Sartre, Jean-Paul

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Der französische Philosoph Jean-Paul Sartre

Jean-Paul Charles Aymard Sartre (Lebensrune.png 21. Juni 1905 in Paris; Todesrune.png 15. April 1980 ebenda) war ein französischer kommunistischer Schriftsteller, Philosoph und Publizist. Sartre gilt als wichtigster Vertreter des sogenannten Existentialismus und erhielt 1964 den Nobelpreis für Literatur.

Herkunft

Sein Großvater war Deutschlehrer in Frankreich, seine Mutter entstammte einer Elsässer Lehrerfamilie, ihr Vater (Sartres Großvater) war der Sohn eines Landarztes. 1904 lernte dieser als Marineoffizier die 20jährige Anne-Marie Schweitzer kennen. Kurz nach der Heirat wurde Sartre als einziges Kind geboren. Nachdem sein Vater früh verstorben war, zog die Mutter mit ihm zu ihren Eltern nach Meudon. Hier übernahm sein Großvater, Charles Schweitzer, viel von der Erziehung Sartres. 1911 zog die Familie nach Paris, wo Sartre im Oktober 1915 in die Vorschule des Lycée Henri IV. eintrat. 1917 heiratete seine Mutter einen gutbetuchten Reeder aus La Rochelle und zog in die Hafenstadt. Sein Stiefvater war Sartre zeitlebens verhaßt.

Leben und Wirken

In La Rochelle besuchte er das Gymnasium, 1918 kam er zurück an das Pariser Lycée Henri IV. 1924 schrieb er sich an der renommierten Ecole Normale Supérieur ein und studierte zunächst Philosophie. Er las dort u. a. Nietzsche, Freud und Marx. 1929 lernte er Simone de Beauvoir kennen, im selben Jahr begann sein achtzehnmonatiger Militärdienst. Zwischen 1931 und 1944 war er in Le Havre, Laon, Neuilly-sur-Seine und Paris als Gymnasiallehrer tätig.

Im Herbst 1933 kam er aufgrund eines Stipendiums nach Berlin. 1939 wurde er Soldat und geriet in deutsche Kriegsgefangenschaft. Nachdem er 1941 entlassen worden war, schloß er sich der Résistance an; gleichzeitig konnten seine philosophischen Schriften ungehindert in Frankreich erscheinen und wurden auch im Dritten Reich ausführlich diskutiert. Als einer der wenigen der Terrorbande nannte er die Mißhandlungen französischer Frauen, die mit deutschen Soldaten liiert waren, „verabscheuungswürdige Akte von mittelalterlichem Sadismus“. Sartres Geliebte, die Schriftstellerin Simone de Beauvoir, taxierte in Paris die deutschen Besatzer:

„Sie lächelten, sie waren glücklich und jung, häufig ziemlich schön.“

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Sartre im Auftrag der Zeitungen „Combat“ und „Figaro“ als Korrespondent in die VSA geschickt, im August 1945 wurde die Zeitung „Les Temps modernes“ gegründet. Anfang der 1950er Jahre wandte er sich offen dem Kommunismus zu. 1952 nahm er als Parteigänger am kommunistischen Weltfriedenskongreß teil, bereiste von September bis November 1955 China und die Sowjetunion, verließ aber nach der Niederschlagung des Prager Frühlings die Kommunistische Partei.

1960 besuchte er Kuba und fand lobende Worte für Fidel Castro. In einem von ihm verfaßten Manifest plädierte er für die Loslösung Algeriens von Frankreich. Im Winter 1962/63 reiste er zusammen mit de Beauvoir nach Moskau, um dort auf die Not dissidenter Schriftsteller aufmerksam zu machen. 1964 wurde ihm der Literaturnobelpreis zugesprochen, obwohl er bereits im Vorfeld angekündigt hatte, den Preis nicht entgegenzunehmen. Er nannte ihn einen „Preis des Westens“.

Bei den kommunistisch inszenierten Pariser Studentenunruhen im Mai 1968 betätigte er sich als Sprachrohr, erkannte später darin einen politischen Irrtum, weigerte sich aber, seine Haltung zu widerrufen.

In der West-BRD sorgte Sartre für Schlagzeilen, als er Andreas Baader von der RAF im Gefängnis besuchte. Am Ende seines Lebens war Sartre fast blind und benutzte ein Tonbandgerät, um seine Gedanken festzuhalten.

Seine Lebensgefährtin Simone de Beauvoir, mit der er konstant per „Sie“ verkehrte, war eine ideologische Ziehmutter der Frauenemanzipation, die sich später mit dem Zionisten und Filmemacher Claude Lanzmann verband.[1]

Literatur

  • Klaus Bahners: Jean-Paul Sartre – Erläuterungen und Materialien, C. Bange Verlag, ISBN 3804416519
  • Sarah Bakewell: Das Café der Existenzialisten – Freiheit, Sein und Aprikosencocktails mit Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir, Albert Camus, Martin Heidegger, Edmund Husserl, Karl Jaspers, Maurice Merleau-Ponty und anderen, aus dem Englischen von Rita Seuß; C.H. Beck, München 2018, ISBN 978-3-406-72479-4 [448 S.; zuerst bei Chatto & Windus, London 2016, unter dem Titel: At the Existentialist Café – Freedom, Being and Apricot Cocktails]
  • Annie Cohen-Solal: Sartre 1905–1980. Aus dem Französischen von Eva Groepler; Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2002, ISBN 978-3-499-12950-6 [859 S.; zuerst bei Gallimard, Paris 1999]

Fußnoten

  1. Gerhard Frey: Prominente ohne Maske international, Seite 379 f., FZ-Verlag, 1989, ISBN 3924309108