Mühlhausen (Thüringen)
Staat: | Deutsches Reich |
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Gau: | Thüringen |
Landkreis: | Unstrut-Hainich-Kreis |
Provinz: | Provinz Sachsen |
Einwohner (2011): | 35.875 |
Bevölkerungsdichte: | 415 Ew. p. km² |
Fläche: | 86,34 km² |
Höhe: | 216 m ü. NN |
Postleitzahl: | 99974 |
Telefon-Vorwahl: | 03601 |
Kfz-Kennzeichen: | UH |
Koordinaten: | 51° 13′ N, 10° 27′ O |
Mühlhausen befindet sich seit 1945 entweder unter Fremdherrschaft oder wird durch die BRD oder BRÖ staatsähnlich verwaltet. | |
Bundesland: | Freistaat Thüringen |
Bürgermeister: | Hans-Dieter Dörbaum (parteilos) |
Mühlhausen ist eine deutsche Kreisstadt im Unstrut-Hainich-Kreis im Nordwesten Thüringens sowie ehemalige deutsche Reichsstadt im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Am 3. August 1802 kam Mühlhausen an das Königreich Preußen, 1807 an das von Franzosen besetzte Königreich Westphalen und 1815, nach dem deutschen Sieg im Befreiungskrieg und dem Wiener Kongreß, abermals an Preußen (Provinz Sachsen). Die Stadt kam 1944 zum Gau Thüringen und ist seit 1945 Teil Thüringens, von 1975 bis 1991 unter dem Namen Mühlhausen Thomas-Müntzer-Stadt.
Inhaltsverzeichnis
Lage
Mühlhausen liegt am Nordwestrand des Thüringer Beckens. Das Stadtgebiet wird im Westen durch den Hainich und im Norden durch das Obereichsfeld begrenzt. Mühlhausen liegt an der Unstrut, einem Nebenfluß der Saale.
Einwohnerentwicklung
Jahr | Einwohner |
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1360 | 3.000 |
1895 | 30.115 |
1939 | 40.450[2] |
1946 | 48.013 |
2011 | 35.875 |
Geschichte
- „Mühlhausen in Thüringen ist eine Stadt (Stadtkreis) im Königreich Preußen, Provinz Sachsen, Regierungsbezirk Erfurt, ehemals freie Reichsstadt, liegt an der Unstrut und 205 Meter über dem Meer. Die Stadt ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinie Gotha-Leinefelde und der Eisenbahn Mühlhausen-Ebeleben. Mühlhausen hat 9 evangelische Kirchen (darunter die fünfschiffige Marien- oder Frauenkirche aus dem 14. und die Blasiuskirche aus dem 12. Jahrhundert mit alten Glasmalereien), 2 katholische Kirchen, eine Synagoge, ein altertümliches Rathaus mit Archiv etc. Im Jahr 1905 leben hier 34.359 Einwohner, der Großteil sind Evangelische, 1786 sind Katholiken und 192 Juden. Mühlhausen hat Fabrikation von Woll-, Baumwoll- und Halbwollwaren, Leder, Seife, Zigarren, Kautabak, Treibriemen, Leim, Holzwaren, Möbeln etc., Herstellung von Strick- und Nähmaschinen und Fahrrädern, Wollgarnspinnerei, Färberei, Bleicherei, Mälzerei und Bierbrauerei. Der Handel wird unterstützt durch eine Handelskammer, eine Nebenstelle der Reichsbank und andere öffentliche Geldinstitute. Mühlhausen ist Sitz eines Amtsgerichts (mit Strafkammer) und hat ein Gymnasium, eine Oberrealschule, ein evangelisches Schullehrerseminar, eine Handelsschule, Textilfachschule, ein Theater und ein Rettungshaus. Mühlhausen (zuerst 775 urkundlich erwähnt), ursprünglich ein königliches Kammergut, wurde zu Anfang des 13. Jahrhunderts Stadt und erhielt dann Münz- und Zollrecht. Gegen die Burg, auf der ein königlicher Burggraf waltete, schloss sich die Stadt um die Mitte des 13. Jahrhunderts durch Mauern ab. 1251 erhielt sie durch Kaiser Konrad IV., 1254 durch Wilhelm von Holland das Recht, den Schultheißen zu ernennen, und wurde dadurch Reichsstadt, wenn auch jenes Amt noch im 14. Jahrhundert eine Zeitlang an die Grafen von Henneberg verpfändet war. Inzwischen hatte die Stadt auch die Burggrafschaft erworben. Unter Karl IV. erhielten die Zünfte Vertretung im Rat. Aus den Stürmen des Bauernkriegs, während dessen Thomas Münzer (hingerichtet in Görmar bei Mühlhausen) hier wirkte, rettete die Stadt ihre damals sehr bedrohte Freiheit und nahm 1542 die Reformation, die sich schon 1522 hier bemerkbar machte, an. Durch Ankauf und Ablösungen der Liegenschaften des Deutschen Ritterordens (1599) erwarb die Stadt einen großen Grundbesitz (im ganzen 220 km²). Seit dem 16. Jahrhundert fanden in Mühlhausen oft Fürstentage statt, auf dem im März 1620 der Kurfürst von Sachsen die Sache der Union preisgab und sich mit den rheinischen Erzbischöfen für den Kaiser erklärte.“[3]
Ältere Zeit
Schon in der jungen Steinzeit bildeten die geologischen Bedingungen an der fruchtbaren Unstrutniederung ein gut besiedelbares Areal, was archäologische Funde bestätigen. Sie zeigen auch, daß der Ort zur Zeit des Thüringer Königreichs zwischen 400 und 531 kulturell und politisch bedeutsam gewesen sein kann. Insbesondere wird mit den Funden eine sagenhafte Erzählung verknüpft, in der Attila der Hunnenkönig auf dem Zug von Ungarn nach Frankreich im Jahre 451 auf der Burg Mulhus wohnte und zu Ehren des Ritters Georg eine Kirche erbauen ließ.
