Schweigespirale

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Die Theorie der Schweigespirale ist ein Teil der „Theorie der öffentlichen Meinung“, wie sie erstmals in den 1970er Jahren von Elisabeth Noelle-Neumann formuliert wurde. Die Theorie besagt, daß die Bereitschaft vieler Menschen, sich öffentlich zu ihrer Meinung zu bekennen, in den meisten Fällen vorrangig von der wahrgenommenen (vermeintlichen oder tatsächlichen) Mehrheitsmeinung abhängt. Dabei üben die Massenmedien, vor allem das Fernsehen erheblichen Einfluß auf die Botschaftsempfänger und damit auf die öffentliche Meinung aus. Ihre Bestätigung fand diese Theorie in der darauf aufbauenden Wahlforschung durch Paul Lazarsfeld, der diese Theorie mit dem Kontext von „Massenmedien und Wahlen“ verbindet, insbesondere durch Betrachtung der Fünf-Prozent-Hürde und ihre Auswirkungen in bezug auf die Theorie der Schweigespirale.

Definition

Die zentralen Annahmen der Schweigespirale sind folgende:

  1. Die allermeisten Menschen empfinden „Isolationsfurcht“, da niemand gern sozial isoliert ist.
  2. Menschen machen sich ständig unbewußt ein Bild von der Verteilung der Meinungen in der Öffentlichkeit und von der Entwicklung dieser Verteilungen.
  3. Die Bereitschaft, seine Ansichten öffentlich darzustellen, ist unterschiedlich stark ausgeprägt, je nach der vom Individuum wahrgenommenen Verteilung der Meinungen und der erwarteten Entwicklung der Meinungen in der Gesellschaft. Menschen, die den Eindruck haben, ihre Meinung sei im Aufsteigen begriffen oder schon in der Mehrheit, äußern sich bereitwilliger in der Öffentlichkeit und bekennen sich eher öffentlich durch Meinungsäußerungen, ihr Verhalten oder durch Verwendung von Symbolen zu ihrer Meinung als diejenigen, die glauben, mit ihrer Meinung zur Minderheit zu gehören. Die Minderheitsfraktion verfällt in Schweigen aus Furcht, sich sozial zu isolieren. Dadurch erscheint die Gruppe der ersteren noch stärker, und in einem ständigen Spiralprozeß scheint diese Meinung die irgendwann alles beherrschende zu werden – ohne es möglicherweise in Wahrheit tatsächlich zu sein.
  4. Die Wahrnehmung der Menschen, welche Meinungen denn nun vorherrschend sind (oder in Zukunft sein werden), wird maßgeblich durch die in den Massenmedien vertretenen Meinungen und Argumente bestimmt.
  5. Voraussetzung für das Auftreten einer Schweigespirale ist, daß der Gegenstand, das Thema des Meinungskampfes „moralisch aufgeladen“ ist, also das emotionale Potential hat, die Meinung der Minderheit nicht nur als rational falsch, sondern vor allem als moralisch schlecht erscheinen zu lassen.

Eine weitere Funktion (Umkehrfunktion) der Massenmedien in diesem Prozeß besteht darin, daß die faktische Minoritätsmeinung (Minderheitsmeinung) durch Medien parallel und gehäuft als Mehrheitsmeinung dargestellt wird. Aus Angst, isoliert zu werden, unterlassen es in der Folge Anhänger der eigentlichen Mehrheitsmeinung, immer mehr ihre Meinung öffentlich zu äußern. Dies führt Noelle-Neumann auf die soziale Natur des Menschen zurück, die ihn Isolation fürchten läßt und jeden Einzelnen einem Konformitätsdruck, das heißt einem Anpassungsdruck, unterwirft. Aus diesem Grund ist jeder Mensch ständig damit beschäftigt, seine Umwelt zu beobachten („Prozeß der quasi-statistischen Wahrnehmung der öffentlichen Meinung“). Dadurch erfährt er, welche Meinungen und Einstellungen öffentlich geäußert werden können, ohne Sanktionen befürchten zu müssen (Konsonanzstreben) und paßt sich diesen an.

Für den Prozeß der Schweigespirale bedeutet das, daß die vermeintliche Minderheitsmeinung (also die reale, aber versteckte Mehrheitsmeinung) mit der Zeit zur tatsächlichen Minderheitsmeinung wird, da in dem Maße, wie die Anhänger der eigentlichen Mehrheitsmeinung verstummen, die Anhänger der eigentlichen Minderheitsmeinung ermutigt werden, ihre Ansichten verstärkt öffentlich zu äußern, ohne jetzt noch Isolation fürchten zu müssen. Auf diese Weise kann sich letztlich tatsächlich ein Umschwung der öffentlichen Meinung einstellen.

