Haber, Fritz
Fritz Jakob Haber ( 9. Dezember 1868 in Breslau; 29. Januar 1934 in Basel) war ein jüdischer Chemiker aus Deutschland. Nach ihm sind der Born‐Haber‐Kreisprozeß zur quantitativen Ermittlung der Gitterenergie in Kristallen sowie das Haber‐Bosch‐Verfahren zur Herstellung von Ammoniak aus den Elementen Stickstoff und Wasserstoff benannt. Für die Synthese von Ammoniak aus seinen Elementen wurde Fritz Haber im Jahr 1918 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Er unterschrieb am 14. Oktober 1914 das „Manifest der 93“.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Fritz Haber wurde 1868 als Sohn des Farben- und Lackhändlers Siegfried Haber in Breslau geboren. Er wuchs zunächst als Einzelkind auf, da seine Mutter Paula wenige Wochen nach seiner Geburt verstarb. Da sein Vater ihn für den Tod verantwortlich machte, kam es schon früh zu Spannungen zwischen Vater und Sohn. Er wurde dann von der zweiten Ehefrau seines Vaters, Hedwig Hamburger, aufgezogen.
Haber wurde eine humanistische Bildung zuteil, d. h. die gymnasiale Ausbildung nach humanistischem Vorbild. Alte Sprachen, wie Latein und Griechisch, standen im Vordergrund, die Naturwissenschaften wie Chemie, Biologie oder Physik wurden kaum vermittelt. Dennoch befaßte sich Haber in seiner Freizeit mit Experimenten. Da Fritz Haber nach Wunsch seines Vaters das Firmenerbe antreten sollte, absolvierte er zunächst ein kaufmännische Lehre.
Haber studierte ab 1886 in Berlin und Heidelberg (bei Robert Bunsen) Chemie, unter anderem bei Momsen, den Haber oft wegen seiner Pedanterie, aber auch der mangelnden Grundlagenforschung (Momsen entwarf vor allem chemische Analyseverfahren) kritisierte. Das Studium mußte unterbrach er 1888 für den einjährigen Militärdienst unterbrechen. Während des Militärdienstes strebte er das Patent als Reserveoffizier an. Haber promovierte 1891 zum Dr. phil. an der Technischen Hochschule in Berlin‐Charlottenburg mit einer Arbeit über anorganische Chemie. Im Anschluß war er als Volontär in deutschen, österreichischen und ungarischen Fabriken tätig.
Er konvertierte 1892 vom innerlich abgelehnten jüdischen zum protestantisch-christlichen Glauben und ließ sich taufen.
Nach verschiedenen Tätigkeiten in der Industrie und an Hochschulen erhielt er 1894 in Karlsruhe an der damaligen Technischen Hochschule eine Assistentenstelle in der Physikalischen Chemie und habilitierte dort 1896. 1898 wurde er in Karlsruhe zum außerordentlichen Professor für Technische Chemie ernannt. 1902 wurde Haber von der Deutschen Bunsen‐Gesellschaft für physikalische Chemie in die Vereinigten Staaten entsandt. Nach seiner Rückkehr stellte er erste Versuche zur Gewinnung von Ammoniak aus Luftstickstoff an.
Schon 1904 begann Haber sich mit der katalytischen Bildung von Ammoniak zu beschäftigen. Daraus entwickelte er 1909 zusammen mit Carl Bosch bei der BASF das Haber-Bosch-Verfahren, wofür sie 1910 das Patent erhielten. Dieses Verfahren ermöglichte die synthetische Herstellung von Ammoniak als Ersatz für Salpeter zur Herstellung von Düngemitteln und Sprengstoff. Von 1905 bis 1911 hatte Haber den Lehrstuhl für physikalische Chemie an der Technischen Hochschule in Karlsruhe inne.
1911 wurde er zum Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin-Dahlem berufen. Dieses Institut ist heute als Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft nach ihm benannt. Weiterhin ist auch das Fritz-Haber-Zentrum für Molekulare Dynamik der Hebräischen Universität Jerusalem nach ihm benannt.
Seine Versuche mit Phosgen und Chlorgas (ein Abfallprodukt aus der Farbproduktion der chemischen Industrie) machten ihn aber auch zum Entwickler der Giftgaswaffen, die im 1. Weltkrieg von Deutschland eingesetzt wurden. Nach dem 1. Weltkrieg wurde er aufgrund eines angeblichen Verstoßes gegen die Haager Landkriegsordnung von den Alliierten wegen „Verbrechen gegen die Menschheit“ zum Kriegsverbrecher erklärt und floh vorübergehend in die Schweiz. In seinen Lebenserinnerungen berichtete Otto Hahn über ein Gespräch mit Haber:
- „Auf meinen Einwand, daß diese Art der Kriegführung gegen die Haager Konvention verstoße, meinte er, die Franzosen hätten – wenn auch in unzureichender Form, nämlich mit gasgefüllter Gewehrmunition – den Anfang hierzu gemacht. Auch seien unzählige Menschenleben zu retten, wenn der Krieg auf diese Weise schneller beendet werden könne“.[1]
Er verlor auch seine Frau Clara Helene, geborene Immerwahr, die er 1901 geheiratet hatte. Sie erschoß sich mit der Dienstwaffe des Mannes am 2. Mai 1915 in der Dienstvilla in Dahlem (Faradayweg 8) bei Berlin, nachdem sie Fritz Haber mit seiner späteren zweiten Ehefrau Charlotte Nathan[2] in flagranti erwischt hatte. Laut Charlotte Haber sei Clara Haber, deren Tod nicht sofort eingetreten sei (sie habe noch zwei Stunden geatmet), von ihrem 12jährigen Sohn Hermann ( 1902) im Morgengrauen gefunden worden, der daraufhin den Vater informiert habe. Dieser reiste, seinen Befehlen folgend, noch am selben Tag an die Ostfront.
