Renner, Karl
Karl Renner ( 14. Dezember 1870 in Untertannowitz, Mähren; 31. Dezember 1950 in Wien) war ein deutscher Politiker in Österreich. Renner war trotz seiner sozialdemokratischen Gesinnung stets deutschnational eingestellt, sein vaterländisches Gedicht „Deutsch-Österreich, du herrliches Land“ galt bis 1929 als inoffizielle Bundeshymne.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Renner stammte aus einer Großfamilie, seine Eltern waren Weinbauern. Nach dem Abitur studierte er Rechtswissenschaften in Wien, promovierte 1898 und zog 1907 als Abgeordneter der Sozialdemokraten in den Reichsrat zu Wien ein. Am 6. September 1918 erklärte er die Wiedervereinigung mit dem Reich zum unverzichtbaren Ziel der Politik. Auch nach dem Ersten Weltkrieg war er ein großer Unterstützer eines „Deutschösterreichs“. Mit Gewaltandrohung verhinderten jedoch die Sieger den von ihm erstrebten Anschluß an das Deutsche Reich.
Er war Leiter der österreichischen Delegation bei den Friedensverhandlungen von St. Germain. 1923 war er Gründer der Arbeiterbank. 1923 bis 1926 war er Präsident des Verwaltungsrates der Arbeiterbank. 1928 forderte er erneut eine Volksabstimmung in Österreich, die seiner Ansicht nach mit 99 von 100 Stimmen für den Beitritt Österreichs ausgegangen wäre. Von 1932 bis 1934 amtierte er als Präsident des Nationalrates.
Nach der „Befreiung“ begründete er die SPÖ wieder und wirkte bis zu seinem Tod als Bundespräsident der Republik Österreich, deren Politik nunmehr unter dem Diktat der Siegermächte eine antideutsche Erfüllungspolitik vollziehen muß[1].
Politische Mandate
- Mitglied der Prov. Nationalversammlung, SdP 21.10.1918 bis 16.2.1919
- Leiter der Staatskanzlei (Staatskanzler) 30.10.1918 bis 15.3.1919
- Mitglied der Konst. Nationalversammlung, SdP 4.3.1919 bis 9.11.1920
- Leiter des Staatsamtes für Inneres und Unterricht 15.3.1919 bis 9.5.1919
- Staatskanzler 15.3.1919 bis 7.7.1920
- Leiter des Staatsamtes für Äußeres 26.7.1919 bis 17.10.1919
- Staatssekretär im Staatsamt für Äußeres 17.10.1919 bis 22.10.1920
- Betraut mit der einstweiliger Führung des Staatsamtes für Land- und Forstwirtschaft 25.6.1920 bis 7.7.1920
- Abgeordneter zum Nationalrat (I.–III. GP), SdP 10.11.1920 bis 1.10.1930
- Abgeordneter zum Nationalrat (IV. GP), SdP 2.12.1930 bis 17.2.1934
- Präsident des Nationalrates 29.4.1931 bis 4.3.1933
- Staatskanzler 27.4.1945 bis 20.12.1945
- Abgeordneter zum Nationalrat (V. GP), SPÖ 19.12.1945 bis 20.12.1945
- Bundespräsident 20.12.1945 bis 31.12.1950
Zitate
- „Unser großes Volk ist in Not und Unglück. Das Volk, dessen Stolz es immer war, das Volk der Dichter und Denker zu heißen, unser deutsches Volk des Humanismus, unser deutsches Volk der Völkerliebe, unser deutsches Volk ist im Augenblick tief gebeugt. Aber gerade in dieser Stunde, in der es so leicht und so bequem und vielleicht auch so verführerisch wäre, seine Rechnung gesondert zu stellen, und vielleicht auch von der List der Feinde Vorteile zu erhaschen, soll unser deutsches Volk in allen Gauen wissen: Wir sind ein Stamm und eine Schicksalsgemeinschaft.“[2]
- „Ich müßte meine ganze Vergangenheit als Vorkämpfer des Selbstbestimmungsrechts verleugnen, wenn ich die große geschichtliche Tat des Wiederzusammenschlusses der deutschen Nation nicht freudigen Herzens begrüßte“[3].
