Kreisky, Bruno

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Bruno Kreisky (* 22. Januar 1911 in Wien; † 29. Juli 1990 ebenda) war ein jüdischer Politiker (SPÖ) in Österreich, Bundeskanzler der Republik Österreich von 1970 bis 1983 und damit der am längsten amtierende Bundeskanzler in der Geschichte Österreichs.

Bruno Kreisky bei einem VSA-Besuch im Februar 1983.

Werdegang

Bruno Kreisky wurde als zweitältester Sohn einer wohlhabenden assimilierten jüdischen Familie in Wien-Margareten geboren. Nach eigenem Zeugnis entstammte er einer deutschdenkenden großbürgerlichen Familie. Seine Eltern fühlten sich, wie er schrieb, als Deutschböhmer. Zwei Oheime Kreiskys gehörten schlagenden Studentenverbindungen an; der Reichsratsabgeordnete Joseph Neuwirth, Kandidat für den Posten des Finanzministers unter Kaiser Franz Joseph, war sein Großonkel.

Brunos Vater, Max Kreisky (1876–1944) war Generaldirektor der Österreichischen Wollindustrie AG und Textil AG, Zensor der Österreichischen Nationalbank, Mitglied des Zentralvereins der kaufmännischen Angestellten und in der Emigration (ab 1942) Leiter einer Textilfabrik in Schweden. Seine Mutter war Irene Kreisky, geborene Felix (1885–1969).

Früh schloß sich Kreisky der sozialistischen Bewegung an. Während seiner Schulzeit kam er mit der Sozialdemokratie in Kontakt und schloss sich 1926 deren „proletarischer“ Jugendorganisation, der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) an, was von seiner Familie nicht akzeptiert wurde. In dieser Zeit hatte er unter anderem Kontakt mit der Familie von Gerhard Bronner. Fortan widmete sich Kreisky der SAJ und bekleidete mit der Zeit, nach Überwindung des ihm anfänglich entgegengebrachten Mißtrauens der jungen Arbeiter gegenüber dem Großbürgersohn, führende Funktionen. So war er ab 1933 mit der Bildungs- und Kulturarbeit beauftragt.

1929 begann Bruno Kreisky ein Studium der Rechtswissenschaften, nachdem er eigentlich Medizin studieren wollte. Doch wurde er „geködert“ mit der Aussage „Die Partei braucht gute Juristen“. Bruno Kreisky promovierte schließlich 1938 zum Doktor der Rechtswissenschaft.

Österreichischer Bürgerkrieg

Unter dem damalige Bundeskanzler Engelbert Dollfuß, der unter Berufung auf das Kriegswirtschaftliche Ermächtigungsgesetz von 1917 ab März 1933 regierte, wurde nach den österreichischen Bürgerkrieg 1934, die Sozialdemokratische Partei, die Gewerkschaften, die Arbeiter-Zeitung und alle sozialdemokratischen Arbeiterorganisationen, also auch die SAJ, verboten. Kreisky gründete daraufhin gemeinsam mit Franz Olah und Roman Felleis die Revolutionäre Sozialistische Jugend. Nach der Gründungsversammlung 1935 wurde Bruno Kreisky verhaftet. 1936 wurde er nach 16 Monaten Untersuchungshaft wegen Hochverrats im Zuge des Sozialistenprozesses zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt. Er kam zwar kurz darauf wieder frei, verlor jedoch seine Hochschulberechtigung und durfte daher in Österreich nicht mehr studieren. Mit Eifer stürzte er sich in seine weitere illegale Tätigkeit. Seine letzte Prüfung an der Wiener rechtswissenschaftlichen Fakultät legte er noch nach dem Anschluß 1938 ab. Tags darauf wurde er erneut verhaftet und nach einigen Monaten U-Haft vor die Wahl gestellt, entweder in Haft zu bleiben oder das Land zu verlassen.

Exil

Bruno Kreisky verließ das Land in Richtung Schweden und wurde dort als Sekretär einer Konsumgenossenschaft tätig. Nebenbei schrieb er für diverse in- und ausländische Zeitungen. 1940 lernte er bei einem Kongress Willy Brandt kennen. 1942 heiratete Kreisky Vera Fürth (1916 - 1988). Das Paar hatte zwei Kinder, Sohn Peter (* 1944) und Tochter Susanne (* 1948). Während dieser Zeit arbeitete Bruno Kreisky an Konzepten für ein Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Mai 1946 kehrte er nach Österreich zurück.

