Reichsbund Deutsche Jägerschaft
Der Reichsbund Deutsche Jägerschaft (R.D.J.), auch Reichsjägerschaft, wurde 1934 unter Auflösung aller bestehenden Jagdvereine und -verbände als Organisation für das gesamte Deutsche Reich gegründet. Der Reichsbund umfaßte nach einer Phase der Umstrukturierung ab Mitte 1935 alle Jagdscheininhaber deutscher Reichszugehörigkeit und war neben der Ausbildung von Berufsjägern für die Hege des Wildes zuständig.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Reichsbund Deutsche Jägerschaft wurde aufgrund des § 56 des Reichsjagdgesetzes vom 3. Juli 1934 als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet und der Aufsicht des Reichsjägermeisters unterstellt. Der „Deutschen Jägerschaft“ angegliedert waren das Institut für Jagdkunde und die Deutsche Versuchsanstalt für Handfeuerwaffen e. V. Der Reichsbund hatte eigene Gerichtsbarkeit (§ 57 RJagdges.).
Einheitsorganisation
Der Reichsbund Deutsche Jägerschaft war die Einheitsorganisation der deutschen Jäger unter der Regierung des Deutschen Reiches in der Zeit von 1934 bis 1945. Die Geburtsstunde des Reichsbundes Deutsche Jägerschaft schlug mit Verabschiedung des Reichsjagdgesetzes vom 3. Juli 1934. Hier heißt es in § 56:
- 1. Die Inhaber der Jahresjagdscheine werden in dem Reichsbunde „Deutsche Jägerschaft“ zusammengeschlossen.
- 2. Die Deutsche Jägerschaft ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht des Reichsjägermeisters untersteht. Sie hat die Aufgabe, ihre Mitglieder zu Waidgerechten Jägern zu erziehen und dafür zu sorgen, daß der von den Vätern übernommene Wildstand in seinen Arten unvermindert auch künftigen Geschlechtern erhalten bleibt.
- 3. Die Satzung der Deutschen Jägerschaft erläßt der Reichsjägermeister.
- 4. Neben der Deutschen Jägerschaft sind Vereinigungen mit gleicher oder ähnlicher Zielsetzung unzulässig.
Die offizielle Gründung des Reichsbundes Deutsche Jägerschaft per Erlaß vom 5. Juli 1934 ist in der Literatur noch zweifelhaft. Alle bisherigen bürgerlich-rechtlichen Jagdvereine hatten sich bis zum 15. Mai 1935 aufzulösen und dies dem örtlich zuständigen Kreisjägermeister anzuzeigen. Damit war das Ziel, die deutschen Jäger straff und zentralistisch zu organisieren, erreicht. Der Reichsbund Deutsche Jägerschaft war nach dem Führerprinzip vom Reichs- über die Landes- und Gau- bis zu den Kreisjägermeistern durchorganisiert.
Hierarchie
- Reichsjägermeister: Hermann Göring
- Oberstjägermeister: Ulrich Scherping
- Landesjägermeister (vergleichbar mit dem Landforstmeister im Reichsforstamt)
- Beispiele: Preußen (Göring), Bayern (Ritter von Epp), Hessen (Jakob Sprenger), Sachsen (Martin Mutschmann), Ostmark (Anton Reinthaller); dem jeweiligen Landesjägermeister unterstanden in einer strengen hierarchischen Ordnung die Gaujägermeister, Kreisjägermeister und Hegeringleiter sowie ein Jagdbeirat für verschiedene Fachbereiche, wie etwa Rechtsfragen, Jagdhunde, Jagdliches Schießen, Naturschutz, Jagdwissenschaft, Wildkrankheiten und Berufsjägerfragen.
- Stabsjägermeister
- Gaujägermeister
- Kreisjägermeister
- Hegeringleiter
Reichsjägermeister
Als Reichsjägermeister wurde Hermann Göring eingesetzt, sein ständiger Vertreter als Generalforstmeister war bis 1937 Reichsminister des Innern D. Dr. h. c. Walter von Keudell. Als Stabsleiter fungierte Oberstjägermeister Ulrich Scherping. Fritz Alpers, Generalforstmeister ab 1937, ließ für die seit 1933 alljährlich stattfindenden „Reichshubertusfeiern" der Deutschen Jägerschaft eine Weihestätte in den Hainbergen bei Bockenem errichten.
