Brünner Todesmarsch

Aus Metapedia
Wechseln zu: Navigation, Suche
Gedenktafel für die Opfer des Brünner Todesmarsches. Angebracht auf dem Altvaterturm. Das Mädchen an der Spitze des Zuges geht auf eine Zeitzeugin zurück, deren Erinnerung an diese schrecklichen Tage aussagt, daß sie, als Kind das Geschehen nicht begreifend, den Zug anführte.

Der Brünner Todesmarsch war Teil der Vertreibung der Sudetendeutschen Bevölkerung Böhmens und Mährens aus ihrer jahrhundertelangen Heimat, dem Sudetenland. Er begann am 31. Mai 1945 und führte über die Gemeinde Pohrlitz an der deutsch-tschechischen Sprachgrenze bis nach Wien.

Verlauf

Die Deutschen wurden über Nacht rechtlos. Sie mußten weiße Armbinden tragen, und Repressalien, Einschränkungen und Verfolgungen nahmen zu. Prügeleien, öffentliche Vergewaltigungen deutscher Frauen und Mißhandlungen Deutscher waren an der Tagesordnung. In Brünn entstanden Konzentrationslager, in die Deutsche, nur mit dem, was sie in der Hand tragen konnten, gejagt wurden. Dort wurden sie geschlagen, gefoltert und die Frauen vergewaltigt.

Die deutschen Einwohner von Brünn wurden während der sogenannten wilden Abschiebungen gezwungen, die Stadt zu verlassen. Am Abend zuvor wurden sie auf dem Marktplatz der Stadt zusammengetrieben. Nachdem die meisten die Nacht stehend verbracht hatten, wurden die Menschen erst von „Partisanen” von allem befreit, was diesen wertvoll erschien, sodann aber in Marschkolonnen zusammengestellt und zusammen mit den deutschen Bewohnern der umliegenden Dörfer rund 55 Kilometer in Richtung österreichische Grenze getrieben. Der Zug bestand hauptsächlich aus Frauen, Kindern, auch Kleinkindern und Säuglingen, sowie alten Menschen. Die meisten männlichen Einwohner von Brünn befanden sich zu diesem Zeitpunkt in Kriegsgefangenschaft oder waren in Lagern in der Stadt oder der näheren Umgebung interniert.

Nachdem der Übertritt zunächst an der österreichischen Grenze verweigert wurde, wurden die bis dahin Überlebenden in Pohrlitz in Lagerhallen eingesperrt. Erst nach längerem Zögern wurde im Juni 1945 die Grenze zum damals sowjetisch besetzten Niederösterreich geöffnet.

Opfer

Verschiedene Schätzungen gingen jahrzehntelang davon aus, daß der „Brünner Todesmarsch” circa 20.000 bis 35.000 deutsche Zivilisten umfaßte, vereinzelt wurden auch Zahlen über 40.000 genannt. Durch tschechische Akten kann die Zahl der Teilnehmer des Marsches heute jedoch zuverlässig mit rund 27.000 angegeben werden. Das entspricht fast genau der Hälfte der damaligen deutschen Bevölkerung Brünns von rund 53.000.

Bei der Anzahl der Opfer des „Brünner Todesmarsches“ gingen die Schätzungen weit auseinander. Neuere Studien der 1990er Jahre führen zu einer Zahl von rund 5.200 Toten.

Mit Sicherheit belegt sind etwas über 2.000 Todesfälle, davon 890 in einem Massengrab bei Pohrlitz und weitere etwas über 1.000, die auf mehreren Friedhöfen auf österreichischer Seite (im unmittelbaren Grenzgebiet und entlang der Straße nach Wien) in Einzelgräbern bestattet wurden. Da die gesamte Historiographie davon ausgeht, daß auf der tschechischen Seite der Grenze weit mehr Opfer zu beklagen waren als im Schlußkapitel des Todesmarsches zwischen der Grenze und Wien, kann die Zahl 5.200 als gut gesichert gelten. Es liegen – anders als im Falle des Massakers von Aussig – auch Vermißtenmeldungen in entsprechender Zahl vor. Die Opfer starben an Entkräftung, Hunger, Durst und Typhus sowie auch durch Morde der tschechischen Wachmannschaften.

Täter

Der „Brünner Todesmarsch” wurde vorwiegend von den tschechischen Arbeitern der „Brünner Waffenwerke” geplant und organisiert. Damit wollten diese sich als ehemals „Privilegierte” der vormaligen NS-Besatzung nun gegenüber der übrigen tschechischen Bevölkerung als „gute Patrioten” beweisen. Nach der März-Besetzung von Böhmen und Mähren kam es im industriellen Brünn zu keinerlei ausgeprägten Widerstandskundgebungen. Das ist nicht verwunderlich, versorgten doch die Brünner Maschinenfabriken deutsches Militär mit Waffen, und den Arbeitern der Waffenwerke und denen anderer Fabriken ging es während der Protektoratszeit wesentlich besser als zuvor. Als Hauptorganisator dieses Verbrechens gilt der tschechische Stabskapitän Bedřich Pokorný. Er wechselte wenig später ins tschechische Innenministerium und gilt auch als Organisator des Massakers von Aussig vom 31. Juli 1945. Nach weit verbreiteter Ansicht handelte es sich beim „Brünner Todesmarsch” nicht um eine spontane Aktion. So vergingen 19 Tage zwischen der Rede von Präsident Edvard Beneš in Brünn am 12. Mai 1945 und dem Beginn der Vertreibung der Deutschen aus ihrer Heimat.