Moderne Massenmedien sind zwar keine unbedingte Voraussetzung für die Entstehung einer Schweigespirale, sie verstärken und beschleunigen aber durchaus die Effekte, die durch Isolationsfurcht auftreten. Auch verquastes Verwaltungsdeutsch, pseudo-intellektuelle Beweisführungen, unverstandene englische Werbeparolen und leere Politikerfloskeln verfestigen die Distanz des politischen Publikums zu Fragestellungen, die sie selber betreffen.[1]

Das Konzept der Schweigespirale reserviert allerdings die Möglichkeit, die gesellschaftlich vorherrschende Meinung zu verändern demjenigen, der Isolationsfurcht nicht kennt oder sie überwindet.

Entstehung

Die Theorie der Schweigespirale entstand aufgrund einer Beobachtung, die Noelle-Neumann in den Bundestagswahlkämpfen zuerst 1965 und dann 1972 machte: Nach repräsentativen Umfragen des Allensbacher Institutes lagen 1972 demnach die beiden großen Parteien SPD und CDU/CSU bei der Frage nach der persönlichen Wahlabsicht der Bevölkerung ständig Kopf an Kopf, während jedoch gleichzeitig bei den Befragten die Siegeserwartung für eine der Parteien (SPD) zunahm. Die Erklärung suchte Noelle-Neumann im Meinungsklima, das heißt „in der Vorstellung der Menschen, welche Ansichten und Verhaltensweisen gebilligt, bzw. abgelehnt werden“ (Noelle Neumann, 1989). Noelle-Neumann untersuchte daraufhin ihre These auch in einer umfassenden Studie zum Bundestagswahlkampf 1976. Als Konsequenz setzte sich in den folgenden Jahren vor allem die CDU/CSU für die Einführung des Privatfernsehens ein, um ein mediales Gegengewicht zu den damals schon linkslastigen öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten zu schaffen.

Der besonders große Einfluß, den Noelle-Neumann dem Fernsehen im Gegensatz zu anderen Medien zuschreibt, beruht darauf, daß durch die vorgebliche Suggestivität und Authentizität des Fernsehens diesem eine ganz besondere Glaubwürdigkeit zukomme. Das starke Wirkungspotential des Fernsehens faßt Noelle-Neumann dabei unter den drei Begriffen Kumulation, Konsonanz und Öffentlichkeitseffekt zusammen.

Praktische Beispiele

Wer U-Bahn fährt, wird in unserer „modernen“ Medienzivilisation jetzt zusätzlich auch durch einen Medienservice berieselt, der die Bezeichnung „Fahrgastfernsehen“ trägt. Monitore strahlen ein besonders knapp gehaltenes Nachrichtenprogramm in die Großraumwagen, vier Kurzmeldungen und dann Erläuterungen, die sehr kurz aufblenden, sodann Reisewerbung, Gastronomiewerbung, Sport, Wetter. Alles nur sekundenschnell für die besonders rasche Auffassungsgabe. Am 11. September 2014 („9/11“) konnten Millionen von U-Bahn-Nutzern folgende Belehrung lesen:

„13 Jahre danach: Die USA gedachten Donnerstag der Opfer der ›9/11‹-Anschläge. Es ist aber auch der Tag der Verschwörungstheoretiker. Sie fantasieren von finsteren Weltlenkern, die alles in Hinterzimmern planten.“ („fahrgastfernsehen.de“).

Damit steht fest: Wer kein gestörter oder unbelehrbarer Außenseiter sein möchte, der hat sich der Regierungslegende von den wundersamen Hochhausbränden anzuschließen (mitsamt Planung im afghanischen Gebirge). Wer etwas anderes zu denken wagt, der steht völlig abseits, der „fantasiert“ und glaubt an Hinterzimmerpolitik, wo doch jedes Kind weiß, daß die ganz große Politik im Bundestag eingerührt wird.

