Reichsluftfahrtministerium

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Das Reichsministerium der Luftfahrt, Gebäudeansicht im Jahr 1938

Das Reichsluftfahrtministerium (Abk. RLM, auch RLFM) war von 1933 bis 1945 die oberste für die Luftfahrt zuständige Behörde im Deutschen Reich. Sie wurde aufgrund eines Kabinettsbeschlusses vom 25. April 1933 errichtet. Ihr Sitz war zunächst in der Behrenstraße in Berlin, sodann ab Herbst 1935 in der Wilhelmstraße.

Reichsminister der Luftfahrt war von 1933 bis 1945 Hermann Göring (ab Februar Reichskommissar für die Luftfahrt, ab April Reichsminister der Luftfahrt), Staatssekretär wurde Erhard Milch (zugleich Generalinspekteur der Luftwaffe sowie von 1941 bis 1945 auch Generalluftzeugmeister), und Kommissar für Luftschiffahrt war Bruno Loerzer, ebenfalls Träger des „Pour le Merite“.

Geschichte des Gebäudes

Richtfest am 12. Oktober 1935; von links nach rechts: Der Baumeister Prof. Dr. Ing. Ernst Sagebiel, Reichsluftfahrtminister General der Flieger Hermann Göring, der Zimmerpolier Franz Hecht, der den Richtspruch sprach, und Staatssekretär Erhard Milch beobachten das Hochziehen der großen Richtkrone.
Von links: Walther Wever, Erhard Milch, Hermann Göring, Karl-Heinrich Bodenschatz und Albert Kesselring beim Richtfest des Reichsluftfahrtministeriums am 12. Oktober 1935

Errichtung und Nutzung bis 1945

In den Jahren 1935/36 wurde in der Wilhelmstraße im Berliner Stadtzentrum für das Ministerium auf Veranlassung des Reichsministers Hermann Göring ein Neubau mit 2.000 Büroräumen und 56.000 m² Nutzfläche errichtet – damals das größte Bürogebäude Europas und heute noch das größte Bürogebäude Berlins. Der Komplex, für den Hermann Göring im Januar 1935 den Grundstein gelegt hatte, wurde in einer Bauzeit von 18 Monaten errichtet. Er verfügt über 17 Treppenhäuser, die Gesamtlänge der Flure beträgt 6,8 km, die Fassade zeigt 4.000 Fensterachsen. Architekt des Gebäudes war Ernst Sagebiel, der auch später den Flughafen Tempelhof entwarf. Das Gebäude des Reichsluftfahrtministeriums war der zweite Großbau neben der Reichsbankerweiterung, der seit 1933 ausgeführt wurde, und wurde im Oktober 1935 eingeweiht. Es war der bedeutendste offizielle Bau im Deutschen Reich, der seit dem Ende des Ersten Weltkrieges verwirklicht wurde.

Die sehr moderne Konstruktion des Stahlbeton- beziehungsweise Stahlskelettbaus verbarg sich hinter den glatten, mit Muschelkalkplatten verkleideten Wandflächen mit Reihen kleiner, hochrechteckiger Fenster. Der an das ehemalige Preußische Herrenhaus anschließende, abgewinkelte Bauteil an der Leipziger Straße bildet einen geräumigen Vorplatz, an dem sich der Eingang für den öffentlichen Geschäftsverkehr befindet. Im Inneren wechseln Repräsentationsbereiche mit nüchternen, langen Bürogängen. Durch eine Pfeilervorhalle betritt der Besucher eine mit Muschelkalk verkleidete Eingangshalle, bevor er die große Vorhalle und den Treppenaufgang erreicht.

Dem Haupteingang an der Wilhelmstraße ist ein mit einem hohen Eisengitter geschlossener Ehrenhof vorgelagert, den eine Adlerskulptur des Bildhauers Walter E. Lemcke zierte. Hier gelangt man durch Vestibül, Steinsaal, Haupttreppe und Wandelgang zu dem über drei Geschosse reichenden großen Festsaal. An dessen Stirnwand prangte ein von Otto Douglas Douglas-Hill gestaltetes Hoheitszeichen. An den rückwärtigen, längs der Wilhelmstraße verlaufenden Quertrakt gliedern sich rechtwinklig Büroflügel um vier Höfe an, die eine ausreichende Belichtung der zweihüftigen Anlage gewährleisten. Die langen Flure werden durch die Verwendung von Werkstein in unterschiedlichen Färbungen und Strukturen optisch gegliedert.

