Ohnesorge, Wilhelm
Karl Wilhelm Ohnesorge ( 8. Juni 1872 in Gräfenhainichen; 1. Februar 1962[1] in München) war ein deutscher Referent des Deutschen Heeres, Politiker, seit Mitte 1933 Staatssekretär der Deutschen Reichspost (DRP), ab dem 2. Februar 1937 Reichspostminister und seit 5. September 1938 NSKK-Obergruppenführer sowie Ehrenführer.[2]
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ohnesorge verbrachte seine Schulzeit in Frankfurt/Main und trat nach dem Abitur 1890 als Eleve in das dortige Telegraphenamt ein. 1897 legte er nach dem Besuch der Post- und Telegraphenschule in Berlin die höhere Verwaltungsprüfung ab. Danach studierte er in Kiel und Berlin Mathematik und Physik. Seit 1900 war Ohnesorge in Berlin beim Telegraphen-Versuchsamt, dem Fernsprechamt und der Oberpostdirektion (OPD) angestellt. In den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg trat er mit mehreren Erfindungen hervor, die Eingang in den Fernsprechbetrieb fanden.
Während des Ersten Weltkrieges diente er zunächst als Referent für das Nachrichtenwesen bei der Obersten Heeresleitung; ab 1915 leitete er die Telegraphendirektion des Großen Hauptquartiers. 1915 gelang dank der von ihm entwickelten „Ohnesorge-Vierdrahtschaltung“ erstmals die telefonische Verbindung zwischen der Westfront (Mézières) und dem osmanischen Konstantinopel.
Von 1919 bis 1924 war Ohnesorge bei der Oberpostdirektion Dortmund tätig. Während der Ruhrkrise 1923 hielt er unter Mißachtung der alliierten Verbote die Fernsprechverbindungen mit dem unbesetzten Teil des Deutschen Reiches aufrecht. Als Anerkennung seiner Verdienste während des „Ruhrkampfes“ wurde er zum Abteilungspräsidenten bei der OPD Berlin ernannt. Seine Leistungen beim Umbau des Berliner Telefonnetzes von der noch vorherrschenden Handvermittlung auf Selbstwählbetrieb führten ihn schließlich am 1. September 1929 an die Spitze des Reichspostzentralamts, des Entwicklungszentrums der Deutschen Reichspost für Fernmeldetechnik in Berlin.
Oberpostrat Ohnesorge war Leiter der 1920 entstandenen Ortsgruppe Dortmund des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes. Er trat bereits 1920 der NSDAP (NSDAP-Mitgliedsnummer 42) bei. Nachdem er 1929 Präsident des Reichspostzentralamts geworden war, wechselte er 1933 in das Reichspostministerium und wurde 1937 Minister. Im Februar 1939 führte er für alle Dienstgrade ab Zugführer den „Postschutz-Dolch für Führer“ (ähnlich dem Reichsluftschutzbund-Dolch) ein.
Pionier des Fernsehens
Am 1. Januar 1937 begründete Ohnesorge, alleiniger „Gehilfe“ des Reichspostministers Paul Freiherr von Eltz-Rübenach (1875–1943), die „Forschungs-Anstalt der Deutschen Reichspost“ auf der Hakeburg bei Kleinmachnow. Als wichtigstes Arbeitsgebiet betrachtete die neue Institution die zügige Weiterentwicklung des deutschen Fernsehens. Die Deutsche Reichspost verfügte seit dem 12. Juli 1937 die neue, ein dichteres Bild ergebende Fernsehnorm mit 441 Zeilen. Davor galten 180 Zeilen als Norm. Zwischen Berlin und Nürnberg wurde am 1. September 1937 der vom Reichspostministerium eingerichtete Fernseh-Sprechdienst – das heute so genannte Bild-Telephon – in Betrieb genommen. Das Breitband-Koaxialkabel, das sich seit vier Jahren im Fernseh- und Fernsprechbetrieb Deutschlands bewährt hatte, stand nun seit dem 12. Juli 1938 zur Verbindung Berlins mit München bereit.
Die Fernseh-Forschungsgesellschaft der Deutschen Reichspost erhielt am 10. August 1938 zusammen mit fünf deutschen Fachfirmen den Auftrag zur Entwicklung des „Deutschen Fernseh-Einheits-Empfängers". Knapp ein Jahr später wurde das neue Gerät mit der ersten Rechteck-Bildröhre der Öffentlichkeit vorgeführt. Zur Serienfertigung kam es wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges nicht mehr.
Zweiter Weltkrieg
Bis zur Zerstörung Deutschlands war auf der Hakeburg ein Zentrum modernster Hochtechnologie, bei der auch die Bildübertragung von ferngelenkten Raketenwaffen erforscht wurde. Er förderte darüber hinaus auch die Entwicklung der deutschen Atombombe, deren Unterlagen von den VS-Amerikanern 1945 gestohlen wurden.
Nachkriegszeit
Nach seiner Verhaftung durch die VS-Amerikaner im Mai 1945 verbrachte Dr. Ohnesorge mehrere Jahre in verschiedenen Lagern des Feinde und wurde als Zeuge vor dem Nürnberger Tribunal vernommen. Ein erstes Spruchkammerverfahren im Sinne der Umerziehung stufte ihn 1948 als „belastet“ ein. Dies änderte die Berufungskammer für Oberbayern 1949, die ihn zu den „Hauptschuldigen“ zählte. 1955 erreichte er jedoch die Aufhebung dieses Urteils und die Einstellung des Verfahrens. Ihm wurden dann endlich die Ruhestandsbezüge eines Präsidenten des Reichspostzentralamts zuerkannt.
Ehrungen und Auszeichnungen (Auszug)
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse
- Doktor Ehren halber (Dr.-Ing. E. h.), Stuttagrt 1929
- Ehrenkreuz des Weltkrieges
- Ehrenwinkel der Alten Kämpfer
- Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP als Staatssekretär/Reichspostminister
- Goldenes HJ Ehrenzeichen mit Eichenlaub
- Ehrenzeichen „Pionier der Arbeit“ am 1. Mai 1941
- Kriegsverdienstkreuz (1939), II. und I. Klasse mit Schwertern
- Fritz-Todt-Ring am 24. Juli 1944
- Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern am 1. November 1944 als Reichsminister der Reichspost
Weitere Mitgliedschaften
- Vorstandsrat des Deutschen Museums
- Vorstandsrat des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI)
- Vorstandsrat der Deutschen Lufthansa
- Mitglied d. Akademie f. Dt. Recht
- Mitglied des Verwaltungsrats der Deutschen Reichsbahn
- Mitglied der Reichsarbeitskammer
- Vorsitzender des Verbandes Dt. Elektrotechniker
- Vorsitzender der Fachgruppe Elektrotechnik der Reichsgemeinschaft der techn.-wiss. Arbeit
Verweis
- Ohnesorge, Karl-Wilhelm, ww2awards.com (englischsprachig)
Literatur
- Das Deutsche Führerlexikon, Otto Stollberg G.m.b.H., Berlin 1934
Fußnoten
- Geboren 1872
- Gestorben 1962
- Postminister (Deutschland)
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Mitglied im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund
- NSDAP-Mitglied
- Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP
- Träger des Ritterkreuzes des Kriegsverdienstkreuzes
- Zeuge beim Nürnberger Tribunal
- Träger des Eisernen Kreuzes I. Klasse (1914)