Hubschmid, Paul

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Paul Hubschmid (1917–2002)

Paul Hubschmid (Lebensrune.png 20. Juli 1917 in Aarau; Todesrune.png 1. Januar 2002 in Berlin) war ein deutscher Film- und Theaterschauspieler aus der Schweiz.

Leben

Drittes Reich

Paul Hubschmid wurde am 20. Juli 1917 im solothurnischen Schönenwerd (Aarau, Schweiz) als Sohn eines Buchhalters geboren. Schon sein Vater wollte Schauspieler werden, hatte es aber nicht bis über das Auftreten an einem örtlich bedeutsamen Liebhabertheater hinaus gebracht.

Paul Hubschmid wuchs in seiner Heimatstadt auf und machte nach dem Abitur eine Schauspielausbildung am Max-Reinhardt-Seminar in Wien. Eine erste Anstellung erhielt er am Volkstheater in Wien und danach am Theater in der Josefstadt. Später ging er nach Berlin, wo er am Deutschen Theater angestellt wurde. Ab 1938 trat er dann auch im Film auf. Er debütierte in dem schweizerischen Film „Füsilier“, in der Titelrolle des furchtsamen Rekruten, der während seiner Militärzeit zum selbstbewußten Mann und patriotischen Bürger heranreift. Leopold Lindtbergs Soldatendrama, das sich im Klima der geistigen Landesverteidigung zum Überraschungserfolg entwickelte, machte den 21jährigen Darsteller der Titelfigur über Nacht zum ersten Kinostar aus der Schweiz. Trotz alledem wurde dieser Film nicht über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt.[1] Das lag lag in erster Linie daran, daß die Schweizer Mundart, die diesen Film beherrschte, für Nichtschwyzer schwer verständlich ist.

Ab 1939 filmte er fast ausschließlich in Deutschland, hauptsächlich für die „Tobis“- und „Terra-Film"; letztere war das Sammelbecken junger Talente, die zu Stars aufgebaut werden sollten. Der großgewachsene, fotogene Darsteller konnte zwar nicht als Typus des Schweizers eingesetzt werden, für den man keine Verwendung sah, doch wurde er zum „ausländischen“ Helden und Liebhaber umfunktioniert.

Auch während des Krieges drehte Hubschmid im Dritten Reich, was ihm seine Landsmänner lange nicht verzeihen konnten und ihm nach 1945 einen zeitweiligen Boykott an Schweizer Bühnen einbrachte.

Als Patriot und Kossuth-Anhänger Imre von Hontos ging er 1939 in dem Anti-Habsburg-Film „Maria Ilona“ stolzen Hauptes für Ungarns Freiheit in den Tod; seine zweite und zugleich erste große Rolle – ein damals ungewöhnlicher Vertrauensvorschuß für einen jungen Neuling – war dann die einer politischen Zielfigur, des gegen zeitsymptomatischen Defätismus nach dem Zusammenbruch der Habsburger Monarchie ankämpfenden österreichischen Ex-Kapellmeisters und Leutnants Rainer 1942 in dem Film „Ich warte auf Dich“ von Paul Verhoeven.

Nachkriegszeit

Hubschmids äußerliche Vorzüge und seine Sprachbegabung ermöglichten ihm nach Kriegsende eine bemerkenswerte internationale Karriere. Zum jungen Charakterdarsteller fortgeschritten, spielte er 1948 einen Wiener Musiker und Kriegsheimkehrer in dem kriminalistischen Abenteuerfil „Arlberg-Expreß“.

Im selben Jahr ging Hubschmid nach Hollywood, wo er einen Siebenjahresvertrag unter dem Künstlernamen Paul Christian einging, den er aber mangels interessanter Rollen nach vier Jahren wieder löste. Hollywood, das in Europa verstärkt nach billigen wie exotischen Schauplätzen Ausschau zu halten begann, setzte den Vertragsschauspieler unter anderem in der Spionagekomödie „No time for flowers“ (1952) ein, einem Film, der Ernst Lubitschs „Ninotchka“ nachempfunden war, oder in den Filmen „Der schwarze Teufel von Bagdad“ (1949) und „Der Dieb von Venedig“ (1951); aber der Durchbruch zum Star gelang Hubschmid in den VSA nicht.

Bereits ab 1953 hatte der Star in Deutschland wieder auf der Bühne gestanden, darunter als Professor Higgins in der Bühneninszenierung von „My Fair Lady“; das Stück wurde ab 1961 am Berliner Theater des Westens insgesamt 2.000 Mal aufgeführt und geriet zum Theaterereignis. Auf der deutschsprachigen Leinwand dagegen avancierte er, trotz so starker Konkurrenz wie O. W. Fischer und Dieter Borsche, als Partner von Marika Rökk, Sonja Ziemann und Liselotte Pulver mit seinem unverwechselbaren Akzent zum männlichen Topstar des deutschen Kinos der fünfziger und sechziger Jahre. Er wurde unter anderem berühmt mit Filmen wie „Maske in Blau“ (1953) mit Marika Rökk, „Musik bei Nacht“ (1953) mit Gertrud Kückelmann, „Salzburger Geschichten“ (1956) mit Marianne Koch, „Der Tiger von Eschnapur“) von Fritz Lang bzw. dem Fortsetzungsfilm „Das indische Grabmal“ (beide 1958/59) sowie der harmlos verspielten Dreieckskomödie „Die Zürcher Verlobung“ (1957) mit Liselotte Pulver und Bernhard Wicki in den Hauptrollen.

