Stickelberger, Emanuel (1884)

Aus Metapedia
Wechseln zu: Navigation, Suche
Emanuel Stickelberger (Porträt von Karl Bauer)

Emanuel Stickelberger (Lebensrune.png 13. März 1884 in Alassio[1]; Todesrune.png 16. Januar 1962 in St. Gallen) war ein deutscher Unternehmer, Dichter und Schriftsteller aus der Schweiz.

Leben und Wirken

Zu Stickelbergers 60. Geburtstag erschien in der Litzmannstädter Zeitung im März 1944[2] ein Artikel über sein Leben und Werk:

Quelle
Folgender Text ist eine Quellenwiedergabe. Unter Umständen können Rechtschreibfehler korrigiert oder kleinere inhaltliche Fehler kommentiert worden sein. Der Ursprung des Textes ist als Quellennachweis angegeben.

Der Schweizer Dichter Emanuel Stickelberger wird am 13. März 60 Jahre alt. Aus diesem Anlaß gibt sein Verlag, J. F. Steinkopf in Stuttgart, eine Reihe seiner Werke in Neuausgabe heraus. Der Dichter wird von Josef Nadler der „Meister der Schweizer Geschichtsdichtung“ genannt.

Aus altem Baseler Geschlecht − er ist am 13. März 1884 in der Oberrheinstadt geboren − wuchs Emanuel Stickelberger zu einer Bedeutung empor, die ihn in die vorderste Reihe der Dichter geschichtlicher Stoffe stellt. Als Hauptvertreter des Geschichtsromans unter den Schweizer Dichtern hat Stickelberger das aus alemannischem, romanischem und niederdeutschem Blut zusammengefloßene Ahnenerbe fortentwickelt und ist mit einer künstlerischen Leichtigkeit im Einfühlen in die geschichtlichen Zusammenhänge zum großen Deuter des Pulsschlags der Geschichte geworden. Wer von Stickelberger spricht, der meint den Gestalter geschichtlicher Ereignisse und Gestalten, dem wie wenigen die Gabe verliehen ist, aus dem sachlichen Unterricht der Chronik herauszuwachsen und die seelischen und unbewußten Kräfte geschichtlichen Werdens heraufzubeschwören und im Spiegel der Gegenwart zu sehen. Stickelberger ist ein tief religiös verwurzelter Dichter, ein Gottsucher auf seine Art, der als kämpferischer Dichter Kraft und Wirksamkeit des Glaubens an das Volk und seinen göttlichen Auftrag untersucht. Stickelberger ist nicht im Dogma verhaftet. Wenn er Geschichte als Offenbarung des göttlichen Willens deutet, dann meint er die ewigen Kräfte des Volksbodens. Er ist volkhaft im besten Sinne des Wortes. Was er in seinem weit ausgreifenden Geschichtsbuch: „Die verborgene Hand“ ausspricht, der Glaube an die planvolle Sendung, das ist Richtschnur seines Gesamtwerkes, „daß alles große und kleine Geschehen um uns von einer verborgenen Hand unablässig nach einem bestimmten Plan regiert wird, der jeglichen Zufall ausschließt“. Vergangenheit wächst in Gegenwart und Zukunft hinein zu stilvoller Geschlossenheit wie das Werk des Dichters, der epische Stoffe mit der dramatischen Kraft der Ballade formt und Ideen mit der plastischen Bildkraft der Anschauung sichtbar macht.

Wir können hier nicht das ganze Werk Stickelbergers im einzelnen würdigen. Wir beschränken uns auf eine Deutung der Werke, die der Stuttgarter Verlag Steinkopf in Neuausgaben vorgelegt hat. Der Novellenband „Im Widerschein“ bestätigt die elementare Kraft der Sprache, ihre beherrschte Formenstrenge, die das bunteste Geschehen unter großen Gesichtspunkten zusammenrafft und die Kraft von Jahrhunderten in einer tragenden Idee ballt. Wie in seinen großen Romanen um die Reformation und um Zwingli sucht er auch in den Novellen nicht die Kleinmalerei im Leben eines großen Menschen, sondern das wesentliche, drängt bei ihm alles auf die Ausdeutung großer Führerpersönlichkeiten hin. Weil er diese Gestalten nicht aus ihrer Zeit herauslöst, sondern sie mitten hineinstellt in das Geschehen ihrer Zeit, weil er diese Zeit mit dem ihr innewohnenden Geist selbst lebendig und wirksam werden läßt, deshalb verspüren wir in seiner geschichtlichen Dichtung den Atem der Gegenwart. Stickelberger liebt nicht die epische Breite. Folgerichtig und klar, wie er in dem Roman „Der graue Bischof“ den Aufstieg des Handwerkersohns Heinrich von Isny zum Kanzler Rudolfs von Habsburg aufbaut, wie er in den Taten dieses Hasardspielers auf der menschlichen Bühne ein ganzes Zeitalter sich spiegeln läßt, so stellt er im „Magdalenenritter“ den Kampf zwischen Kaiser und Papst, gruppiert um die überragende Persönlichkeit Arnold von Brescias, mitten hinein in ein großes Zeitgemälde der Epoche Konrads III. und Friedrich Barbarossas, die er als Zeit des Umbruchs und des dämonischen Spiels der Leidenschaften heraufbeschwört. Es ist bezeichnend für die dichterische Kraft Stickelbergers, daß er auch dann, wenn er, von solidem wissenschaftlichen Fundament herkommend, eine geschichtliche Persönlichkeit mit den Mitteln der Wissenschaft deutete, wie Calvin in der gleichnamigen Untersuchung, auch das wissenschaftliche Werk zur Dichtung wird und aus der plastischen Anschaulichkeit der dichterischen Sprache Nutzen zieht. Die Reformation ist ein Lieblingsthema Stickelbergers. Er entwirft ihr Bild in dem Heldenbuch „Reformation“, das schlagartig Spieler und Gegenspieler dieses bewegten Zeitalters abtastet. Er bekennt sich zu ihm in seinem Zwingli-Roman. Er geht ihren Gesetzen nach in der wissenschaftlichen Untersuchung „Calvin“ und bannt sie mit der zwingenden Kraft des im Geschichtlichen heimischen Dichters in große Linien, bringt sie auf den einen Nenner eines klaren Bekenntnisses zum Protestantentum.

