Kessler, Harry Graf

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Harry Graf von Kessler

Harry Clemens Ulrich Kessler, seit 1879 von Kessler, seit 1881 Graf von Kessler (Lebensrune.png 23. Mai 1868 in Paris; Todesrune.png 30. November 1937 in Lyon), war ein deutscher Offizier, kurzzeitig Diplomat, „Dandy“, Schriftsteller, Verleger und Herausgeber.

Leben

Reserveoffizier Graf von Kessler um 1911 mit Dackel „Fips“
Graf von Kessler im Ersten Weltkrieg

Kessler wurde als Sohn eines Hamburger Bankiers und einer irischen Offizierstochter (Alice Harriet, geb. Blosse-Lynch; ihr Vater war Commodore der Royal Navy in Bombay) geboren und wuchs in Paris, London und Hamburg auf. Als 1877 Harrys jüngere Schwester Wilma Kessler (1877–1963) (verheiratet: Wilma Marquise de Brion) zur Welt kam, übernahm der deutsche Kaiser die Patenschaft. Den Kaiser durften die Kinder mit „Onkel“ anreden. Durch Wilhelm I. wurde Adolf Wilhelm Kessler 1879 in den erblichen Adelsstand erhoben und durch Heinrich XIV., Fürst Reuß jüngere Linie 1881 in den erblichen Grafenstand.

1888 begann Harry ein Jurastudium in Bonn, das er einige Jahre später in Leipzig mit Promotion abschloß. Während des Studiums besuchte er auch Literatur-, Psychologie- und Kunstvorlesungen. Vor dem militärischen Dienstjahr als Einjährig-Freiwilliger ging er ab Dezember 1891 für ein Jahr auf Weltreise.Seinen noch 1892 unmittelbar nach der Weltreise begonnenen einjährigen Militärdienst versah er bei den 3. Garde-Ulanen des Garde-Korps in Potsdam und bekam dadurch Zutritt zum preußischen Offizierskorps. Unterdessen hatte Kessler sein Jurastudium 1894 einschließlich Promotion abgeschlossen und begann danach das Referendariat. Er arbeitete dann an der Berliner Kunst- und Literaturzeitschrift „PAN“ mit und war anschließend Direktor des „Großherzoglichen Museums für Kunst und Kunstgewerbe“ in Weimar.

Erster Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg diente er als Reserveoffizier an der Kriegsfront. Im Weltkrieg wurde er als Rittmeister des Garde-Reserve-Korps und bald als Ordonnanzoffizier in Belgien, Rußland, Polen, Ungarn und Frankreich eingesetzt. Schon am 22. Oktober 1914 wurde ihm bei Spala das Eiserne Kreuz verliehen. 1916 erhielt er den Auftrag des Auswärtigen Amts, in Bern offiziell die deutsche Kulturpropaganda zu organisieren und insgeheim Friedensbedingungen mit Frankreich zu sondieren; beiden Aufgaben widmete er sich dank seiner Kenntnis gesellschaftlicher und künstlerischer Instanzen. In Bern leitete er die deutsche Kulturpropaganda. 1918 war er deutscher Gesandter in Warschau, regulierte mit Erfolg die Rückführung deutscher Truppen, wurde jedoch bereits nach wenigen Wochen des Landes verwiesen. Danach begann von Kesslers intensivste politisch-journalistische Tätigkeit unter anderem für Vereinigungen wie „Bund Neues Deutschland“, „Deutsche Friedensgesellschaft“, „Weltjugendliga“, „Sozialwissenschaftlicher Club“, „Reichsbanner Schwarz Rot Gold“, von denen er einigen vorstand. Er kandidierte 1924 bei den Reichstagswahlen (vergeblich) für die Deutsche Demokratische Partei. Von November 1933 bis September 1936 lebte Kessler, mit der Arbeit an seinen Memoiren beschäftigt und hinsichtlich des eigenen Lebensunterhalts kostengünstiger als bis dahin, vorwiegend in Cala Rajada auf Mallorca. Später ließ sich dann in Frankreich nieder und arbeitete an seinen Erinnerungen auf Grundlage seiner Tagebücher.