Auch seine Figur des mittellosen Pariser Architekten in dem Film „Scampolo“ (1958) mit Romy Schneider ist sicherlich vielen noch in Erinnerung. Einen blendenden Major von Tellheim gab er 1960 in Dietrich Haugks Lessing-Adaption „Heldinnen“ und verzauberte nicht nur seine Minna von Barnhelm alias Marianne Koch, mit Maria Schell drehte er das Melodram „Ich bin auch nur eine Frau“ (1962). Daß er nicht nur auf Romanzen oder Rührstücke abonniert war, zeigte Hubschmid in dem Abenteuer „Die Diamantenhölle am Mekong“ (1964) sowie in dem Kriminalfilm „Die Rote Hand“ (1960), vor allem aber als Bond-Verschnitt in „Der Mann mit den 1000 Masken“ (1966), wo er sich als Sonderagent „Supersieben“ zum Verwandlungskünstler entpuppte. Dem sich wandelnden Zeit- bzw. Kinogeschmack des Publikums trug der von Will Tremper in Szene gesetzte Film „Playgirl“ (1966) Rechnung, in dem Hubschmid an der Seite seiner späteren zweiten Ehefrau Eva Renzi als Liebhaber auftauchte, die als flottes, lebenshungriges Fotomodell auf der Suche nach dem passenden Mann war.

Danach wurden Hubschmids Aktivitäten auf der Leinwand seltener. Als Ende der fünfziger Jahre das deutsche Unterhaltungskino zusammenbrach und der „Neue Deutsche Film“ sich formierte, war Hubschmid so etwas wie der Klassenfeind, der „Papas Kino“ repräsentierte und jene Klientel bediente, die längst zum Pantoffelkino gewechselt war. Wie so viele seiner Kollegen machte er konsequent in diesem Metier weiter, von Durbridge-Straßenfegern bis zu Serien-Seitensprüngen wie „Forsthaus Falkenau“.

Noch 1982 brillierte Hubschmid als alternder Filmstar in Samuel Taylors Stück „Champagnerkomödie“ in der Komödie Düsseldorf.

Anfang der siebziger Jahre moderierte der Schauspieler auch Schlagergalas im Fernsehen. In Marco Serafinis Fernsehvierteiler „Jolly Joker“ stand er 1989 erstmals mit seiner Adoptivtochter Anouschka Renzi vor der Kamera – zugleich seine letzte Filmrolle. Ein Millionenpublikum unterhielt er in zahlreichen Fernsehrollen, etwa als Baron von Bernried in der ZDF-Serie „Forsthaus Falkenau“ oder als Lord Henry James Chesterfield in Rolf von Sydows Françoise-Sagan-Adaption „Das ohnmächtige Pferd“ (1975).

Seinen endgültig letzten Bühnenauftritt hatte er 1995 als stummer Opa in „Holzers Peepshow“ am Berliner Schloßparktheater. Als er mit diesem Stück das letzte Mal auf die Bühne zurückkehrte, ging ein Seufzer durchs Publikum. Ein Seufzer der Enttäuschung, der Erschütterung. Im Berliner Schloßparktheater spielte Paul Hubschmid den alten Großvater, der am Bühnenrand im Rollstuhl sitzt. Die Rolle war absolut stumm und wurde in zahlreichen anderen Inszenierungen denn auch konsequent durch eine Puppe ersetzt. Intendant Heribert Sasse aber wollte mit der Besetzung ein wenig Glanz ins Haus bringen – und hoffte auch auf das Interesse an der Familienbande; stand doch Hubschmids dritte Frau Irène Schiesser ebenfalls auf der Bühne. Dafür gab es herbe Kritik; von „Leichenschändung“ war die Rede und davon, daß man den armen Mann, aber auch das Publikum davor schützen müsse. Hubschmid stellte sich jedoch vor Sasse und gab an, völlig fit zu sein. Der Mann im Rollstuhl sollte dennoch seine letzte Rolle sein.

Paul Hubschmid verstarb am 1. Januar 2002 im Alter von 84 Jahren nach einer langjährigen schweren Krankheit an den Folgen einer Lungenembolie.

Hubschmids Witwe veröffentlichte im Februar 2006 ihrerseits Erinnerungen und nannte das reich bebilderte Buch „Paul Hubschmid – Geliebter Mann, was nun?“. Irène Hubschmid hält Rückschau, läßt das gemeinsame glückliche Zusammenleben Revue passieren, erinnert mit Anekdoten und Begegnungen an den Charakter ihres Mannes. Und Paul Hubschmid kommt selbst zu Wort – kurze Auszüge aus seinem Tagebuch leiten die einzelnen Kapitel ein.

