Haus der Flieger
Das Haus der Flieger war Offiziercasino, Fliegerheim und gesellschaftliche Repräsentation des benachbarten Reichsluftfahrtministeriums, letztendlich Prestigeobjekt des Reichsmarschalls und Oberbefehlshabers der Luftwaffe Hermann Göring. Die Immobilie gehörte der von Göring initiierten Stiftung „Preußenhaus“, die im Dezember 1933 mit dem offiziellen Ziel gegründet worden war, die Pflege des Reichsgedankens auf der Grundlage nationalsozialistischer Weltanschauung, welcher sich der auf Verwirklichung des einigen Deutschlands gerichteten geschichtlichen Sendung Preußens verdanke, zu betreiben.[1]
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
- „Nach der Novemberrevolution 1918 wurde das Herrenhaus abgeschafft und das Parlament aufgelöst. Im Plenarsaal fand der 1. Allgemeine Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte statt. Dort wurde auch das Regierungssystem für die ‚Weimarer Republik‘ beschlossen. Die im Plenarsaal tagende Preußische Landesversammlung führte erstmals für Preußen ein geheimes und allgemeines Wahlrecht und als Novum das Frauenwahlrecht ein. Während der NS-Zeit wurde das Gebäude in die Stiftung ‚Preußenhaus‘ überführt: 1934 wurde im Plenarsaal der nationalsozialistische Volksgerichtshof gegründet. 1935 ging das Gebäude in die Verantwortung des Reichsluftfahrtministeriums über. Der Plenarsaal im ‚Haus der Flieger‘ wurde zum Ballsaal umgestaltet. Zu DDR-Zeiten wurde der Plenarsaal überwiegend als Lager- und Abstellplatz genutzt. Nach der Wende wurde der ehemalige Preußische Landtag so umgebaut, dass die Spuren der Epochen wieder erkennbar sein sollten.“[2]
Zuständig für die Neugestaltung der Innenräume war der Architekt Prof. Dr. Ernst Sagebiel, der auch mit dem Flughafen Berlin-Tempelhof und der Luftkriegsakademie sowie der Lufttechnischen Akademie Bahnbrechendes geleistete hatte. Die Büroräume der Gebäude des ehemaligen Preußischen Herrenhauses und bisherigen Preußischen Abgeordnetenhauses wurden 1935 für den „Aero-Club von Deutschland“[3] (Wehrmachtsbeamte konnten die Mitgliedschaft beantragen, Offiziere der Luftwaffe waren per Erlaß Pflichtmitglieder, der Aero-Club somit de facto ein Offiziersklub) und die ministeriumseigene „Deutsche Luftfahrtakademie“ umgebaut, wobei der neue Repräsentationsort des Ministeriums besondere Aufmerksamkeit erhielt, so wurde der historische Plenarsaal völlig entkernt und zum monumentalen Festsaal des Hauses der Flieger umgestaltet, der für besondere Anlässe als würdiger Sitzungssaal verwendet wurde. Frauen wurden außerhalb von Großveranstaltungen nur nach expliziter Einladung zugelassen, sie dürften jedoch nur die für Damen vorgesehene Räumlichkeiten betreten.
