Panzerkampfwagen VI „Tiger I“
Der Panzerkampfwagen VI „Tiger I“ war ein schwerer deutscher Kampfpanzer während des Zweiten Weltkrieges. Aufgrund seiner starken Hauptwaffe und des hohen Panzerschutzes war der Tiger einer der kampfstärksten Panzer des Weltkrieges. Im August 1942 lief die Serienproduktion des „Tigers“ an.
Inhaltsverzeichnis
Entwicklung
Der Tiger entstammt in den Grundzügen einem Entwicklungsauftrag von 1937 für einen mittleren Panzer als Nachfolger des Panzerkampfwagens IV. Sowohl Henschel als auch Porsche entwickelten verschiedene Prototypen, die aber allesamt abgelehnt wurden. Beide Firmen konnten die damit gemachten Erfahrungen einbringen, als im Mai 1941 das Entwicklungsziel auf einen schweren Panzer mit etwa 45 Tonnen Gewicht abgeändert wurde. Dieser schwere Panzer sollte eine starke Panzerung und eine leistungsfähige Kanone erhalten. Der VK 4501(H) von Henschel setzte auf einen konventionellen Antrieb mit einem Motor und Direktantrieb über ein Getriebe, der Turm war etwa mittig auf der Wanne angeordnet. Der VK 4501(P) von Porsche setzte auf einen komplizierten Antrieb durch zwei kleinere Motoren mit Generator, die den Strom für die letztlich antreibenden Elektromotoren erzeugten, der Turm war im vorderen Drittel der Wanne angeordnet. Der Turm wurde von Krupp eigentlich für den VK 4501(P) entwickelt, aber er wurde in leicht modifizierter Form auch im VK 4501(H) eingesetzt.
Am 20. April 1942 wurde jeweils ein fahrbereiter Prototyp vorgestellt, danach folgte die intensive Erprobung. Der Henschel-Panzer erhielt im Juli 1942 unter anderem aufgrund des weniger komplizierten und dadurch zuverlässigeren Antriebs den Vorzug und wurde zum Panzerkampfwagen VI, genannt „Tiger“.
In Erwartung des Bauauftrags für den „Tiger“ hatte Ferdinand Porsche bereits insgesamt 100 Fahrgestelle seines Entwurfes bauen lassen, die nun aber angesichts des an Henschel gehenden Auftrags überflüssig waren. Aber von hoher Stelle aus wollte man die 91 verbliebenen Fahrgestelle nicht verschrotten, und so erhielt Porsche im September 1942 den Auftrag, diese für ein schwergepanzertes und -bewaffnetes Sturmgeschütz bzw. einen Jagdpanzer zu nutzen. Diese Entwicklung führte dann zum Panzerjäger „Ferdinand“.
Der Schwerpunkt bei der Konstruktion des „Tigers“ lag auf Panzerung und Bewaffnung. Die verwendete 88-mm-Kanone (8,8 cm KwK 36 L/56) wog alleine 1.352 kg. Ihre hohe Durchschlagskraft wurde bis Kriegsende von nur wenigen Panzergeschützen übertroffen und war der Panzerung der alliierten Panzerfahrzeuge mehr als gewachsen. Die Standardgranate 39 durchschlug auf 1.000 m 100 mm Stahl. So konnte der „Tiger“ einen angreifenden T-34-Panzer aus der doppelten Entfernung zerstören, in der er selbst in Gefahr geriet. Die Lebensdauer des Rohrlaufes betrug etwa 6.000 Schuß. Je nach Ausführung führte der „Tiger“ 66 bis 92 Granatpatronen sowie 4.500 Schuß MG-Munition mit sich.
Eine Schwäche war seine ungünstige Formgebung; im Gegensatz z. B. zum T-34 oder dem „Panther“ hatte er keine gerundete oder abgeschrägte Panzerung. Weiter war seine Motorisierung im Verhältnis zum bewegten Gewicht schwach; die ersten 250 „Tiger“ hatten einen Maybach-Benzinmotor mit maximal 650 PS Leistung, alle folgenden eine leistungsgesteigerte Version mit maximal 700 PS. Das Schachtellaufwerk war insbesondere an der Ostfront anfällig, da der sich darin immer wieder ansammelnde Matsch gefrieren konnte und das Laufwerk blockierte. Auch der hohe Produktionsaufwand und der hohe Bedarf an hochwertigen Rohstoffen stellten angesichts der immer schlechter werdenden Versorgungslage einen gravierenden Nachteil dar.