- „… die jüdische Gemeinde kann sich nie erholen. […] glaube ich nicht, daß Österreich in seiner jetzigen Stimmung Juden noch einmal erlauben würde, diese Familienmonopole aufzubauen. Sicherlich würden wir nicht zulassen, daß eine neue jüdische Gemeinde aus Osteuropa hierher käme und sich hier etablierte, während unsere eigenen Leute Arbeit brauchen.“ — Bundespräsident Renner im Februar 1946 in einer Ansprache vor dem Palästina-Komitee zur Zukunft von Österreichs Juden
Ehrungen (Auszug)
- 1945: Umbenennung der Staatsbrücke in Gloggnitz in Dr.-Karl-Renner-Brücke
- 1951: Karl-Renner-Preis der Stadt Wien
- 1956: In Wien Innere Stadt (1. Bezirk) wurde ein Teil der Wiener Ringstraße in Dr.-Karl-Renner-Ring umbenannt.
- 1964: Dr.-Karl-Renner-Publizistikpreis
- 1967: Renner-Büste von Alfred Hrdlicka neben dem Parlamentsgebäude in Wien, Rathauspark, Ecke Universitätsring (ehemals Dr.-Karl-Lueger-Ring)
- 1970: 50-Schilling-Silbermünze zum 100. Geburtstag
- 1972: Die Politische Akademie der SPÖ im Schloß Altmannsdorf in Wien nennt sich Dr.-Karl-Renner-Institut.
- 1979: In der Renner-Villa Gloggnitz wurde ein Dr.-Karl-Renner-Museum eingerichtet.
- Karl-Renner-Denkmal in Siegendorf/Burgenland
Ehrenbürger
- Ehrenbürger von Wien
- Ehrenbürger von Graz
- Ehrenbürger von Klagenfurt am Wörthersee
- Ehrenbürger von Stockerau
- Ehrenbürger von Siegendorf im Burgenland
Ehrendoktor
- Ehrendoktor der Universität Wien
Werke (Auswahl)
- Staat und Nation. Wien 1899 (als Synopticus)
- Die Rechtsinstitute des Privatrechts und ihre soziale Funktion. Ein Beitrag zur Kritik des bürgerlichen Rechts. (als Josef Karner)
- Österreichs Erneuerung. Wien 1916
- Wege der Verwirklichung. Berlin 1929
- Mensch und Gesellschaft. Wien 1952
- Wandlungen der modernen Gesellschaft. Wien 1953
- Das Weltbild der Moderne. Wien 1954
- Schriften. Salzburg 1994
- An der Wende zweier Zeiten. Lebenserinnerungen von Karl Renner, Wien 1946
- Die Gründung der Republik Deutsch-Österreich, der Anschluß und die Sudetendeutsche Frage. geschrieben 1938/39, ediert und kommentiert von Eduard Rabofsky, Wien 1990 (bis 1990 unveröffentlicht)
Siehe auch
Fußnoten
Karl Renner (1918–1920) • Michael Mayr (1920–1921) • Johann Schober (1921–1922) • Walter Breisky (1922) • Johann Schober (1922) • Ignaz Seipel (1922–1924) • Rudolf Ramek (1924–1926) • Ignaz Seipel (1926–1929) • Ernst Streeruwitz (1929) • Johann Schober (1929–1930) • Carl Vaugoin (1930–1931) • Otto Ender (1930–1931) • Karl Buresch (1931–1932) • Engelbert Dollfuß (1932–1934) • Kurt Schuschnigg (1934–1938) • Arthur Seyß-Inquart (1938) • Karl Renner (1945) • Leopold Figl (1945–1953) • Julius Raab (1953–1961) • Alfons Gorbach (1961–1964) • Josef Klaus (1964–1970) • Bruno Kreisky (1970–1983) • Fred Sinowatz (1983–1986) • Franz Vranitzky (1986–1997) • Viktor Klima (1997–2000) • Wolfgang Schüssel (2003–2007) • Alfred Gusenbauer (2007–2008) • Werner Faymann (2008–2016) • Christian Kern (2016–2017) • Sebastian Kurz (2017–2019) • Hartwig Löger (2019) • Brigitte Bierlein (2019–2020) • Sebastian Kurz (2020–2021) • Alexander Schallenberg (2021) • Karl Nehammer (seit 2021)