Grillparzer, Franz
Franz Seraphicus Grillparzer ( 15. Januar 1791 in Wien; 21. Januar 1872 ebenda) war ein deutscher Schriftsteller und Dramatiker aus Österreich. Er erlebte das Erzherzogtum Österreich im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, die Tyrannei Napoleons, die Befreiungskriege, das Kaisertum Österreich als Mitglied des Deutschen Bundes, den Bruderkrieg als Resultat des Deutschen Dualismus, den beginnenden Verfall der Donaumonarchie und die Reichsgründung 1871.
Grillparzer gehört als Dramatiker zu den Meistern der deutschen Dichtung und zwar ebensosehr wegen seiner eigentümlichen, poesiereichen Auffassung der Stoffe wie durch den sicheren Aufbau der Handlung. Sein poetisches Werk wurde von der Romantik beeinflußt. Die Gesamtausgabe seiner Werke erschien zwischen 1909 und 1942 in 42 Bänden.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Grillparzer war der Sohn eines Advokaten, wurde nach Beendigung seiner juristischen Studien 1811 Erzieher in einem gräflichen Haus und trat 1813 als Konzeptspraktikant bei der k. k. allgemeinen Hofkammer in den Staatsdienst. 1824 rückte er zum Hofkonzipisten, 1832 zum Archivdirektor bei der Hofkammer auf. Er wurde 1856 auf sein Ansuchen in den Ruhestand versetzt und erhielt bei dieser Gelegenheit den Hofratstitel. Im April erfolgte seine Ernennung zum lebenslänglichen Reichsrat, 1864 zum Ehrenbürger von Wien. Bereits 1847 war er in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen worden. Grillparzers im ganzen geräuschloses Leben wurde nur durch einige größere Reisen, wie 1819 in Italien, 1826 und 1847 in Deutschland und 1843 nach der Türkei und Griechenland unterbrochen. Ansonsten lebte er Jahrzehnte hindurch zurückgezogen und abgeschlossen vom Publikum. Erst nachdem Heinrich Laube seine Stücke wieder mit großem Erfolg auf das Bühnenrepertoire gebracht hatte, gewann der Dichter in hohem Alter eine Popularität, die sich auch bei der Feier seines 80. Geburtstags widerspiegelte.
Wirken
Er debütierte erfolgreich mit seiner „Ahnfrau“ (Wien 1817), einer zu der Gattung der Schicksalstragödien gerechneten Dichtung im Versmaß spannender Dramen. Liegt hier der Reiz in der erregenden, mit gespenstischen Elementen durchsetzten Handlung und vor allem in der beweglichen, weichen und äußerst melodiösen lyrischen Sprache, so zeigen Grillparzers nächste Schöpfungen „Sappho“ (Wien 1819), „Das Goldene Vließ“ (ebd. 1822) und vor allem „Des Meeres und der Liebe Wellen“ (Wien 1840), eine in zaubervolle Stimmung getauchte Bearbeitung der Sage von Hero und Leander, sehr viel tiefere poetische Kräfte: in allen dreien spielt das lyrische Element eine große, tiefwirkende Rolle, ohne daß dadurch die dramatische Macht des Ganzen beeinträchtigt würde[1] Vielleicht die dramatisch wirksamste Produktion Grillparzers ist das historische Trauerspiel „König Ottokars Glück und Ende“ (Wien 1825).[2] Auf demselben Boden erwuchs das Trauerspiel „Ein treuer Diener seines Herrn“ (Wien 1830), das freilich dem ungarischen Helden eine untertänige Ergebenheit zumutet, die der deutschen Empfindung widerstrebt.
Ferner ist zu erwähnen das geistsprühende Lustspiel „Weh' dem, der lügt“ (Wien 1840), das, eine Anekdote Gregors von Tours sehr witzig ausgestaltend, bei seiner ersten Aufführung in Wien merkwürdigerweise keinen rechten Erfolg hatte und deshalb Grillparzer davon abhielt, spätere Dramen der Bühne zu übergeben, das dann aber unter der Direktion von Franz von Dingelstedt eine lange Reihe von Ausführungen erlebte. Mit dem dramatischen Märchen „Der Traum, ein Leben“ (Wien 1840), wie auch sonst vielfach in seiner ganzen Art zu dichten, erinnert Grillparzer an Calderon. Von seinen drei nachgelassenen Trauerspielen, „Ein Bruderzwist in Habsburg“ (Stuttgart 1873), „Die Jüdin von Toledo“ (ebd. 1873) und „Libussa“ (ebd. 1873), hat das erste wohl die tiefste geistige Bedeutung, und bringt in der Gestalt des kaiserlichen Grüblers Rudolf wohl die genialste erfundene Persönlichkeit, die Grillparzer gelang.
