Bennigsen, Rudolf von

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Dr. iur. h. c. Dr. med. h. c. Rudolf von Bennigsen

Karl Wilhelm Rudolf von Bennigsen (Lebensrune.png 10. Juli 1824 in Lüneburg, Deutscher Bund; Todesrune.png 7. August 1902 auf Gut Bennigsen bei Springe) war ein deutscher nationalliberaler Politiker und Mitglied des Reichstages. Er wurde 1868 von den Provinzialständen zum Landesdirektor gewählt und war von 1888 bis 1897 Oberpräsident der Provinz Hannover.

Leben

Rudolf von Bennigsens Vater Ernst Karl Gebhard von Bennigsen (1789–1869) war Generalmajor bei der Infanterie der Hannoverschen Armee (zuletzt mit dem Charakter als Generalleutnant). Seine Mutter war Elisabeth „Elise“ Friederike Charlotte Therese Luise von Bennigsen, geb. de Dompierre von Jonquières (1801–1886), eine Tochter des hannoverischen Generalleutnants Karl de Dompierre von Jonquières (Lebensrune.png 26. März 1771; Todesrune.png 1831) und der Luise Sophie, geb. von Plato aus dem Hause Grabow (1776–1815). Seine Schwester Charlotte Wilhelmine (Lebensrune.png 29. September 1841; Todesrune.png 1918) heiratete später Oberst Hugo von Müller (1840–1911). Ihr Sohn war der spätere Kapitän zur See Karl von Müller.

Nach dem Studium der Jurisprudenz in Göttingen und Heidelberg als Korporierter trat er 1846 in den hannoverischen Staatsdienst ein und gehörte mit Johannes Miquel 1859 zu den Gründern des Deutschen Nationalvereins. Anschließend wurde er in den Norddeutschen Reichstag und in das Preußische Abgeordnetenhaus gewählt und trat an die Spitze der nationalliberalen Fraktion.

Von Bennigsen trug als maßgeblicher Mitstreiter Otto von Bismarcks nach dem Deutschen Bruderkrieg am 1. Oktober 1866 die Angliederung des Königreichs Hannover (nun Provinz Hannover) an Preußen mit. 1871, nach dem Deutsch-Französischen Krieg, trat er in den deutschen Reichstag ein und übernahm auch hier die Führung der Fraktion. Während des Kulturkampfes trat er in Gegensatz zum Reichskanzler von Bismarck, schloß sich jedoch später dessen Haltung an.