Es ist zu begrüßen, daß der Verlag als Geburtstagsgeschenk für den Dichter auch seinen Dschingis-Khan-Roman „Der Reiter auf dem fahlen Berg“ in Neuausgabe herausbringt. Dieser Roman, den wir bei seinem Erscheinen ohne Einschränkung unter die besten Geschichtsromane einreihten, ist mehr als ein Lebensbild des großen mongolischen Eroberers. Er ist die Vision der Steppe, die heute wie damals mit elementarer Kraft gegen die Bezirke europäischer Ordnung anrennt. In der Zeit, in der „Der Reiter auf dem fahlen Berg“ in Neuausgabe in die Welt hinaus geht, steht Deutschland als Führer einer europäischen Abwehrfront im Kampfe gegen den Bolschewismus, der die Tradition Dschingis Khans aufgenommen hat. Was Stickelberger mit seherischer Kraft herausbeschwört, den hemmungslosen Fanatismus zentralasiatischen Nomadentums, ist für uns ein Dokument des Steppengeistes, der heute gegen Europa anstürmt. Stickelbergers Roman setzt ein Gleichnis: Wie hier die Steppe vor der ritterlichen Selbstwehr zurückweicht, so setzt heute die europäische Kulturwelt dem Bolschewismus ein Nein entgegen. „Der Reiter auf dem fahlen Berg“ ist ein kühn entworfenes Zeitgemälde von weltgeschichtlicher Weite. Es ist die dramatisch bewegte Darstellung des ersten Zusammenpralls der Steppe mit der germanischen Welt. Mit seiner fast klassischen Sprache und mit seiner plastischen Anschaulichkeit gehört es in die vorderste Reihe der Bücher, die Rüstzeug in unserem Kampf gegen die zerstörenden Mächte der Steppe sind. Das positive Gegenstück zum verneinenden Geist der Steppe zeigt das jüngste Werk des Dichters, der Holbein-Roman „Der Mann mit den zwei Seelen“, den der Verlag in einer 650-seitigen Ausgabe mit 31 Bildtafeln und Initialen Hans Holbeins des Jüngeren vorlegt. Humanismus und Reformation sind die geistige Heimat Stickelbergers. Was Wunder, wenn er auch das Zeitalter wieder lebendig macht, das das Natur- und Lebensgefühl des deutschen Menschen aus der kirchlichen Gebundenheit des Mittelalters löste und diesseitsfreudig die geistigen Kräfte des Abendlandes mobilisierte: die Renaissance. Der Künstler Holbein ist ohne den geistigen Umbruch der Renaissance nicht denkbar. Stickelberger greift sein Werk aus dem Ganzmenschentum der Renaissance, ihn selbst als den Mann mit den zwei Gesichtern, dem schöpferischen und phantasiereichen des schaffenden Künstlers und dem des selbstbewußten Renaissancemenschen, der Spiegelbild einer tief aufgewühlten Zeit war, in der Kunst, Wissenschaft und Religion um die Herrschaft rangen. Aus vielen Mosaiksteinchen baut der Dichter das große Kolossalgemälde der Renaissance auf und entwickelt das Werk Holbeins aus dem Prozeß der Umwertung aller Werte, wie ihn die Renaissance verkörperte. Wie überall in seinen Werken läßt Stickelberger auch hier das Zeitalter seines Romanhelden selbst zu uns sprechen, versenkt er sich mit der ihm eigenen Meisterschaft des Einfühlungsvermögens in den Geist jener Zeit, mit ihrem feinen Kulturempfinden und ihrem bärbeißigen Landsknechtshumor. Die Gründlichkeit reichen Wissens paart sich mit künstlerischer Leidenschaft zu einem vollendeten Kunstwerk epischer Prägung, das zum Spiegel eines der bedeutendsten Abschnitte des deutschen Mittelalters wird. Wie in seinen anderen Werken, geht Stickelberger auch hier dem Geheimnis der faustischen deutschen Seele nach.

Quelle: Dr. Kurt Pfeiffer: Emanuel Stickelberger − Deuter der Geschichte in Litzmannstädter Zeitung, 27. Jahrgang, 13. März 1944


Fußnoten

  1. Nach anderen Quellen ist sein Geburtsort Basel.
  2. Dr. Kurt Pfeiffer: Emanuel Stickelberger − Deuter der Geschichte in Litzmannstädter Zeitung, 27. Jahrgang, 13. März 1944