Hass, Hans
Hans Heinrich Romulus Hass (zuvor Haß; 23. Januar 1919 in Wien; 16. Juni 2013 ebenda) war ein promovierter deutscher Tauchpionier, Zoologe und Meeresforscher. Seinen letzten Tauchgang absolvierte Professor[1] Dr. Hass im Alter von 91 Jahren.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Hans Hass war der Sohn des Rechtsanwalts Hans Haß und der Fabrikantentochter Meta Brausewetter, der Schwester des Schauspielers Hans Brausewetter. Er studierte nach dem Abitur zunächst Rechtswissenschaften (Universität Wien), stieg dann aber auf Zoologie (Humboldt-Universität zu Berlin) um. Hass war (gemeinsam mit Lebensfreund Wurzian) bei der schlagenden Verbindung Wiener Akademischer Sportverein (WASV).
Prägend für sein Interesse an der Meeresbiologie war seine Maturareise 1937 an die Französische Riviera mit Unterwasserjagden und Unterwasserfotografie. Er unternahm 1938 eine erste Forschungsreise, bei der er eine selbstkonstruierte Unterwasserkamera benutzte.
Zweiter Weltkrieg
1939 organisierte Hans Hass eine Reise nach Curacao und Bonaire (Niederländische Antillen) mit seinen Freunden Alfred von Wurzian und Jörg Böhler. Dort dreht er seinen ersten Film, bei dem er erstmals die freischwimmende Filmmethode verwandte. Nach den Unterwasserexpeditionen in der Karibik und ersten Fachartikeln stieg Hass 1940 vom Studium der Rechtswissenschaften auf Zoologie um. Er wurde Begründer dieses neuen Zweigs der wissenschaftlichen Forschungsarbeit und führte später mit seinen Freunden die Forschungen in allen großen Meeren der Welt fort. Im gleichen Jahr entwickelte er die „Hans-Hass-Flosse“.
Eine weitere Expedition führte ihn 1942 in die Ägäis zur Pilion-Halbinsel, den Nördlichen Sporaden und nach Santorin. Mit dabei war erstmals auch der spätere Wehrmachtssoldat und deutsche Geheimagent Alfons Hochhauser (genannt: „Xenophon“, 1906–1981), der als Ortskundiger, Dolmetscher und Fischereiexperte unentbehrlich war. Hier wurde der Film Menschen unter Haien gedreht. 1941 kaufte Hass das Segelschiff des Grafen Luckner, die „Seeteufel“, und baute es zu einer Forschungsstation um.
Seine Dissertation zum Dr. rer. nat. schrieb er 1942, sie wurde 1943 mit summa cum laude bewertet. Es war die erste wissenschaftliche Arbeit über das Schwimmtauchen als einer Methode meeresbiologischer Untersuchung.
Hass war ebenfalls 1942 an der Entwicklung eines autonomen Schwimmtauchgerätes (Rebreather) des Drägerwerks beteiligt, welches von den deutschen Meereskämpfern benutzt wurde.[3] Hans Hass wirkte, analog etwa zu Jacques-Yves Cousteau, maßgeblich an der Entwicklung des freischwimmenden Tauchens (Froschmann) mit. Ein umgebautes U-Boot-Rettungsgerät der Firma Dräger ermöglichte bis dahin noch nie durchgeführte Tauchexperimente und Tauchexpeditionen, diente als Typgerät für spätere, speziell im militärischen Bereich weit verbreitete Sauerstoffkreislaufgeräte.[4]
Auf seinen bahnbrechenden Erkenntnissen und Erfahrungen aufbauend konnten sich die neugeschaffenen Kampfschwimmerverbände der Deutschen Bundeswehr unter dem Kommando des ehemaligen Meereskämpfers Korvettenkapitän Günter Heyden zu einer ausgesprochenen Eliteeinheit entwickeln.
Das von Hass entwickelte universelle Unterwassergehäuse (Rolleimarin) begleiteten eine ganze Generation von Unterwasserfotografen.[5]
Aufgrund einer Gefäßkrankheit der Füße wurde Hans Hass nicht zur Wehrmacht eingezogen. Er litt unter dem Raynaud-Syndrom. Beim Marschieren starben ihm die Füße ab. Im Februar 1944 promovierte er an der Humboldt-Universität zu Berlin im Fach Zoologie mit einer Dissertation über die zu den Moostierchen gehörenden Neptunschleier (Reteporidae beziehungsweise Phidoloporidae). Bis Kriegsende widmete er sich vorwiegend der Fertigstellung seines letzten Expeditionsfilms, Menschen unter Haien, welcher 1947 „entnazifiziert“ vorgezeigt wurde.
