Eid
Ein Eid (mhd. eit, ahd. eid, womöglich aus dem Keltischen) oder Eidschwur ist die nach fester (Eides)formel geleistete feierliche Bekräftigung einer Aussage vor einer zuständigen Instanz. Er wird häufig unter Anrufung Gottes abgelegt. In dieser religiösen Beziehung liegt die Bedeutung des Eides als höchsten menschlichen Beteuerungsmittels.
Die zu bestärkende Erklärung kann entweder das Versprechen, etwas tun oder lassen zu wollen (Gelöbniseid), oder die Versicherung, etwas getan oder gelassen zu haben (Zeugniseid), sein. Beide Eidesarten finden auch im Rechtsleben als promissorischer Eid (oder Voreid) und assertorischer Eid (oder Nacheid) verschiedenste Anwendung. Im Staatswesen kommt der Eid als Verfassungseid des Staatsoberhauptes, der Staatsbürger und Staatsbeamten, als Dienst- und Amtseid der Beamten, Geschworenen, Schöffen, Dolmetscher, und als Fahneneid des Soldaten vor.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Schon seit jeher wurden Verträge und Bündnisse beschworen. Obrigkeiten und Untertanen, Soldaten und Bürger verpflichteten sich für ihr Amt durch den Eid; besonders im Strafprozeß wurde der Eid angewandt. Gewöhnlich schwor man bei den Göttern oder bei Gott, aber auch bei kostbaren Gegenständen.
Der Eid, wie er vielfach heute geleistet wird, geht vor allem auf das germanische Recht zurück. Um einen gültigen Eid zu schwören, mußte ein dafür vorgesehener Gegenstand berührt werden. Erst dadurch wurde nach Auffassung der Germanen der Zauber des Eides erzeugt und die Verbindung mit den übersinnlichen Eidmächten hergestellt. Der Brauch der Germanen, auf ihr Schwert zu schwören, ist heute noch mit dem Schwur auf die Waffe oder andere Gegenstände, vor allem die Fahne, in vielen Armeen erhalten.
Die christliche Kirche verbot zuerst den Eid (lat. jusjurandum, sacramentum) ganz, dann den Mißbrauch desselben. Justinianus erlaubte nur bei dem vom christlichen Glauben als heilig Verehrten zu schwören, und der Augsburger Religionsfriede setzte für Protestanten und Katholiken die Formel fest: „bei Gott und seinem heiligen Evangelium“.
Die Verpflichtungen des Volkes in eidlicher Form kamen im Ersten Deutschen Reich das ganze Mittelalter hindurch in weiter Ausdehnung zur Anwendung: zur Bekräftigung einzelner Verpflichtungen, der Bewahrung des Friedens, der Leistungen des Heerdienstes, als Vasalleneid oder als allgemeiner Treueid. Der Eid wurde zunächst dem neuen König bei der Thronbesteigung geleistet, jedoch nicht mehr vom ganzen Volk, sondern bloß von den Fürsten, den Großen, und von demjenigen, der ein Amt empfing. Dagegen ließen die Fürsten und andere, welche abhängige Leute hatten, sich von diesen dem Treueid an den König nachgebildete Eide leisten.
Treueid
Der Treueid (mlat. fides, iuramentum fidelitatis, sacramentum; mhd. triuwe, hulde) findet sich nach der „Völkerwanderung“ (eigentlich: der Wanderung germanischer Gruppen) in den verschiedenen germanischen Reichen und ist vielleicht ein ursprüngliches Recht des deutschen Königtums gewesen. Es war deutsche Gewohnheit, daß ein neuer König sein Reich durchzog, um sich als Herrscher zu zeigen und vom gesamten Volk die Huldigung entgegenzunehmen; war das nicht möglich, so wurden außerordentliche Abgesandte in die Teile des Landes geschickt, um die Eide zu empfangen. Die Form dieses Eides kennt man nicht. Nur einmal wird aus merowingischer Zeit berichtet, daß auch der König seinem Volk einen Eid leistete. Unter den späteren Merowingern kam der Gebrauch des Treueides in Vergessenheit, und erst Karl der Große veranstaltete 786 nach Entdeckung einer Verschwörung einen allgemeinen Eid aller, die das 12. Lebensjahr zurückgelegt hatten. Die Formel lautete:
- „So verspreche ich meinem Herrn dem Könige Karl und seinen Söhnen, daß ich treu bin und sein werde die Tage meines Lebens, ohne Trug und Gefährde“.
