Englisch-französische Garantieerklärung

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Englands Garant zur Entfesselung eines neuerlichen gegen Deutschland gerichteten Krieges: Die englisch-französische Garantieerklärung
(Freiburger Zeitung vom 4. September 1939)

Als englisch-französische Garantieerklärung wird die Ankündigung der Regierungen Großbritanniens und Frankreichs vom 31. März 1939 bezeichnet – zum angeblichen Schutz Polens – auf deren Wunsch hin dem Deutschen Reich den Krieg zu erklären. Das Inkrafttreten dieser Garantie bedeutete eine Vollmacht für die imperialistischen Ziele Polens und schloß die Rolle des Aggressors definitorisch aus.[1][2] Diese Garantie wurde allein von Großbritannien vorangetrieben, ohne Frankreich zu konsultieren, das dann nach Bekanntgabe durch die britische Regierung dieser Vollmacht zustimmte. Die Garantie stellte einen klaren Bruch des britisch-deutschen Freundschaftsvertrages von 1938 dar und war Teil der britischen Strategie der Kriegsausweitung im Falle eines bewaffneten Konfliktes mit dem Deutschen Reich. Nach dem deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt vom 23. August 1939 wurde diese Blankovollmacht in der Rede Neville Chamberlains vom 25. August 1939 vor dem britischen Unterhaus bestätigt und trotz Kenntnis der fortlaufenden Verbrechen der Polen gegen Volksdeutsche erweitert.

Inhalt

Diese Garantieerklärung bezog sich nur auf den Fall eines militärischen Eingriffes von deutscher Seite aus und war ausschließlich gegen das Deutsche Reich gerichtet. Ein militärisches Eingreifen von russischer Seite in Polen war in der englisch-französischen Erklärung nicht Gegenstand der Garantie. Auf eine Anfrage des Unterhausmitglieds Harvey, ob die Beistandsverpflichtungen des britisch-polnischen Vertrages vom 25. August 1939 auch den Fall eines Angriffs durch nichtdeutsche Mächte, einschließlich Rußlands, decken sollten, gab der britische Unterstaatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten Butler am 19. Oktober 1939 folgende schriftliche Antwort:

„Nein. Während der Verhandlungen, die zur Unterzeichnung des Abkommens führten, wurde zwischen der Polnischen Regierung und der Regierung Seiner Majestät vereinbart, daß das Abkommen nur den Fall eines Angriffs durch Deutschland decken sollte; die Polnische Regierung bestätigt, daß dies zutrifft.“[3]

Hitler hielt diese Absichtserklärung für eine Maßnahme zur Abschreckung ohne wirkliche Handlungsabsichten. Er hatte sich damit allerdings getäuscht. Frankreich erweiterte in der Folge sein seit 1921 bestehendes Bündnis mit Polen um eine gegenseitige Beistandspflicht im Falle eines deutschen Angriffs (Kasprzycki-Gamelin-Konvention, 19. Mai 1939). Laut dieser Vereinbarung hätte spätestens 15 Tage nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Polen eine französische Offensive an der deutschen Westgrenze erfolgen müssen (Saaroffensive). Mit dem Stahlpakt mit Italien (22. Mai) und dem deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt mit der Sowjetunion (23. August), der in einem geheimen Zusatzprotokoll die Aufteilung Polens und anderer Staaten Osteuropas vorsah, verfolgte Hitler unter anderem das Ziel, die Westmächte von einem Eingreifen zugunsten Polens abzuhalten. Kurz nach dem Bekanntwerden des Hitler-Stalin-Paktes schloß allerdings Großbritannien seinerseits seine Verhandlungen mit Polen über einen Beistandspakt am 25. August 1939 ab. Dies geschah zwei Stunden nach der Note Mussolinis an Berlin, nach der sich Italien nicht an einem eventuellen Waffengang Deutschlands gegen Polen beteiligen, sondern sich für neutral erklären werde. Allerdings blieb infolge des vom Deutschen Reich aus Notwehr begonnenen Polenfeldzuges eine von Polen erhoffte Unterstützung von seiten der Westmächte weitgehend aus (→Sitzkrieg).