Nachkriegszeit
Nach 1945 wurde sein Schiff von den „Befreiern“ beschlagnahmt, jedoch konnte er später seine Arbeit als einer der berühmtesten und erfolgreichsten Forschungsreisenden der Welt fortsetzen. Nach Expeditionen in Ostafrika und Südasien entstanden 1959 erste Fernsehserien, 1961 erstmals auch über Landlebewesen. Es folgte Verhaltensforschung und 1963 bis 1966 die Energon-Theorie - die Basis seiner folgenden Arbeiten: Kombiniert mit Managementstrategie publizierte Hass 1969 über Gemeinsamkeiten zur Evolution.
In den 1970er Jahren behandelte Hass Umwelt- und Wirtschaftsthemen und erhielt 1977 den Berufstitel „Professor“, der aber nicht mit einer akademischen Beförderung oder einem Lehrstuhl an der Universität verglichen werden kann. Er setzte sich stets für den Schutz der Weltmeere ein und lieferte in Zusammenarbeit mit Professor Eibl-Eibesfeldt wesentliche Erkenntnisse im Bereich der Verhaltensforschung. Hass erhielt für seinen Dokumentarfilm Unternehmen Xarifa den Oscar.[6]
Tod
Professor Dr. Hass verstarb 2013 in seiner Heimatstadt Wien.
Familie
- Ehe mit Hannelore Schroth 30. Juni 1945 bis April 1950; Sohn Hans (Hans Hass Jr.; 1946; 2009)
- Ehe mit Lotte Baierl seit 1950; Tochter Meta ( 1957)
Filmbeiträge
Dokumentationen (Auswahl)
- 1937:Jagd unter Wasser
- 1942: Pirsch unter Wasser
- 1947: Menschen unter Haien
- 1951: Abenteuer im Roten Meer
- 1954: Unternehmen Xarifa
- 1955: Diving to Adventure; 6-teilige Serie je 30 Min. in englischer Sprache
- 1958–1962: Expedition ins Unbekannte
- 1966: Wir Menschen
- 1971: Das Geheimnis der Cheviot Bay (Melbourne)
- 1971: Unsere Reise mit Kapitän Cook, Reise zum Großen Barriere-Riff
- 1972: Die verzauberten Inseln.
- 1972: Die Pirateninsel - Über die Geschichte von Jamaika
- 1972: Die Teufelsinsel (Reise nach Französisch-Guayana)
- 1974: Schüsse in der Tiefe
- 1974: Das Wrack der Toten
- 1976: Wohnen im Meer; Über die schwimmenden Städte des japanischen Architekten Kiyonori Kikutake
- 1977: Rausch ohne Drogen - Rückkehr nach Curaçao
- 1977: Fisch unter Fischen
- 1979: Tauchen nach Geld
- 1980: Das Monstrum; Über den Korallenwuchs an zwei Wracks bei Port Sudan
- 1983: Ein Herr und sein Hund
- 1983: Komm ins Meer!; 3-teilige Serie
- 1984: Das verwandelte Paradies - Malediven
- 1985: Meine Abenteuer und Forschungen im Meer; 13-teilige Serie, je 45 Min
Bücher (Auswahl)
- 1939: Jagd unter Wasser mit Harpune und Kamera
- 1941: Unter Korallen und Haien
- 1942: Fotojagd am Meeresgrund
- 1947: Drei Jäger auf dem Meeresgrund
- 1949: Menschen und Haie
- 1952: Manta, Teufel im roten Meer
- 1954: Ich fotografierte in den 7 Meeren
- 1954: Unternehmen Xarifa
- 1957: Wir kommen aus dem Meer
- 1958: Fische und Korallen
- 1961: Expedition ins Unbekannte
- 1968: Wir Menschen. Das Geheimnis unseres Verhaltens
- 1970: Energon: Das verborgene Gemeinsame
- 1971: In unberührte Tiefen. Die Bezwingung der tropischen Meere.
- 1972: Vorstoß in die Tiefe. Ein Magazin über Abenteuer bei der Erforschung der Meere.
