Karl-Dürrschmidt-Weg

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Neunter Tag: „Um 11.30 Uhr hatten wir den Sattel, die höchste Stelle, erreicht, von wo bis Cham über Traitsching noch 7 km durchzustehen waren.“ (Seite 89)

Der Karl-Dürrschmidt-Weg ist die Wanderstrecke dreier NPEA-Schüler aus dem provisorischen KLV-Lager in Rimsting am Chiemsee zu ihren Familien in Sudetenland im Juni 1945.

Der Verlauf

Aufgrund der Aufzeichnungen Karl Dürrschmidts in seinem autobiographischen Buch zu der Heimreise mit seinen Kameraden Hans Cz. und Heinz G. ist auf nachfolgenden Zeitverlauf zu schließen. Genaue Daten werden von ihm nicht mitgeteilt, jedoch ergibt sich aus seinen Aussagen zur Fernwanderung nur diese Möglichkeit.

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Anfang Juni, in der Früh um fünf Uhr, verließen wir drei vom Sudetenland die Scheune, ohne jemanden zu wecken. Nur unser Erzieher war aufgestanden.

Karl Dürrschmidt, Mit 15 in den Krieg, Seite 65
Die Gefangenschaft in einem Rheinwiesenlager (wie hier) hätte für die sudetendeutschen Napolaschüler – unter derart grausamen Umständen – eine rasche Beschleunigung ihres Lebensendes bedeutet.

Aus weiteren Angaben, die Reise habe 15 Tage gedauert und er sei an einem Dienstagabend nach Hause gekommen, geht hervor, daß der 5. Juni 1945 für die drei Napolaschüler im Alter von ungefähr 15 Jahren der erste Tag ihres Unterfangens war.

Unterwegs drohte den sich anfänglich nur auf abseitigen Wegen fortbewegenden Burschen mehrmals die Inhaftierung von seiten VS-amerikanischen Militärs, was für sie die Verschleppung in ein Rheinwiesenlager und den sicheren Tod bedeutet hätte. Ein in Kraiburg am Inn von einem Offizier der Besatzungsmacht ausgestellter Passierschein sollte ihnen dann die Überquerung der Brücken des Inn sowie der Vils bei Frontenhausen, der Isar bei Dingolfing und der Donau bei Straubing ermöglichen. Obwohl Dürrschmidt mehrmals die an der Nationalpolitischen Erziehungsanstalt Neubeuern vermittelte Ausbildung sowie die Geländeausbildung als überlebenswichtig für ihr Unterfangen bewertet, wurden während der Wanderschaft von den Knaben auch viele neue Erfahrungen gesammelt, nicht nur zu den Lebensverhältnissen im besetzten Restdeutschland, sondern auch zu den ständigen Übergriffen von seiten tschechischer Partisanen auf grenznahe Orte und Bauernhöfe.

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Endlich waren wir gegen 16 Uhr in Moosbach angekommen, nach 30 km Fußmarsch. Bei einem Bäcker erhielten wir etwas Brot und eine Tasse Kaffee. Dabei jammerte er wegen seiner täglichen Probleme, Mehl, Fett und Milch für seinen Backbetrieb zu bekommen. Außerdem funktionierten die Verkehrsmittel noch nicht, und nur durch Tauschgeschäfte könne er die Versorgung mit Backwaren überhaupt aufrecht erhalten. Daß wir nach Hause in die Tschechoslowakei[1] wollten, wunderte ihm sehr, da von dort nur Schlechtes zu hören sei. Verunsichert und mutlos wußten wir keinen Ausweg, denn wohin sonst als zu unseren Müttern sollten wir gehen, die uns sicher schon lange oder zumindestens eine Nachricht von uns erwarteten? [...] Je weiter wir nach Norden und Osten in Grenznähe zur Tschechoslowakei kamen, desto mehr wußten die Menschen aus spärlichen Zeitungsberichten und vom Hörensagen, was sich jenseits der Grenze abspielte. Der Bäcker hatte wohl wegen seiner Kontakte bei den Tauschgeschäften und durch seine Kunden bessere Informationen.

– Karl Dürrschmidt, Mit 15 in den Krieg, Seite 93

Zur Planung der Heimreise benutzten die drei Burschen eine Fliegerkarte, welche gefaltet im Rückentaschen mitgenommen wurde, nachdem sie aus einem Raum einer ebenfalls im Hotel in Rimsting verbleibenden Fliegereinheit nach Einmarsch der Amerikanern erbeutet werden konnte. Die Karte dürfte die Gaue München-Oberbayern, Bayreuth und den Sudetengau gezeigt haben und dabei, aufgrund der Bemerkungen Dürrschmidts, einen ungefähren Maßstab 1:300.000 aufgewiesen haben. Die autobiographische Beschreibung der Heimreise reichte noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts aus, um eine Wiederherstellung der Route zu Fuß nachzuvollziehen, bei der beachtet werden mußte, daß aus untergeordneten Straßen des Jahres 1945 nach etwa 70 Jahren übergeordnete Straßen geworden waren, welche ein Umgehen eventueller Verkehrsstockungen notwendig machen.

