Lüge

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Lüge (mhd. lüge, ahd. lugī, abgeleitet vom Verb lügen[1]; altgr. ψεῦδος pseudos; lat. mendacium) nennt man jede absichtliche, bewußte, wissentlich geäußerte Unwahrheit, eine falsche und auf Täuschung angelegte Aussage. Im weiteren Sinne ist nicht bloß die falsche Aussage, sondern auch die absichtliche Zweideutigkeit und Unbestimmtheit, die Zurückhaltung, Verstellung, Wortbrüchigkeit, Täuschung und Heuchelei als Lüge zu verstehen. Gewöhnlich entspringt die Lüge der Selbstsucht, oft auch der Feigheit und Schmeichelei.

Wortherkunft

Ursprünglich existierte für das Wort Lüge eine Doppelform, nämlich althochdeutsch lugî und lugina, wobei lugina in gleicher Schreibweise auch im Altsächsischen, zudem im Angelsächsischen als lygen und im Friesischen als leine (aus legene) erscheint. Diese beiden Formen setzen sich dann im Mittelhochdeutschen fort: lugî als lüge und lugina als lügene, lügen; sie übertragen sich auch ins Neuhochdeutsche, wo sie bis ins 18. Jahrhundert neben einander hergehen und dann in dieser Zeit lüge in der Schriftsprache das ausschließlich verwendete Wort wird, nachdem es vorher gegen lügen, welches Martin Luther verwendet, in der Anwendung zurückgestanden hatte. Lüge erscheint bis ins 17. Jahrhundert hinein auch ohne Umlaut als luge.[2]

Ethische Beurteilung

Die Lüge gilt in den meisten Fällen vor allem deshalb als verwerflich, weil jeder Mensch ein Recht auf die Wahrheit des anderen hat und die sittliche Gemeinschaft der Menschen durch die Lüge aufgehoben wird. Allerdings kann die beeinflussende, steuernde, unter dem Aspekt der Notwehr zu sehende Lüge (daher auch Notlüge genannt) in gewissen Fällen auch Gutes bewirken bzw. Schaden verhindern, denn so können a priori unverständige oder charakterlich schlechte Menschen, wenn schon nicht an sich gebessert, wenigstens zu gutem oder doch weniger schlechtem Handeln veranlasst werden. Allerdings wird diese, in gewissen Fällen zulässige, Rechtfertigung der Lüge sehr häufig mißbräuchlich, zum Beispiel im moralistischen Zusammenhang, angeführt. Ob die sogenannte „fromme Lüge“, die von dem Grundsatz ausgeht: „Ein Wahn, der mich beglückt, wiegt eine Wahrheit auf, die mich zu Boden drückt“[3], und die pädagogische Lüge, die manche Erzieher im Interesse des zu Erziehenden unter Umständen anwenden zu müssen glauben, aus diesem Gesichtspunkt zu rechtfertigen sind, bleibt dahingestellt.

Friedrich Nietzsche: Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn (1872)

In seinem Frühwerk, der kurzen Schrift Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn von 1872, befaßte Friedrich Nietzsche sich mit der Grundfrage der Lebenstauglichkeit von Wahrheit und Wahrhaftigkeit. Er beschrieb Natur und Geschichte dort als Wirkungssphären, in denen die Täuschung, das Imponiergehabe sowie Falschheit, Betrug und Irrtum stets derart übermächtig vorhanden seien, so daß jede Wahrhaftigkeit einen schweren Stand habe. In Sonderheit der seit der europäischen Antike von Philosophen verfochtene Anspruch, die Wahrheit zu lieben (das ist die Wortbedeutung des Wortes „Philosophie“), stehe in der Lebenswelt weitaus öfter in verachteter, prekärer und hilfloser Stellung gegenüber der allerorten durchschlagenden brachialen Tatkraft, die der Machiavellist Nietzsche sogar mit gelegentlich bemerkbarer Sympathie betrachtete.

Nietzsche erklärt den europäischen Wissenschaftsbegriff und das neuzeitliche Wahrheitspathos als Phänomene, die ohne die jahrtausendelange Einprägung der Gewissenserforschung aus christlicher Tradition undenkbar sei und nie entstanden wäre.

Jene Gewissenserforschung erst, die zunächst (und aus sich heraus) keinerlei Lebensnutzen zeitige – und die den Einzelnen sogar schwäche, ihn irritiere, quäle und hadern lasse –, habe mentalitätsgeschichtlich jedoch die Grundlage gesetzt für eine Kultur der methodisch exakten Forschung. Generell seien Gesellschaftszustände korrumpierte Zustände. Über die Ehe schrieb Nietzsche beispielsweise: „Die Ehe ist die verlogenste Form des Geschlechtsverkehrs; und eben deshalb hat sie das gute Gewissen auf ihrer Seite.[4] Und, radikaler noch, äußerte Nietzsche in Nachlaßfragmenten: „Die Ehe als die erlaubte Form der Geschlechtsbefriedigung. Der Krieg als die erlaubte Form des Nachbar-Mordes. Die Schule als die erlaubte Form der Erziehung. Justiz als die erlaubte Form der Rache. Religion als die erlaubte Form des Erkenntnistriebes.[5] Ein eigentlicher, direkter, unverfälschter Zugang zu Wahrheit und Wahrhaftigkeit kann es im Filter der gesellschaftlichen Schicklichkeit und einer schulförmigen Rationalität, Nietzsche zufolge, deshalb nicht geben. Allein die im Körper, seinen Intuitionen, Instinkten, Neigungen, Abneigungen und Kräften, gleichsam codierte Wahrheit könne authentisch erfahren werden. Von den Bedingungen dieser Erfahrung handeln wiederkehrend große Teile seiner veröffentlichten und der zu Lebzeiten geheimgehaltenen Schriften.

Zitate

  • Wenn man argwöhnt, daß einer lüge, stelle man sich gläubig: da wird er dreist, lügt stärker und ist entlarvt.“ — Arthur Schopenhauer[6]

Siehe auch

Literatur

Verweise

Fußnoten

  1. Von mittelhochdeutsch liegen, zurückgehend auf althochdeutsch liogan und germanisch *leug-a-. Das Wort lügen ist seit dem 8. Jahrhundert n. d. Z. belegt.
  2. Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm (Bd. 10, Sp. 1279 bis 1281). 16 Bände in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961
  3. Christoph Martin Wieland
  4. Nachgelassene Fragmente. Sommer – Herbst 1882
  5. Nachgelassene Fragmente: Juli 1882 bis Winter 1883/1884 (= KSA VII, Bd.1, S.14)
  6. Parerga und Paralipomena, 1851. Erster Band: Aphorismen zur Lebensweisheit, Kapitel 5: Paränesen und Maximen