Hungerblockade
Die Hungerblockade war ein völkerrechtswidriges Verbrechen Englands gegen Deutschland im Ersten Weltkrieg, aber auch danach.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
Im „Lexikon der Völkermorde“ (1999) von Gunnar Heinsohn findet sich der Eintrag „Deutsche Opfer / Hungerblockade 1917/1918“. Demnach starben etwa eine Million Zivilisten im Deutschen Reich und Österreich-Ungarn an Unterernährung, weil die Lebensmittelblockade der Alliierten ungemein effektiv funktioniert habe. Festgehalten wird dort auch, daß diese Blockade erst Ende März 1919 gelockert wurde. Das massenhafte Hungern und Verhungern in Deutschland in Zusammenhang mit der alliierten Blockade findet in den einschlägigen historischen Darstellungen zum Ersten Weltkrieg durchaus Erwähnung. Hinweise darauf, daß diese Blockade, die sich fast von Anfang an auch auf Lebens- und Futtermittel erstreckte, nach dem Waffenstillstand von Compiègne im November 1918 noch monatelang fortgesetzt wurde und das große Sterben an der Heimatfront das Sterben an den Kriegsfronten weit überdauerte, sind hingegen sehr viel seltener zu finden.[1]
Verlauf
Am 2. November 1914 erklärte die britische Admiralität unter der Leitung des Marineministers Winston Churchill die gesamte Nordsee zum Kriegsgebiet und zwang damit den Seehandel der neutralen Staaten unter die Kontrolle Englands. Dem dänischen Arzt und Regierungsberater Mikkel Hindhede gelang es allerdings erfolgreich die schwerwiegenden Auswirkungen der alliierten Hungerblockade, auf das neutrale Dänemark, abzumildern. Inwieweit eine Übertragung seiner, dort durchgeführten, Maßnahmen auf Deutschland möglich gewesen wäre bleibt dahingestellt. Damit wurde für dieses Gewässer eine, gegen Deutschland gerichtete Seeblockade eingeleitet. Die im Januar des darauffolgenden Jahres ausgetragene Seeschlacht auf der Doggerbank stand im Zeichen dieses Umstands.
Somit gelang es den Briten, die Seeherrschaft über die Nordsee zu erlangen und eine Seeblockade Deutschlands einzuleiten. Dadurch waren praktisch alle Seewege von und nach Deutschland abgeschnitten, was später auch die allgemeine Versorgung Deutschlands mit Nahrungsmitteln, Chilesalpeter und Kolonialwaren u. a. stark beeinträchtigte. Zudem konnte durch die Kontrolle der nord- und westeuropäischen Meere ein britisches Expeditionskorps ungestört nach Frankreich übersetzen. Des Weiteren brauchte die gegnerische Schiff-Fahrt im Ärmelkanal keine großen Störungen mehr von Seiten Deutschlands zu befürchten.
Der offizielle Vorwand für diesen Bruch des Völkerrechts war, daß die nicht ausdrücklich für britische Häfen bestimmten Güter letztendlich der deutschen Armee zugute kommen könnten. Der wahre Grund dieser staatlichen Piraterie lag jedoch in der Absicht „die gesamte (deutsche) Bevölkerung auszuhungern – Männer, Frauen und Kinder, Alt und Jung, Verwundete und Unversehrte – bis sie sich unterwirft“[2], wie Winston Churchill 1918 freimütig bekannte. Die Hungerblockade wurde nach dem Waffenstillstand von Compiègne im November 1918 in erpresserischer Absicht weiter aufrechterhalten, bis sich Deutschland zur Unterzeichnung des Versailler Diktats gezwungen sah. Die Forderung nach Abdankung von Kaiser Wilhelm II. war ebenso Voraussetzung für die Aufgabe der Hungerblockade. Erst im Sommer 1919 wurde sie wieder aufgehoben.[3] [4]
[5]
Der britische General Herbert Plumer soll sich darüber beschwert haben, seine Besatzungstruppen könnten nicht mehr den Anblick ertragen von „Horden von dünnen aufgedunsenen Kindern, die um die Abfälle der britischen Unterkünfte betteln“.[6]
Die Lehren aus dieser Erpressung führten unter der Regierung Adolf Hitlers zur Bestrebung nach weitgehender Autarkie.
Das Deutsche Reich und Österreich hatten im Ersten Weltkrieg mehr als eine Million zivile Opfer zu beklagen, die allesamt der völkerrechtswidrigen englischen Hungerblockade zum Opfer gefallen waren, an der sich die USA dann, nach ihrem Kriegseintritt, auch beteiligten, wodurch die Blockade „wasserdicht“ geworden war.[7] Diese Blockade war ein Verstoß gegen die Londoner Seerechtsdeklaration und ein Völkermord an der deutschen Zivilbevölkerung. Ohne Proklamation und haltbare Gründe hatte England das Deutsche Reich von seinen Nahrungsmitteleinfuhren über See abgeschnitten. Bei Kriegsausbruch erklärte die britische Regierung, daß sie sich nicht an Geist und Buchstaben der Deklaration von London halten werde, sondern für sich das Recht beansprucht, Nahrungsmittel auf See zu erbeuten und zu beschlagnahmen, auch wenn diese auf neutralen Schiffen zu neutralen Häfen transportiert werden. [1]
Nach der völkerrechtswidrigen Ruhrbesetzung durch die Franzosen kam es zu einer erneuten Hungerblockade des besetzten Gebietes.
Siehe auch
Literatur
- ExpressZeitung: 100 Jahre Krieg gegen Deutschland (Teil 2), Ausgabe 29 (November 2019), Heftvorstellung und Bezugsnachweis
- Hans Meiser: Rebarbarisierung der Kriegführung durch die Alliierten, in: Rolf Kosiek / Olaf Rose (Hgg.): Der Große Wendig, Bd. 4, Edition Grabert im Hohenrain-Verlag, 3. Aufl., Tübingen 2017, S. 56–61
- Hans-Jürgen Evert: Verschwiegene Zeitgeschichte. Wende zur Wahrheit. Evert-Verlag, Fischbachau, 2. Auflage 1989, ISBN 3-9800946-4-2
- Korvettenkapitän Friedrich Lützow: Unterseebootskrieg und Hungerblockade (1921) (PDF-Datei)
- Verschwiegene geschichtliche Tatsache: Der Versuch der Alliierten, Deutschland 1919 verhungern zu lassen
- Die englische Hungerblockade im Weltkrieg 1914-15