Mit dem Sieg der Franken über das thüringische Germanenreich im Jahre 531 begann die Staatskolonisation, die in der endgültigen Unterwerfung der Thüringer zu Beginn des 8. Jahrhunderts gipfelte. Gleichzeitig wurden die besetzten Gebiete missioniert, und das Christentum hielt Einzug.
967 wurde Mühlhausen erstmals urkundlich als mulinhuson durch Kaiser Otto II. erwähnt. Es war Zentrum eines bedeutenden Reichsgutbezirkes mit befestigtem Königshof, dessen Ursprünge bis in das Fränkische Reich Karls des Großen zurückreichen.
Im 11. Jahrhundert begann die Entstehung der Altstadt (Marktsiedlung), im 12. Jahrhundert folgte die der Neustadt um die Marienkirche unter Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Im Jahr 1135 söhnte sich Kaiser Lothar III. in der erstmals so bezeichneten „villa regia“ Mühlhausen endgültig mit Konrad von Staufen aus. Mit dem Jahr 1135 war Mühlhausen der erste Ort Thüringens, der die Stadtrechte erhielt. Heinrich der Löwe eroberte Mühlhausen, das sich zu einem bedeutenden Zentrum der Reichsgewalt entwickelt hatte, im Jahre 1180.
1548 konnte unter Kaiser Karl V. eine neue Reichsfreiheit ausgehandelt werden. Durch den Ankauf der Liegenschaften des Deutschen Ritterordens (1599) erwarb die Stadt einen großen Grundbesitz.
Jüngere Zeit
Auf dem Fürstentag zu Mühlhausen im März 1620 gab der Kurfürst von Sachsen Johann Georg I. die Sache der Protestantischen Union preis und erklärte sich mit den rheinischen Erzbischöfen für den Kaiser. Für das Verschontbleiben von der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg hatte Mühlhausen mit 1,75 Millionen Gulden schwer zu zahlen. Die Steuern wurden erheblich erhöht, eine allgemeine Verarmung trat ein. Die Bevölkerungszahl von Mühlhausen sank auf die Hälfte. Die umliegenden Dörfer wurden geplündert und abgebrannt, ihre Bürger flohen in den Schutz der Stadtmauern. Großbrände 1649 und 1689 sowie der Siebenjährige Krieg verminderten ebenfalls die Leistungskraft der Stadt. Bedeutende Mühlhäuser Bürger verließen die Stadt, so Gottfried Christoph Beireis und Wilhelm Gottlieb Tilesius von Tilenau.
Vom 16. bis 18. Jahrhundert erlebte Mühlhausen eine besondere Blüte der Kirchenmusik. 1707/08 war Johann Sebastian Bach Organist an der Hauptkirche Divi Blasii (Sankt Blasius). Zum Ratswechsel am 4. Februar 1708 entstand die Kantate Gott ist mein König BWV 71.
1802 endete die Reichsfreiheit, und Mühlhausen kam an das Königreich Preußen, 1807 an das von Napoleon konstruierte Königreich Westphalen und 1815 wieder an Preußen.
1831 wanderte Johann August Röbling, geboren 1806 in Mühlhausen, in die VSA aus und wurde dort zum Konstrukteur der größten Drahtseilhängebrücke der Welt, der Brooklyn Bridge in Neuyork (1883).
Am 4. April 1945 nahmen VS-Truppen die Stadt, deren Lazarette mit über 1.000 Verwundeten belegt waren, kampflos ein. Die VS-amerikanische Besatzung leerte vollständig alle Banken Mühlhausens von Geldvorräten, Gold und eingelagerten Wertgegenständen. Den Wert anderer durch die Amerikaner geraubter Güter schätzte eine Untersuchung aus der DDR-Zeit auf über 400.000 Reichsmark.
Bekannte, in Mühlhausen geborene Personen
- Karl Angerstein (1890–1985), Generalleutnant der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg
- Walter Assmann (1896–1964), Generalleutnant im Zweiten Weltkrieg
- Hermann Christoph Gottfried Demme (1760–1822), Theologe, Liederdichter und Romanschriftsteller
- Rudolf August Demme (1894–1975), Generalmajor im Zweiten Weltkrieg
- Wilhelm Ludwig Demme (1801–1878), Rechtsanwalt und Schriftsteller, Sohn von Hermann C. G. Demme
- Johannes Eccard (1553–1611), Komponist des 16. Jahrhunderts
- Ludwig Helmbold (1532–1598), lutherischer Kirchenlieddichter und Hochschullehrer
- Kurt Klemm (1894–1973), Jurist und Polizeipräsident
- Albert Leister (1890–1968), Politiker (NSDAP)
- Erich Löwe (1906–1943), Oberstleutnant und Ritterkreuzträger
- Christoph Matschie (geb. 1961), Politiker (SPD)
- Johann August Röbling (1806–1869), Ingenieur, konstruierte unter anderem die „Brooklyn Bridge“