Neue Deutsche Biographie

B. studierte 1842-45 in Göttingen und Heidelberg Jurisprudenz und trat 1846 in den hannoverischen Staatsdienst, den er jedoch schon 1856 nach seiner Wahl in die hannoverische 2. Kammer wieder verließ, da ihm der Urlaub zur Ausübung eines Abgeordnetenmandats verweigert wurde. Er gehörte mit Johannes Miquel 1859 zu den Gründern und war der eigentliche Leiter des Deutschen Nationalvereins, der die politischen Ziele der „Erbkaiserlichen“ des Frankfurter Parlaments: Preußens Hegemonie und Deutsches Parlament, wieder aufgriff, ihren allzu doktrinär gefärbten Unitarismus aber durch ein bundesstaatliches Ideal ersetzte. Vor dem Ausbruch des Krieges von 1866 versuchte er als Führer der Kammermehrheit im Landtag vergeblich, Hannover vor dem Bündnis mit Österreich zu bewahren. Nach der Annexion Hannovers wurde er in den Norddeutschen Reichstag und in das Preußische Abgeordnetenhaus - dessen Präsidium er 1873-79 innehatte - gewählt und trat an die Spitze der neuen, meist aus Neu- und Nichtpreußen bestehenden nationalliberalen Fraktion, die den Einheitsgedanken als das zunächst erreichbare Ziel gegenüber den verfassungspolitischen Wünschen in den Vordergrund schob. Daher verzichtete er vorerst auf die Forderung einer Durchführung des parlamentarischen Systems, erreichte aber entgegen dem Bismarckschen Verfassungsentwurf die Erweiterung der Kompetenzen des Bundes sowie die Festlegung der allerdings praktisch bedeutungslosen Verantwortlichkeit des Bundeskanzlers. Im Dezember 1870 nahm B. in Versailles als Vertrauensmann Bismarcks an den Beratungen über die Verträge zwischen den süddeutschen Regierungen und dem Norddeutschen Bund teil. 1871 trat er in den Reichstag ein und übernahm auch hier die Führung der Fraktion. Am Reichsausbau der 70er Jahre konnte er bedeutenden Anteil nehmen; sein Werk sind vor allem der Kompromiß über die siebenjährige Festlegung der Friedensstärke des Heeres („Septennat“, 1874) und die Justizgesetzgebung von 1876. Mit der seit 1877 in Angriff genommenen Ordnung der Reichsfinanzen wurden grundsätzliche wirtschaftliche und politische Probleme der Reichspolitik aufgerollt: neben der Frage, ob Freihandels- oder Schutzzoll-System, vor allem die einer unitarisch-parlamentarischen oder aber föderalistisch-konservativen Fortbildung der Verfassung. Verhandlungen →Bismarcks mit B. über dessen Eintritt in das preußische Ministerium scheiterten z. T. an der Abneigung Wilhelms I. gegen B., z. T. an dessen Bedingung der gleichzeitigen Berufung seiner Parteifreunde Max von Forkkenbeck und Franz von Stauffenberg, und offenbarten so die Schwäche der nationalliberalen Position. Die durch diese Vorgänge hervorgerufene Spannung zwischen Bismarck und den Nationalliberalen verstärkte sich, als diese 1878 die von Bismarck geforderte Tabaksteuer und den ersten Entwurf des Sozialistengesetzes, 1879 aus unitarischen Erwägungen die sog. Clausula Franckenstein und schließlich aus konstitutionellen Gründen den ganzen wirtschaftspolitischen Kurs der Regierung ablehnten, obgleich mit B. ein Großteil der Partei einem gemäßigten Protektionismus zuzustimmen bereit gewesen wäre. Trotz B.s Kompromißbereitschaft und seiner eifrigen, aber immer erfolgloseren Vermittlertätigkeit zwischen den heterogenen Teilen der Partei gelang es indessen Bismarck - indem er gleichzeitig mit dem Abbau der Kulturkampfgesetze begann und so erneut seine Trennung von den Liberalen betonte - seine Wirtschaftspolitik mit Hilfe einer konservativ-klerikalen Majorität durchzusetzen und zugleich die nationalliberale Partei zu sprengen: 1879 sonderte sich eine rechte, schutzzöllnerische Gruppe ab und 1880 in der sog. Sezession der linke Flügel. Damit war, wie die Wahlen der folgenden Jahre im Reich (1874: 155, 1881: 47 Sitze) und in Preußen zeigten, die parlamentarische Machtstellung der Liberalen gebrochen, B.s Lebenswerk im Grunde vernichtet. Am 11.6.1883 zog er aus dieser Lage die Konsequenz und legte seine Mandate für den Reichstag und das Preußische Abgeordnetenhaus nieder. Erst 1887 kehrte er in das politische Leben zurück, als es zum sog. Kartellreichstag kam, in dem sich Konservative und Nationalliberale zur Durchbringung der Septennatsvorlage zusammenfanden. Er trat wieder an die Spitze seiner Partei, aber ohne daß diese noch einmal eine wesentliche Bedeutung erlangen konnte. Während seiner Tätigkeit im Reichstag und im Abgeordnetenhaus war B. gleichzeitig in der Selbstverwaltung seiner Heimatprovinz tätig; er wurde 1868 von den Provinzialständen zum Landesdirektor gewählt und war 1888-97 Oberpräsident von Hannover. B. kann in ganz besonderem Maße als Repräsentant jener zweiten Generation des deutschen Liberalismus gelten, die unter dem Eindruck einer überwältigenden geschichtlichen Erfahrung auf den Versuch verzichtete, die deutsche Einheitsentwicklung nach dem Maßstabe seiner reinen Idee zu bestimmen, und die eine Brücke von den Staats- und|Gesellschaftsidealen, von denen sie herkam, zu der praktischen Wirklichkeit eines nationalen Staatslebens zu schlagen versuchte. Das Scheitern der eigenen liberalen Einheitsaktion im Deutschen Nationalverein, der noch mitten zwischen der ideologischen und der praktischen Periode des deutschen Liberalismus stand, wies B. endgültig auf die Bahn der freiwilligen Bereitschaft zum Anschluß an die Politik Bismarcks, die er trotz ihrer preußisch-militärischen Färbung als den einzigen Weg zur Erfüllung der nationalen Hoffnung ansah. Seine gesamte Tätigkeit während der 70er Jahre, seine Kompromißbereitschaft gegenüber den Wünschen der Regierung, findet ihre Erklärung in seiner politischen Überzeugung, daß man zugleich den nationalen wie den freiheitlichen Ausbau des Reiches fördern müsse. Er wollte durch seine Mitarbeit am Staat die Möglichkeit zu positiver Beeinflussung der Entwicklung geben, durch die allein das notwendige Maß an Garantien für die Ausbildung eines wahrhaft konstitutionellen Staatswesens gesichert werden könne.[1]

