Matussek, Matthias
Matthias Matussek ( 9. März 1954 in Münster) ist ein deutscher Journalist und Publizist. Er war sein gesamtes Berufsleben hindurch für die BRD-Systemmedien tätig, zuletzt bis November 2015 für das Springer-Blatt Die Welt. Matussek schreibt heute u. a. für die Schweizer Weltwoche.[1]
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Matthias Matussek wurde 1954 als Sohn von Josef und Adelheid Matussek geboren. Ursprünglich in Berlin beheimatet, aber am Ende des Krieges ausgebombt, hatte sich die Familie nach dem Krieg im baden-württembergischen Marbach angesiedelt. Matusseks Vater, ein katholischer Theologe, studierte nach der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft in Heidelberg Rechtswissenschaften, während seine Mutter mit Arbeiten auf einem Marbacher Bauernhof für das Familieneinkommen sorgte. 1950 zog die Familie nach Münster in Westfalen. Von 1962 bis 1970 war Matusseks Vater Bürgermeister für Soziales in Stuttgart. Insgesamt gingen aus der Familie fünf Söhne hervor.[2] Größere Bekanntheit erreichte neben Matussek auch sein älterer Bruder Thomas, der die diplomatische Laufbahn einschlug, von 2002 bis 2006 deutscher Botschafter in Großbritannien war und dann als Ständiger Vertreter der BRD bei der UN nach Neuyork ging. Mathias Matussek studierte nach dem Abitur Amerikanistik und Germanistik sowie Vergleichende Literaturwissenschaften und Publizistik an der Freien Universität in Berlin, brachte sein Studium jedoch nicht zum Abschluß.[3] Nach dem Zwischendiplom und einer Arbeit über die Literatur des Dandyismus wechselte Matussek auf die Journalistenschule in München, die er 1977 mit dem Diplom abschloß.
Wirken
Matthias Matussek begann als Kulturredakteur beim Berliner Abend. Nach seinen Tätigkeiten für den Berliner Abend[4] und für den „stern“ ging er 1987 zum SPIEGEL, für den er 1992 in Neu York, 1999 in Rio de Janeiro und 2003 in London die jeweiligen Korrespondentenbüros leitete. 1997 schrieb Matussek eine SPIEGEL-Titelgeschichte zur neuen Väterbewegung (→ Mannrechtsbewegung) über die Entrechtung der leiblichen Väter in Scheidungsfällen. Sie provozierte den größten Leserbriefschub in der jüngeren Geschichte des Blattes. Von 2005 bis 2007 leitete Matussek das Kulturressort beim SPIEGEL. Nach Angaben der Tageszeitung Die Welt mußte er die Leitung des Kulturressorts beim SPIEGEL wegen seiner „unangemessenen Umgangsformen“ und seinem „Hang zur Cholerik“ abgeben.[5] Faktisch jedoch spielte eine hart geführte Auseinandersetzung um das gegenwärtige deutsche Subventionstheater die entscheidende Rolle bei dieser Entpflichtung. Matussek hatte in mehreren Kritiken Barbarei und Kunstlosigkeit der Subventionsaufführungen angegriffen.
Während der Zeit des Falls der Berliner Mauer bis zum Tag der Deutschen Einheit berichtete Matussek als Sonderkorrespondent aus Ost-Berlin und wurde 1991 mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis ausgezeichnet. Danach leitete er die Büros des Spiegels in Rio de Janeiro und Neuyork-Stadt, bis er eine Stelle als Korrespondent in London antrat. Während seiner Zeit in Amerika ab 1992 hielt er Gastvorträge an Universitäten und schrieb Kolumnen für amerikanische Zeitungen.
Seit dem 16. Oktober 2006 veröffentlicht Matussek wöchentlich ein Vlog namens Matusseks Kulturtipp auf Spiegel Online. Am 28. Januar 2008 wurde er vom Medienmagazin V.i.S.d.P. mit dem Goldenen Prometheus als „Onlinejournalist des Jahres“ ausgezeichnet.[6]
Durch Artikel und Bücher wie „Die vaterlose Gesellschaft“ (zur Benachteiligung von Vätern im Trennungsfall) und „Wir Deutschen“ (über das neue nationale Selbstbewußtsein der Deutschen) griff Matussek wiederholt kontroverse Themen der Zeit auf.