Filmographie

  • 1938: Füsilier Wipf
  • 1939: Maria Ilona
  • 1940: Mein Traum
  • 1940: Die mißbrauchten Liebesbriefe
  • 1940: Mir lönd nüd lugg
  • 1942: Meine Freundin Josefine
  • 1942: Der Fall Rainer
  • 1943: Wilder Urlaub
  • 1943: Altes Herz wird wieder jung
  • 1944: Der gebieterische Ruf
  • 1944: Liebesbriefe
  • 1945: Das seltsame Fräulein Sylvia [Unvollendet]
  • 1948: Arlberg-Expreß
  • 1948: Gottes Engel sind überall
  • 1948: Der himmlische Walzer
  • 1949: Geheimnisvolle Tiefe
  • 1949: Bagdad / Die schwarzen Teufel von Bagdad
  • 1949: Das Gesetz der Liebe
  • 1950: Der Dieb von Venedig (Il Ladro di Venezia)
  • 1952: No Time for Flowers
  • 1952: Palast Hotel (Palace Hotel)
  • 1952: Die Venus vom Tivoli / Zwiespalt des Herzens
  • 1953: Mit siebzehn beginnt das Leben
  • 1953: Panik in New York (The Beast from 20,000 Fathoms)
  • 1953: Musik bei Nacht
  • 1953: Maske in Blau
  • 1954: Schule für Eheglück
  • 1954: Ungarische Rhapsodie
  • 1954: Glückliche Reise
  • 1955: Die Frau des Botschafters
  • 1955: Ingrid – Die Geschichte eines Fotomodells
  • 1955: Il tesoro di Rommel
  • 1956: Liebe, die den Kopf verliert
  • 1956: Heute heiratet mein Mann
  • 1956: Du bist Musik
  • 1956: Die goldene Brücke
  • 1956: Salzburger Geschichten
  • 1957: Die Zürcher Verlobung
  • 1957: Italienreise – Liebe inbegriffen
  • 1957: Scampolo
  • 1958: La morte viene dallo spazio
  • 1958: Meine schöne Mama
  • 1958: Ihr 106. Geburtstag
  • 1958: Der Tiger von Eschnapur
  • 1959: Das indische Grabmal
  • 1959: Liebe, Luft und lauter Lügen
  • 1959: Alle Tage ist kein Sonntag
  • 1959: Auskunft im Cockpit
  • 1959: Zwei Gitarren
  • 1959: Marili
  • 1960: Heldinnen
  • 1960: Die rote Hand
  • 1960: Die junge Sünderin
  • 1961: Die große Reise (Fernsehen)
  • 1961: Napoléon II, l’aiglon
  • 1961: Isola Bella
  • 1961: The Devil’s Agent
  • 1961: Festival
  • 1962: Ich bin auch nur eine Frau
  • 1963: Elf Jahre und ein Tag
  • 1963: Das große Liebesspiel
  • 1964: Die Diamantenhölle am Mekong
  • 1964: Die Lady
  • 1964: Die Unmoralischen (Le Grain de sable)
  • 1964: Heirate mich, Cherie
  • 1965: Caroline und die Männer über vierzig (Moi et les hommes de 40 ans)
  • 1965: Dis-moi qui tuer
  • 1965: Die Herren
  • 1965: Die schwedische Jungfrau
  • 1965: Mozambique
  • 1965: Le majordome
  • 1966: Playgirl
  • 1966: Der Mann mit den 1000 Masken
  • 1966: Ich suche einen Mann
  • 1966: Ein Gewissen verlangen
  • 1966: Karriere (À belles dents)
  • 1966: Finale in Berlin (Funeral in Berlin)
  • 1967: Hemmungslose Manon (Manon 70)
  • 1968: In Enemy Country
  • 1968: Negresco**** – Eine tödliche Affäre
  • 1969: Hotel Royal (Fernsehen)
  • 1969: A Taste of Excitement
  • 1970: Professor Siebzig und seine Undine
  • 1970: Biografie – Ein Spiel (Fernsehen)
  • 1970: Skullduggery
  • 1970: Wie ein Blitz (Fernsehdreiteiler)
  • 1972: Das Jahrhundert der Chirurgen (Fernsehserie)
  • 1972: Versuchung im Sommerwind
  • 1973: Eine Frau bleibt eine Frau (Fernsehserie)
  • 1974: Traumbilder (Fernsehserie Der Kommissar)
  • 1975: Das ohnmächtige Pferd (Fernsehen)
  • 1981: Zurück an den Absender
  • 1985: Bolero
  • 1986: Königliche Hoheit (Fernsehserie Kir Royal)
  • 1988: Klassezämekunft
  • 1989: Forsthaus Falkenau (Fernsehserie)
  • 1991: Linda
  • 1991: Jolly Joker (Fernsehserie)

Fußnoten