Nachkriegszeit
Nach der Kapitulation der Wehrmacht wurde der Reichsbund Deutsche Jägerschaft per Kontrollratsgesetz Nr. 2 mit Wirkung vom 12. Oktober 1945 aufgelöst. Dort hieß es weiter:
- „Jegliche Immobilien, Einrichtungen, Fonds, Konten, Archive, Akten und alles andere Eigentum der durch vorliegendes Gesetz aufgelösten Organisationen sind beschlagnahmt.“
Allerdings waren das Archiv und die Unterlagen der Deutschen Jägerschaft bereits zuvor durch Kriegseinwirkung vernichtet worden.
Alle Jäger mußten ihre Waffen abgeben, es herrschte ein Jagdverbot für Deutsche. Die Besatzer übten die Jagd auf ihre Art und Weise aus, Befindlichkeiten oder Traditionen der Einheimischen wurden ignoriert. Erst ab 1947 wurden durch die Länder Jagdgesetze erlassen, welche sich im wesentlichen an dem Reichsjagdgesetz orientierten. Das Reviersystem wurde beibehalten und damit die Einführung eines Lizenzsystems abgewendet. Am 1. April 1953 wurde das Bundesjagdgesetz der Bundesrepublik Deutschland rechtskräftig. Es war ein Rahmengesetz, das den Ländern noch die Möglichkeit ließ, in eigenen Gesetzen Details und landesbezogene Eigenheiten zu regeln.
Bildergalerie
Reichsforst- und Reichsjägermeister Hermann Göring von Gerhard Löbenberg, 1939
Junges Mitglied der Hitler Jugend und der D.J.
50 Jahre Deutsche Jägerschaft Ostpreußen
Führungsmitglied des Reichsbundes Deutsche Jägerschaft (Gau- oder Kreisjägermeister), hochdekoriert aus dem Ersten Weltkrieg, u. a. als Ritter des Eisernen Kreuzes I. Klasse, hier mit Hirschfänger mit Beimesser und Portepee
Ehrenwaffe: Ehrenhirschfänger der Deutschen Jägerschaft; Metallbeschläge Messing vergoldet, Griffstück poliertes Hirschhorn mit beidseitig je drei aufgelegten vergoldeten Eicheln, Damastklinge mit goldgeätzten Jagdmotiven
Verschiedene Schulterstücke, Kragenspiegel und der Mützenadler der Deutschen Jägerschaft und des Reichsforstamtes
Satzung der Reichsjägerschaft
§ 1
(1) Alle Inhaber von entgeltlichen und unentgeltlichen Inländer- Jahresjagdscheinen werden gemäß § 56 des Reichsjagdgesetzes vom 3. Juli 1934 in der Deutschen Jägerschaft zusammengefaßt. Ausgenommen hiervon sind die Inhaber von Jugend- und Falknerjagdscheinen sowie die Inhaber von Inländer- Jahresjagdscheinen, die gemäß § 56 Abs. 2 der Ausführungsverordnung diesen ohne Zugehörigkeit zur Deutschen Jägerschaft erworben haben.
(2) Die Deutsche Jägerschaft ist eine Körperschaft öffentlichen Rechtes. Ihr Sitz ist in Berlin.
§ 2
(1) Die Deutsche Jägerschaft hat die Aufgabe, im Sinne der Einleitung zum Jagdgesetz ihre Mitglieder zu waldgerechten Jägern zu erziehen und für die Erhaltung eines angemessenen Wildstandes zu sorgen.
