Gebrüder Horten

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Gebrüder Horten: Reimar (links; Motor- und Segelflieger) und Walter Horten (rechts; Jagdflieger) als Offiziere der Luftwaffe

Bei den Gebrüdern Horten handelt es sich um Reimar Horten (Lebensrune.png 2. März 1915 in Bonn; Todesrune.png 14. März 1994 in Argentinien) und Walter Horten (Lebensrune.png 13. November 1913 in Bonn; Todesrune.png 10. Dezember 1998 in Baden-Baden). Wolfram Horten (Lebensrune.png 3. März 1912 in Bonn; Todesrune.png 20. Mai 1940), der im Zweiten Weltkrieg bei Dünkirchen in einer Heinkel He 111 durch alliierten Beschuß fiel, war ein weiterer Bruder, wird aber nicht zu den gemeinhin als Gebrüder Horten bekannten Konstrukteuren gezählt.

Erläuterung

Die Gebrüder waren zwei deutsche Flugzeugkonstrukteure, Pioniere der Nurflügel-Flugzeugtechnik und neben Alexander Lippisch die wesentlichen Initiatoren der Nurflügelforschung. Sie erprobten und entwickelten in den 1930er Jahren verschiedene Segel- und Motorgleiter, die bei Wettbewerben sehr erfolgreich abschnitten, und bauten mit der Horten IX das erste und einzige Nurflügel-Kampfdüsenflugzeug der Luftfahrtgeschichte. Ihre Kenntnisse im Flugzeugbau hatten sie autodidaktisch erworben, worin sie von ihren Eltern sehr unterstützt worden waren.

Wirken

Ab etwa 1930 bauten Reimar und Walter als Jugendliche und junge Erwachsene Nurflügel-Segelmodelle und stiegen dann ab 1933 mit der H I in den Bau der ersten Flugzeuge mit Führerkanzel (Cockpit) ein – ebenfalls noch unmotorisiert. Diese bestanden aus einem Rohrgestell, Halterungen für Armaturen, Ruder und Fahrwerk sowie der Beplankung aus Holz. Durch die außergewöhnlich guten Flugeigenschaften der H I konnten sie auf Segelflugwettbewerben einige Erfolge verbuchen. Durch die futuristisch anmutende Nurflügel-Konfiguration zogen sie die Aufmerksamkeit der Fachwelt auf sich.

Die beiden Brüder wurden 1936 zum Militär eingezogen. Zunächst war das militärische Interesse an den Nurflüglern sehr begrenzt, da sie nicht motorisiert waren. Die erste Maschine mit eigenem Antrieb war eine H II, die nachträglich mit einem Hirth-HM-60-Motor mit 60 PS ausgestattet wurde.

Nach der H II folgten bis 1945 immer weitere Versionen. Es brauchte allerdings viel Zeit, bis Entscheidungsträger (insbesondere Reichsmarschall Hermann Göring) von den Qualitäten der Nurflügler überzeugt worden waren. So wurden Entwicklung und Einsatz verzögert. Die folgenden Horten-Nurflügler ragten besonders heraus:

H III

Reimar baute 1937 in Köln die H III, die eine H II mit größerer Flügelspannweite war. Etwa 13 Exemplare wurden gebaut. Einige nahmen an den Segelflugmeisterschaften 1938 und 1939 in der Rhön teil. Eine H IIIc wurde mit Vorflügeln ausgestattet. 1938 erreichte eine H III eine Höhe von fast 7000 m.

H IX

Die Horten Ho 229 V3 wird seit 2014 wird sie im Restoration Hangar des Steven F. Udvar-Hazy Center restauriert und kann von der Besuchergalerie aus besichtigt werden (Stand: 2016).

Die motorisierten Horten-Nurflügler waren nun auch für das Militär interessant geworden. Für die Gebrüder Horten war ihr Nurflügler in erster Linie als Luftüberlegenheitsjäger geeignet und als solcher von Walter sogar nachdrücklich projektiert. Hermann Göring legte die Eignung der Maschinen jedoch auf die eines Bombers fest.