1917 übernahm Haber die Leitung eines Technischen Ausschusses für Schädlingsbekämpfung. Bis 1920 leitete er die ein Jahr zuvor gegründete Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung. In diese Zeit fällt auch Habers vergeblicher Versuch, aus dem Meer Gold zu gewinnen, was bei der Ableistung von deutschen Reparationszahlungen helfen sollte. Aus diesem Grund nahm Haber 1923 an einer Schiffsexpedition von Hamburg nach New York teil. Auch wenn es nicht gelang, einen wirtschaftlichen Prozeß zur Goldgewinnung zu finden, um Deutschland die Reparationszahlungen des Versailler Schanddiktats zu ermöglichen, wie sich das Haber so sehr wünschte, so konnten die Nachweismethoden stark verbessert werden.
Fritz Haber war seit Gründung der IG Farben 1925 in deren Aufsichtsrat. Nach der Nationalsozialistischen Revolution mußte er das Kaiser-Wilhelm-Institut verlassen. Er ließ sich in den Ruhestand versetzen. Er zog 1933 nach Cambridge, wohin er noch einen Ruf an die Universität erhalten hatte und starb kurz danach 1934 auf der Durchreise in Basel.
Kurzchronologie
- 1894 bis 1898 Assistent im Bereich Brennstoffchemie der Technischen Hochschule Karlsruhe
- 1898 bis 1911 apl. Professor für technische Chemie an der Technischen Hochschule Karlsruhe
- 1916 Lehrtätigkeit an der Friedrich-Wilhelms-Universität, Berlin, zunächst als Privatdozent
- 1912 als Honorarprofessor für physikalische Chemie
- 1911 bis 1933 Leiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Berlin
- 1914 bis 1918 Leiter der „Zentralstelle für Fragen der Chemie“ in der Obersten Heeresleitung
Ehrungen und Auszeichnungen (Auszug)
- Liebig-Denkmünze des Vereins Deutscher Chemiker (1914)
- Auswärtiges Mitglied der American Academy of Arts and Sciences (1914)
- Eisernes Kreuz (1914), II. und I. Klasse
- EK II am 28. Februar 1916
- EK I 1917
- Königlicher Hausorden von Hohenzollern, Ritterkreuz mit Schwertern, 1917
- Ehrendoktorwürde (Dr. med. h. c.) der Universität Halle, 1917
- Korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 1917
- Erinnerungsmedaille der Heeresgruppe Kronprinz, Anfang 1918
- Preußischer Kronenorden, III. Klasse am 30. August 1918
- Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften (korrespondierendes Mitglied seit 1918, auswärtiges seit 1927)
- Nobelpreis für Chemie (1918)
- Bunsen-Medaille der Deutschen Bunsen-Gesellschaft für Physikalische Chemie, zusammen mit Carl Bosch (1918)
- Präsident der Gesellschaft Deutscher Chemiker (1923)
- Harnack-Medaille der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (1926)
- Wilhelm-Exner-Medaille (1929)
- Ehrenmitglied der Société Chimique de France (1931)
- Ehrenmitglied der Chemical Society of England (1931)
- Ehrenmitglied der Society of Chemical Industry, London, (1931)
- Rumford-Medaille, American Academy of Arts and Sciences (1932)
- Auswärtiges Mitglied der National Academy of Sciences, USA (1932)
- Ehrenmitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften (1932)
- Vorstand der International Union of Pure and Applied Chemistry, 1929 bis 1933; Vize-Präsident, 1931
- Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft
Benennungen
Zu seinen Ehren wurde das Kaiser-Wilhelm-Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie in Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft umbenannt.
Fußnoten
- Geboren 1868
- Gestorben 1934
- Jüdischer Nobelpreisträger
- Jüdischer Chemiker
- Jüdischer Hochschullehrer
- Träger des Nobelpreises für Chemie
- Hochschullehrer (Humboldt-Universität zu Berlin)
- Hochschullehrer (Karlsruher Institut für Technologie)
- Korporierter (Studentenverbindung)
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Mitglied der Leopoldina
- Träger der Wilhelm-Exner-Medaille