Ein weiterer Nachteil war die Überbreite des „Tigers“, so daß für den Transport auf Zügen spezielle Verladeketten aufgezogen werden mußten (20 cm schmaler als Geländeketten). Das hohe Gefechtsgewicht von 56,9 t machte viele Brücken für den „Tiger“ unpassierbar, daher sollte er im Notfall Flüsse auch ohne Brücken überwinden können. Aus diesem Grund waren bei den ersten 495 Exemplaren alle Klappen, Luken und der Turmring mit Gummidichtungen wasserdicht verschließbar. Am Heck wurde über dem Motor ein Schnorchel angebracht, der Innenraum und Motor mit Luft versorgen sollte. So konnte die Watfähigkeit auf über vier Meter erhöht werden. Ab 1943 wurde aufgrund von Materialengpässen, hohem Verschleiß der Dichtungen und auch durch den Wegfall der Anforderung an die Tiefwatfähigkeit darauf verzichtet. Ohne diese Ausrüstung konnte der „Tiger“ immerhin noch Wassertiefen von bis zu 1,3 Metern ohne Probleme durchfahren.
Der „Tiger“ verfügte über ein halbautomatisches Getriebe mit acht Vorwärts- und vier Rückwärtsgängen. Er wurde nicht über Hebel, sondern mit einem Lenkrad gesteuert. Dadurch war er einfach zu fahren und bot gleichzeitig viel Platz für die Besatzung, was ihn, neben der Sicherheit, die er bot, bei den Besatzungen beliebt machte.
Einsatz
Adolf Hitler drängte auf einen baldigen Fronteinsatz des „Tigers“, so daß dessen Konstruktion noch unausgereift war, als am 29. August 1942 die ersten vier einsatzbereiten „Tiger“ des ersten Zugs der schweren Panzer-Abteilung 502 in das Gebiet der Heeresgruppe Nord nach Mga, südöstlich von Leningrad transportiert wurden.
Die ersten Einsätze der vier genannten „Tiger“ waren herbe Fehlschläge. Es traten technische Mängel auf, und die Besatzungen sowie Begleitinfanterie waren noch nicht genügend mit dem neuen Gerät vertraut. Zudem wurde von höchster Stelle der erste Angriff in ungeeignetem Gelände befohlen, bei dem drei von vier „Tigern“ wegen technischer Probleme an Getriebe, Motor sowie Lenkung ausfielen, jedoch alle geborgen und wieder instandgesetzt werden konnten. Beim zweiten Einsatz Mitte September 1942 wurden alle vier Tiger entweder abgeschossen oder blieben im sumpfigen Gelände stecken. Einer davon konnte nicht mehr geborgen werden und wurde nach dem Ausbau aller demontierbaren Teile im Niemandsland der Front festliegend gesprengt. Trotzdem stellten die Tigerpanzer schon bald ihre Vorteile unter Beweis und wurden zu den bei den Alliierten gefürchtetsten deutschen Kampfpanzern.
Wegen der geringen Produktionszahlen war eine geschlossene Ausstattung der Panzerdivisionen nicht möglich. Deshalb wurden zur Führung der Tigerpanzer selbständige sogenannte schwere Panzerabteilungen geschaffen. Die drei Kompanien einer Abteilung hatten ein Soll von 45 „Tigern“. Lediglich die Elite-Divisionen „Großdeutschland“, Leibstandarte, „Das Reich“ und „Totenkopf“ hatten zumindest zeitweise eine eigene „Tiger“-Kompanie oder gar Abteilung in ihrem Panzerregiment.
Aufgrund der hohen Kosten und geringen Stückzahlen wurden die „Tiger“ ausschließlich mit erfahrenen Besatzungen besetzt, die eine besonders gründliche Ausbildung durchlaufen hatten. Erst wenn die Besatzung in der Lage war, jedes Detail des Tigers zu beherrschen, wurde sie in den Feldeinsatz geschickt.
Die bis Kriegsende insgesamt 14 Tigerabteilungen wurden aufgrund der schlechter werdenden Kriegslage an die verschiedensten Fronten verteilt und kämpften – wechselnden Großverbänden unterstellt – stets an den Brennpunkten der Abwehr oder als Speerspitze von Gegenangriffen. Die Tigerbesatzungen erreichten extrem hohe Abschußzahlen, so daß die Erwartungen in den neuen Panzer mehr als erfüllt wurden. Wegen der geringen Zahl der einsatzbereiten Fahrzeuge kam die technische Überlegenheit jedoch nicht zum Tragen. Bis August 1944 wurden insgesamt 1.354 „Tiger“ ausgeliefert. Dann wurde die Produktion auf den „Tiger II“ umgestellt. Der „Tiger I“ Ausf. E wurde jedoch bis Kriegsende eingesetzt.
