Militärgeistlicher
Militärgeistliche, Kriegspfarrer, Heeresgeistliche oder Feldpfaffen sind mit der Seelsorge an Soldaten betraute Geistliche.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
Unter dem Begriff Militärseelsorger sind alle Personen zusammengefaßt, die in der Seelsorge an Soldaten beteiligt sind. Je nach Gepflogenheit wurden sie auch als Militärhilfsgeistlicher (sich in der Ausbildung befindlich), Feldpfarrer, Feldprediger (protestantisch) bzw. Feldkaplane (katholisch), in der kaiserlichen und königlichen Armee auch Feldkurat, bezeichnet. Dies waren Begriffe für die bei einem militärischen Verband zur Militärseelsorge zugeteilten christlichen Geistlichen.
Wehrmacht
Feldbischof der Wehrmacht
Am 1. April 1934 wurde D. Franz Dohrmann von Reichspräsident Paul von Hindenburg als Nachfolger von Erich Schlegel (1866–1938) zum evangelischen Feldbischof ernannt und wurde somit zum Obersten Vorgesetzten (bis 1934 noch Feldpropst genannt) der von ihm ernannten evangelischen Feldseelsorger bzw. Wehrmachtpfarrer (z. B. Heeresoberpfarrer und Heerespfarrer) sowie Kriegspfarrer a. K. (Beamte auf Kriegsdauer). Sein katholisches Pendant von 1929 bis 1945 war Feldbischof Franz Justus Rarkowski.
Die Feldbischöfe unterstanden der Amtsgruppe Seelsorge im Oberkommando des Heeres in Berlin und richteten sich ab 1937 nach dem für Feldbischöfe der Wehrmacht erstellten Verordnungsblatt. Die Leitung der Wehrmachtsseelsorge, bzw. im Kriegsfall die Feldseelsorge, unterstand dem jeweiligen Feldbischof. Den einzelnen Divisionen und Feldlazaretten wurden Feldgeistliche (Kriegspfarrer im Rang eines Majors, scherzhaft auch ESAK oder KASAK, d. h. evangelische oder katholische Sündenabwehrkanone genannt) zugeteilt.
Als Kriegspfarrer nach Kreta
„Als Kriegspfarrer nach Kreta“ ist eine Schilderung über das Unternehmen „Merkur“ von Monsignore Johann Georg Schmutz (1908–2002), der im Zweiten Weltkrieg mit der 6. Gebirgs-Division an der Kriegsfront war:
- „Am 29. Mai 1941 befahl der Divisionskommandeur, General Schörner, uns beiden Kriegspfarrern der 6. Gebirgsdivision, sofort nach Kreta zu fliegen. Das I./Gebirgs-Jäger-Regiment 141 unter Major Förster war in einen Hinterhalt der Briten geraten und hatte innerhalb von zwei Stunden über 160 Mann an Verlusten erlitten. Der General stellte uns eine Ju 52 und ein Krad mit Beiwagen und Fahrer zur Verfügung. Wir sollten nach Kreta fliegen, um nach noch nicht geborgenen Toten und Verwundeten zu sehen, denn als Divisionspfarrer waren wir auch gleichzeitig Gräberoffiziere. Wir flogen vom Behelfsflugplatz Megara ab. Beim Anflug auf den Flugplatz Maleme (Kreta) machte ich eine Farbaufnahme aus der Ju hinunter auf den Platz. Man sah noch die Staubwolken der gerade vorher gelandeten Maschinen. Die schmale Start- und Landebahn war eingerahmt von einer großen Anzahl abgeschossener oder zu Bruch gegangener Ju 52. Insgesamt gingen über 200 Maschinen verloren.