Matussek diente als Vorlage für die Figur des Reporters „Leo Lattke“ in Thomas Brussigs Wenderoman „Wie es leuchtet“. Brussig hatte ihn nach dem Mauerfall im Berliner Palasthotel beobachten können, von dem aus Matussek für den Spiegel über die DDR berichtete und in dem Brussig als Portier gearbeitet hatte. Thomas Brussig beschreibt in seinem Buch den Journalisten Lattke als unangenehmen und reizbaren Menschen, aber auch als genialen Reporter – eine Beschreibung, die von Journalistenkollegen Matusseks für „ziemlich lebensnah“ gehalten wird.[7][8]
Matthias Matussek ist überzeugt, daß die Debatte (2010/2011) um sexuelle Gewalt in der katholischen Kirche überzogen ist. Er sehe darin eine der größten Entgleisungen, Verzerrungen und „Kampf-Kampagnen“, die man sich nur vorstellen könne.[9] Seit dem Mißbrauchsskandal sei jeder, der sich als katholisch oute, pädophilieverdächtig. Die katholische Kirche sei zum Blitzableiter für einen eklatanten gesellschaftlichen Mißstand geworden, der jedoch auch andere Konfessionen oder auch weltliche Vereine betreffe. Auch seinen Arbeitgeber bezeichnete Matussek als „antikirchliches Kampfblatt“. Demnach habe das Nachrichtenmagazin Der Spiegel erfolglos versucht, dem Papst Verwicklungen in den Mißbrauchsskandal nachzuweisen.[10]
Matussek empfiehlt das Buch „Das Heerlager der Heiligen“ von Jean Raspail und hebt die Rolle des Antaios-Verlages bei der Herausgabe desselben hervor.[11]
Kündigung durch Die Welt und den Axel-Springer-Verlag
Im November 2015 wurde Matussek von der Zeitung Die Welt entlassen. Grund hierfür war Kritik an der kriminellen Politik der offenen Grenzen Angela Merkels, die er durch einen Eintrag auf Facebook veröffentlichte.[12] Der Eintrag hatte folgenden Wortlaut:
- „Ich schätze mal, der Terror von Paris wird auch unsere Debatten über offene Grenzen und eine Viertelmillion unregistrierter junger islamischer Männer im Lande in eine ganz neue frische Richtung bewegen.“
Anstoß nahm Redaktionsleitung der Weltangeblich an dem dort hinzugefügten „Smiley“-Symbol (→ Emoticon). Matussek tauschte den lächelnden Smiley gegen einen trauernden aus und erklärte am frühen Morgen online, seine Bemerkung sei „Ausdruck sarkastischer Verzweiflung“ gewesen. Auf einer Redaktionssitzung kam es zu heftigen verbalen Auseinandersetzungen, die in der fristlosen Kündigung Matusseks mündeten. Auch der monopolähnlich auftretende Axel-Springer-Verlag beendete die Zusammenarbeit mit Matussek förmlich.
Da Matussek zu den profiliertesten Journalisten der BRD zählt, muß diese Entwicklung der Angelegenheit als neue Eskalationsstufe einer immer weiter um sich greifenden Gesinnungskonditionierung gelten. Schon die bloße Andeutung in einem halb-privaten Rahmen (wie eine Äußerung auf der persönlichen Facebook-Seite dies unzweifelhaft ist), man halte die „Open-borders“-Politik nach atlantischen Vorgaben nicht für sinnvoll, genügt, harsche berufliche Repressionen einzuleiten. Der für gewöhnlich äußerst forsch und selbstbewußt auftretende Matussek ist wirtschaftlich unabhängig genug, um eine solche schroffe Zurücksetzung publizistisch wirksam beantworten zu können. Anders als die vielen Namenlosen, die zum Schweigen verurteilt sind, wenn sie nicht ihre ökonomische Existenz aufs Spiel setzen wollen, kann er als erfolgreicher Freiberufler, der er auch ist, mit ebenbürtiger Macht antworten.
Ein weiterer Grund, warum Matussek entlassen wurde, könnte darin liegen, daß er sich bereits Wochen vor seiner Kündigung bereiterklärt hatte, die Laudatio auf den ebenfalls für die Welt-Gruppe schreibenden Heimo Schwilk zu halten, der von der Jungen Freiheit und der Förderstiftung Konservative Bildung und Forschung mit dem Gerhard-Löwenthal-Ehrenpreis für sein publizistisches Lebenswerk geehrt wurde. Daß dieser Grund nicht genannt wird, dürfte daran liegen, daß die Welt – wie auch alle anderen BRD-Systemmedien – kein Interesse dran hat, die Junge Freiheit weiter bekanntzumachen, die mit solchen „Aktionen“ – der Einladung Matussek als Vortragsredner bei einem unerwünschten Medium – versucht Skandale zu provozieren.
Zitate
- „Wieder einmal ist ein Großversuch gescheitert. Ein weiteres Projekt der Volkserzieher, die in der Antifa-Liturgie der DDR groß wurden. Erinnert doch stark an die Marx-Karikatur, die kurz nach dem Mauerfall auftauchte: Der Revolutionär im Bratenrock, die Hand lässig in der Hosentasche und der Spruch: ›Sorry Leute, war nur so eine Idee von mir‹. Das Fazit: Das Volk, der große Lümmel, ist schwer erziehbar. Es hält nichts davon, dass ihm plötzlich ›Menschen geschenkt werden‹, die es durchfüttern muss, es hält auch nichts von der Selbstaufgabe des Schutzraumes ›Nation‹, und am allerwenigsten hält es von einer politischen Klasse, die beim Versuch, sich durch panische Richtungswechsel zu retten, so schnell gegenrudert, dass sich die Paddel schwer in die Quere kommen.“ — Matthias Matussek[13]
Netzwerke
- Matussek gehört als Goj dem Netzwerk des jüdischen Publizisten Henryk M. Broder an und arbeitet ihm auf dessen „Achse des Guten“ als Autor zu.[14]
- Pro Papa – Solidarität mit dem Papst e. V.