(2) Zur Erfüllung dieser Aufgabe ist die Deutsche Jägerschaft insbesondere befugt:
a) Einrichtungen zu erwerben und zu betreiben, die der Jagd, der Jagdwissenschaft und dem jagdlichen Schießwesen dienen;
b) die Versicherung ihrer Mitglieder gegen Jagdhaftpflicht selbst zu betreiben oder mit geeigneten Gesellschaften zu vereinbaren;
c) Versorgungs- Einrichtungen für Jagdschutzbeamte und deren Hinterbliebene zu gründen und zu unterhalten;
d) alle Maßnahmen zu treffen, die zur wirksamen Bekämpfung des Wildererunwesens notwendig sind;
e) Einrichtungen zu gründen und zu unterhalten, die für die Fortbildung und Belehrung ihrer Mitglieder erforderlich sind.
§ 3
Der Führer der Deutschen Jägerschaft ist der Reichsjägermeister. Er vertritt sie gerichtlich und außergerichtlich. Der Reichsjägermeister kann eine andere Person mit seiner ständigen oder zeitweisen Vertretung beauftragen.
§ 4
(1) Der Reichsjägermeister wird vom Führer und Reichskanzler ernannt. Die Landes- und wo solche nicht vorgesehen sind, die Gaujägermeister werden vom Reichsjägermeister, die unter Landesjägermeistern stehenden Gaujägermeister werden von den Landesjägermeistern, die Kreisjägermeister von den Gaujägermeistern ernannt. Sie können von der ernennenden Stelle jederzeit abberufen werden. Gegen die Abberufung ist die Beschwerde an die höhere Dienststelle gegeben.
(2) Die Landes-, Gau- und Kreisjägermeister sind Beamte der Deutschen Jägerschaft. Der Reichsjägermeister ist ihr höchster Vorgesetzter.
(3) Die Jägermeister, mit Ausnahme der Stabsjägermeister, üben ihr Amt ehrenamtlich aus. Der dienstliche Personal- und Sachaufwand wird von der Deutschen Jägerschaft im Rahmen des alljährlich aufzustellenden Haushaltsplanes getragen.
§ 5
(1) Dem Reichsjägermeister steht der Reichsjagdrat, den Landes-, wo solche nicht ernannt sind, den Gaujägermeistern der Landes- oder Gaujagdrat als beratendes Organ zur Seite (§ 53 Abs. 6 und § 64 Abs. 2 des Reichsjagdgesetzes). Diese können in allen für ihr Tätigkeitsgebiet wichtigen Angelegenheiten vor der Entscheidung gehört werden. Die Entscheidung steht ausschließlich den Jägermeistern zu. Dem Reichsjagdrat gehören an:
a) die Landes-, und wo solche nicht ernannt sind, die Gaujägermeister;
b) Vertreter des Reichsnährstandes;
c) Auf Grund besonderen Vertrauens durch den Reichsjägermeister berufene Mitglieder der Deutschen Jägerschaft, unter denen sich nach Möglichkeit Vertreter für das jagdliche Schießwesen, für das Hundewesen, für Säugetier- und Vogelkunde, für den Natur- und Tierschutz, für die Jagdkunst und Jagdwissenschaft befinden sollen.
(2) Die Mitglieder der Jagdräte werden, soweit sie nicht Jägermeister sind, auf die Dauer von drei Jahren berufen. Sie können jederzeit abberufen werden. Ihre Wiederberufung ist zulässig.
(3) Die Zusammensetzung der Landes- (Gau-) Jagdräte wird von den Landes- (Gau-) Jägermeistern bestimmt.
(4) Die Mitglieder der Jagdräte üben ihre Tätigkeit ehrenamtlich aus. Bei der Teilnahme an Sitzungen außerhalb ihres Wohnortes erhalten sie eine Reisekostenvergütung nach dem Gesetz vom 15. Dezember 1933 RGBl. I S. 1067, und zwar wie Beamte der Reisekostenstufe II.
