Lubin, Germaine
Geboren | 1. Februar 1890 in Paris |
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Verstorben | 17. Oktober 1979 in Paris |
Staatsangehörigkeit | Frankreich |
Volkszugehörigkeit | Franzose |
Beruf | Opernsänger (Sopran) |
Germaine Lubin ( 1. Februar 1890 in Paris, 17. Oktober 1979 in Paris) war eine französische Opernsängerin (Sopran) und gehört durch die Dichte und Tonfülle ihres Stimmaterials sowie durch die Ausdruckskraft ihres Vortrages zu den bedeutendsten dramatischen und Wagner-Sängerinnen, die Frankreich im 20. Jahrhundert hervorgebracht hat.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Kindheit und Ausbildung
In Paris geboren, verbrachte Germaine Lubin den Großteil ihrer frühen Kindheit in Cayenne in Französisch-Guyana, wo ihr Vater als Arzt arbeitete und ihr im Alter von sechs Jahren das Klavier zu spielen lehrte. 1898, als sie acht Jahre alt war, kehrte sie in ihre Geburtsstadt zurück und besuchte dort später das Collège Sévigné mit der Absicht, Ärztin zu werden.
Im Jahre 1908 trat Germaine dann aber in das Pariser Konservatorium ein, dessen Direktor Gabriel Fauré sich als Bewunderer ihrer Stimme und Schönheit persönlich um ihre Ausbildung bemühte, und das sie vier Jahre später, nachdem sie ihre ersten drei Preise für ihre Stimme gewonnen hatte, wieder verließ. Die nächsten zehn Jahre nahm sie Gesangsstunden bei der französisch-russischen Sopranistin Félia Litvinne und bereitete sich später mit Lilli Lehmann und Marie Gutheil-Schoder auf ihre Rollen vor. Ebenso gehörte der polnische Tenor Jean de Reszke zu ihren Lehrern, auch wenn Lubin später meinte, nur wenig von ihm gelernt zu haben.
Berufliche Laufbahn
1912 debütierte sie mit großem Erfolg als Antonia in Hoffmanns Erzählungen an der Pariser Opéra-Comique. Albert Carré ermöglichte ihr daraufhin in zahlreichen zeitgenössischen Opern aufzutreten. So sang sie u. a. die Charlotte in Jules Massenets Werther und die Käthe in der Weltpremiere von Guy Ropartzs Le Pays.
1914 wurde Lubin an die Grand Opéra berufen, wo sie 1915 ihren ersten Auftritt in Vincent d'Indys Le Chant de la cloche hatte, und avancierte in den folgenden Jahrzehnten zur meist bewunderten Sopranistin. Neben französischen Standardwerken sang sie auch Opern von Christoph Willibald Gluck und Richard Strauß, so bspw. die ersten französischen Aufführungen von Ariadne auf Naxos, Der Rosenkavalier und, im Jahre 1932, Elektra.
1921 begann Lublin eine Reihe von Wagner-Rollen auf französisch zu singen – zuerst Sieglinde (Die Walküre), dann Elsa (Lohengrin) und schließlich Eva (Die Meistersinger) und 1928 Brünnhilde (Der Ring des Nibelungen) −, was ihr großen Ruhm einbrachten. Ihre Interpretation der Isolde (Tristan und Isolde) an der Pariser Opéra im Jahre 1930 wurde begeistert aufgenommen; ihre körperliche Schönheit − sie war groß, schlank und blond − sowie ihre starke, ebenmäßige Stimme ließen sie wie geschaffen für diese Rolle erscheinen. 1938 führte sie die Isolde erneut in Paris auf, diesesmal jedoch in deutsch und dirigiert von Wilhelm Furtwängler. Außerdem war Germaine Lublin die erste französische Sängerin bei den Bayreuther Festspielen, als sie dort 1938 die Kundry im Parsifal und 1939 die Isolde im Tristan sang. Im selben Jahr folgte sie einer Einladung Sir Thomas Beechams nach London, um auch dort die Isolde aufzuführen.
Während ihrer Laufbahn hatte Lubin zahlreiche Gastauftritten an den führenden Opernhäusern der Welt, nur in den Vereinigten Staaten sang sie nie. Ein geplanter Auftritt an der Metropolitan Opera in Neuyork wurde durch den ausbrechenden zweiten Weltkrieg gegen Deutschland vereitelt.
