Theoderich der Große

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Darstellung des Heerführers Theoderich, nach dem Bronzestandbild Peter Vischers in der Hofkirche zu Innsbruck. Text von Richard Suchenwirth, in: „Deutsche Geschichte – Von der germanischen Vorzeit zur Gegenwart“ (PDF) (Tafel 4)

Theoderich, genannt der Große (Lebensrune.png um 454 in Pannonien, Todesrune.png 30. August 526 in Raben) war König der Ostgoten aus dem Geschlecht der Amaler. Sein Name im Gotischen lautet Þiudareiks, was mit „des Volkes König“ zu übersetzen ist. Ihm gelang es, eine germanische Herrschaft in Norditalien zu errichten, nachdem er im Auftrag Ostroms den germanischen Heeresführer Odoaker aus dem Weg geräumt hatte und beerbte somit das Weströmische Reich. In der deutschen Sage lebt der Begründer des Ostgotenreiches als Dietrich von Bern fort.

Leben

Theoderich der Große, nach einer deutschen Handschrift des 12. Jahrhunderts

Theoderich war der Sohn des gotischen Edelmannes Thiudimir und dessen Gefährtin Erelieva. Amalafrida (Lebensrune.png um 460; Todesrune.png um 525) war seine Schwester. Bald nach dem Tod ihres ersten Gemahls wurde Amalafrida im Jahr 500 in zweiter Ehe mit dem Vandalenkönig Thrasamund verheiratet, als dieser ein Bündnis mit Theoderich schloß. Beide Ehepartner waren Arianer. Wahrscheinlich von ihrem ersten Mann hatte Amalafrida ihren Sohn Theodahad und ihre Tochter Amalaberga. Diese beiden Kinder blieben in Italien zurück, als sich Amalafrida in Begleitung von 6.000 gotischen Kriegern, die sie vom Ostgotenkönig erhalten hatte, zu ihrem zweiten Gemahl nach Nordafrika begab. Zu ihrer reichen Mitgift gehörte auch die sizilianische Hafenstadt Lilybaeum. Nach Thrasamunds Tod im Jahr 523 floh Amalafrida vor dessen Nachfolger Hilderich, der sie aber gefangen nehmen, anfangs inhaftieren und um 525/526 zusammen mit ihrem gotischen Gefolge umbringen ließ. Amalafridas Tochter Amalaberga war um 510 die Gemahlin des Thüringerkönigs Herminafried geworden. Ihr Sohn Theodahad war als letzter männlicher Nachkomme der Amaler von 534 bis 536 ostgotischer König.

Geburtssdatum

Das genaue Geburtsdatum von Theoderich ist unbekannt. Felix Dahn schreibt in „Die Völkerwanderung. Germanisch-Romanische Frühgeschichte Europas“ (Seite 46):

„Dieser Versuch der Söhne Attilas, die Goten ‚wie entlaufen Knechte in‘ ihre Gewalt zurückzuzwingen, war der letzte. Walamer erwehrte sich allein des Angriffs, und am Tag, da die Nachricht des Sieges in der Halle Theodemers eintraf, wurde diesem von seiner Buhle Ereliva, ein Knabe geboren, der spätere Theoderich der Große (etwa 454).“

Hermann Schreiber schreibt in „Die Hunnen. Attila probt den Weltuntergang“ (Econ Verlag, Wien-Düsseldorf 1990, S. 320):

„Als Walamir mit der guten Nachricht des Sieges über die Hunnen an den Pelsodsee kam, den heutigen Neusiedlersee, an dem Theodemir residierte, war dort gerade ein Sohn geboren worden: Erelieva, nicht die Ehefrau, sondern eine Konkubine Theodemirs, hatte den Knaben zur Welt gebracht, der als Theoderich der Große den Hunnen-Sproß Odoaker töten und nach ihm über Rom herrschen würde.“

Anders Wilhelm Enßlin schreibt in „Theoderich der Große“ (München 1959):