Kreisky (rechts) beim unterzeichnen der Schlussakte von Helsinki.

Nach 1945

Die ersten Nachkriegsjahre verbrachte er als Diplomat wieder in Schweden. 1951 nach Wien zurückgekehrt, stieg er rasch in der Politik der Alpenrepublik auf. Bundespräsident Theodor Körner berief ihn als politischen Berater und ernannte ihn zum Kabinettsvizedirektor. Als Staatssekretär im Außenamt (heute Außenministerium) hatte er Anteil am Zustandekommen des Staatsvertrages 1955, der Österreich um den Preis des Anschlußverzichts an Deutschland die Befreiung von Siegerbesatzung brachte. Von 1959 bis 1966 war Kreisky Außenminister unter Bundeskanzler Julius Raab.

In dieser Funktion war er beteiligt an der Gründung der EFTA, schlug einen „Marshall-Plan“ für die Dritte Welt vor und unterstützte die Selbstbestimmungsaktivisten in Südtirol. Nachdem die ÖVP bei der Nationalratswahl in Österreich 1966 die absolute Mehrheit erreicht hatte, wurde Lujo Toncic-Sorinj Außenminister.

1967 wählte die SPÖ Bruno Kreisky zum Parteichef. Er führte die österreichischen Sozialdemokraten zur absoluten Mehrheit der Wählerstimmen. Von 1970 bis 1983 war er Bundeskanzler.

Vermächtnis

Er wies den seines Erachtens anmaßend auftretenden „Nazi-JägerSimon Wiesenthal in die Schranken, dem er vorhielt, „von Haß diktiert" zu sein, „gefährliche G'schaftlhuberei" zu betreiben und mit „Mafia-Methoden" zu arbeiten. Meinungsumfragen zeigten, daß Wiesenthal in dieser Kontroverse nur 3 Prozent der Österreicher auf seiner Seite hatte. Kreisky setzte sich für das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser ein, was ihm zionistischen Zorn einbrachte. Er lehnte radikale NS-Bewältigung nach bundesdeutschem Vorbild ab, bemühte sich um Abwehr gewaltiger Wiedergutmachungsforderungen und sorgte für ein Ende der „Kriegsverbrecherprozesse". Den Versuch des Jüdischen Weltkongresses, Waldheims Wahl zu verhindern, nannte Kreisky eine „niederträchtige Einmischung in die Angelegenheiten Österreichs". Die „National-Zeitung" betitelte ihren Nachruf auf ihn mit der Schlagzeile „Die 1 vor vielen Nullen".[1]

Familie

Bruno Kreisky Sohn ist der Politologe Peter Kreisky (* 1944); seine Schwiegertochter ist die Politikwissenschaftlerin und Juristin, Eva Kreisky.

Zitate

  • Wenn die Juden ein Volk sind, so ist es ein mieses Volk." [2]

Literatur

  • Andreas P. Pittler: Bruno Kreisky, Rowohlt, 1996 Reinbek bei Hamburg
  • Martin van Amerongen: KREISKY und seine unbewältigte Gegenwart, Styria Verlag, Graz 1977
  • Harald Pesendorfer: Transformation der SPÖ – Bruno Kreisky wird Parteiobmann, Wien 1996
  • Bruno Kreisky: Zwischen den Zeiten (Autobiographie)

Auszeichnungen (Auswahl)

  • 1961 - Orden wider den tierischen Ernst
  • 1975 - Freedom Award des International Rescue Committee
  • 1976 - Ehrenbürgerschaft der Stadt Wien
  • 1980 - Karl-Valentin-Orden
  • 1981 - Kreisky wird, zugleich mit Konstantinos Karamanlis, von einem Gremium aus Politikern, Künstlern und Wissenschaftlern in Paris zum Politiker des Jahres 1980 gewählt
  • 1983 - Nehru-Preis für internationaler Völkerverständigung
  • 1988 - Goldenes Doktorat der Wiener Universität
  • 1989 - Friedenspreis der Martin-Luther-King-Stiftung
  • 1989 - KF-Hanson-Medaille in Saltsjöbaden (Schweden)

Bruno-Kreisky-Preise

Fußnoten

  1. David Korn: Wer ist wer im Judentum? - FZ-Verlag ISBN 3-924309-63-9
  2. Kreisky: „Die Juden - ein mieses Volk“, Der Spiegel, 17. November 1975