Zitat über Elsa Brandström

Elsa Brandström, die während des Krieges und nachher unseren Kriegsgefangenen in Rußland und Sibirien eine Vorsehung gewesen ist. Äußerlich ein auffallend hübsches, vornehmes, schlankes, blondes Mädchen, eine nordische Jeanne d'Arc. Ganz unkompliziert, aber stark. Ein erschütterndes Beispiel dafür, was ein einfacher Mensch mit gutem Willen, Mut und Takt erreichen kann. Für Hunderttausende ist sie jahrelang der einzige Mensch gewesen. Eine wahre Heldin. Sie machte auf mich denselben tieferregenden Eindruck wie Nansen. Die schönen, klaren blauen Augen, die etwas schwere, willensstarke Nase, das schmale, vornehme Gesicht, die Einfachheit des Tones, als ob alles selbstverständlich wäre. Fünfeinhalb Jahre war sie in Sibirien, zwei Jahre vollkommen abgeschnitten von ihrer Familie und jeder Nachricht, am Flecktyphus schwer erkrankt und doch gleich wieder weiterarbeitend, zweimal als Spionin zum Tode verurteilt, und doch noch so einfach, so voller Güte wie am ersten Tage und so schön wie eine Ballkomtesse. Solche Menschen, wo Kraft zur Güte wird und doch noch Kraft bleibt, sind die wahren Übermenschen. Nicht, daß sie Tausenden das Leben gerettet hat, sondern daß sie ihnen den Glauben an die Menschheit gerettet hat, ist das tief Bewegende an ihr. Sie erzählte: einmal habe sie die Nachricht erhalten, ihr Vater sei todkrank; sie hätte zurückgekonnt, aber sie blieb, denn ihr Vater hätte alles, was nur möglich sei an Hilfe, aber draußen um sie herum verlören Tausende ihre letzte Hoffnung, wenn sie fortginge. Und ihr Vater wurde gerettet wie durch ein Wunder.
Als sie zurückkam nach Jahren, habe er ihr gesagt, er hätte sie verachtet, wenn sie zurückgekommen wäre. Sie sagte mir, ihre früheren deutschen Kriegsgefangenen aus Sibirien seien heute noch wie eine Familie. Über die Schlampigkeit des Zaristischen Regimes erzählte sie Entsetzliches. 1915 hätten sie einen Zug mit gefangenen Türken in Moskau auf ein Nebengeleise geschoben, wo die Gefangenen in plombierten Waggons erfroren seien; als man die Waggons öffnete, habe man die Leichen mit Hacken aus dem Eise heraushauen müssen. So sei es auch in Pensa und andren Orten gegangen. Nicht aus Bosheit, sondern aus Schlampigkeit: Nitschewo![1] Vieles andre noch. Alles mit erschütternder Einfachheit und Selbstverständlichkeit erzählt, während sie eine Tasse Tee trank und einen kleinen Kuchen mit der Gabel zerkleinerte oder mit der Perlenkette spielte, die sie am Halse trägt. Sie unterhält noch ein Kinderheim in Sachsen für Kinder von Kriegsgefangenen, denen sie auf ihrem Totenbett versprochen hat, für ihre Kinder zu sorgen. Ich hatte den Eindruck: ein einfacher, aber ganz großer, hinreißender Mensch, eine weltliche Heilige, vor der man knien möchte.“[2]

Tod

Nachdem er zunehmend herzkrank geworden war, verstarb Harry Graf von Kessler am 30. November 1937 einsam, mittellos und fast vergessen in einer Klinik in Lyon. Er wurde auf dem Friedhof Père Lachaise in Paris beigesetzt.

Werke (Auswahl)

Fußnoten

  1. Interjektion: umgangssprachlich scherzhaft, „macht nichts!“ [russ., „(es hat) nichts (zu bedeuten)“]
  2. Harry Graf Kessler: Tagebücher 1918 bis 1937. Hg. Wolfgang Pfeiffer-Belli. Frankfurt am Main 1982