Weihedegen
Ein Weihedegen ist eine Ehrenwaffe der Burschenschaften zum Gebrauch beim feierlichen Landesvater, der auf die Studentenorden und Landsmannschaften des 18. Jahrhunderts zurückgeht. Der Stoßdegen dient bei dem feierlichen Einweihungsritual aber auch als Symbol des vaterländischen Freiheitswillen und der brüderlichen Freundschaft sowie Verbundenheit der deutschen Korporierten.
Inhaltsverzeichnis
Der Weihedegen beim Landesvater
Landesvater
„August Christian Heinrich Niemann (1761-1832) [...] Sein ‚Vaterlandslied bei entblößtem Haupt und Degen‘ umfaßte, heute kaum noch kaum praktikabel, nicht weniger als 31 Strophen. Überliefert sind zahlreiche, den veränderten politischen, gesellschaftlichen und auch regionalen Verhältnissen entsprechende Kürzungen, Varianten und Fassungen, die in die vielen Ausgaben unseres Kommersbuches Eingang fanden. Nur der Name ‚Landesvater‘ blieb, ob er zum Text paßte oder nicht. Im Laufe der über 200jährigen Geschichte haben Lied und Zeremonie deutliche Umdeutungen und Akzentverlagerungen erfahren. Ursprünglich [...] feierte das alte deutsche Reich:
- Josephs Söhne!
- laut ertöne
- unser Vaterlandsgesang!
- den Beglücker deutscher Staten
- den Vollender großer Thaten
- preise unser Hochgesang ...
- Heil, Kaiser Joseph, Heil!
- Dir, Deutschlands Vater, Heil!
In Niemanns Liederbuch von 1782 sind acht Lieder mit insgesamt 18 Strophen diesem aufklärerischen reformfreudigen Kaiser gewidmet. Ein Jahr zuvor hatte der Hallische Magister Christian Wilhelm Kindleben das wahrscheinlich erste studentische Liederbuch herausgegeben. Von den etwa 60 Liedern seiner Ausgabe wird in 15 Texten der preußische König Friedrich II., politischer Kontrahent von Kaiser Joseph II., gefeiert.
In den 1810 in Halle herausgegebenen ‚Trink- und Commerschliedern‘ erschien sogar der westfälische König Jérôme Bonaparte als Landesvater. Würzburger bzw. Erlanger Studenten priesen hingegen König Maximilian I. und Kronprinz Ludwig. Mehr noch als Kindleben hebt Niemann in seinem ‚Landesvater‘-Lied –urburschenschaftliche Ziele vorwegnehmend – Forderungen nach einer Reform des Studentenlebens (Ablehnung des Duells) und nationaler Einigung hervor:
- Sich feindlich mit dem Freunde schlagen,
- Das thut kein wakrer deutscher Man,
- hat nie in jenen deutschen Tagen
- ein tapfrer Heldensohn gethan;
- für Vaterland und eignen Heerd
- und Unschuld blizt das deutsche Schwert.
Formal der Niemannschaften Variante folgend, veränderte die Jenaer Urburschenschaft in ihrem Liederbuch ‚Deutsche Burschenlieder‘ (1817) am radikalsten die Aussage des ‚Landesvaters‘ und gab ihr schließlich die noch heute übliche Form.“[1]
Alles schweige!
„Alles schweige!“ („Landesvater“) von Friedrich Silcher, 1823[2]
- 1. Alles schweige! Jeder neige
- ernsten Tönen nun sein Ohr!
- |: Hört, ich sing' das Lied der Lieder,
- hört es, wackre deutsche Brüder!
- |: Hall es :| wieder, froher Chor. :|
- 2. Deutschlands Söhne, laut ertöne
- euer Vaterlandsgesang!
- |: Vaterland! Du Land des Ruhmes, (Dem Beglücker seiner Staaten,)
- weih'n zu deines Heiligtumes (dem Vollender edler Thaten,)
- |: Hütern :| uns und unser Schwert! :| (töne unser Lobgesang.)
- 3. Hab' und Leben dir zu geben,
- sind wir allesamt bereit,
- |: sterben gern zu jeder Stunde,
- achten nicht die Todeswunde,
- |: wenn’s das :| Vaterland gebeut. :|
- 4. Lied der Lieder, hall es wieder,
- groß und deutsch sei unser Muth!
- |: Seht hier den geweihten Degen,
- thut, wie brave Burschen pflegen,
- |: und durch- :| bohrt den freien Hut! :|
- 5. Wer's nicht fühlet, selbst nicht zielet
- stets nach deutscher Männer Werth,
- |: soll nicht unsern Kreis entehren,
- nicht bei unserem Becher schwören,
- |: nicht ent- :| weihn das deutsche Schwert! :|
- 6. Seht ihn blinken in der Linken,
- diesen Degen, nie entweiht!
- |: Ich durchbohr' den Hut und schwöre:
- halten will ich Burschenehre,
- |: üben Treu’ :| und Redlichkeit. :|
- 7. Nimm den Becher, wackrer Zecher,
- vaterländ'schen Weines voll.
- |: Nimm den Degen in die Linke,
- bohr' ihn durch den Hut und trinke
- |: auf des :| Vaterlandes Wohl! :|
- 8. Komm, du blanker Weihedegen,
- freier Männer freie Wehr:
- Bringt ihn festlich mir entgegen,
- von durchbohrten Hüten schwer.
- Laßt uns festlich ihn entlasten,
- jeder Scheitel sei bedeckt!
- Und dann laßt ihn unbefleckt
- bis zur nächsten Feier rasten!
- 9. Auf, ihr Festgenossen, achtet
- unsre Sitte, heilig, schön!
- Ganz mit Herz und Seele trachtet,
- stets als Männer zu bestehn!
- Froh zum Fest, ihr trauten Brüder,
- jeder sei der Väter wert:
- Keiner taste je ans Schwert,
- der nicht edel ist und bieder!
- 10. So nimm ihn hin,
- dein Haupt will ich bedecken
- und drauf den Schläger strecken,
- es leb auch dieser Bruder hoch!
- Ein Hundsfott, wer ihn schimpfen sollt!
- |: So lange wir ihn kennen,
- woll'n wir ihn Bruder nennen,
- es leb auch dieser Bruder hoch!
- Ein Hundsfott, wer ihn schimpfen sollt! :|
- 11. Ruhe von der Burschenfeier,
- blanker Weihedegen, nun!
- Jeder trachte, wackrer Freier[3]
- um das Vaterland zu sein!
- 12. Jedem Heil, der sich bemühte,
- ganz zu sein der Väter wert!
- Keiner taste je ans Schwert,
- der nicht deutsch ist von Geblüte!
- Weitere (ggf. alternative) Strophe:
- Lied der Lieder, hall es wieder:
- Groß und deutsch sei unser Mut!
- Alle seid in Lieb’ umschlungen
- alle Stämme deutscher Zungen,
- all verwandt durch Bruderblut!