Toifl, Othmar
Othmar Toifl (zuweilen auch Ottmar; 16. Juli 1898 in Herzogenburg, Niederösterreich; erschossen 30. Juni 1934 in Berlin) war ein deutscher Kriegsteilnehmer der k. u. k. Armee, Freikorpsangehöriger, Kriminal-Angestellter (zuletzt Kriminalkommissar-Anwärter) und Angehöriger der SS (zuletzt SS-Truppführer). Er galt eine Zeitlang als „Kurt Dalueges geheimnisvoller Nachrichtenmann“. Toifl soll ein Anhänger Walther Stennes’ gewesen sein, dies mag ein Grund für seine Ermordung gewesen sein, historisch bleibt diese Mutmaßung jedoch strittig.
Inhaltsverzeichnis
Chronologie
- 16. Juli 1898 in Herzogenburg (Niederösterreich) geboren
- nach vereinzelten Quellen als Othmar Berthold ggf. Berchtold geboren, erst nach dem Ersten Weltkrieg in Berlin Toifl angenommen[1]
- 1915 mit 17 Jahren eine Bäckerlehre in Wien begonnen
- 1917 zur k. u. k. Armee zum Zwecke des Kriegsdienstes eingezogen
- soll hauptsächlich schwer erkrankt (Peritonitis bzw. Bauchfellentzündung, ggf. Typhus abdominalis) im Lazarett gelegen haben
- 1918 nach Kriegsende als Fähnrich (nach Akteneintrag; Dienstgrad militärhistorisch strittig) in das Altreich umgesiedelt
- Hotelangestellter an der Ostsee, Privatdetektiv bei einer Versicherung
- 1919 Beitritt zur Antibolschewistischen Liga (später „Liga zum Schutze der deutschen Kultur“) und freiwilliger Eintritt in den Stab des Garde-Kavallerie-Schützen-Division; später Korps, das, laut Reichsjustizministerium, bis 1920 110 Agenten unterhielt.
- er bekam die Aufgabe, als verdeckter Ermittler (Agent), Verbrechen der Kommunisten aufzuklären; er soll bis zum Bezirksführer der Kommunistischen Partei aufgestiegen sein, ist aber ebenso strittig. Besonders soll er sich mit dem Genossen Max Fichtmann „angefreundet“ haben. Dieser besaß eine Schankwirtschaft in der Jüdenstraße. Er war, als Teil seiner Tarnung, auch an Straftaten (z. B. dem bewaffneten und gewalttätigen Überfall auf dem Diamantenhändler Orlowsky[2]) der Spartakisten beteiligt. In der Kommunistenmordsache im August 1919 an dem Landwirtschaftsinspektor Karl Blau, ebenfalls Regierungsagent (und Doppelagent, ob ggf. als weitere Tarnung ist unbekannt) der Antibolschewistischen Liga (Verbindungsmann war Leutnant Fritz Siebel[3] von der republikanischen Soldatenwehr), tauchte er auch auf.
- 1. September 1930 Eintritt in die NSDAP (Mitgliedsnummer 312.782)
- 1931 stellte er sich dem Berliner SS-Chef Kurt Daluege zur Verfügung, dem er bei der Niederschlagung des Stennes-Putsch behilflich war, hierzu soll er u. a. als Agent die „Nationalsozialistische Kampfgemeinschaft Deutschlands“ (NSKD) (Abspaltung der SA) unterwandert haben.
- „Ich bescheinige hiermit dem Parteigenossen Othmar Toifl, Berlin-Steglitz, Körnerstr. 44, daß er seit Oktober 1931 bis zum Sommer 1933 in meinem Auftrag Geheimdienste für die SS im besonderen und für die Bewegung im allgemeinen geleistet hat.“ — Kurt Daluege am 10. Juni 1934
- Toifl übernahm als Vertrauensmann Dalueges die Leitung von dessen persönlichem Nachrichtendienst: Er versorgte den SS-Führer fortan mit Informationen über Kommunisten, Sozialdemokraten und Zentrumsleuten. Seine nachrichtendienstliche Tätigkeit führte Toifl angeblich von einer in der Bahnstraße 24 in Berlin-Schöneberg untergebrachten Tarnfirma, die nach außen unter dem Namen „Ingenieur-Büro-Berthold“ (oder Berthhold) firmierte
- 1932 trat Toifl als Hauptbelastungszeuge im Verfahren wegen der Ermordung des Hitlerjungen Herbert Norkus auf, an dessen Beisetzung er auch teilnahm
- April 1933 Kriminal-Angestellter (Ermittlungskommissar) der Geheimen Staatspolizei in der Berliner Polizeiverwaltung, Daluege hatte sich bei Dr. jur. Rudolf Diels für Toifl eingesetzt
- Laut dem Berliner Adressbuch für 1933 (S. 2765) war er offiziell als „Toifl, Berthold, Kaufm Steglitz Körnerstr. 44“ in Steglitz registriert
- 1934 (nach manchen Quellen schon Ende 1933) Kommandant der SS-Mannschaft im „Columbia-Haus“; Oberaufsicht hatte SS-Oberführer Max Henze
- In dem im Juli 1933 eröffneten Gefängnis, das zunächst der Gestapa und ab 27. Dezember 1934 der „Inspektion der Konzentrationslager“ (IKL) als KL unterstand, wurden in der Anfangszeit vor allem SS-Männer des „SS-Abschnitts III Berlin-Brandenburg“ als Wachpersonal eingesetzt. Häftlinge: Juli 1933 80 Männer, September 1933 300 Männer und Februar 1934 450 Männer. Bis zu 10.000 Mann sollen das Lager, zuweilen nur wenige Tage, durchlaufen haben.