Kurzchronologie

  • Besuch der Gymnasien in Lüneburg und Hannover
  • 1842 bis 1845 Studium der Rechte in Göttingen und Heidelberg (Corps Hannovera Göttingen, Vandalia Heidelberg)
  • 1846 Eintritt in den hannoverschen Staatsdienst als Amtsauditor in Lüchow, später in Osnabrück
  • 1850 bis 1852 Justizkanzlei-Assessor in Aurich und Osnabrück
  • 1852 Obergerichtsanwalt und Vertreter des Staatsanwaltes beim Obergericht Hannover
  • 1854 bis 1856 Richter am Obergericht in Göttingen
  • 1856 Wahl in die Zweite Kammer des hannoverschen Landtags; Austritt aus dem Staatsdienst, nachdem ihm der Urlaub zur Ausübung seines Abgeordnetenmandats verweigert wurde
  • September 1859 Mitbegründer des Deutschen Nationalvereins und dessen Präsident bis zur Auflösung des Vereins 1867
  • 1863 Vorsitzender der Kammermehrheit im Landtag
  • 1866/67 Mitbegründer der Nationalliberalen Partei in Hannover
    • Wahl in das preußische Abgeordnetenhaus und in den Norddeutschen (ab 1871 Deutschen) Reichstag für den Wahlkreis Otterndorf-Neuhaus
  • 1867 bis 1873 Vizepräsident des Reichstags
  • 1868 Wahl zum Landesdirektor durch die Provinzialstände der Provinz Hannover
  • 1870 bis 1871 Teilnahme an den Beratungen über die Verträge zwischen den süddeutschen Regierungen und dem Norddeutschen Bund im Königlichen Großen Hauptquartier des Königs von Preußen in Versailles
  • 1873 bis 1879 Präsident des Deutschen Reichstags, maßgebliche Beteiligung bei der Festlegung der Friedensstärke des deutschen Heeres und der Justizgesetzgebung
  • 1883 Niederlegung der Mandate im Reichstag und im Abgeordnetenhaus
  • 1887 bis 1898 Rückkehr in den Reichstag als Abgeordneter des Wahlkreises Stade, Fraktionsführer der Nationalliberalen Partei
  • 1888 bis 1897 Oberpräsident der Provinz Hannover
  • Dezember 1897 Rückzug aus dem politischen Leben; neuer Oberpräsident in der preußischen Provinz Hannover Constantin Graf zu Stolberg-Wernigerode (1843–1905)
    • Januar/Februar 1898 Übertragung der Ämter des Provinzialdelegierten der freiwilligen Krankenpflege und des königlichen Bevollmächtigten bei der evangelisch-lutherischen Landessynode der Provinz Hannover an Graf von Stolberg-Wernigerode