Göring stellte die „1000–1000–1000–Forderung“ auf, wonach eine Bombennutzlast von 1000 kg Gewicht mit 1000 km/h 1000 km weit transportiert werden konnte. 1943 wurde das Strahltriebwerk Junkers Jumo 004–B verfügbar, das u. a. auch in der allseits bekannten Me 262 verbaut wurde. Die Brüder Horten gingen also daran, diese Anforderung mit einem Jumo 004 zu erfüllen. Getragen von einem Projekt mit der Bezeichnung „Sonderkommando IX“ entstand in Göttingen der Nurflügler H IX. Anders als seine Vorgänger bestand er fast nur noch aus Holz. 1944 flog der Zweistrahler erstmals, stürzte allerdings bei einem Testflug etwa zwei Monate später nach einem Triebwerksausfall ab. Der Testpilot Erwin Ziller fand dabei den Tod.

Drei Exemplare der H IX (Unterversion Ho 229 V3) wurden 1945 von der VS-Armee erbeutet und in die VSA verbracht. Dort wurde eine Maschine bis 1947 untersucht und die Ergebnisse zur Verschlußsache erklärt. Das Wrack wurde dann dem National Air And Space Museum übergeben, das kein Geld für die Restaurierung zusammenbrachte und diese H IX seither in einer Lagerhalle unter Ausschluß der Öffentlichkeit verrotten ließ. Sie ist vermutlich vernichtet worden.

Nach über 60 Jahren der Lagerung nahm man eine (inzwischen die einzig verbliebene) H IX als Vorlage für ein fluguntüchtiges Modell, das in El segundo (Südkalifornien) von Northrop-Flugzeugingenieuren nachgebaut wurde. Laut Reimar Horten wurden die deutschen Maschinen mit einer stark kohlenstoffhaltigen Lackierung versehen, was Teil der Maßnahmen für die gezielte Reduzierung der Radarsignatur war. Das VS-amerikanische Modell erhielt deshalb einen silberhaltigen Anstrich und wurde dann genaueren Strömungs- und Radarabsorptionstests unterzogen. Die Ergebnisse waren so beeindruckend, daß für den Fall einer Massenproduktion dieses Fluggerätes und eines Tiefflugangriffs gegen die britische Radarmauer eine Vorwarnzeit von nur 2½ Minuten für die englische Luftabwehr geschätzt wurde.

Innerhalb dieser Zeit hätten keine Abfangjäger aufsteigen können, so daß nicht nur die Radarmauer, sondern auch die englischen Luftwaffenstützpunkte zerbombt worden wären. Weitere Staffeln der H IX und traditioneller Bomber wären in England und Wales bei nun darniederliegender Luftabwehr eingefallen. Dies hätte den Kriegsausgang also erheblich verändern können. Selbst wenn die Engländer noch Maschinen hochgebracht hätten, wären sie den äußerst wendigen und schnellen H IX hoffnungslos unterlegen gewesen.

H XVIII

Am 12. März 1945 wurde noch ein Vertrag über die Entwicklung der H XVIII geschlossen – eines Langstrecken-Nurflügel-Bombers, der in der Lage sein sollte, die VSA zu bombardieren. Die Planung begann im September 1944. In drei Wochen harter Arbeit zeichnete Reimar die Pläne dazu. Wie in den H IX wären auch in den H XVIII so viel Holz und Holzbauteile wie möglich verbaut worden – einerseits aus Kostengründen, andererseits aber, um der Entdeckung durch alliiertes Radar zu entgehen und den Transport von 4 t Atombombenlast auch bei hoher Fluggeschwindigkeit über 800 km/h gewährleisten zu können. Das Problem, wie man an eine Atombombe kommen sollte, war dabei nicht gelöst. Göring ging davon aus, sie werde 1946 einsatzbereit sein.

Es war geplant, in der A-Version sechs Düsentriebwerke vom Typ Junkers Jumo 004–H in die Flügelzelle einzubauen. Aus Gewichts- und Kostengründen sah man für die Version H XVIII–B ein starres Fahrwerk in zwei Kästen unter den Flügelzellen vor, wobei sich diese an den Kastenseiten der Triebwerke befunden hätten. Die geplante B-Version hätte vier Düsentriebwerke des moderneren Typs Heinkel He–S–11 haben sollen, mit denen die 11.000 km Reichweite bei hoher Geschwindigkeit und der Angriff mit bis zu 4 t Atombomben gegen den Kriegsgegner VSA erfolgreich hätte erfolgen können.