Werke
- Der Traum vom Sieg, Gruner & Jahr, Hamburg 1985
- Palais Abgrund, edition Tiamat, Berlin 1990
- Palasthotel oder Wie die Einheit über Deutschland hereinbrach. S. Fischer, Frankfurt a. M. 1991, ISBN 3-10-048923-3
- Palasthotel Zimmer 6101. Reporter im rasenden Deutschland. Rasch und Röhring, Hamburg 1991, ISBN 3-499-19339-6
- Das Selbstmord-Tabu. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1992, ISBN 3-499-13177-3
- Bill Clinton (Co-Autor), Droemersche Verlagsanstalt, München 1993
- Showdown, Diogenes, Zürich 1994
- Fifth Avenue. Diogenes, Zürich 1995, ISBN 3-257-06036-X
- Long Flight Into Art, in: ICARUS, New York University, New York 1997
- Markus im Central Park, Märchen, als Serie in der Berliner Zeitung, Berlin, Februar–April 1997
- Die vaterlose Gesellschaft - Briefe, Berichte, Essays. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1998, ISBN 3-499-60816-2
- Rupert oder Die Kunst des Verlierens. Diogenes, Zürich 2000, ISBN 3-257-23150-4
- Der Prinz der Westend Avenue, Dramatisierung des Isler-Romans, Pegasus-Theaterverlag, 2001
- Götzendämmerung - Porträts am Ende des Jahrtausends. Patmos Verlag, Düsseldorf 2002, ISBN 3-491-72415-5
- Eintracht Deutschland. Reportagen und Glossen aus der neuen Republik. Patmos Verlag, Düsseldorf 2002, ISBN 3-491-72421-X
- Geliebte zwischen Strand und Dschungel. Hitzeschübe aus Rio de Janeiro. Picus Verlag, Wien 2004, ISBN 3-85452-792-6
- Im magischen Dickicht des Regenwaldes. Reise durch den Amazonas. Picus Verlag, Wien 2005, ISBN 3-85452-799-3
- Wir Deutschen. Warum die anderen uns gern haben können. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2006, ISBN 3-10-048922-5
Literatur
- Erhard Schütz: Dichter der Gesellschaft. Neuer deutscher Journalismus oder Für eine erneuerte Asphaltliteratur, in: edition text+kritik 113, 1992
- Maik Großekathöfer: Reportageschreiben: Handwerk oder Kunst? Eine qualitative Untersuchung am Beispiel der SPIEGEL-Autoren Leinemann, Schnibben und Matussek, Philosophische Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster 1997
- Ariel Stefan Hauptmeier: Wirklichkeitssplitter im Bildersturm - Literarische Reportage als Möglichkeit realistischen Schreibens in der entwickelten Mediengesellschaft?, Freie Universität Berlin, 1997
Verweise
- Netzpräsenz
- Deutsche Nationalbibliothek
- Literatur von und über Matthias Matussek im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kritiken zu der Dokumentationsreihe Matusseks Reisen
- Siehe da, ein Feuilleton!, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. Januar 2008
- Langweiliger Alleskenner, die tageszeitung, 7. Januar 2008
- Beiträge von Matussek
- Berlin – schwierige Stadt: Anmerkungen zur neuen Bürgerlichkeit, Deutschlandradio, 25. Januar 2006
- Der entsorgte Vater. Über feministische Muttermacht und Kinder als Trümpfe im Geschlechterkampf, Der Spiegel, 17. November 1997
- Wie ich von links nach rechts gelangte, Die Zeit, 6. Juli 2017
- Artikel über Matussek
- Fast niemand mag ihn, die tageszeitung, 27. Dezember 2005, Matthias Matussek im Porträt
- Feuerkopf und Choleriker, Die Presse, 5. Dezember 2007
- Matthias Matussek. Rock n Roll im Laden, die tageszeitung, 6. Dezember 2007
- Rezensionen zu Büchern von Matussek auf Perlentaucher
- Rezension zu „Wir Deutschen“, polaronline
- Eklat bei der Welt: Matthias Matussek beschimpft Chefredakteur als „durchgeknallt“ und fliegt aus Konferenz, Meedia.de, 17. November 2015
- Nikolai Alexander: Die Patriotenverfolgung läuft jetzt auf Hochtouren, YouTube-Kanal: Reconquista Germania, 19. November 2015
- Malte Henk: Überwerfung, Die Zeit, 27. Juni 2018
- Gespräche
- Matthias Matussek: Deutsches Theater I, Netzeitung, 28. Juni 2006
- Jedes Jahr eine Tortenschlacht!, Cicero, Mai 2007