Familie

Rudolf von Bennigsen heiratete 1854 in Frankfurt/Main seine Verlobte, Cousine Anna Luise Wilhelmine von Reden (1834–1902), aus der Ehe sind neun Kinder entsprossen, darunter Rudolf (1859–1912), erster Gouverneur von Deutsch-Neuguinea, 1899-1902. Anna Luise Wilhelmine war die Tochter von Ferdinand Ludwig Carl August von Reden und der Dorothea Rosalie Silvia, geb. de Dompierre von Jonquières (1803–1854), die jüngere Schwester ihrer Schwiegermutter und somit die Tante ihres Mannes.

Auszeichnungen und Ehrungen

  • Großkreuz des Ordens der italienischen Krone am 1. Juni 1877
  • Großkreuz des herzoglich sächsisch-ernestinischen Hausordens
    • Schreiben des Oberst- und Flügel-Adjutanten des Herzogs von Sachsen-Coburg-Gotha vom 3. April 1879
  • Ernennung zum Ehrenmitglied der Northwestern Literary and Historical Society, Sioux City, Iowa/USA
    • Schreiben des Vorsitzenden der Gesellschaft vom 9. Juni 1886
  • Ehrendoktorwürde durch die juristische Fakultät der Universität Heidelberg, 1886
  • Ehrendoktorwürde durch die medizinische Fakultät der Universität Göttingen, 1887
  • Wirklicher Geheimrat, 1889
  • Ehrenkreuz I. Klasse des Fürstlich Lippischen Hausordens durch Günther Friedrich Woldemar, Fürst zur Lippe am 24. November 1890
  • Ernennung zum Ehrenmitglied der Deutschen Kolonialgesellschaft
    • Schreiben der Deutschen Kolonialgesellschaft zur Übersendung des Ehrendiploms vom 26. Juni 1895
  • Erinnerungsmedaille für Verdienste um die Errichtung des Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmals durch den Reichskanzler am 2. Mai 1897
  • Großkreuzes des Roten Adlerordens durch den Minister des Innern auf Grund des Ausscheidens von Bennigsens aus dem Staatsdienst am 24. Dezember 1897
  • Ernennung zum Ehrenmitglied des Zentralvorstandes der Nationalliberalen Partei
    • Schreiben des Geschäftsführenden Ausschusses des Zentralvorstandes vom 23. März 1899
  • Gratulationsschreiben der nationalliberalen Abgeordneten des preußischen Landtags zur Silberhochzeit des Ehepaares von Bennigsen vom 20. November 1879
  • Ernennung zum Mitglied der Zentralmoorkommission
    • Schreiben des Ministers für Landwirtschaft, Domänen und Forsten vom 9. März 1885 und vom 14. Oktober 1898
  • Rote-Kreuz-Medaille durch den Provinzial-Delegierten der freiwilligen Krankenpflege, Graf von Stolberg, März 1900

Literatur

  • Adolf Kiepert: Rudolf von Bennigsen; Rückblick auf das Leben eines Parlamentariers, 1903 (PDF-Datei) Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar!
  • Hermann Oncken: Rudolf von Bennigsen, Ein deutscher liberaler Politiker, nach seinen Briefen und hinterlassenen Papieren (1910) (PDF-Dateien: Band 1 bis zum Jahre 1866, Band 2 von 1867 bis 1902)
  • Paul Ostwald: Rudolf von Bennigsen – Ein Lebensbild, Staatspolitischer Verlag, Berlin 1924

Fußnoten