Karl III. (Westfrankenreich)
Karl III. der Einfältige (im Sinne von: der Geradlinige; lat. Carolus Simplex; 17. September 879; 7. Oktober 929 in Péronne) war ein germanischer König der Westfranken von 893/98 bis 923. Er stammte aus dem Geschlecht der Karolinger. Sein Nachfolger als Gegenkönig wurde 922 Robert I., der aber 923 in der Schlacht gegen die Truppen Karls fiel. Anschließend wurde König Rudolf von Burgund westfränkischer König.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Wirken
Nach dem Tod Kaiser Karls III. des Dicken im Januar 888 trennten sich die fränkischen Teilreiche endgültig, die Karl der Dicke als letzter unter seiner Herrschaft vereinigt hatte. Die westfränkischen Adligen übergingen den Thronanspruch Karls des Einfältigen, der erst neun Jahre alt war, und wählten den Robertiner Odo, den Grafen von Paris, zum König. Damit wurde erstmals ein Nichtkarolinger westfränkischer König. Allerdings traten einige Große, insbesondere Erzbischof Fulko von Reims, weiterhin für das Thronrecht der Karolinger ein, obwohl sie sich zunächst Odo beugen mußten.
Nachdem Odo sich durch eine starke Bevorzugung seines jüngeren Bruders, des Markgrafen Robert, und andere umstrittene Entscheidungen mißliebig gemacht hatte, wagten es die oppositionellen Vornehmen, unter denen Fulko eine maßgebliche Rolle spielte, den inzwischen dreizehnjährigen Karl den Einfältigen am 28. Januar 893 (dem bewußt gewählten Todestag Karls des Großen) in Reims zum Gegenkönig zu erheben. Die Rebellion wurde zunächst von dem ostfränkischen König Arnulf von Kärnten unterstützt, der auch ein Karolinger war, doch gelang es Odo, Arnulf auf seine Seite zu ziehen. In dem folgenden Bürgerkrieg war Odo überlegen. Schließlich wurde 896/97 Frieden geschlossen; Karl unterwarf sich Odo und erkannte ihn als König an, dafür wurde er von Odo, der keinen Sohn hatte, als Nachfolger akzeptiert.
Karl der Einfältige schloß 911 den Vertrag von Saint-Clair-sur-Epte mit dem Wikinger Rollo, der als Riese und gefährlicher Gegner der angesiedelten Westfranken galt. Der nordmännische Heeresführer Rollo ließ sich taufen, seitdem nannte er sich Robert. Nach der Taufe erhielt er ein Gebiet am Unterlauf der Seine als Lehen. Das geschah aus der Not heraus, da er nach mehreren schweren Niederlagen die völlige Vernichtung seines verbliebenen Kontingents befürchten mußte. Dennoch hatten die Normannen im Norden des Westfrankenreiches Fuß gefaßt.
Nach dem Tod des letzten ostfränkischen Karolingers, Ludwigs IV. des Kindes, im Jahr 911 lud der lotharingische Adel Karl, den nunmehr einzigen überlebenden Karolinger, zur Machtübernahme ein. Karl, der schon 898 im alten Stammland seiner Familie Lotharingien militärisch eingegriffen und Aachen besetzt hatte, drang nun erneut dort ein und eroberte das Gebiet. Gestützt auf den lotharingischen Adel konsolidierte er dort seine Herrschaft und verständigte sich darüber mit dem Ostfrankenkönig Heinrich I., mit dem er 921 den Vertrag von Bonn zur gegenseitigen Anerkennung der Besitzstände schloß.
Entmachtung
Karl hatte damals bereits begonnen, sich nach der Aushöhlung seiner Macht im Westfrankenreich zunehmend auf lotharingische Kräfte zu stützen. Sein besonderer Günstling wurde der Lothringer Hagano. Dies erzürnte den westfränkischen Adel, da Hagano ein Landesfremder und überdies von niedriger Herkunft war. Nachdem mächtige Adlige 920 auf einem Reichstag zu Soissons von Karl vergeblich die Entlassung Haganos gefordert hatten, sagten sie sich von ihm los. Als Karl nicht nur an Hagano festhielt, sondern auch noch beschloß, ihm die Abtei Chelles zu geben, führte dies zum Konflikt mit den Robertinern und ihren Verbündeten, denn die Äbtissin Rothild von Chelles war die Schwiegermutter Hugos des Großen, des Sohnes des Markgrafen Robert.
Die oppositionellen Adligen erhoben Robert am 30. Juni 922 zum Gegenkönig (Robert I.). Am 15. Juni 923 fiel Robert in der Schlacht von Soissons gegen das Heer Karls des Einfältigen, doch seine Truppen besiegten die Streitmacht des Karolingers. Daher konnten seine Anhänger sogleich Roberts Schwiegersohn Rudolf von Burgund zum neuen König erheben.
Rudolf wurde schon am 13. Juli 923 gekrönt. Einer seiner Parteigänger, Graf Heribert II. von Vermandois, lockte Karl den Einfältigen in eine Falle. Er lud ihn zu Verhandlungen ein und nahm ihn bei dieser Gelegenheit gefangen. Karl wurde erst in Heriberts Festung Château-Thierry, dann nach Péronne gebracht und blieb in Haft. Heribert lieferte ihn nicht an Rudolf aus, sondern behielt ihn selbst in Gewahrsam, um so ein Druckmittel gegen Rudolf zu behalten. Als er 927 mit Rudolf in Streit geriet, holte er den gefangenen Karl hervor und erkannte ihn als rechtmäßigen König an, behandelte ihn aber zugleich weiterhin als Gefangenen.