Der Bildhauer Arnold Waldschmidt steuerte für die Wandelhalle zur Würdigung des Soldatentums ein 25 Meter langes Steinrelief mit dem Namen „Fahnenkompanie“ bei: Die großen tragenden Stützen teilen das Relief in sieben Felder mit marschierenden Soldaten auf. Angeführt von einer Wache mit Musikzug folgen Fahnenträger und ein Marschtrupp mit geschultertem Gewehr. Das Mittelfeld ist dem berittenen Kompanieführer vorbehalten. 1937 begonnen, wurde das Relief 1941 fertiggestellt. „In Inhalt, Komposition und Rhythmus ist dieses Werk die Gestaltung des soldatischen disziplinierten preußischen Geistes“, schrieb Werner Rittich in der Zeitschrift „Die Kunst im Deutschen Reich“.[1]

Von Arno Breker sind mehrere Entwürfe für eine monumentale Skulptur auf dem Vorplatz zum Haupteingang des geplanten Neubaukomplexes an der Leipziger Straße überliefert. Sie zeigen als Idee eine aufgesockelte, rund sechs Meter hohe Figur, deren Gewandsaum, wie durch eine Windböe angehoben, nach hinten zu einer flügelähnlichen Form ausschwingt. Sie trägt eine Fackel.

Nutzung seit 1945

In dem 1939 von England entfesselten europäischen Krieg, der durch den Eintritt der USA zum Weltkrieg wurde, ist das Gebäude trotz des Bombenterrors nur wenig in Mitleidenschaft gezogen worden, so daß es in seiner äußeren Erscheinung und Innenausstattung nahezu vollständig erhalten ist.

1946 bis 1948 setzte die Sowjetische Militäradministration das Gebäude für ihre Zwecke ein und entfernte im Zuge der von ihr allgemein an den Tag gelegten Barbarei die plastischen Bildwerke, wie eine Galerie von Feldherrenköpfen, Bronzeadler sowie Eiserne Kreuze und Hoheitszeichen. Der große Festsaal wurde 1946/47 verändert.

Im Festsaal verabschiedeten am 7. Oktober 1949 die Mitglieder des sogenannten „Deutschen Volksrates“ die „Verfassung“ für das Besatzungskonstrukt DDR. Die DDR nutzte fortan das Gebäude als „Haus der Ministerien“. Wenige Jahre später wurde die Umgestaltung der Vorhalle zur Leipziger Straße abgeschlossen. Dabei ersetzte man zwischen 1950 und 1953 das von Arnold Waldschmidt geschaffene Steinrelief „Fahnenkompanie“ durch eine euphorisch-kitschige kommunistische Wandmalerei namens „Aufbau der Republik“.

Groß-BRD

Nach dem Anschluß der DDR an das Besatzungskonstrukt BRD im Jahr 1990 zog 1991 die Treuhandanstalt in das Gebäude, um von hier aus den Ausverkauf des DDR-Volksvermögens zu steuern. Noch im Dezember 1992 wollte die seinerzeitige Vorsteherin des Bundesbauministeriums Irmgard Schwaetzer (FDP) in brennendem Wunsch nach einem Anti-Nazi-Exorzismus und in kulturgenozidaler Absicht das Gebäude vollständig abreißen lassen. Dazu kam es nicht. Nach einer umfassenden Instandsetzung des Gebäudes 1996 bis 2000, bei der die vollständig erhaltenen ursprünglichen Raumstrukturen von zwischenzeitlichen Einbauten befreit und die überkommenen Repräsentationsbereiche restauriert wurden, dient das Gebäude, das jetzt nach dem ersten Vorsteher der Treuhandanstalt Detlev-Rohwedder-Haus heißt, als Sitz des Bundesministeriums der Finanzen. An der Wandmalerei, welche die kommunistische Fremdbestimmung und Diktatur in Mitteldeutschland in den Jahren 1945 bis 1990 verherrlicht, hält man bis heute fest.

Bildergalerie Architektur

Siehe auch

Luftaufnahme des Gebäudes (heutiger Zustand)

Literatur

  • Gebäudegeschichte
    • Ernst Sagebiel: Das Reichsluftfahrtministerium, in: Bauwelt 28 (1937) 8, Beilage S. 1–14.
    • Herbert Hoffmann: Das Reichsluftfahrtministerium, in: Moderne Bauformen 35 (1936), S. 425–441.
    • Mortimer G. Davidson: Kunst in Deutschland 1933–1945, Bd. 3 Architektur, Grabert-Verlag, Tübingen 1995, ISBN 978-3-87847-111-0 [Repräsentatives Standardwerk, Atlasformat, 624 S., 1.012 Abb. Beschreibung auf der Netzpräsenz des Buchdienstes Hohenrain]

Verweise

Fußnoten

  1. Werner Rittich: Das Soldatenrelief von Arnold Waldschmidt, in: „Die Kunst im Deutschen Reich“, Januar 1941