Aufarbeitung und Gedenken

In Pohrlitz, auf halben Weg zwischen Brünn und der Grenze zu Niederösterreich, befinden sich mehrere Massengräber der Opfer des Todesmarsches. Eines davon, mit 890 Gräbern, ist mit einem schlichten Gedenkstein als Grab erkennbar, wird jedoch weiterhin landwirtschaftlich genutzt. Im Garten des Augustinerklosters in Brünn erinnert seit 1995 ein Gedenkstein an die Opfer des Brünner Todesmarsches.

In zahlreichen Ortsfriedhöfen an der Strecke des Todesmarsches in Österreich erinnern Gräber und Gedenksteine an die Ereignisse, so etwa in Drasenhofen, Poysdorf, Mistelbach, Wolkersdorf, Stammersdorf und Purkersdorf.

An der Außenfassade des neuen Altvaterturms auf dem Wetzstein im südlichen Thüringer Wald wurde 2004 eine Gedenktafel für die Opfer angebracht.

Am 29. Mai 2005 gedachten die Südmährer anläßlich ihres jährlichen Kreuzbergtreffens aller Opfer der Vertreibung, insbesondere jedoch des 60. Jahrestages des „Brünner Todesmarsches”.

Geschichtliche Hintergründe

Die damalige Tschecho-Slowakei war ein künstliches Staatenkonstrukt des sogenannten Versailler Vertrages und des sogenannten Vertrages von Saint-Germain. Sie bestand zum Zeitpunkt der Gründung des Protektorats nicht einmal zwanzig Jahre. Zuvor war Böhmen jahrhundertelang Bestandteil des Habsburger Reiches gewesen. In diesem Staatengebilde lebten ca. 6 Millionen Tschechen, 3 Millionen Deutsche, 1.7 Millionen Ungarn und 2 Millionen Slowaken. Die Minderheiten der Deutschen, Ungarn und Slowaken waren permanenten Repressalien ausgesetzt, so daß sich die Slowakei bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zur Unabhängigkeit entschloß, nachdem das deutsche Sudetenland und mit ihm der größte Teil der unter tschechischer Fremdherrschaft stehenden Deutschen Bevölkerung im Zuge des Münchner Abkommens heim ins Reich kehren konnte.

Während der sechsjährigen Besetzung der „Resttschechei” kam es im neugeschaffenen Protektorat Böhmen und Mähren trotzdem zu Übergriffen von tschechischer Seite auf die deutsche Bevölkerung. Die Aufrufe des Prager Senders zu bewaffneten Aktionen gegen die angebliche deutsche „Okkupationsmacht“ lösten am 5. Mai 1945 den später so genannten „Maiaufstand des tschechischen Volkes“ aus, bei dem es sich um Pogrome gegen Deutsche handelte. Hieran beteiligten sich auch die Protektoratspolizei und bewaffnete Untergrundorganisationen, die Zulauf von tschechischen jugendlichen Freischärlern hatten. Gemäß der kommunistischen sowie auch bisherigen tschechischen überwiegenden Verbreitung seien die „wilden Vertreibungen” und Massaker der deutschen Bevölkerung u. a. eine spontane Reaktion auf den brutalen Vorgang der deutschen Okkupanten bei der Bekämpfung dieses Aufstandes gewesen. Daß dem nicht so ist, zeigt die Planung der Morde an Deutschen im Vorfeld und findet seinen Beleg in den sogenannten Benes-Dekreten.

Das Dekret Nr. 115 stellte fest, daß

„Handlungen [...] vom 30. September 1938 bis zum 28. Oktober 1945 [...], die der berechtigten Vergeltung für Taten der Okkupanten [...] dienten, nicht strafbar sind, auch wenn sie ansonsten [...] strafbar gewesen wären.”

Am 16. Mai 1945 ließ Edvard Beneš anläßlich seiner Ansprache am Altstädter Ring in Prag keinen Zweifel an seinen Absichten:

„Es wird erforderlich sein [...], das Verhältnis der Tschechen und Slowaken neu zu gestalten und die Deutschen in den böhmischen Ländern als auch die Ungarn in der Slowakei zu liquidieren, so wie sich die Liquidierung nur durchführen läßt [...]”

Siehe auch

Literatur

  • Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen, (über 100 Erlebnisberichte, bearbeitet von Wilhelm Turnwald, 589 S.), München 1951, ISBN 3-7612-0199-0
  • Hertl, Pillwein, Schneider, Ziegler: Der „Brünner Todesmarsch” 1945. Die Vertreibung und Mißhandlung der Deutschen aus Brünn, ISBN 978-3000025662 (Klappentext)
  • Franz W. Seidler: Deutsche Opfer: Kriegs- und Nachkriegsverbrechen alliierter Täter, Pour le Mérite Verlag, 2013, ISBN 978-3932381669, Kapitel Tschechische Nachkriegsverbrechen (S. 216–252)
  • Jiri Padevet: Blutiger Sommer 1945 – Nachkriegsgewalt in den böhmischen Ländern, Leipzig 2020

Verweise