Antibolschewistische Liga
Die Antibolschewistische Liga (später Liga zum Schutze der deutschen Kultur) war eine deutsche Organisation zur Bekämpfung der Novemberrevolte und des linksradikalen Spartakusbundes. Die Liga zur Bekämpfung von Bolschewismus und Kommunismus als Dachorganisation wurde am 1. Dezember 1918 von dem jungkonservativen Publizisten Eduard Stadtler gegründet, am selben Tag wurde von ihm in der Lützowstraße 107 in Berlin als Verwaltungszentrale der Liga auch das „Generalsekretariat zum Studium und zur Bekämpfung des Bolschewismus“ eröffnet.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
- Den Ausgangspunkt bildete der zu Beginn des Weltkriegs gegründete „Bund deutscher Gelehrter und Künstler“, dessen Vorstand Troeltsch angehörte. Bei Kriegsende agierte hier Heinrich von Gleichen-Rußwurm, der als Vertrauter des preußischen Kultusministers Friedrich Schmitt-Ott galt, als Geschäftsführender Sekretär. Aus dieser Gruppierung, die dem von Ferdinand Avenarius schon vor Kriegsbeginn in der Kunstwartbewegung propagierten Ideal eines überparteilichen Bundes der Intelligenz sehr nahekam, bildeten sich bis Mitte 1919 die „Antibolschewistische Liga“, die „Liga zum Schutz der deutschen Kultur“, der „Nationale Club von 1919“, mit dem Troeltsch Verbindung aufnahm, schließlich der „Juni-Klub“ mit dem „Politischen Kolleg“.[1]
Ziele
Der Lehrer und ehemalige Generalsekretär des Windthorstbunds Stadtler war während des Ersten Weltkriegs Soldat an der Ostfront gewesen und im letzten Kriegsjahr in russische Kriegsgefangenschaft geraten. Als Deutscher war er glühender Gegner des Sozialismus und seiner Ziele. Dabei machte er keinen Unterschied zwischen Sozialdemokratie und Kommunismus, die er beide zu Recht als Angriff auf alle Werte der deutschen Nation auffaßte.
Deshalb versuchte Stadtler, der 1918 aus der Zentrumspartei ausgetreten war, sofort nach Kriegsende, Führungspersonen der deutschen Industrie sowie Parteien- und Medienvertreter zur Bekämpfung des Bolschewismus zu gewinnen. Als Gegensatz zum „Klassenkampf-Sozialismus“ der Arbeiterparteien favorisierte er einen nationalen oder christlich-nationalen Sozialismus. Diese Zielvorstellung sollte zum einen das Eigentum auch der Ärmsten vor Enteignungen schützen, zum anderen die Parlamentarische Demokratie zugunsten einer zielbewußten völkischen Regierung abschaffen, um so den linken „Parteien- und Klassenkrieg“ zu überwinden.
Stadtler schwebte eine von nationalen Eliten geführte Volksgemeinschaft vor, wie sie die Deutschnationale Volkspartei, deren Mitglied er wurde, und die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei gemeinsam propagierten. Dabei vertrat er das Führerprinzip. 1933 trat er in die NSDAP ein und veröffentlichte 1935 seine Erinnerungen.
Gründung und Programm
Stadtler eröffnete am 1. Dezember 1918 in der Lützowstraße 107 in Berlin ein „Generalsekretariat zum Studium und zur Bekämpfung des Bolschewismus“. Die Geschäftsstelle war die Privatwohnung Heinrich von Gleichen-Rußwurms, einem der führenden Köpfe der Konservativen Revolution. Friedrich Naumann unterstütze Stadtler bei der Gründung mit 3.000 Mark aus einem politischen Fonds.
Mit seinen politischen Freunden Heinrich von Gleichen-Rußwurm, Franz Röhr, Cäsar von Schilling, Oskar Müller, Dörschlag, Axel Schmidt, Fritz Siebel, Momm und anderen bildete Stadtler einen Aktionsausschuss und legte ein Rettungsprogramm vor. Geplant war unter anderem eine Verlagsgründung zur Ausgabe von antibolschewistischen Broschüren, populäre Flugschriften unter dem Titel „Antispartakus“ zum Massenvertrieb durch Parteien und andere Organisationen, ein Vortragszyklus, die Ausbildung von Agitatoren und Rednern sowie die Errichtung eines antibolschewistischen Presse- und Nachrichtendienstes.
