partei zu gewinnen. Auf Vorschlag Julius Streichers, dem NS-Gauleiter in Franken, erhielt die „Großdeutsche Jugendbewegung“ den Namen ihres Paten: „Hitler-Jugend - Bund Deutscher Arbeiterjugend“. Kurt Gruber stieg zu deren ersten Reichsführer auf und wurde zugleich zum Referent für Jugendfragen der Parteileitung in München ernannt.
Gruber bat die Reichsleitung, weiter in Sachsen wirken zu können, und baute zielstrebig die Hitlerjugend in Plauen auf. Bald bestand die Verwaltung aus 14 Abteilungen, die sich unter anderem mit Erziehung, Fürsorge, Gesundheit und Propaganda befaßten. Gruber gab eine eigene Zeitschrift heraus und unterhielt einen Verteilungsdienst für „genehmigte Filme“, die zu Schulungszwecken an HJ-Gruppen verliehen wurden.
Obwohl es gelegentlich zu kleinen Plänkeleien zwischen HJ und SA kam, verband Gruber und Pfeffer von Salomon ein herzliches Verhältnis, das ihre Zusammenarbeit in den nächsten vier Jahren bestimmte. Zu ihrer ersten gemeinsamen Großdemonstration traten die Parteiformationen während eines Treffens der Hitlerjugend an, das Gruber zusammen mit SA und SS am 1. Mai 1927 in Plauen abhielt.
Als größtes Hindernis für das Wachstum der nationalsozialistischen Jugendbewegung beklagte Gruber den Mangel an erfahrenen Führern, denn als 18jährige mußten die Jungen zur SA überwechseln. Auch hier zeigte sich Pfeffer von Salomon gesprächsbereit: Im Oktober gestand der SA-Chef zu, daß Jungen, die in der Hitlerjugend als Führer benötigt wurden, nicht mehr zur SA überwechseln mußten.
Mit finanzieller Hilfe eines eigens eingerichteten Gönnerringes hatte er seine Büroräume in Plauen vergrößert. Neben einer Reichsgeschäftsstelle war ein Grenzlandamt entstanden, zuständig für Kontakte zu Jugendgruppen der deutschen Minderheiten im tschechischen Sudetenland und in Polen. Am 18. November ließ Gruber erstmals alle Hitlerjungen landesweit und zeitgleich zu einem Reichsappell antreten, um das Bewußtsein der inneren Solidarität und das Gefühl der Zugehörigkeit zur deutschen Volksgemeinschaft zu stärken. Fast die gesamte HJ-Führerschaft erschien in den letzten Dezembertagen zu einer Reichsführertagung in Plauen.
Im Amt als Reichsjugendführer bestätigt, gab sich Gruber in seinem Grundsatzreferat kämpferisch: „Es liegt im Wesen der Hitlerjugend, daß sie ebensowenig wie die Partei mit anderen Parteien, mit anderen Jugendorganisationen verglichen werden kann. Die Hitlerjugend ist weder ein politischer Wehrverband noch ein antisemitischer Pfadfinderbund, [...] sondern die Hitlerjugend ist die neue Jugendbewegung sozialrevolutionärer Menschen deutscher Art und volkhaften Wesens, verkettet mit dem Schicksal der Nation. Sie betont die Erziehung und die Pflege der Persönlichkeit unter klarer Erkenntnis der gegebenen Verhältnisse und ihrer Forderungen. Diese heißen nicht nur die Heimat erwandern und erleben, sondern heißen heute: Die Heimat mit dem Einsatz des Lebens erkämpfen, heißen: Staat und Wirtschaft aus den Krallen kapitalistischer, volkstumfeindlicher Mächte zu befreien. Daraus folgern wir den festen Willen zum neuen sozialistischen Volksstaat Adolf Hitlers und wissen, daß sein Weg nur über die Leiche des Marxismus geht. Darum lassen wir uns nicht durch eben so schöne wie untergeordnete Probleme verwirren und ableiten. Unser Weg hat ein scharf umrissenes Ziel, wir haben ein großes Ja vor uns und in uns. Über das morsche, faule Alte gehen wir zur Gestaltung des besseren Neuen, streben wir zum Dritten Reich. Dazu ist uns die Basis der Bündischen Jugend ebenso wie die der Wehrjugend zu unzulänglich und zu klein. Die Erkenntnis der Wirklichkeit und Gestaltung des neuen Ja setzen wir an die Stelle des charakteristischen Neins aller Typen der Jugendbünde. So reift in uns ein neuer Typ deutscher Jugend: die Hitlerjugend. Ein Typ, der hart, scharf und fest geformt, politisch in der Organisation gebunden, einer realen Welt des Nationalsozialismus im Marschschritt der neuen Jugend zustrebt, hinweg über all das Gerümpel von Bünden und Grüppchen nur einem folgt, ihrem Führer Adolf Hitler.“
Im Oktober 1931 gab Gruber sein Amt auf und wurde durch Theodor Adrian von Renteln, den Reichsführer des NS-Schülerbundes, ersetzt. Gruber wechselte in die Reichsparteileitung der NSDAP und in die oberste SA-Führung. 1939 wurde er Gauamtsleiter für Kommunalpolitik im Gau Sachsen der NSDAP. Er war zudem Sportgauführer und Verleger der Zeitschrift „NS-Gemeinde“.
Er starb im Alter von 39 Jahren an den Folgen eines Hirnschlages.