§ 6
(1) Der Reichsjägermeister führt als Führer der Deutschen Jägerschaft die laufenden Geschäfte durch sein Stabsamt. Dem Stabsjägermeister unterstehen die übrigen Angehörigen des Stabsamtes. (2) Das Stabsamt gliedert sich in folgende Abteilungen:
I. Allgemeine Verwaltung und Personalangelegenheiten, jagdliches Prüfungswesen;
II. Rechtsangelegenheiten;
III. Jagdwissenschaft;
IV. Schießwesen;
V. Versicherungswesen;
VI. Jagdkunst- und Ausstellungswesen;
VII. Presse und Aufklärung;
VIII. Wohlfahrtseinrichtungen;
IX. Kassenverwaltung.
§ 7
(1) Das Geschäftsjahr ist das Jagdjahr (1. April bis 31. März).
(2) Nach Ablauf des Geschäftsjahres gibt der Reichsjägermeister eine Jahresabrechnung und einen Tätigkeitsbericht heraus. Die Jahresabrechnung ist einem aus dem Reichsjagdrat zu bildenden Ausschuß zur Abnahme und Entlastung vorzulegen.
§ 8
Die Aufwendungen der Deutschen Jägerschaft werden aus dem ihr zufließenden Anteil an der Jagdscheinabgabe (§ 27 des Reichsjagdgesetzes) und durch sonstige Einnahmen gedeckt. Ein besonderer Beitrag wird von den Inhabern entgeltlicher Inländer- Jahresjagdscheine nicht erhoben. Die Inhaber unentgeltlicher Jahresjagdscheine haben einen Jahresbeitrag von 5 bis 10 RM gemäß Abs. 4 der Ausführungsverordnung zu § 27 des Reichsjagdgesetzes zu zahlen.
§ 9
(1) Die Mitglieder der Deutschen Jägerschaft sind verpflichtet:
a) die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Waidgerechtigkeit bei der Jagdausübung zu wahren;
b) die Jägermeister bei der Durchführung des Reichsjagdgesetzes in jeder Weise zu unterstützen;
c) die Belange der Deutschen Jägerschaft zu fördern und allen Schaden von ihr abzuwenden;
d) die ihnen übertragenen Ehrenämter gewissenhaft zu verwalten.
(2) Sie unterstehen der Ehrengerichtsbarkeit der Deutschen Jägerschaft nach Maßgabe der beigefügten Ehrengerichtsordnung.
§ 10
Die Mitglieder der Deutschen Jägerschaft sind berechtigt, deren Einrichtungen zu den vom Reichsjägermeister hierfür bestimmten Bedingungen zu benutzen.
§ 11
Die Mitgliedschaft endet mit dem Ablauf, der Einziehung, der Entziehung des Jahresjagdscheines oder dem Ausschluß aus der Deutschen Jägerschaft. Der Ablauf des Jahresjagdscheines beendet die Mitgliedschaft nicht, wenn innerhalb von drei Monaten ein neuer Jahresjagdschein gelöst und der ununterbrochene Weiterbezug eines amtlichen Verkündigungsblattes der Deutschen Jägerschaft nachgewiesen wird. Die Landes-, wo solche nicht ernannt sind, die Gaujägermeister können bei Personen, denen ein Jahresjagdschein erteilt worden ist, von der Aufnahme in die Deutsche Jägerschaft Abstand nehmen. Gegen diese Maßnahme ist die Beschwerde beim Reichsjägermeister zulässig.
§ 12
Der Reichsjägermeister ist berechtigt, auf Antrag der Landes-, wo solche nicht ernannt sind, der Gaujägermeister, Personen, die zwar die Jagd nicht selbst ausüben, jedoch die Belange der Jagd fördern und unterstützen, als fördernde Mitglieder der Deutschen Jägerschaft gegen Zahlung eines angemessenen Beitrages aufzunehmen. Die Ablehnung des Antrages erfolgt ohne Begründung.
§ 13
Die Auflösung der Deutschen Jägerschaft hat auf Anordnung des Reichsjägermeisters zu erfolgen. Er bestimmt über die Verwendung des bei der Auflösung vorhandenen Vermögens.
§ 14
Die Bekanntmachungen der Deutschen Jägerschaft erfolgen in den amtlichen Verkündigungsblättern.