Karasek, Hellmuth

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Hellmuth Karasek

Hellmuth Karasek (* 4. Januar 1934 in Brünn, Mähren; † 29. September 2015 in Hamburg) war ein deutscher Journalist, Buchautor, Literaturkritiker und Professor für Theaterwissenschaft. Karasek schrieb auch drei Theaterstücke unter dem Pseudonym „Daniel Doppler“.

Werdegang

Herkunft

Hellmuth Karasek (Pseudonym Daniel Doppler) wurde am 4. Januar 1934 im mährischen Brünn als eines von fünf Kindern geboren. Sein Vater war gelernter Tischlermeister. Die Familie mußte mehrmals flüchten.[1] Karasek wuchs u.a. in Wien, in der oberschlesischen Tuchstadt Bielitz und in Bernburg an der Saale (Sachsen-Anhalt) auf. Seine Eltern waren bekennende Nationalsozialisten.

Ausbildung

Karasek gehörte der Hitlerjugend an und besuchte eine Eliteschule, die „Nationalpolitische Erziehungsanstalt“ (Napola). Nach dem Abitur am Gymnasium in Bernburg (1952) und der Flucht in den Westsektor studierte er in Tübingen Germanistik, Geschichte und Anglistik. 1958 promovierte er zum Dr. phil. mit einer Arbeit über Bertolt Brecht.

Wirken

Seine journalistische Laufbahn begann Hellmuth Karasek 1960 als Redakteur bei der Stuttgarter Zeitung und avancierte dort — nach einer einjährigen Unterbrechung (1965/1966) als Chefdramaturg des Württembergischen Staatstheaters — zum Feuilletonchef. Seine erste Sendereihe im Fernsehen, eine Jugendsendung beim Süddeutschen Rundfunk, fiel in die Zeit der Studentenunruhen.[2] Er war danach ein Jahr lang Chefdramaturg am Württembergischen Staatstheater und seit 1968 Theaterkritiker bei der Wochenzeitung Die Zeit.

Von 1974 bis 1996 arbeitete er beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel und wurde zu einem der bekanntesten Literatur- und Filmkritiker. Nach seiner Zeit beim Spiegel war er bis 2004 Mitherausgeber des Berliner Tagesspiegels. Heute arbeitet er unter anderem für die Zeitungen Die Welt, Welt am Sonntag und Berliner Morgenpost der Axel Springer AG, ist aber auch häufig in verschiedenen Fernsehsendungen zu sehen. So war er u.a. in jeder bisherigen Ausgabe der RTL-Show Die 5 Millionen SKL Show als prominenter Pate der Kandidaten dabei.

Viele Jahre lang war Karasek neben Marcel Reich-Ranicki ständiger Teilnehmer an der ZDF-Sendung Das Literarische Quartett. Als Buchautor sowie Theater- und Filmkenner ist er Mitglied im P.E.N.-Zentrum Deutschland und in der Akademie der Künste in Frankfurt und Hamburg. Seit 1992 ist Karasek Professor am theaterwissenschaftlichen Institut der Universität Hamburg.

Im August 2006 äußerte sich Karasek in Gesprächen und Zeitungsartikeln (unter anderem im Springer-Blatt Welt am Sonntag, 20. August 2006) zu Günter Grass’ spätem Bekenntnis, als Jugendlicher zur Waffen-SS eingezogen worden zu sein. In diesem Zusammenhang ließ er anklingen, daß der Literat sich den Nobelpreis „erschlichen“ habe, weil das Nobel-Komitee mutmaßlich anders entschieden hätte, wenn Grass diesen Sachverhalt frühzeitig in seinem Lebenslauf dargestellt hätte.

„Kunstkritik“ und Kunst-Modernismus

Karaseks Popularität stützte sich nicht allein auf seinen beispiellosen Fleiß (besonders als Filmkritiker), sondern auch auf seine jahrzehntelange intensive TV-Präsenz. Er repräsentiert damit das fragwürdige Modell einer sogenannten „Kunstkritik“, die so übermächtig medial anwesend ist, daß neben ihr das tatsächliche Kunstwerk (der einzelne Film, das einzelne Buch, die einzelne Theateraufführung) zur völligen Nebensache herabzusinken droht. Und tatsächlich zählt es zu den ungesunden Eigenschaften des künstlerischen Modernismus, daß überhaupt jedes Kunstwerk (allein schon durch Fluten akademischer Analysen) förmlich überwuchert wird von der sekundären Welt der Kommentare, Meinungen und Abqualifizierungen.

Dort jedoch, wo die künstlerische Aura immer noch intakt ist — wo sie also noch nicht modernistisch angekränkelt und von blassen modernistischen Reflexionen entkräftet ist — sprechen jene „Kritiker“ des Typs Karasek folgerichtig auch von „billiger Unterhaltung“: Sie erkennen ihre eigene völlige Ohnmacht und völlige Unzuständigkeit in Fragen der künstlerischen Wirkung und Kraft sehr wohl. Sie appellieren dabei aber — und dies durchaus erfolgreich — an den Dünkel eines sich „gebildet“ fühlenden Publikums, das ganz und gar unfähig ist, irgendein Buch, irgendeine Musik zu genießen, bevor so ein etablierter „Kritiker“ ihnen vorgekaut hat, was sie zu fühlen haben und vorformuliert hat, was ihre Meinung zu den angeblich „progressiven“ Formzerstörungen einer sogenannten „Avantgarde“ zu sein hat.