- Wachmannschaft: Ab 1.3 1935 wurde die Wachmannschaft in SS-Wachtruppe Oranienburg-Columbia, ab 1936 in SS-Wachverband Brandenburg umbenannt. Der Wachmannschaft gehörten 155 SS-Männer zuzüglich 39 SS-Anwärter an. Ende Mai 1935 war diese Zahl bereits auf 273 SS-Männer und 64 Anwärter gestiegen. Ab 1936 zählte der Wachverband 420 Mann. Bei der Auflösung des KL im Oktober 1936 versahen 531 SS-Männer und 30 Kommandanturangehörige ihren Dienst beim Wachverband. Das Gelände des Columbia-Hauses ging am 1. Oktober 1936 an das Reichsluftfahrtministerium. Das Columbia-Haus wurde nach März 1938 abgerissen.
- Kurz vor seinem Tod hatte Toifl sich an Daluege gewandt: „Mein sehr verehrter Gruppenführer! Ich bitte Sie, mir an einem der nächsten Tage eine persönliche Unterredung zu gewähren, da ich Ihnen dringend wichtige Mitteilungen zu machen habe.“[4]
Tod
Am 1. Juli 1934 wurde Othmar Toifl in der Herthastraße (nach anderen Quellen Erbacher Straße) im Grunewald aufgefunden, anzunehmen ist, daß er woanders in der Nacht vom 30. Juni auf dem 1. Juli getötet und dort abgeladen wurde. Tage später wurde er im Krematorium Wedding eingeäschert. Daluege soll über Toifls Ermordung ungehalten und tief erschüttert gewesen sein. Im Zusammenhang mit den nach 1945 aufgenommenen Ermittlungen im Mordfall Erich Klausener berichtete der Laborant Ernst Otto 1946 vor der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin über den 1. Juli 1934, als er die Leiche Toifls abtransportieren mußte, allerdings sind solche Nachkriegsaussagen stets mit Vorsicht zu begegnen:
- „Am Sonntag Morgen habe ich die Leiche des Othmar Toifl mit dem Leichenwagen in Grunewald, Herthastrasse, abgeholt. Den Auftrag zur Abholung der Leiche erhielt ich von dem Vorsteher der Kriminaldienststelle Ernst. Ernst sowohl wie SS-Leute, welche bei Ernst waren, machten mich extra darauf aufmerksam, dass ich weder über die Person des Toten noch über den Leichentransport als solchen etwas aussagen dürfte. An dem Ort angekommen, wo die Leiche lag, zeigte es sich, dass diese am Strassenrand in einem Dorngebüsch lag. Wie ich sofort sah, musste die Leiche unter das Gebüsch geschoben worden sein, da sich auf der Strasse, d. h. beinahe in deren Mitte eine Blutlache befand und eine Schleifspur von der Blutlache bis zu der Stelle führte, wo die Leiche lag. […] Die Leiche lag auf dem Bauch mit dem Gesicht nach unten. Da alles mit Blut verschmiert war und die SS zur Eile drängte, konnte ich nicht feststellen, ob mehrere Schussverletzungen vorlagen. Ich erinnere mich nur noch genau, dass sich mindestens eine Schussverletzung am Rücken befand.“[5]
Familie
Im November 1919 heiratete Toifl seine Verlobte Ida Helene Ranke ( 1975) in Berlin. 1920 wurde die Tochter Felicitas und 1921 ein Sohn geboren, der 1932 in Mecklenburg auf tragischer Weise ertrank. Toifls Hinterbliebene, seine Ehefrau und Tochter, erhielten auf Veranlassung von Heinrich Himmler seit April 1935 eine monatliche Rente in Höhe 150 Reichsmark gezahlt.