Augenfällig sind in der Wegbeschreibung die lückenhaften Erzählungen zum siebten sowie zum zehnten Tag. Welche Geschehnisse hier nicht erwähnt werden, geht aus den zweifelhaften Tag- und Kilometerangaben nicht hervor. Möglicherweise haben sich bei der Brücke von Straubing sowie beim Krankenhaus in Cham Vorgänge ereignet, die auch nach 59 Jahren von dem Verfasser nicht beschrieben werden konnten. Aus den Schlußbemerkungen Dürrschmidts zur Heimreise zu seiner Mutter nach Wintergrün (bei Karlsbad) geht ferner der Eindruck hervor, er habe seine beiden Kameraden nie wiedergesehen.[2]

Angesichts der Umstände im Kriegsgefangenendurchgangslager in Cham sowie in den tschechischen Konzentrationslagern für Deutschen bei Karlsbad (→ Neurohlau) ist mit der Möglichkeit zu rechnen, daß es sich bei Karl Dürrschmidt um den letztendlich einzigen Überlebenden dieser hautnah und außergewöhnlich detailgetreu beschriebenen Flucht handelt.

Chronologie

Datum Strecke
Erster Tag Dienstag, der 5. Juni 1945 Von Rimsting am Chiemsee nach Rabenden
Zweiter Tag Mittwoch, der 6. Juni 1945 Von Rabenden nach Waldhausen
Dritter Tag Donnerstag, der 7. Juni 1945 Von Waldhausen nach Pürten
Vierter Tag Freitag, der 8. Juni 1945 Von Pürten nach Neumarkt Sankt-Veith[3]
Fünfter Tag Samstag, der 9. Juni 1945 Von Neumarkt Sankt-Veith nach Frontenhausen
Sechster Tag Sonntag, der 10. Juni 1945 Von Frontenhausen nach Salching
Siebter Tag Montag, der 11. Juni 1945 Von Salching nach Straubing
Achter Tag Dienstag, der 12. Juni 1945 Von Straubing nach Ascha
Neunter Tag Mittwoch, der 13. Juni 1945 Von Ascha nach Cham (Oberpfalz)
Zehnter Tag Donnerstag, der 14. Juni 1945 In Cham (Oberpfalz)
Elfter Tag Freitag, der 15. Juni 1945 Von Cham (Oberpfalz) nach Pilmersried
Zwölfter Tag Samstag, der 16. Juni 1945 Von Pilmersried nach Altenstadt
Dreizehnter Tag Sonntag, der 17. Juni 1945 Von Altenstadt zum Bauernhof „Erlgut[4]
Vierzehnter Tag Montag, der 18. Juni 1945 Vom Bauernhof „Erlgut“ zum Glatzerberg bei Bad Königswart
Fünfzehnter Tag Dienstag, der 19. Juni 1945 Vom Glatzerberg bei Bad Königswart nach Wintersgrün

Bildergalerie

Kartenverzeichnis

  • Kompaß, Wander- und Radkarte 792, „Chiemsee – Simssee“, Maßstab 1:25.000, ISBN 978-3-85026-041-1
  • Kompaß, Wander- und Radkarte 159, „Chiemsee – Wasserburg am Inn – Altötting“. Maßstab 1:50.000, ISBN 978-3-85026-174-6
  • Landesamt für Vermessung und Geoinformation Bayern, Topografische Karte L7540 „Vilsbiburg“, Maßstab 1:50.000, ISBN 978-3-89933-059-5
  • Landesamt für Vermessung und Geoinformation Bayern, Topografische Karte L7340 „Dingolfing“, Maßstab 1:50.000, ISBN 978-3-89933-048-9
  • Landesamt für Vermessung und Geoinformation Bayern, Topografische Karte L7140 „Straubing“, Maßstab 1:50.000, ISBN 978-3-86038-340-7
  • Kompaß, Wander- und Radkarte 185, „Westlicher Bayerischer Wald“, Maßstab 1:50.000, ISBN 978-3-85026-104-3
  • Kompaß, Wander- und Radkarte 194 „Südlicher Oberpfälzer Wald“, Maßstab 1:50.000, ISBN 978-3-85491-129-6
  • Kompaß, Wander- und Radkarte 193, „Mittlerer Oberpfälzer Wald“, Maßstab 1:50.000, ISBN 978-3-85491-128-9
  • Kompaß, Wander- und Radkarte 192 „Nördlicher Oberpfälzer Wald“, Maßstab 1:50.000, ISBN 978-3-85491-127-2

Siehe auch

Literatur

  • Karl Dürrschmidt: Mit 15 in den Krieg, Leopold-Stocker-Verlag, Graz 2004, ISBN 3-7020-1079-3

Fußnoten

  1. Gemeint ist hier der Sudetengau.
  2. Hans mußte unterwegs wegen einer fiebrigen Erkrankung in eine Klinik in Cham eingeliefert werden, ein später aus Wintersgrün an dessen Mutter verschickter Brief hat sie möglicherweise nicht erreicht; Heinz begleitete Karl Dürrschmidt auf dessen Weiterreise nach Neudek bis hinter Chodau.
  3. Tatsächlich zu einem Unterschlupf auf einer Wiese einige Kilometer nordöslich von Neumarkt Sankt-Veith, am Fluß Rott.
  4. Bei Lengenfeld beim Tirschenreuth.