- Die Besatzungen der Jus hatten schwere Tage hinter sich. Sie flogen seit dem 20. Mai täglich mehrmals und wußten nie, ob sie nicht selbst Opfer dieses gewaltigen Einsatzes wurden. Dies war eine dauernde physische und psychische Belastung für das gesamte fliegende Personal, von dem das letzte gefordert wurde. Unser Pilot, der natürlich wußte, wer wir waren, fragte mich, ob ich bereit sei, ihm die Beichte abzunehmen. Da ich bei solchen Einsätzen immer das Allerheiligste bei mir trug, um Verwundeten und Sterbenden beizustehen, begaben wir uns in eine abgeschossene Ju. Dort kniete der Pilot auf dem Boden der Maschine, wir beteten zusammen und ich konnte ihm die Heilige Kommunion reichen. Aus Dankbarkeit hat er mich dann nach dem Einsatz über Italien und die Alpen bis nach Hildesheim in den Urlaub geflogen!
- Auf Kreta waren unsere Gebirgstruppen noch voll im Einsatz, um die letzten Briten von der Insel zu vertreiben. Wir fanden Unterkunft bei Fallschirmpionieren und begannen, Gefallene zu suchen und zu beerdigen. Die Fallschirmjäger hingen zum Teil noch in ihren Fallschirmen in den Olivenbäumen. Im hohen Gras dieser Olivenhaine lagen gefallene Gebirgsjäger und Engländer. Für die Suche und die Beerdigung waren keine eigenen Kräfte verfügbar. Pfarrer Scherrer, der evangelische Geistliche und ich begaben uns daher ins Lager der britischen Kriegsgefangenen und baten die Lagerleitung um Unterstützung. Ein englischer Offizier und 10 Mann erklärten sich bereit, freiwillig mitzuhelfen. Im Lager der Griechen holten wir uns weitere 60 Gefangene, die ebenfalls zum Suchen eingesetzt wurden. Wir beiden Pfarrer, unser Fahrer und die Engländer übernahmen das Kommando der Suche. Da nun schon über eine Woche seit dem ersten Angriff auf Kreta vorüber war, wurde die Arbeit für alle fast unerträglich.
- Die Hitze hatte ihre Wirkung getan. Da wir aber nicht nur beerdigen, sondern auch die Toten identifizieren wollten, war dies noch schwerer. Die Engländer halfen sich mit Gasmasken. War ein Grab fertig, hielten wir jeweils eine kleine Totenfeier. Wir taten es für unsere Kameraden, der englische Offizier für die britischen Gefallenen. Bei unserer Suchaktion hatten wir noch 29 gefallene Gebirgsjäger und Fallschirmjäger und 11 Engländer gefunden. Die Mehrzahl unserer Toten war von der Truppe selbst beerdigt worden.
- Nach unserer Rückkehr nach Athen flog Pfarrer Scherrer noch einmal nach Kreta, um eine Bestandsaufnahme aller Gräber zu machen, darüber gab es einen Bericht von uns an die Armee. Als der Verband der Kriegsgräberfürsorge in Kassel am 28. September 1975 den Soldatenfriedhof in Athen einweihte, bat er uns beide Pfarrer, die Einweihung vorzunehmen. Mit einigen Worten, die ich damals sagte, möchte ich diesen kleinen Bericht beschließen:
