Braun, Ferdinand

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Professor Dr. phil. Dr. h. c. Ferdinand Braun (1909) – Erfinder, Elektrotechnikpionier, Physiker, Mathematiker, Lehrer, Unternehmer und Träger des Nobelpreises für Physik

Karl Ferdinand Braun (Lebensrune.png 6. Juni 1850 in Fulda; Todesrune.png 20. April 1918 in Neuyork) war ein deutscher Physiker, Erfinder, Träger des Nobelpreises für Physik (1909) und Mitbegründer der Firma Telefunken in Berlin. Eine seiner Erfindungen ist die Braunsche Röhre (1897), sie wurde das technische Herzstück des Fernsehgeräts und fand beim Radar weite Verwendung.

Leben

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Karl Ferdinand Braun II.png
Karl Ferdinand Braun.jpg
Traueranzeige
Ferdinand-Braun-Park in Fulda
Ausländische Briefmarke (2009) zum 100. Jahrestag der Verleihung des Nobelpreises an Ferdinand Braun

Als sechstes von sieben Kindern des kurhessischen Gerichtsbeamten Konrad Braun besuchte Ferdinand das Domgymnasium Fulda. Nach dem Abitur studierte er ab 1868 Mathematik und Naturwissenschaften an der Philipps-Universität Marburg. 1868/69 wurde er Konkneipant, am 6. Mai 1878 Corpsschleifenträger der Teutonia Marburg.

1869 ging Braun nach Berlin und betrieb u. a. Studien bei Georg Hermann Quincke. Mit der Dissertation „Ueber den Einfluss von Steifigkeit, Befestigung und Amplitude auf die Schwingungen von Saiten“ promovierte er 1872 zum Doktor der Physik.

Tätigkeit als Lehrer

Da Braun kein Geld besaß, um als Assistent und später Privatdozent tätig zu sein, legte er 1873 in Marburg das Staatsexamen für Gymnasiallehrer ab und nahm im folgenden Jahr eine Anstellung als zweiter Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften an der Thomasschule Leipzig auf. Dort betrieb er nebenbei wissenschaftliche Untersuchungen der Schwingungs- und Stromleitung, wobei ihm seine erste große Entdeckung gelang. Zu dieser äußerte er sich in den Annalen der Physik und Chemie von 1874:

„[…] bei einer großen Anzahl natürlicher und künstlicher Schwefelmetalle […] der Widerstand derselben verschieden war mit Richtung, Intensität und Dauer des Stroms. Die Unterschiede betragen bis zu 30 % des ganzen Wertes.“

Dieser Gleichrichtereffekt an Bleisulfidkristallen widersprach dem Ohmschen Gesetz und begründete den wissenschaftlichen Ruf Ferdinand Brauns. Eine Erklärung für diesen Effekt konnte Braun trotz intensiver Forschung zeitlebens nicht mehr geben, dazu fehlten damals noch die physikalischen Grundlagen – dies gelang erst im 20. Jahrhundert mit den Erkenntnissen der Quantenphysik. Er gilt damit dennoch als der Entdecker der Halbleiter-Diode im Jahre 1874. Während seiner Zeit in Leipzig schrieb Braun sein einziges Buch: „Der junge Mathematiker und Naturforscher – Einführung in die Geheimnisse der Zahl und Wunder der Rechenkunst“, das 1876 erschien. Er wollte damit bei seinen Schülern das Interesse für die mathematischen und physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Natur wecken.

Tätigkeit als Professor

1877 wurde Braun zum außerordentlichen Professor für Theoretische Physik in Marburg ernannt. Er ging 1880 nach Straßburg und erhielt 1883 eine ordentliche Professur für Physik an der Universität Karlsruhe. 1887 erhielt er einen Ruf der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und wirkte dort in leitender Funktion an der Gründung und dem Aufbau des Physikalischen Instituts mit. 1895 wurde er Direktor des Physikalischen Instituts und ordentlicher Professor der Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg. 1905/06 war er ihr Rektor.

Braun galt unter seinen Studenten als Meister des verständlichen Vortrags und des auch für Laien spektakulären Experiments, ein Stil, der sich in seinem locker, teilweise humorig verfaßten Lehrbuch „Der junge Mathematiker und Naturforscher“ fortsetzte, welches zahlreiche Auflagen erlebte.