Bewertung

Sir Basil Liddell Hart, englischer Militärschriftsteller, gibt zu, daß die englisch-französische Garantie an Polen „eine den Krieg herausfordernde Wirkung hatte".[4] „Die Garantie an Polen war der sicherste Weg, frühzeitig eine Explosion und einen Weltkrieg herbeizuführen“.[5]

Johann von Leers geht in seiner Artikelserie „Vom Reichstagsbrand zum Untergang des Reiches“, welche 1954/1955 in der Emigrantenzeitschrift „Der Weg“ erschien, von einem gezielten Verrat durch die „Abwehr“ unter Wilhelm Canaris aus:[6]

„Die Gründe, weshalb man sich in Westdeutschland und anderswo so hartnäckig an diese Geschichtslüge klammert, scheint auf den ersten Blick unverständlich. Doch löst sich das Rätsel, wenn man einen neuen, – anscheinend vielen Zeitgenossen unangenehmen, – Faktor in die Rechnung einsetzt. Zwei Tatbestände, – die wie Ursache und Wirkung zusammengehören, – sollen nämlich aus der Geschichtsschreibung ausgeklammert werden. Der eine ist die vom Foreign Office im Verein mit der Churchillgruppe in England heraufbeschworene politische Umwälzung des Winters 1938/39. Der sie verursachende zweite Faktor, – die deutsche Militärverschwörung, – soll nämlich für die Um- und Nachwelt unkenntlich gemacht werden. Darin sind sich beide Seiten ziemlich einig. Deswegen schiebt man die Rolle des auslösenden Moments Prag zu, während sie tatsächlich von einer Berliner Militärverschwörung im Herbst 1938 ausgelöst worden war. Deren Exponenten, die Generalstabschefs Beck und Halder, sowie der Staatssekretär v. Weizsäcker, hatten im August/September 1938 in London um Unterstützung ihrer Putschpläne angerufen. Aus dem Zusammenspiel beider Gruppen, – das bis zuletzt Hitler unbekannt blieb, – entstand jene seltsame Situation, in der sich das ziemlich unvorbereitete England durch die deutschen konservativen Militärverschwörer zur Polengarantie und später zur Kriegserklärung verleiten ließ. Da die Rechnung nicht aufging, will man heute diese Ursprünge nicht mehr wahrhaben.“[7]

Zitate

„In keinem Augenblick der Geschichte haben wir je einer anderen Macht die Entscheidung überlassen, ob Großbritannien in einen Krieg eingreifen solle oder nicht. Jetzt liegt die Entscheidung bei einer Handvoll Männern, deren Namen – vielleicht mit Ausnahme des Obersten Beck – unserem Volke völlig unbekannt sind. Diese Unbekannten können also morgen den Ausbruch des europäischen Krieges befehlen.“Duff Cooper[8]
„In einem normalen Bündnisvertrag versprechen sich die Partner militärische Hilfe für den Fall eines nicht provozierten Angriffs durch Dritte. Ob der Fall vorliegt, entscheidet natürlich der Partner, der Hilfe leisten soll. Hier nun war es umgekehrt. Warschau hatte es in der Hand, das britische Empire in den Krieg zu ziehen.“Ernst von Weizsäcker[9]

Siehe auch

Verweise

Fußnoten

  1. Eine Note des britischen Botschafters Kennard nach London, in Kenntnis der Vorgänge in Polen, den Zusatz „unprovozierte Aggression“ (also Beistand für Polen nur im Falle eines unprovozierten Angriffs durch das Deutsche Reich) der Garantie beizufügen, wurde von Lord Halifax abgelehnt.
  2. Documents on British Foreign Policy, 1919-1939, Vol. IV, Dokument 584, zit. nach: Udo Walendy: Wahrheit für Deutschland. Die Schuldfrage des Zweiten Weltkrieges, Seite 289.
  3. Quelle: Auswärtiges Amt 1939 Nr. 2 Dokumente zur Vorgeschichte des Krieges, Berlin 1939, S. 420; zit. nach: Hugo Wellems/Reinhard Oltmann, „Deutschland ausradieren“. Das 20. Jahrhundert in entlarvenden Zitaten, Arndt, Kiel 2003, S. 13
  4. Liddell Hart „Warum lernen wir nichts aus der Geschichte?“, Zürich, 1946, S. 56
  5. Vgl. B. Liddell Hart in „Geschichte des Zweiten Weltkrieges“, Düsseldorf 1973
  6. Heinz Roth druckte die Artikelserie in seinem Buch „Widerstand im Dritten Reich“ (1976) nach.
  7. Heinz Roth: „Widerstand im Dritten Reich“ (1976) (PDF-Datei)
  8. M. Freund: Weltgeschichte der Gegenwart in Dokumenten, Band 11, S. 103
  9. Ernst von Weizsäcker: Erinnerungen, S. 222