- 1973: Welt unter Wasser. Der abenteuerliche Vorstoß des Menschen ins Meer.
- 1976: Eroberung der Tiefe. Das Meer – seine Geheimnisse, seine Gefahren, seine Erforschung.
- 1976: Der Hans-Hass-Tauchführer. Das Mittelmeer. Ein Ratgeber für Sporttaucher und Schnorchler.
- 1977: Der Hai. Legende eines Mörders.
- 1979: Wie der Fisch zum Menschen wurde. Die faszinierende Entwicklungsgeschichte unseres Körpers.
- 1980: Im Roten Meer. Wiederkehr nach 30 Jahren.
- 1985: Stadt und Lebensqualität.
- 1986: Abenteuer unter Wasser. Meine Erlebnisse und Forschungen im Meer.
- 1987: Der Ball und die Rose
- 1988: Der Hai im Management. Instinkte steuern und kontrollieren
- 1991: Vorstoß in unbekannte Meere
- 1994: Die Hyperzeller. Das neue Menschenbild der Evolution
- 1996: Aus der Pionierzeit des Tauchens. In unberührte Tiefen
- 2004: Erinnerungen und Abenteuer
- 2005: Lebe deinen Traum
Auszeichnungen (Auszug)
- 1949: Erster Preis des Bundeskanzlers für die „beste Filmidee für einen österreichischen Propagandafilm“.
- 1950: Goldene Gesellschaftsmedaille der Photographischen Gesellschaft in Wien.
- 1951: Der Film „Abenteuer im Roten Meer“ erhält den Internationalen Preis für lange Dokumentarfilme beim 2. Mostra Internazionale del Film Scientifico e del Documentario d’Arte in Venedig.
- 1955: Die Fernsehserie „Diving to Adventure“ wird vom BBC zum „Programm des Jahres“ gewählt.
- 1959: Outstanding Underwater Photographer of the Year der Underwater Photographic Society (USA, International Underwater Filmfestival 1959).
- 1974: Ehrenmitglied Verband Deutscher Sporttaucher.
- 1977: Berufstitel „Professor”, verliehen durch Wissenschaftsministerin Hertha Firnberg.
- 1978: Ehrenmitglied der Europäischen Bildungsgemeinschaft-Verlags GmbH, Stuttgart.
- 1987: Wissenschaftsmedaille der Stadt Linz.
- 1989: IADS-Lifetime Achievement Award (International Association of Diving schools).
- 1994: Goldene Ehrennadel des Verbandes Deutscher Sporttaucher (VDST). Ehrenpräsident „Förderkreis Sporttauchen“. Reg Vallintine Award for Historical Diving Achievement, UK.
- 1997: Reaching out-Award DEMA (Diving Equipment & Marketing Association) USA. Diving Pioneer-Trophy der Historical Diving Society USA. Diving Pioneer-Award der Historical Diving Society Italia.
- 1998: Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst. Zwei NOGI-Awards für Science und Distinguished Service, USA.
- 1999:
- Ehrenmedaille in Gold der Bundeshauptstadt Wien.
- Ehrenpräsident PEN-Club Liechtenstein.
- Konrad-Lorenz-Preis für Umweltschutz.
- Goldenes Ehrenzeichen der Österreichischen Bundesinnung der Fotografen.
- DANUBIUS Donauland-Sachbuchpreis.
- Goldenes Lot des Verbandes der Deutschen Vermessungsingenieure.
- 2001: Dieter-Plage-Lifetime Achievement Award für besondere Leistungen auf dem Sektor des Naturfilms.
- 2004: Christopher-Parsons Award für besondere Leistungen auf dem Sektor des Naturfilms.
- 2005: Friedenspreis für Biologie der „World Association of Private Schools and Universities for Complementary Healing Practices“.
- 2006: Cayman Islands International Scuba Diving Hall of Fame Award. Wyland ICON Award. Beneath the Sea Special Award. Pannatura-Preis für die großen Verdienste um den Naturfilm.
- 2009: Schmitz-Salue-Medaille vom Freundeskreis des Aquazoo-Löbbecke-Museum, Düsseldorf. Elisabeth-Mann-Borgese Meerespreis Schleswig-Holstein.
- 2011: DIVA – Deutscher Unterhaltungspreis
- 2012: Romy Platin für sein Lebenswerk. Eine Kegelschnecke, die in den Philippinen vorkommt, wurde nach ihm benannt (Protoconus hanshassi).