Walther von der Vogelweide
Walther von der Vogelweide ( um 1170 [Geburtsort unbekannt][1]; um 1230, möglicherweise in Würzburg) gilt als der bedeutendste deutsche Lyriker und Minnesänger des Mittelalters. Von Walther sind 500 Strophen in über 110 Tönen bzw. – inhaltlich gruppiert – 90 Lieder (Minnelieder) und 150 Sangsprüche überliefert.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Walther von der Vogelweide traf um 1190 am Hofe des Herzogs Leopold V. auf Reinmar von Hagenau, der ihn in der Praxis des Minnesanges unterwies („ze Oesterrîche lernt ich singen unde sagen, dâ wil ich mich allerêrst beklagen, finde ich an Liupolt höveschen trôst, so ist mir mîn muot entswollen.“).
Besondere Verdienste erwarb Walther sich um die Aussöhnung des Minneideals mit der menschlichen Natur, indem er sich nicht scheute, für die – offiziell verpönte – „niedere Minne“ (eine Verbindung zwischen einem Ritter und einer Frau von geringem Stand) eine Lanze zu brechen. Hierbei stellte er die Forderung, daß die Angebetete zugleich „friundin und frouwe“ sein solle. In diesem Sinne sind seine Lieder nicht nur in der Form vollendet, sondern volkstümlich wie die keines anderen Minnesang-Dichters und deshalb über die Zeiten reichend.
Er war in der Umgebung verschiedener deutscher Fürsten zu finden, darunter waren neben Herzog Leopold V. auch Herzog Leopold VI., Landgraf Hermann von Thüringen und Markgraf Dietrich von Meißen, am Hofe Ottos IV. (1212/13), des Herzogs Bernhard von Kärnten und des Staufer-Kaisers Friedrich II., in dessen Diensten er 1227/28 dichtete.
Wirken
Zu seinem Wirken heißt es:
- „Walther wuchs aus tirolischem Stammesboden ins Reich hinein. Keinem Sängermund war eine reichere Fülle der Töne zu Eigen. Er fiedelte unter den Linden der Bauernjugend zum Tanze auf und neckte sie dann mit einem Schelmenlied; er sang seiner Liebsten süße Erinnerung an Heide und Blumen ins Ohr und stand dann wieder in einem Saal vor hohen Frauen, um ihren Ruhm zu verkünden. Mächtiger aber strich er den Bogen wenn er von Deutschland sang, dem einzigen, dem lockenden, dem bindenden Land, das alle Werte der Welt geläutert in sich trägt. Und wenn er gar mit seinem werdenden und grollenden Lied in den Weltkampf zwischen Kaiser und Papst eingriff, war seine Stimme wie ein lauter Befehl, der Gefolgschaft herbeizwang. Keinen gewaltigeren Rufer konnte der Kaiser sich wünschen als diesen schweifenden Dichter, der dem römischen Stuhl den politischen Übermut zürnend verwies.“[2]
Einführung
Kurze Einführung in Leben und Schaffen aus dem Buch „Deutsche Geisteshelden – Aus dem Leben deutscher Dichter“:[3]
Werk
Walthers Bedeutung fußt unter anderem darauf, daß er sich für deutsche Belange aussprach und sich gegen die Ausbeutung Deutschlands durch die Kirche wandte. Eines seiner berühmtesten Gedichte, „Ir sult sprechen willekomen“, weist in drei seiner Strophen eine große Ähnlichkeit zu Hoffmanns Lied der Deutschen auf (neuhochdeutsche Übersetzung von Karl Simrock):
Ich han lande vil gesehen vnd nam der besten gerne war. |
Lande hab ich viel gesehen, nach den Besten spät ich allerwärts: |
Tütsche man sint wol gezogen, als engel sint diu wib getan. |
Züchtig ist der deutsche Mann, deutsche Frau’n sind engelschön und rein. |
Von der elbe vnz an den rin vnd wider vnz an vngerlant, |
Von der Elbe bis zum Rhein und zurück bis her an Ungerland, |
In einem anderen Gedicht zeigt Walther auf, wie die römische Kurie das deutsche Volk ausbeutet:
Ahi, wie kristenliche nu der babest lachet, swenne er sinen walhen seit: ich hanz also gemachet |
O weh, wie christengütig uns der Papst verlacht, wenn er’s seinen Welschen sagt, wie er’s bei uns gemacht: |
Bekannte Werke Walthers
- Ir sult sprechen willekomen
- Ottenton
- Under der linden
- Unmutston
- der Reichston,
bestehend aus drei Teilen:- Ich saz ûf eime steine
- Ich hôrte diu wazzer diezen
- Ich sach mit mînen ougen
- Palästinalied
Siehe auch
Literatur
- Wilhelm Wilmanns:
- Elard Hugo Meyer: Walther von der Vogelweide, identisch mit Schenk Walther von Schipfe. Eine auf Urkunden gestützte Untersuchung (1863); PDF-Datei
- Heinrich Kurz: Ueber Walthers von der Vogelweide Herkunft und Heimat, Aarau 1863 (PDF-Datei)
- Max Rieger: Das Leben Walthers von der Vogelweide, Giessen 1863 (PDF-Datei)
- Karl Simrock: Gedichte Walthers von der Vogelweide (PDF-Dateien: Band 1, Band 2)
- Karl Lachmann: Die Gedichte Walthers von der Vogelweide (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Adalbert Schroeter: Gedichte Walthers von der Vogelweide (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Reinhold Bechstein: Ausgewählte Gedichte Walther’s von der Vogelweide und seiner Schüler (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
- Rudolf Menzel: Das Leben Walther’s von der Vogelweide, 1865 (PDF-Datei)
- Hans Naumann: Walther von der Vogelweide, in: Willy Andreas / Wilhelm von Scholz (Hg.): Die Großen Deutschen. Neue Deutsche Biographie. Propyläen Verlag, Berlin, 4 Bde. 1935–1937, 1 Ergänzungsbd. 1943; Erster Band, S. 195–204