Zweiter Weltkrieg
Nach der durch die französische Kriegserklärung an das Deutsche Reich erforderlich gewordenen Besetzung Frankreichs setzte Germaine Lubin ihre Karriere an der 1940 wiedereröffneten Pariser Opéra mit Vorführungen von Alceste, Fidelo und Der Rosenkavalier fort. 1941 sang sie erneut die Isolde, diesesmal begleitet durch die besuchende Berliner Staatsoper unter Leitung des berühmten Dirigenten Herbert von Karajan; und 1942 gab sie ein Konzert anläßlich einer Ausstellung des deutschen Bildhauers Arno Breker.
Im Jahre 1944 nahm ihre Laufbahn dann jedoch ein jähes Ende, als die Alliierten sie aufgrund ihrer generellen Deutschfreundlichkeit und persönlichen Bekanntschaft mit führenden Persönlichkeiten des Deutschen Reiches, darunter die Familie Wagner und Adolf Hitler, als Kollaborateurin verhafteten. Zwar entließ man sie, nachdem sich mehrere Personen für sie eingesetzt hatten, nach drei Jahren wieder aus der Haft und zog die Anklage zurück, doch wurde Lubin aufgrund eines während der „rechtlichen Reinigung“ („Épuration légale“) kreierten ex-post-facto Gesetzes wegen der „Straftat“ der „nationalen Unwürdigkeit“ („Indignité nationale“) zu einem Bürger zweiter Klasse erklärt („Dégradation nationale“), des Landes verwiesen („Interdiction de séjour“) und ihres Besitzes beraubt. Zu ihrer „Entnazifizierung“ äußerte sich Germaine Lubin 1966 wie folgt:[1]
„Ich habe ein enormes Unrecht erlittenen. Sie verkürzten meine Karriere um 10 Jahre – mein eigenes Volk! Die Tatsache, daß ich einige der Deutschen kannte, als sie während der Besatzung nach Paris kamen, gab meinen Feinden die Möglichkeit, ihren Neid zu befriedigen. [...] Wenn ich die Deutschen in Paris gesehen habe – und sie waren mehr als freundlich zu mir –, dann war es, um meine Landsleute zu retten. Es war meine Art, meinem Land in diesem bestimmten Augenblick zu dienen. Niemand weiß, wie viele ich aus Gefängnissen entlassen habe. [...] Einige amerikanische Autoren wagten es, mich zu verurteilen. Was, frage ich, können sie schon wissen? Als ich drei Jahre im Gefängnis verbrachte, haben sie mein Schloß bei Tours und meinen Besitz konfisziert. Hat sich jemand die Mühe gemacht zu fragen, warum ich nicht Winifred Wagners Angebot, während der Besatzung in Deutschland zu singen, angenommen habe?“
Nachkriegszeit
Nach ihrer Exilierung lebte sie in Italien bis sie 1950 nach Paris zurückkehrte, wo sie zwar wieder auftrat, jedoch hauptsächlich als Rezitatorin wirkte. Ihr letztes Konzert gab sie 1952 in der Pariser Salle Gaveau und erteilte fortan nur noch Gesangsunterricht am Pariser Konservatorium, wo Régine Crespin zu ihren Schülerinnen zählte.
Am 17. Oktober 1979 starb Germaine Lubin 89-jährig in ihrer Geburtsstadt Paris.
Familie
1913 heiratete Lubin den französischen Dichter Paul Géraldy, mit dem sie 1916 einen gemeinsamen Sohn, Claude, bekam. 1926 wurde die Ehe wieder geschieden. Ihr einziger Sohn Claude nahm sich 1954 das Leben.
Werke
Obwohl sie in den 1920er und 1930er Jahren eine der führenden französischen Sopranistinnen war, existieren nur wenige Aufnahmen ihrer Vorführungen. In den Jahren 1929 und 1930 wurden Arien der Opern Tosca, Der Freischütz und Sigurd sowie aus Opern von Wagner auf Tonträgern veröffentlicht. Außerdem erschienen Lieder von Franz Schubert, Robert Schumann, Gabriel Fauré und im Jahr 1944 zwei Lieder Jacques Leguerneys, sowie Werke von Felice Blangini im Duett mit dem damals noch jungen Gérard Souzay.
Hörproben
Literatur
- Nicole Casanova: Isolde 39: Germaine Lubin, Flammarion, Paris 1974, ISBN 2-08-060750-2
- Alan Riding: And the Show Went On: Cultural Life in Nazi-Occupied Paris, Alfred A. Knopf, Neuyork 2010, ISBN 978-0-307-26897-6
Verweise
- Biographie von Germaine Lubin
- Biographie von Germaine Lubin (englisch)
- Interview mit Germaine Lubin vom 10. Juli 1974 (französisch)