Tod
Am 7. Oktober 929 starb Karl im Kerker. Er wurde in der Kirche Saint-Fursy in Péronne begraben.
Ehen und Nachkommen
Karl heiratete im April 907, vor dem 19., in erster Ehe die germanische Edelfrau Frederuna, vielleicht eine Tochter des Grafen Dietrich aus dem Haus der Immedinger und damit Schwester der Mathilde, die mit dem ostfränkischen König Heinrich I. verheiratet war. Frederuna starb am 10. Februar 917. Das Paar hatte sechs Kinder, die alle zwischen 908 und 916 geboren wurden:
- Ermentrude, heiratete möglicherweise Gottfried, Pfalzgraf von Lothringen, Graf im Jülichgau
- Frederuna
- Adelheid, heiratete möglicherweise zwischen 920 und 924 Raoul I., Graf von Gouy
- Gisela (Gisla), heiratete wahrscheinlich 912 den Normannenführer Rollo
- Rotrud
- Hildegard
Um das Jahr 919 schloß er seine zweite Ehe mit Eadgifu ( nach 951), Tochter des Königs Eduard I. von Wessex, mit der er einen Sohn hatte, der auch sein Erbe wurde: Ludwig IV. der Überseeische ( 920/921 954), König 936. Eadgifu war bis 951 Äbtissin von Notre-Dame de Laon, wonach sie in zweiter Ehe den Grafen Heribert der Ältere von Meaux (ebenfalls ein Karolinger) heiratete.
Über die ehelichen Kinder hinaus hatte Karl uneheliche Kinder, darunter:
- Arnulf
- Drogo
- Rorico ( 20. Dezember 976), 949 Bischof von Laon, begraben in der Abtei Saint-Vincent in Laon
- Alpais (∞ Erlebold, Graf im Lommegau 915, X 921)
Karl der Kahle (832–877) • Ludwig II. der Stammler (877–879) • Ludwig III. (879–882) • Karlmann II. (879–884) • Karl der Dicke (885–888) • Odo von Paris (888–898) • Karl III. der Einfältige (893–923) • Robert I. (922–923) • Rudolf von Burgund (923–936) • Ludwig IV. der Überseeische (936–954) • Lothar (954–986) • Ludwig V. der Faule (986–987) • Hugo Capet (987–996) • Robert II. der Fromme (987–1031) • Heinrich I. (1027–1060) • Philipp I. (1059–1108) • Ludwig VI. der Dicke (1108–1137) • Ludwig VII. der Jüngere (1131–1180) • Philipp II. August (1179–1223) • Ludwig VIII. der Löwe (1223–1226) • Ludwig IX. der Heilige (1226–1270) • Philipp III. der Tapfere (1270–1285) • Philipp IV. der Schöne (1285–1314) • Ludwig X. der Zänker (1314–1316) • Johann I. der Posthume (1316) • Philipp V. der Lange (1316–1322) • Karl IV. der Schöne (1322–1328) • Philipp VI. (1328–1350) • Johann II. der Gute (1350–1364) • Karl V. der Weise (1364–1380) • Karl VI. der Wahnsinnige (1380–1422) • Karl VII. der Siegreiche (1422–1461) • Ludwig XI. der Kluge (1461–1483) • Karl VIII. der Freundliche (1483–1498) • Ludwig XII. der Vater des Volkes (1498–1515) • Franz I. der Ritterkönig (1515–1547) • Heinrich II. (1547–1559) • Franz II. (1559–1560) • Karl IX. (1560–1574) • Heinrich III. (1574–1589) • Heinrich IV. der Gute (1589–1610) • Ludwig XIII. der Gerechte (1610–1643) • Ludwig XIV. der Sonnenkönig (1643–1715) • Ludwig XV. der Vielgeliebte (1715–1774) • Ludwig XVI. (1774–1792) • Napoléon I. (1804–1814) • Ludwig XVIII. (1814–1815) • Napoléon I. (1815) • Ludwig XVIII. (1815–1824) • Karl X. (1824–1830) • Ludwig Philipp I. der Bürgerkönig (1830–1848) • Louis Napoléon Bonaparte (1848–1852) • Napoleon III. (1852–1870) • Adolphe Thiers (1871–1873) • Patrice Edme, comte de MacMahon (1873–1879) • Jules Grévy (1879–1887) • Marie François Sadi Carnot (1887–1894) • Jean Casimir-Périer (1894–1895) • Félix Faure (1895–1899) • Émile Loubet (1899–1906) • Armand Fallières (1906–1913) • Raymond Poincaré (1913–1920) • Paul Deschanel (1920) • Alexandre Millerand (1920–1924) • Gaston Doumergue (1924–1931) • Paul Doumer (1931–1932) • Albert Lebrun (1932–1940) • Philippe Pétain (1940–1944) • Charles de Gaulle (1944–1946) • Félix Gouin (1946) • Georges Bidault (1946) • Léon Blum (1946–1947) • Vincent Auriol (1947–1954) • René Coty (1954––1959) • Charles de Gaulle (1959–1969) • Georges Pompidou (1969–1974) • Valéry Giscard d’Estaing (1974–1981) • François Mitterrand (1981–1995) • Jacques Chirac (1995–2007) • Nicolas Sarkozy (2007–2012) • François Hollande (2012–2017) • Emmanuel Macron (seit 2017)