- Eine Beerdigung in Athen während des Kreta-Einsatzes ist mir unvergeßlich geblieben. Mit den ersten Maschinen, die Verwundete von Kreta nach Athen zurückflogen, kam auch ein junger Fallschirmjäger an, der aber noch auf dem Flug gestorben war. Die Kameraden brachten ihn statt ins Lazarett hierher auf den Friedhof. Er hatte wenig in seiner Fallschirmkombination bei sich, doch in einem kleinen Tagebuch brachte er gleichsam sein Leben mit. Darin hatte er alles bis zum Abflug genau aufgeschrieben, was geschah, vor allem seine Gedanken und Empfindungen. Es war durch all die letzten Vorbereitungen zum Flug in den Kampf die bange Frage spürbar: Was wird? Wie werden wir bestehen? Wie werde ich bestehen? Das Tagebuch habe ich dann seiner Mutter gesandt. Geblieben sind bis heute die Fragen und Ängste des jungen Mannes. So wie er, ist jeder der hier ruht den eigenen schweren Weg durch Not und Tod, durch Opfer und Schmerzen gegangen. Es gibt kein Massenschicksal des Todes, es gibt nur den Einzeltod und das Einzelschicksal. Und nur einer kann die letzte Antwort auf die Fragen geben, die den jungen Fallschirmjäger quälten: Gott!“
Bundeswehr
In der Bundeswehr wirken Priester, Pastoralreferenten und Pastoren als Militärseelsorger. Sie sind im Haupt- oder Nebenamt für die kirchliche Betreuung der Soldaten und ihrer Ehegatten und Kinder zuständig. Dieser Personenkreis gehört zum Jurisdiktionsbezirk des Militärbischofs und daher nicht zur örtlichen Gemeinde, sondern zur jeweiligen regionalen Militärkirchengemeinde, die von einem Militärseelsorger geleitet wird. Neben den Geistlichen, die eine abgeschlossene theologische Ausbildung haben, sind es die Pfarrhelfer, die eine spezielle diakonische Ausbildung für die Bundeswehr erhalten.
Der Militärseelsorger hat keinen militärischen Rang, ist kein Soldat bzw. Kombattant und steht unter dem besonderen Schutz des Kriegsvölkerrechts. Er ist Angehöriger der Bundeswehr im Organisationsbereich „Militärseelsorge“, Bundesbeamter auf Zeit und wird daher aus dem Bundeswehrhaushalt besoldet. Im Einsatz trägt er – wie die Soldaten – den Feldanzug in Flecktarn mit einem Kreuz anstelle von Dienstgradabzeichen. Der Militärpfarrer unterliegt dem Beichtgeheimnis und der damit verbundenen Schweigepflicht.
Juden
Juden des Kaiserlichen Heeres hatten Anspruch auf einen Feldrabbiner, diese Rabbiner unterstanden einem nebenamtlichen Ober-Rabbiner des Feldrabbinats. Die deutschen Feldrabbiner des Ersten Weltkrieges trugen die feldgraue Heeresuniform mit einer Armbinde mit rotem Kreuz. Der Davidstern wurde dazu an einer Halskette getragen.
Militärpfarrer als Inhaber von Kriegsorden (Kleine Auswahl)
Inhaber des Eisernen Kreuzes
- Oberpfarrer für die Lazarette der Dritten Armee Rettig, Eisernes Kreuz am weißen Bande für Nichtkombattanten (1870)
- Dr. Anton Foohs, Prälat und Bayerischer Divisionspfarrer, späterer Geistlicher Rat und Päpstlicher Geheimkämmerer, Eisernes Kreuz (1914), II. und I. Klasse
- Lorenz Jaeger, späterer Erzbischof, Eisernes Kreuz (1914), II. und I. Klasse[1]
- Friedrich Lorenz, Eisernes Kreuz (1914), II. Klasse, Wiederholungsspange (1939) zum Eisernen Kreuz II. (1914)
- Rupert Mayer, Eisernes Kreuz (1914), II. und I. Klasse[2]
- Hans Meyer, Eisernes Kreuz (1939), 2. und 1. Klasse und Verwundetenabzeichen (1939) in Schwarz
- Dr. Josef Maria Reuß (1906–1985), 2. Klasse
- Bernhard Schaffran, Eisernes Kreuz (1939), 2. und 1. Klasse[3]
- Kurt von Wodtke, II. Klasse
Inhaber des Kriegsverdienstkreuzes
- Dr. Josef Maria Reuß (1906–1985), KVK I. Klasse mit Schwertern
- Franz Stock (1904–1948), KVK II. Klasse im Dezember 1942
Literatur
- Heinrich Pohl: Die katholische Militärseelsorge Preußens 1797–1888, 1926 (ND: 1962)