Schüler Brauns wie Nikolai Dmitrijewitsch Papalexi (1880–1947) begründeten die russische Hochfrequenztechnik.

Chronologie

  • Besuch des Domgymnasiums in Fulda
  • 1868: Studium der Mathematik und Naturwissenschaften an der Universität Marburg
    • als Student Anschluß an den Corps Teutonia Marburg
  • 1869: Wechsel an die Universität Berlin, wo er im Privatlabor des Physikers und Chemikers Heinrich Gustav Magnus arbeiten durfte, was als besondere Auszeichnung galt.
  • Frühjahr 1870 Nach Magnus’ Tod Fortsetzung der Studien bei dem Physiker Georg Hermann Quincke, wobei sich Braun besonders mit Saitenschwingungen beschäftigte
  • 1872: Promotion zum Dr. phil. an der Universität Berlin
  • 1873: Ablegung des Staatsexamens für Gymnasiallehrer in Marburg, da Braun kein Geld besaß, um als Assistent und später Privatdozent tätig zu sein
  • 1874: Anstellung als zweiter Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften an der Thomasschule Leipzig. Daneben wissenschaftliche Untersuchungen der Schwingungs- und Stromleitung, wo er die Halbleiter-Diode (Gleichrichtereffekt an Bleisulfid-Kristallen) entdeckte
  • 1875: in Leipzig Abfassung seines im Folgejahr erschienenen Lehrbuches „Der junge Mathematiker und Naturforscher – Einführung in die Geheimnisse der Zahl und Wunder der Rechenkunst“, das angesichts seines Erfolges noch zahlreiche Auflagen erlebte
  • 1877: Gerade aufgrund dieses Lehrbuches Ernennung zum außerordentlichen Professor für Theoretische Physik an der Universität Marburg
  • 1880: Wechsel von Marburg nach Straßburg im damals deutschen Elsaß
  • 1883: ordentliche Professur für Physik an der Universität Karlsruhe
  • 1887: Ruf an die Universität Tübingen, wo er in leitender Funktion an Gründung und Aufbau des Physikalischen Instituts mitwirkte
  • 1895: Direktor des Physikalischen Instituts und ordentlicher Professor der Universität Straßburg
  • 1897: Entwicklung der ersten Kathodenstrahlröhre, die nach ihm auch Braunsche Röhre genannt wird
  • Ende 1898: Gründung eines Konsortiums zur Verwertung der Braunschen Patente durch den technikbegeisterten Schokoladeproduzenten Ludwig Stollwerck in Köln („Funkentelegrafie GmbH“)
    • Nach Erreichen der Funkverständigung über eine größere Entfernung Umwandlung des Konsortiums in die „Professor Braun’s Telegraphie Gesellschaft GmbH“
  • 1899: Braun verbesserte die Funktechnik auch sendeseitig, indem er Schwing- und Antennenkreis trennte. So entwickelte er leistungsfähige Anlagen zur „Ferntelegrafie“.
  • 24. September 1900: Braun gelang eine Funkbrücke zwischen Cuxhaven und Helgoland über 62 km in der Nordsee, worüber er im Folgejahr in seinem Werk „Drahtlose Telegraphie durch Wasser und Luft“ berichtete.
  • 1903: Umwandlung der „Professor Braun’s Telegraphie Gesellschaft GmbH“ in die „Gesellschaft für drahtlose Telegrafie“ in Berlin
  • 1909: Braun erhielt für seinen Beitrag zur Entwicklung der drahtlosen Telegrafie den Nobelpreis für Physik, welchen er sich mit seinem italienischen Mitstreiter Marconi teilte.
  • 1914: Braun reiste Ende des Jahres mit Jonathan Zenneck und einer Abordnung für die „Telefunken AG“ trotz angeschlagener Gesundheit nach Neu York, da die Großfunkstelle Sayville wegen eines Patentstreits ihren Betrieb einstellen sollte.
  • 1917: Im schleppenden Prozeß wurde Braun vom Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg überrascht, so daß er als gegnerischer Deutscher nicht zurückreisen durfte.
  • April 1918: Sturz beim Schneefegen vor seinem Haus in Brooklyn
  • 20. April 1918: Braun erlag seinen schweren Verletzungen.
    • Auf eigenen Wunsch sollte Braun in seine Geburtsstadt Fulda überführt werden, doch war dies im Ersten Weltkrieg nicht möglich. Erst zweieinhalb Jahre nach Kriegsende gelang es seinem Sohn Konrad Braun, die Urne mit den sterblichen Überresten seines Vaters nach Fulda zu überführen.
  • 4. Juni 1921: Beisetzung in Fulda[1]