Zu seinem Wirken heißt es weiterhin:
- „Oesterreichischer Archivbeamter bis 1856, als Hofrath pensionirt; einer der hervorragendsten dramatischen Schriftsteller in der Zeit, die der klassischen Periode unserer Dichtkunst folgte. In seiner ‚Ahnfrau‘ (1817) an die berufenen Schicksalstragödien sich anschließend, schlug er trotz des ungeheuren Erfolges dieses Erstlingswerkes, das seinen Ruhm begründete, gleich nachher andere Bahnen ein und schuf eine Reihe vor Trauerspielen, in denen sich hoher Sinn für die Aufgeben der dramatischen Poesie und reiche Anlage für die Verwirklichung derselben bekundete, u. a. ‚Sappho‘, die Byron’s Bewunderung erregte, ‚Das goldene Vließ‘ (Trilogie), ‚König Ottokar’s Glück und Ende‘, ‚Weh dem, der lügt‘, ‚Der Traum ein Leben‘, ‚Des Meeres und der Liebe Wellen‘, ‚Die Jüdin von Toledo‘. Nach glänzenden Anfängen längere Zeit in eine Art Geringschätzung verfallen, erfuhr er in späterem Alter desto wärmere Anerkennung seiner großen lyrisch-dramatischen Vorzüge, besonders dank der mustergültigen Neuaufführung seiner Stücke durch Laube. Grillparzer’s 80. Geburtstag wurde allgemein gefeiert, bei seinem Tode und Begräbniß trauerte ganz Oesterreich, das ihm zu Wien ein Denkmal gesetzt hat.“[3]
Einführung in Leben und Werk
Kurze Einführung in Leben und Werk:[4]
Zitate
- „Der Teufel wollte einen Mörder schaffen und nahm dazu den Stoff von manchem Tiere: Wolf, Fuchs und Schakal gaben her das ihre; Nur eins vergaß der Ehrenmann: den Mut. Da drückt' er ihm die Nase ein voll Wut und rief: Lump, werd ein Jud und rezensiere!“[5]
- „Als Deutscher ward ich geboren, bin ich noch Einer? Nur was ich Deutsches geschrieben, nimmt mir Keiner.“[6]
Schriften (Auswahl)
Dramen
- Blanka von Kastilien, Jugenddrama (1807–1809)
- Die Ahnfrau (1817)
- Sappho (1818)
- Das goldene Vlies (1819)
- 1. Teil: Der Gastfreund
- 2. Teil: Die Argonauten
- 3. Teil: Medea
- Melusina (1823)
- König Ottokars Glück und Ende (1825)
- Ein treuer Diener seines Herrn (1830)
- Des Meeres und der Liebe Wellen (1831)
- Der Traum ein Leben (1834)
- Weh dem, der lügt! (1838)
- Libussa (1848)
- [Ein Bruderzwist in Habsburg (1848)
- Esther, Dramenfragment (1848)
- Die Jüdin von Toledo (1855)
Novellen
- Das Kloster bei Sendomir (1817)
- Der arme Spielmann (1848)
Weitere Prosawerke
- Autobiographische Schriften
- Tagebücher
Literatur
- PDF Heinrich Laube: Franz Grillparzers Lebensgeschichte, 1884
- Wilhelm von Scholz: Franz Grillparzer, in: Willy Andreas / Wilhelm von Scholz (Hgg.): Die Großen Deutschen. Neue Deutsche Biographie. Propyläen Verlag, Berlin, 4 Bde. 1935–1937, 1 Ergänzungsbd. 1943; Dritter Band, S. 295–308
- Robert Hohlbaum: Grillparzer, Verlag J. G. Cotta Nachf, Stuttgart 1938
- Gerhart Baumann: Grillparzer, Franz Seraphicus, in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 69–75