„Die Siegesnachricht soll bei seinem Bruder Thiudimer am selben Tag eingetroffen sein, an dem ihm Ereleuva einen Sohn gebar, der den Namen Thiudareiks - Theoderich erhielt. Da aber dieser Sieg in den Winter 456/57 gehört, will dieser Ansatz für Theoderichs Geburt nicht zu den sonstigen Angaben über sein Alter stimmen. Die Mutter des Knaben war eine Gotin katholischen Glaubens, die in der Taufe den Namen Eusebia erhalten hatte, von dem sie freilich später keinen Gebrauch genmacht zu haben scheint; denn Briefe des Papstes Gelasius I. an Theoderichs Mutter sind mit dem Namen Hereleuvae adressiert [11 Epistulae Theodericianae variae 4 und 5 ed. Th. Mommsen in seiner Cassiodorausgabe Seite 390 f.]. Sie lebte mit ihrem Gemahl nicht in vollgültiger Ehe und wird daher einmal geradezu als Konkubine des Thiudimer bezeichnet [12 Jord. Get. 269.]. Dennoch tritt der Thiudimer-Sohn durchaus immer als echter AMALER und Vollerbe seines Vaters auf, und seiner Mutter kam der Titel und Rang einer Königin zu, wie die erwähnten Papstbriefe zeigen. Nur weil sich Gelasius in einem Schreiben an des Königs Mutter, die katholische Ereleuva, deren Einfluß auf Theoderich gewonnen werden sollte, auf Privilegien des Apostels Petrus beruft, darf man vermuten, daß die staatliche Gesetzgebung allein gewisse Zweifel offenließ.“

Geisel und Herrscher

Der junge Gote Theoderich war in seiner Jugend ab 459 (nach vereinzelten Quellen ab 461) Geisel am Hof des oströmischen Kaisers Leo I. in Konstantinopel, wo er rudimentäre Kenntnisse der römischen Verwaltungs- und Herrschaftspraxis erhielt. 469/470[1] kehrte er in die Heimat zurück, wo sein Vater, inzwischen zum König erwählt, ihn zu „Heerkönig“ und das Gebiet seines verstorbenen Onkels Walamir übergab. Als sein Vater 474 (nach vereinzelten Quellen 475) verstarb, wurde Theoderich selbst König der Ostgoten.

Sein Vater hatte das Föderatenreich von Pannonien nach Süden verlegt, in einer region des heutigen Makedonien. 476 verlegte Theoderich den Sitz der gotischen foederati wieder an die Donau und diente später in der kaiserlichen oströmischen Armee als hoher Offizier auf dem Balkan. Theoderich wurde 481, nach dem Tod (Reitunfall) seines Rivalen, Verwandten, dem Heermeister im Osten (magister militum praesentalis) und zeitweise Gegenkönig Theoderich Strabo (der Heermeister hatte sich nach dem Tode von Kaiser Leo gegen Kaiser Zenon aufgelehnt), dessen Gefolgschaft nun zu ihm überging, vom Kaiser zum magister militum ernannt und bekleidete 484 auch das Konsulat – eine der höchsten Würden im Römischen Reich

488 wurde Theoderich dann von Zenon zum patricius ernannt und mit einem Feldzug gegen Odoaker in Italien beauftragt. Ob Theoderich aus eigenem Entschluß oder auf Druck des Kaisers nach Italien ging, ist in der Forschung umstritten, doch war dies für beide Seiten von Vorteil: Theoderich konnte ein eigenes Reich gewinnen (wenngleich Zenon Theoderich formal nur als seinen Stellvertreter entsandte), während Zenon den unbequemen Kriegsherrn loswurde, dessen Goten in gefährlicher Nähe zu Konstantinopel agierten.

Italien-Feldzug

Theoderich zog im Jahre 489 mit ca. 20.000 Kriegern und deren Familien nach Italien (im späten August 489 trafen sie ein) und kontrollierte 491 den Großteil des Landes. Der Gesamttroß bestand aus, je nach Quelle, 100.000 bis 200.000 Menschen, unzählige Tiere und Unmengen an Material. Er belagerte zwei Jahre lang die Stadt Raben, konnte die Stadt aber auch nach der Rabenschlacht 493 nicht erobern und willigte daher einer Verständigung mit Odoaker ein, den er aber wenige Tage später aus machtpolitischen Gründen bei einem Versöhnungsmahl eigenhändig tötete.

Dieser Sieg machte ihn als Stellvertreter des oströmischen Kaisers in Italien faktisch so gut wie unabhängig. Die Ansiedlung der Goten in Italien erreichte Theoderich ohne eine größere Konfrontation mit den Italikern. Theoderich verbot die Ehe zwischen Goten und Römern und erhielt so die Rasse rein.