Auf die Truppen der Westalliierten hatte der „Tiger“ zudem eine nicht zu unterschätzende indirekte Wirkung, da der mit Zusatzpanzerungen versehene Panzer IV auf den ersten Blick dem „Tiger“ recht ähnlich sah und daher von alliierten Soldaten oft als „Tiger“ angesehen wurde. Somit konnte das Aussehen des Panzers IV den Vormarsch alliierter Truppenverbände weit mehr verzögern, als es seine eigentliche Kampfkraft vermocht hätte.
Der berühmteste deutsche Panzerkommandant des Zweiten Weltkrieges, Michael Wittmann, befehligte ab 1943 einen „Tiger“, ebenso wie der den Abschüssen nach erfolgreichste deutsche Kommandant Kurt Knispel.
Technische Daten
- Gefechtsgewicht: 56,9 t
- Besatzung: 5
- Länge: 8,45 m
- Breite mit Geländekette: 3,547 m
- Höhe: 3,00 m
- Kettenbreite: 72,5 cm Geländekette
- Spurweite: 2,822 m
- Bodenfreiheit: 47 cm
- Kletterfähigkeit: 79 cm
- Steigfähigkeit: bis zu 35°
- Watfähigkeit: 160 cm
- Grabenüberschreitfähigkeit: 250 cm
- Tauchfähigkeit: 410 cm (nur die ersten 495 Exemplare, danach 200 cm)
- Stückzahl: 1.354
- Bewaffnung
- 88 mm KwK 36 L/56
- Zielmittel: TZF 9 b
- maximale Schußweite: 10.500 m bei 15° Erhöhung / im direkten Richten: 1.150 m
- Feuerrate: bis zu 10 Schuß/min
- Mündungsgeschwindigkeit
- Panzergranate: 810 m/s
- Sprenggranate: 780 m/s
- Munition: 92 Schuß
- ein 7,92 mm MG 34 im Bug
- ein 7,92 mm MG 34 o. 42 koaxial im Turm
- Munitionsvorrat der MGs insgesamt: 5.850 Schuß (39 Gurtsäcke à 150 Schuß)
- Antrieb
- Motor: 700 PS Maybach HL 230 P 45, 12-Zylinder-Ottomotor; Hubraum 23 l (erste 250 Exemplare: Maybach HL 210 P 45 mit 478 kW [650 PS])
- Geschwindigkeit
- Straße: 38 km/h
- Gelände: 20 km/h
- Kraftstoffvorrat: 540 l
- Fahrbereich: bis zu 140 km auf Straße, 110 km in mittelschwerem Gelände
- Panzerung
- Wanne
- 100 mm Bug / 66° Neigung
- 100 mm Fahrerfront / 81°
- 60 mm Wannenseite unten / 90°
- 80 mm Wannenseite oben / 90°
- 82 mm Heck / 81°
- 25 mm Boden / 0°
- Turm
- 110 mm Turmblende
- 100 mm Turmfront / 80°
- 80 mm Turmseite / 90°
- 80 mm Heck / 90°
- 25 mm Decke / 0–9°
Durchschlagsleistung der Hauptwaffe:
Die Durchschlagsleistung der 88-mm-KwK 36 L/56 betrug mit der Panzergranate 39 auf 500 m bei einem Auftreffwinkel von 30 Grad 110 mm Panzerstahl, auf 1.000 m waren es noch 100 mm. Die nur in geringen Stückzahlen vorhandene Panzergranate 40 mit Wolframkern erreichte 155 bzw. 138 mm auf 500/1.000 m bei ebenfalls 30 Grad.
Abarten
- Panzerbefehlswagen Tiger
- Sturmpanzer VI Sturmtiger
- Bergetiger (Sd.Kfz. 185)
- Panzerjäger Ferdinand
Galerie
Siehe auch
- Sturmpanzer VI Sturmtiger: Panzermörser
- Panzerjäger Ferdinand
- Tiger II „Königstiger“
Literatur
- Der Panzerkampfwagen Tiger und seine Abarten, Motorbuch Verlag
Verweis
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