Die Traditionssendung „Presseclub“, ein Journalistentreff am Sonntag Mittag – der auf eines der ältesten Sendeformate im deutschen Fernsehen überhaupt zurückgeht – versammelte in der gleichen Woche einen Fernsehintendanten (Volker Herles) und vier Hauptschriftleiter deutscher Zeitungen (darunter die Leiterin der taz), um eine volle Stunde Vorschläge darüber auszutauschen, wie Wladimir Putin „bestraft“ werden könne: Wirtschaftskrieg, Militärmanöver, militärischer „Druck“, „Konsequenzen ...“ – die eingeladene Pressemacht bewies große Phantasie zu der Frage, wie das Verhältnis zwischen Russen und Deutschen methodisch zerrüttet werden könne.

Im Geiste Angela Merkels verständigte sich die Elite des deutschen Journalismus auf Krieg. Keine Drohung, kein Säbelrasseln, keine „nukleare Option“ blieb unerwähnt, um wieder einmal „Demokratie“ herbeizubomben und „gemeinsame Werte“ mittels Massentötungen zu beweisen. Fernsehzuschauer müssen sich gefragt haben, wie diese perfekte Gleichschaltung gleich mehrerer Chefredaktionen gelungen sein mag. Auch das zählt zur Phänomenologie der Schweigespirale, wenn sehr laut immer dasselbe gesagt wird.

Siehe auch

Literatur

  • Markus Reiter: Die Phrasendrescher. Wie unsere Eliten uns sprachlich verblöden. Güterloher Verlagshaus, München 2007, ISBN 978-3-579-06977-7
  • Frank Böckelmann: Jargon der Weltoffenheit. Was sind unsere Werte noch wert? Edition Sonderwege bei Manuscriptum, Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, Waltrop und Leipzig 2014, ISBN 978-3-937801-96-4
  • Udo Ulfkotte: Gekaufte Journalisten – Wie Politiker, Geheimdienste und Hochfinanz Deutschlands Massenmedien lenken, Kopp Verlag, Rottenburg 2014, ISBN 978-3-86445-143-0
  • Markus Gärtner: Lügenpresse. Wie uns die Massenmedien durch Fälschen, Verdrehen und Verschweigen manipulieren, Kopp Verlag, Rottenburg 2015, ISBN 978-3864452406
  • Caspar von Schrenck-Notzing: Charakterwäsche. Die Re-education der Deutschen und ihre bleibenden Auswirkungen. Ares-Verlag, Graz 2004 (3. Aufl. 2010), ISBN 978-3-902475-01-5
  • Hans Magnus Enzensberger: Baukasten zu einer Theorie der Medien. Kritische Diskurse zur Pressefreiheit, herausgegeben von Peter Glotz [enthält fünf klassische Aufsätze Enzensbergers und kleinere Analysen von Glotz zur Einleitung und zum Begriff der „Medienkritik“]; Verlag Reinhard Fischer, München 1997, ISBN 3-88927-162-6
  • Roland Burkart: Kommunikationswissenschaft. 4. Auflage. Wien/Köln/Weimar, 2002, S. 262–269, ISBN 3-8252-2259-4
  • Wolfgang Donsbach: Die Theorie der Schweigespirale. In: Michael Schenk: Medienwirkungsforschung. Mohr, Tübingen 1987, S. 324–343, ISBN 3-16-545172-9
  • Elisabeth Noelle-Neumann: Öffentliche Meinung. Die Entdeckung der Schweigespirale. Erweiterte Ausgabe. Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-550-06934-0
  • Helmut Scherer: Massenmedien, Meinungsklima und Einstellung. Eine Untersuchung zur Theorie der Schweigespirale. Westdeutscher Verlag, Opladen 1990, ISBN 3-531-12160-X
  • Akif Pirinçci: Deutschland von Sinnen. Der irre Kult um Frauen, Homosexuelle und Zuwanderer. Manuskriptum Verlagsbuchhandlung [Lichtschlag in der Edition Sonderwege], Waltrop / Leipzig 2014, ISBN 978-3-944872-04-9
  • Akif Pirinçci / Andreas Lombard (Hgg.): Attacke auf den Mainstream. »Deutschland von Sinnen« und die Medien. Lichtschlag in der Edition Sonderwege • Manuscriptum Verlagsbuchhandlung, Waltrop und Leipzig 2014, ISBN 978-3-944872-09-4
  • Paul Lazarsfeld: Public opinion and the classical tradition. In: Wolfgang Langenbucher: Politische Kommunikation, Wien 1986

Verweise

Fußnoten

  1. Vgl. dazu Markus Reiter: Die Phrasendrescher. Wie unsere Eliten uns sprachlich verblöden. Güterloher Verlagshaus, München 2007, ISBN 978-3-579-06977-7