Theoderich ließ im Römischen Reich zahlreiche Bauten errichten bzw. erneuern (Ausgestaltung Rabens); auch in Rom wurden noch einmal umfangreiche Erneuerungen an den antiken Bauwerken vorgenommen. In der Verwaltung knüpfte Theoderich weitgehend nahtlos an die römische Praxis an; der Senat wurde von ihm ehrenvoll behandelt, und zahlreiche Römer (zum Beispiel Cassiodor) dienten dem König in hohen Verwaltungsämtern, zum Teil auch als Feldherren.

Auch ernannte er weiterhin Konsuln, die bald auch von Ostrom anerkannt wurden, und ließ zahlreiche Geldspenden anläßlich seiner Jubiläen verteilen sowie Circusspiele veranstalten. Ein Beispiel für die Rechtspraxis Theoderichs ist das sogenannte Edictum Theoderici. Die römisch-germanische Kultur der Spätantike erlebte unter Theoderich eine bemerkenswerte Nachblüte.

Ehe

Theoderich schloß seine erste vollgültige Ehe, die man kennt, wohl 493, mit der Merowingerin Audofleda (Schwester Chlodwigs), von der er seine Erbtochter Amalasuintha (Amalasuntha) hatte. Aus (mindestens) einer älteren Verbindung gingen die 493 bereits heiratsfähigen Töchter Thiudigotho und Ostrogotho hervor, über deren Mutter (oder Mütter) nichts bekannt ist.

Bildergalerie

Siehe auch

Literatur

  • Hermann Aubin: Theoderich, in: Willy Andreas / Wilhelm von Scholz (Hg.): Die Großen Deutschen. Neue Deutsche Biographie. Propyläen Verlag, Berlin, 4 Bde. 1935–1937, 1 Ergänzungsbd. 1943; Bd. 1, S. 23–39
  • Georg Pfeilschrifter: Der Ostgotenkönig Theoderich der Große und die katholische Kirche (1896); PDF-Datei
  • Frank M. Ausbüttel: Theoderich der Große. Primus Verlag, Darmstadt 2004, ISBN 3-89678-470-6
  • Wilhelm Enßlin: Theoderich der Große. 2. Auflage. Bruckmann, München 1959
  • Elisabeth Lienert: Dietrich-Testimonien des 6. bis 16. Jahrhunderts. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2008, ISBN 978-3-484-64504-2
  • Edith Marold: Wandel und Konstanz in der Darstellung der Figur des Dietrich von Bern. In: Heinrich Beck (Hrsg.): Heldensage und Heldendichtung im Germanischen. de Gruyter, Berlin/Neu York 1989, ISBN 3-11-011175-6, S. 149–182 (Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Ergänzungsbände Nr. 2).
  • Theoderich der Große, Flavius M Cassiodor: Briefe des Ostgotenkönigs Theoderich der Große und seiner Nachfolger: Aus den „Variae“ des Cassiodor,[2] Mattes (2010), ISBN 978-3868090338
  • Bruno Schulz: Das Grabmal des Theoderich zu Ravenna und seine Stellung in der Architekturgeschichte, 1911 (PDF-Datei)

Verweise

Fußnoten

  1. Anders Wilhelm Enßlin: Theoderich der Große, München 1959, p. 13
  2. Der Ostgotenkönig Theoderich der Große (451–526) erlangte Ende des 5. Jahrhunderts die Herrschaft über Italien und brachte dem Land eine dreißigjährige Friedenszeit. Es gelang ihm, Römern und Germanen ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen. Er betrieb die Politik einer kunstvollen Balance zwischen dem oströmischen Kaiser einerseits und den Königen der germanischen Stämme andererseits; zu diesen gehörten die Westgoten, die Franken, die Thüringer, die Vandalen und andere. Mit den verschiedenen innen- und außenpolitischen Partnern stand Theoderich in einem lebendigen brieflichen Austausch. Diese Briefe wurden in seinem Auftrag von seinem Sekretär Cassiodor abgefaßt und von diesem später unter dem Titel „Variae“ veröffentlicht. Glücklicherweise sind sie erhalten geblieben und liegen hier erstmals in einer Auswahl in deutscher Sprache vor. Die Briefe stellen ein geschichtlich einmaliges Dokument dar; von keinem anderen Germanenfürsten gibt es Vergleichbares.


Vorgänger Amt Nachfolger
Thiudimir 468-474 König der Ostgoten Athalarich 526