Auch Kongreßbälle und die feierliche Verleihung von Orden und Ehrenzeichen fanden ich den atemberaubenden Räumlichkeiten statt. PK-Lange (Scherl) schrieb 1941:
- „Hermann Göring übergab Bergarbeitern das Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern. 568 Bergleute aus allen Revieren des deutschen Bergbaues, und 57 Arbeiter der Reichswerke ‚Hermann Göring‘ waren am Sonnabend nachmittag einer Einladung des Reichsmarschalls Göring in das Haus der Flieger in Berlin gefolgt, wo der Reichsmarschall ihnen das vom Führer und Obersten Befehlshaber der Wehrmacht verliehene Kriegsverdienstkreuz übergab. 67 von ihnen erhielten für ihren tapferen Einsatz das Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern. Als Parole für die kommende Zeit betonte der Reichsmarschall in seiner Rede, daß wir rüsten und kämpfen müßten. Unser Bild zeigt Reichsmarschall Hermann Göring bei der Ankunft im großen Festsaal des Hauses der Flieger, als er durch das Spalier der Bergleute schritt.“
Gesellschaftliche Räumlichkeiten (1935)
Sagebiel hatte vom 17. Juli bis 16. November 1935 Unmögliches geleistet, nur der Festsaal, mit dem er im Februar 1937 begann, wurde erst im Oktober 1937 fertiggestellt und stand mit dessen höchsten gesellschaftlichen Anforderungen gerecht werdenden Gestaltung den vielen Veranstaltungen zur Verfügung: Von der Festsitzung der Akademie der Luftforschung über den Großen Ball des Aero-Clubs bis zu privaten Hochzeitsfeiern (so z. B. die Vermählungsfeierlichkeiten von Gerda Milch, Tochter von Erhard Milch am 12. Mai 1939). Der Betreiber der Klub-Gaststätte, die auch von Dr. Sagebiel, dessen Büro seit 1937/38 dorthin verlegt wurde (gemeinsam mit Görings engstem Mitarbeiterstab, das „Ministeramt des R.d.L.u.O.d.L.“) sehr geschätzt wurde, war der des Luxus-Restaurants „Horcher“ (Otto Horcher), zwischen 1904 und 1944 eines der bekanntesten Restaurants der Reichshauptstadt und Betreiber des Dachterrassen-Restaurants des Deutsche Pavillons der Pariser Weltausstellung 1937.
- Speisesaal
- Frühstücksraum
- Separates Damenspeisezimmer
- Herrenklubraum
- Konferenzraum
- Trinkstube
- Getrennte Schreib- und Lesezimmer für Damen und Herren
- Billard- und Zigarrenraum
- Gästebar
Bildergalerie
„Flügellöwe“ in der Wandhalle des Hauses der Flieger von Prof. Werner Peiner
Hier im feudalen Klubraum soll die Konfrontation stattgefunden haben, die auch als „Meuterei der Jagdflieger“ bekannt wurde.
Vorbeimarsch der SA an Hermann Göring vor dem Haus der Flieger, 12. Januar 1937; hinter Göring Viktor Lutze.
Rudolf Heß begrüßt im Februar 1937 im Haus der Flieger den blinden Carlo Delcroix, Präsident des italienischen Kriegsversehrtenbundes
Luftschiffer Hans von Schiller und August von Parseval im Haus der Flieger, 12. Oktober 1938
Gründungsfeier der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft im Haus der Flieger; anwesend auch Generalfeldmarschall a. D. August von Mackensen.
Festabend 1939 zu Ehren von Fritz Wendel im Haus der Flieger nach seinem Weltrekord mit der Bf 109 R (vormals Me 209 V-1); v. l. n. r.: Konstrukteur Willy Messerschmitt, NSDAP-Mitglied Flugkapitän Wendel, Generaloberst Erhard Milch und Generalleutnant Ernst Udet.
Gründung der Deutsch-Finnischen Gesellschaft im Haus der Flieger; SS-Gruppenführer Werner Lorenz, Präsident der Vereinigung zwischenstaatlicher Verbände und Einrichtungen, während seiner Ansprache, vor ihm der finnische Gesandte Dr. Toivo Mikael Kivimäki mit Gemahlin und SS-Gruppenführer Hanns Johst, Präsident der Reichsschrifttumskammer.
Pariser „Haus der Flieger“ (Außenstelle nach dem Westfeldzug 1940 eingerichtet)
Minsker „Haus der Flieger“ (Hauptstraße), auch Hauptquartier des Einsatzstabes „Reichsleiter Rosenberg“ (ERR) für die besetzten Gebiete, Hauptarbeitsgruppe „Ostland“