Erfindungen und Entwicklungen

Braunsche Röhre

Die noch heute anhaltende Bekanntheit verdankt Braun seiner Kathodenstrahlröhre, die nach ihm auch oft Braunsche Röhre genannt wird. Heute wird darunter stets eine Hochvakuumröhre, in der ein Elektronenstrahl in Horizontal- und Vertikalrichtung abgelenkt werden kann, verstanden. Die erste Version entstand 1897 in Karlsruhe. Die Industrie interessierte sich sofort für diese Erfindung, weswegen sie umgehend weiterentwickelt werden konnte. Schon 1899 führte Brauns Assistent Jonathan Zenneck Kippschwingungen zur magnetischen Y-Ablenkung ein, später folgten Glühkathode, Wehnelt-Zylinder und Hochvakuum. Diese Röhre konnte nicht nur für Oszilloskope verwendet werden, sondern wurde erstmals durch Manfred von Ardenne auch als ein grundlegendes Bauteil bei der ersten vollelektronischen Fernsehübertragung am 14. Dezember 1930, als sogenannte Bildröhre für Fernsehgeräte, verwendet.

Funkempfänger

Mit Erfindung seiner Röhre begann Braun auch auf dem Gebiet der drahtlosen Telegraphie zu forschen. Ein Problem in der Funktechnik bestand in einem zuverlässig funktionierenden Empfänger: Braun war es als Physiker gewohnt, sich mit reproduzierbaren Versuchsbedingungen zu beschäftigen, diesen Bedingungen entsprachen die damals üblichen Kohärer-Empfänger aber kaum. So ersetzte Braun den Kohärer durch einen Kristalldetektor, was damals einen großen Fortschritt in der Empfindlichkeit der Empfänger brachte – auch wenn der Kristalldetektor immer wieder sauber eingestellt werden mußte. Erst die Elektronenröhre konnte den Kristalldetektor ablösen, der aber weiterhin für einige Zeit in einfachen Empfängern Verwendung fand. Auch die ersten UKW-Radaranlagen nutzten noch einen Detektor. Der technikbegeisterte Kölner Schokoladenhersteller Ludwig Stollwerck gründete Ende 1898 in Köln ein Konsortium zur Verwertung der Braun'schen Patente. Stollwerck brachte 560.000 Mark Gesellschaftskapital ein. Nach Erreichen der Funkverständigung über eine größere Entfernung wurde das Konsortium in die „Professor Braun's Telegraphie Gesellschaft GmbH“ umgewandelt, aus der später die Telefunken AG hervorging. 1900 stellte Stollwerck den Kontakt zum Vorstand der „Telegraphen-Bauanstalt Siemens & Halske“ her, die später den Apparatebau übernahm.

Funksender

Sendeseitig konnte Braun der Funktechnik ebenfalls zu gewaltigen Fortschritten verhelfen: Guglielmo Marconi hatte seinen Sender vorwiegend empirisch zustande gebracht, so daß ihn Braun mit Betrachten des physikalischen Hintergrunds verbessern konnte. Waren Schwing- und Antennenkreis ursprünglich eins, so trennte Braun diese beiden Teile. Nun gab es einen Primärkreis, bestehend aus Kondensator und Funkenstrecke, und einen daran induktiv gekoppelten Antennenkreis, wodurch sich damit die ausgesendete Energie in diesem System steigern ließ. So kam es schon 1899 zu derart leistungsfähigen Anlagen, daß der Begriff „Ferntelegraphie“ seine Berechtigung erhielt: konnten bislang nur bis zu 20 km überbrückt werden, stiegen die Entfernungsrekorde von Monat zu Monat. Am 24. September 1900 gelang eine Funkbrücke zwischen Cuxhaven und Helgoland über eine Entfernung von 62 km. Parallel dazu versuchte Braun, die Knallfunkentechnik zu ersetzen, welche nur gedämpfte Schwingungen erzeugte. Es gelang ihm mit Wechselstromgeneratoren, die ungedämpfte Schwingungen erzeugten, während ihm eine Rückkopplungsschaltung mit Elektronenröhren noch nicht gelang.