Die Produktion der H XVIII sollte auf Drängen Hermann Görings bereits am 1. April 1945 bei Kahla beginnen, und die Indienststellung war für 1946/47 geplant. Zu jener Zeit aber waren längst alle wichtigen Rohstoffe so knapp und die einstige Vormachtstellung des deutschen Militärs so weit zerschlagen, daß die Nutzung der H XVIII unmöglich erschien.

Änderung des Kriegsausgangs

Die H IX und die darauffolgende H XVIII kamen zu spät, um den Kriegsausgang noch zu beeinflussen. Um dies zu erreichen, hätten zwei wesentliche Faktoren eintreten müssen:

  1. Das deutsche Militär hätte den Wert von Hortens Nurflüglern eher erkennen und um mindestens zwei Jahre früher nutzen müssen und
  2. das unzuverlässig arbeitende Jumo 004–B hätte früher und von vorn herein als zuverlässig arbeitend produziert werden müssen (alternativ hätte man es beim Jumo 004–A belassen können, das Ende 1940 zur Verfügung stand, aber einen sehr viel höheren Bedarf an raren Rohstoffen wie Nickel, Molybdän und Titan hatte).

Für den Fall von 15–20 bis Mitte 1943 fertiggestellter H-IX-Bomber, die ein zuverlässig arbeitendes Strahltriebwerk enthielten und massenhafter Produktion bis Ende 1943 wäre beschriebenes Gerät mit Sicherheit kriegsbestimmend und wahrscheinlich sogar kriegsentscheidend gewesen. Selbst als Bomber übertrafen die Leistungen des H IX noch die meisten der spezifischen Leistungen unter den damals verbreiteten Maschinen aller Arten der Alliierten, namentlich der Mustang und der englischen Spitfire in Manöverierbarkeit, Beschleunigung, Geschwindigkeit, Steigleistung, Dienstgipfelhöhe und Nutzlast. Sogar die sonst so begeistert aufgenommene Me 262 wurde in einem Luftkampf von einer H IX durch Erwin Ziller Ende 1944 geschlagen. Nachfolgende Tabelle stellt die Leistungen mehrerer gegen Kriegsende eingesetzter Fluggeräte im Vergleich zur Horten H IX dar:

Gegenüberstellung der Kenndaten verschiedener Jäger und Bomber.
Eigenschaft Horten H IX North American P–51D „Mustang“ Supermarine Spitfire Boeing B–29 „Superfortress“
Produktionsland
Flagge Deutsches Reich.png
Flag of the United States.png
Flagge Großbritanniens.png
Flag of the United States.png
Flugzeugtyp Luftüberlegenheitsjäger und Bomber Jäger Jäger Bomber
Indienststellung – (geschätzt 1946) Frühjahr 1944 August 1938 8. Mai 1944
Motorisierung 2 Junkers Jumo 004–B2 (17,4 kN) 1 12-Zylinder-V-Motor (1230 kW) 1 12-Zylinder-V-Motor (1215 kW) 4 Doppel-Sternmotoren (6560 kW)
Höchst-/Reisegeschwindigkeit ca. 1030? km/h
/
977 km/h
703 km/h (7620 m)
/
523 km/h (3048 m)
656 km/h (7600 m)
/
? km/h
576 km/h (9150 m)
/
? km/h
Steigleistung 1320 m/Min. 975 m/Min. 790 m/Min. 274 m/Min.
Dienstgipfelhöhe 15.000 m 12.500 m 11.125 m 10.250 m
Reichweite 1900 km 2080 km bei 416 km/h in 3000 m (ohne Abwurftanks) ca. 1500 km (mit 409l-Zusatztank, Sparflug) 5200 km
Nutzlast 1 t 1,7 t 0,6 t 28 t