In der folgenden Zeit erfolgte in den neu erworbenen Gebieten immer sofort die Eidesleistung. Nach seiner Kaiserkrönung gab Karl der Große dem Treueid sofort eine viel umfassendere Bedeutung; er verfügte, daß alle – Geistliche und Weltliche – die ihm früher als König geschworen hatten, nun einen neuen Eid als Mannen (Vasallen) des Kaisers leisten sollten. Derselbe solle nicht bloß enthalten, daß man dem Kaiser, solange er lebe, die Treue bewahre, keine Feinde in das Land führe und nicht jemandes Untreue unterstütze oder verschweige, sondern es wird eine ganze Reihe teils moralischer oder kirchlicher, teils bestimmter staatlicher Leistungen aus demselben abgeleitet. Dadurch, daß nach diesem Eid die Treue gegen den Kaiser dieselbe sein soll wie die, welche der Vasall seinem Herrn gelobt, wird das allgemeine Untertanenverhältnis der besonderen und engen Verbindung, welche die Kommendation begründet, gleichgestellt. Nicht daß durch diesen Eid alle wirklich Mannen oder Vasallen des Kaisers werden sollten: nur ihre Treue und Ergebenheit sollte keine geringere sein. Ab dieser Zeit wurden alle, welche das 12. Jahr zurückgelegt hatten, immer sofort durch die Königsboten beeidigt. Als Karl der Große die Bestimmung über die Nachfolge seiner Söhne getroffen hatte, ließ er nochmals eine allgemeine Beeidigung vornehmen, die einige Jahre später wiederholt wurde.
Unter den Nachfolgern Karls steigerte sich die Forderung solcher Eide zum wahren Mißbrauch; je weniger die Treue gehalten wurde, desto öfter mußte sie versprochen werden. Der Bruch der Treue wurde regelmäßig mit Konfiskation des Vermögens oder der königlichen Benefizien bestraft.
Hippokratischer Eid
Der hippokratische Eid ist das Gelöbnis der Ärzte, welches die ethischen Leitsätze ärztlichen Handelns enthält und das Vorbild des heutigen Arztgelöbnisses ist; zugeschrieben dem griechischen Arzt Hippokrates (um 400 v. Chr.), aber höchstens dem Sinn nach auf ihn zurückgehend. Der Eid bot normierende, rational und pragmatisch motivierte Leitlinien für die Medizinerausbildung der damaligen Zeit, das Arzt-Patient-Verhältnis, den ärztlichen Beruf und dessen Handlungsstrategien an. Der Eingangsschwur des Eides lautet:
- „Ich schwöre bei Apollon dem Arzt und bei Asklepios, Hygieia und Panakeia sowie unter Anrufung aller Götter und Göttinnen als Zeugen, daß ich nach Kräften und gemäß meinem Urteil diesen Eid und diesen Vertrag erfüllen werde.“[1]
Wortherkunft
Das Wort Eid (ahd. eid) stammt von urgermanisch *aiþa-, verwandt mit altnd. eiðr, got. aiþs, altengl. āþ (engl. oath).
Zitat
- „Da schwanden die Eide, Wort und Schwüre, [und] alle festen Verträge, jüngst trefflich erdacht.“ — Die Völuspá über den Verfall aller Eide und Schwüre vor Ragnarök (nordischer Weltuntergang)
Siehe auch
Literatur
- Carl Friedrich Stäudlin: Geschichte der Vorstellungen und Lehren vom Eide. Göttingen 1824
- Karl Friedrich Göschel: Der Eid nach seinem Prinzip, Begriff und Gebrauch. 1837
- Emil Trechsel: Der Eid. Ein Appell an das Gewissen des Bernervolkes. Bern 1878
Verweise
- Eid, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Bd. 3, Sp. 82 bis 83
- Samuel Singer (Hg.): Lexikon der Sprichwörter des romanisch-germanischen Mittelalters, Eid, S. 383), Verlag Walter de Gruyter
- Eid, in: Asawiki
- Eid (Wissen.de)
- Treueid (Mittelalter-Lexikon)
- Michael Winkler: Der Soldateneid, 25. Juli 2012
- Eidesformel. NRW-Minister schwören nicht mehr auf das „deutsche Volk“, Junge Freiheit, 28. Juni 2016