Der bürgerliche Kunstgenuß ist eine gefälschte Erscheinung, eine von Kritikern, von akademischen Theoretikern und von politischen Erwägungen gänzlich durchdrungene (und im Grunde kunstferne) Sache. Phänomene der Anti-Kunst — also beispielsweise das „Regie-Theater“, das den klassischen Text ins Gegenteil verkehrt; Alltagsgegenstände oder Müll, die als „Kunstwerke“ von staatlichen Museen angekauft werden, und dergleichen mehr — basieren auf vielen unnatürlichen Faktoren. Einer dieser Faktoren ist der „Kritikerpapst“, der behauptet, moderne Kunst sei „aufgeklärte“ Kunst, die sich an ein „aufgeklärtes“ Publikum wende, während er tatsächlich jedoch einer systematischen Scharlatanerie der Kunstverhäßlichung Tür und Tor öffnet und jede Debatte darüber arrogant abtötet.

Auszeichnungen

  • 1974: Theodor-Wolff-Preis, vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (6000 Euro dotiert). Der Preis erinnert an den langjährigen jüdischen Chefredakteur des „Berliner Tageblatts“, Theodor Wolff.

Werke (Auswahl)

Bücher

  • Das sogenannte „schmückende“ Beiwort. Beiträge zu einer neuhochdeutschen Poetik. Diss. Tübingen 1958
  • Carl Sternheim. Friedrich (Dramatiker des Welttheaters 4), Velber bei Hannover 1965
  • Max Frisch. Friedrich (Dramatiker des Welttheaters 17), Velber bei Hannover 1966
  • Deutschland deine Dichter. Die Federhalter der Nation. Hoffmann und Campe, Hamburg 1970
  • Bertolt Brecht. Der jüngste Fall eines Theaterklassikers. Kindler, München 1978
  • Karaseks Kulturkritik. Literatur, Film, Theater. Rasch und Röhring, Hamburg 1988
  • Billy Wilder. Eine Nahaufnahme. Hoffmann und Campe, Hamburg 1992; aktualisierte und erweiterte Neuauflage ebd. 2006, ISBN 3-455-09553-4
  • Mein Kino. Die 100 schönsten Filme. Hoffmann und Campe, Hamburg 1994, ISBN 3-455-08564-4
  • Go West! Eine Biographie der fünfziger Jahre. Hoffmann und Campe, Hamburg 1996, ISBN 3-455-08563-6
  • Hand in Handy. Hoffmann und Campe, Hamburg 1997
  • Das Magazin. Roman. Rowohlt, Reinbek 1998
  • Mit Kanonen auf Spatzen. Geschichten zum Beginn der Woche. Kiepenheuer und Witsch (KiWi 568), Köln 2000, ISBN 3-462-02904-5
  • Betrug. Roman. Ullstein, Berlin 2001, ISBN 3-89834-025-2
  • Karambolagen. Begegnungen mit Zeitgenossen. Ullstein, Berlin 2002; Taschenbuchausgabe ebd. 2004, ISBN 3-548-36494-2
  • Freuds Couch & Hempels Sofa. Das Buch der Vergleiche. Kiepenheuer und Witsch (KiWi 850), Köln 2004, ISBN 3-462-03433-2
  • Auf der Flucht. Erinnerungen. Ullstein, Berlin 2004; Taschenbuchausgabe ebd. 2006, ISBN 3-548-36817-4
  • Süßer Vogel Jugend oder Der Abend wirft längere Schatten. Hoffmann und Campe, Hamburg 2006, ISBN 3-455-40016-7
  • Vom Küssen der Kröten und andere Zwischenfälle. Hoffmann und Campe, Hamburg 2008, ISBN 3-455-40107-4

Lesungen auf Tonträgern

  • Hellmuth Karasek liest Hand in Handy. Gekürzte Hörfassung. Tonkassette. Hoffmann und Campe, Hamburg 1999
  • Betrug. Gelesen von Matthias Fuchs. Gekürzte Hörfassung. 4 Audio-CDs. Ullstein, München 2001
  • Loriot und Gregor von Rezzori. Zwei Gespräche mit Hellmuth Karasek. Audio-CD. Audiobuch, Freiburg im Breisgau 2006, ISBN 3-89964-164-7
  • Billy Wilder – ein Leben (u.a. mit Andreas Fröhlich und Felix von Manteuffel). Audio-CD. Argon, Berlin 2007, ISBN 3-86610-251-8
  • Süßer Vogel Jugend oder Der Abend wirft längere Schatten. 2 Audio-CDs. Hoffmann und Campe, Hamburg 2007, ISBN 3-455-30523-7
  • Vom Küssen der Kröten und andere Zwischenfälle. Audio-CD. Hoffmann und Campe, Hamburg 2008, ISBN 3-455-30587-3

Fußnoten

  1. Seine Familie floh, als er zehn Jahre alt war, vor dem Vormarsch der Roten Armee.
  2. Internationales Biographisches Archiv 27/2007