Antibolschewistenfonds
Am 10. Januar 1919 trafen sich ca. 50 Spitzenvertreter der deutschen Industrie-, Handels- und Bankwelt und richteten einen Antibolschewistenfonds der deutschen Unternehmerschaft ein. Einziger Tagesordnungspunkt dieser Sitzung war der Vortrag Eduard Stadtlers „Bolschewismus als Weltgefahr“, der die anwesenden Kapitalvertreter von der Notwendigkeit zum Handeln überzeugte. Ein neugebildetes Kuratorium habe dann die bewilligten Gelder verwaltet. Einem Vertrauensmann von Hugo Stinnes sei dieser Fonds zur Betreuung und Verteilung anvertraut worden.
Nach Stadtlers im Jahre 1935 veröffentlichten Erinnerungen organisierten und bezahlten deutsche Unternehmer aus diesem Fonds (Antibolschewistenfonds) die Einsätze von Freikorps gegen den bolschewistischen sogenannten Spartakusaufstand. Dazu schrieb Stadtler:
- „Es kann jedenfalls kein Zweifel darüber bestehen, daß die Gründung jenes Fonds mit die entscheidende antibolschewistische Tat jener wild bewegten Revolutionszeit gewesen ist.“[2]
Nutznießer der Hilfsgelder waren folgende Organisationen:
- die Antibolschewistische Liga
- die Vereinigung zur Bekämpfung des Bolschewismus
- die „Bürgerratsbewegung“
- Werbebüros für die Freikorps
- Studentenarbeitsstellen
- Selbstschutzformationen
- die Kassen der aktiven Truppen
- die Sozialdemokratische Partei Deutschlands.
Liga zum Schutz der deutschen Kultur
Die Mitglieder der antibolschewistischen Liga vertraten einen „deutschen Sozialismus“, übernahmen also den Sozialismusbegriff unter nationalem Vorzeichen. Damit stellten sie ihr antirevolutionäres Projekt zu Recht als Interesse der Bevölkerung dar.
Da Stadtler eine reine Gegenpropaganda für unzureichend hielt kam es zum Bruch mit den Finanziers, die kein Interesse an einer weitergehenden revolutionären Bewegung hatten.[3]
Im Februar 1919 veröffentlichten führende Mitglieder der Liga wie Stadtler, Ernst Troeltsch, Heinrich von Gleichen und Joachim Tiburtius in der katholischen Tageszeitung Germania einen Aufruf zur Gründung einer Liga zum Schutz der deutschen Kultur, die aus der antibolschewistischen Liga hervorging.
Zeitschrift
Aus der ursprünglichen Gründung Stadtlers der „Vereinigung für nationale und soziale Solidarität“ im Oktober 1918 ging der „Solidarier-Kreis“ (auch „Klub der Jungen“, „Front der Jungen“ oder – nach dem Tagungsort, der Wohnung Gleichens in der Potsdamer Straße 121 I – „I-Klub“ genannt) um die Zeitschrift „Das Gewissen“ hervor, zu deren wichtigsten Ideologen sich neben Stadtler und Gleichen Arthur Moeller van den Bruck und Max Hildebert Boehm entwickelten. Nach dem 9. November 1918 belieferte Stadtler mehrere Zeitungen täglich mit Artikeln und trat erneut als Redner auf, unter anderem beim Berliner Bürgerrat auf Einladung von Salomon Marx, zu dem Stadtler auch in den folgenden Monaten engste Beziehungen unterhielt.
Literatur
- Eduard Stadtler: Die Diktatur der sozialen Revolution (1920); PDF-Datei
- Sebastian Maaß: Kämpfer um ein drittes Reich (Klappentext, Inhaltsverzeichnis und Bestellmöglichkeit)