Antennen

Ein frühes Problem des Richtfunks, die gezielte Ausrichtung von Sende- und Empfangsantenne zueinander, beschäftigte Braun ebenfalls sehr. So war er einer der ersten, dem eine gerichtete Abstrahlung gelang.

Braunsches Elektroskop

Braun gilt als Erfinder des Zeigerelektroskops, das daher nach ihm benannt ist.

Telefunken

Braun gehörte zu den Mitbegründern der Funkentelegraphie GmbH in Köln (1898) und der Gesellschaft für drahtlose Telegraphie Telefunken in Berlin (1903). Letztere führte ihn 64jährig und mit angeschlagener Gesundheit nach Neuyork: Die Großfunkstelle Sayville, das Pendant zu Nauen, sollte aufgrund von Patentstreitigkeiten ihren Betrieb einstellen. Der Prozeß zog sich hin, woraufhin Braun vom Kriegseintritt der USA überrascht wurde und deswegen nicht mehr zurückreisen durfte.

Tod und Beisetzung

Den Ersten Weltkrieg gegen Deutschland nahmen die Amerikaner zum Anlaß, den Nobelpreisträger Braun in seiner Eigenschaft als Deutscher als Kriegsinternierten zu halten. Am 20. April 1918 starb er in Brooklyn an den Folgen eines Unfalls. 1921 wurde die Urne mit den sterblichen Überresten Ferdinand Brauns in Fulda beigesetzt.

Familie

Im Jahre 1885 heiratete Braun Amélie Bühler aus dem badischen Lahr, sie bekamen zwei Söhne und zwei Töchter.

Ehrungen

  • 1909 erhielt Braun den Nobelpreis für Physik für seinen Beitrag zur Entwicklung der drahtlosen Telegraphie. Er teilte sich den Preis mit dem Italiener Guglielmo Marconi.
  • Ehrendoktor der Technischen Hochschule Wien, 1917
  • Die Ferdinand-Braun-Schule in seiner Geburtsstadt Fulda ist eine technische berufsbildende Fachschule.
  • Das Ferdinand-Braun-Institut, Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik, eine Forschungseinrichtung mit Sitz in Berlin, trägt seinen Namen.
  • Mehrere Straßen sind nach ihm benannt, unter anderem in Bocholt, Bremen-Horn-Lehe, Cuxhaven, Düsseldorf, Fulda, Heilbronn, Nürnberg und Würzburg.
  • Brauns Geburtsstadt verleiht eine Ferdinand-Braun-Medaille der Stadt Fulda.

Werke

  • Drahtlose Telegraphie durch Wasser und Luft. Severus, Hamburg 2010, ISBN 978-3-942382-02-1 (Nachdruck der Originalausgabe von 1901)
  • Geheimnisse der Zahl und Wunder der Rechenkunst. Mit einer Einführung von Hans-Erhard Lessing, Reinbek bei Hamburg 2000, ISBN 3-499-60808-1

Literatur

  • Jonathan Zenneck: Braun, Karl Ferdinand. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 554 f. (Digitalisat)
  • Friedrich Kurylo: Ferdinand Braun. Leben und Wirken des Erfinders der Braunschen Röhre. Moos, München 1965
  • Kurt Jäger / Friedrich Heilbronner: Lexikon der Elektrotechniker. 2. Auflage. VDE, Berlin/Offenbach 2010, ISBN 978-3-8007-2903-6
  • Menno Aden: Kulturgeschichte der großen deutschen Erfindungen und Entdeckungen: Ein Lesebuch über 800 Jahre Innovation aus deutschen Landen, IFB-Verlag, 2019, ISBN 978-3942409872 [628 S.]

Fußnoten

  1. Braun, Ferdinand, Hessische Biografie