Die H IX ist also der gelungene Spagat zwischen einem Luftüberlegenheitsjäger und einem Bomber mit moderaten Tarnkappeneigenschaften geworden. Kein Wunder, daß dieses Gerät den VS-Amerikanern Angst bereitete, als sie nach dem „Sonderkommando IX“ fahndeten. Die großen Verzögerungen bei der Entwicklung der H IX (und später der H XVIII) seitens der Entscheider sowie die Unzuverlässigkeit des Jumo-Triebwerks verhinderten den Erfolg dieses Flugzeugtyps. Außerdem kamen durch den ab etwa 1942 sich negativ entwickelnden Kriegsverlauf immer neue Hürden dazu.

Nutzung der Nurflügel-Technologie

Nach Ende der Kriegshandlungen und der folgenden Besetzung Deutschlands mit Verbot von Entwicklung und Bau von Fluggeräten wanderte Reimar nach Argentinien aus. Walter bewarb sich erfolglos beim VS-amerikanischen Flugzeughersteller Northrop. Jack Northrop war selbst ein Verfechter der Nurflügel-Konfiguration, aber alle seine Entwicklungen krankten am Mangel von Flugstabilität. Die gilt im besonderen für sein damaliges Prestigeprojekt, die YB–35, die ihren Erstflug im Juni 1946 bewältigte.

Man darf vermuten, daß das Wissen um die stabile Fluglage, für die die Horten-Nurflügler bekannt waren, ein erheblicher Vorteil für beide Seiten geworden wäre. Der für Walter Horten sollte dabei jedoch offenbar vermieden werden, denn eine H IX wurde in ein Lager in Nordkaliformien verbracht, das nahe dem Firmenstandort von Northrop lag. Die Northrop-Techniker nahmen also die H IX genau unter die Lupe und steckten alle Erkenntnisse in ihren Nachfolger YB–49.

Die YB–49 hatte dann Strahltriebwerke und weniger Probleme mit der allgemeinen Flugstabilität. Dafür wurde die Flugzeugstabilität von Robert Cardenas (Luftwaffen-Testpilot der VSA) 1949 in Frage gestellt, was zum Abbruch der Entwicklungsarbeiten an diesem Fluggerät führte. Er war es auch, der Testpiloten (u. a. Glen Edwards) von Flugmanövern abriet, die nahe der Strömungsabrißgeschwindigkeit lägen.

Northrop entwickelte Jahrzehnte später den Tarnkappen-Nurflügel-Langstreckenbomber B–2. Die Indienststellung fand am 17. Dezember 1993 statt. Die Hüllengeometrie erinnert stark an die H IX, und auch viele andere Details des Bombers wurden aus den Erkenntnissen der untersuchten Ho 229 V3 entlehnt.

Die beiden Brüder Reimar und Walter Horten schrieben Luftfahrtgeschichte, indem sie das Nurflügelkonzept wie kaum jemand sonst in Europa bekanntmachten. Sie trieben die Entwicklung eines Flugzeugtyps voran, der den Ausgang des Zweiten Weltkrieges bestimmt hätte. Obwohl sie nicht studierten, kann man in diesem Fall ebenfalls von guter deutscher Ingenieurskunst sprechen.

Literatur

  • Andreas Haka: Flügel aus „Schwarzem Gold“, in: NTM Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin, Band 19, Nummer 1, Februar 2011
  • Reimar Horten / Peter F. Selinger: Nurflügel, die Geschichte der Horten-Flugzeuge 1933–1960, H.-Weishaupt-Verlag, Graz, ISBN 3-900310-09-2
  • Uwe Jack: Horten Nurflügel-Jets. Hightech im Zweiten Weltkrieg, Verlag PPVMEDIEN, Bergkirchen, ISBN 978-3-95512-084-9
  • Rudolf Storck: Flying wings. Die historische Entwicklung der Schwanzlosen- und Nurflügelflugzeuge der Welt, Bernard & Graefe Verlag, Bonn 2003, ISBN 3-7637-6242-6
  • David Myhra: The Horten brothers and their all wing aircraft, Schiffer-Verlag, ISBN 0-7643-0441-0

Verweise