Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien
Das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien (MMZ; eng. Moses Mendelssohn Center for European-Jewish Studies) ist ein Forschungsinstitut am Neuen Markt in Potsdam. Es wurde 1992 als An-Institut der Universität Potsdam gegründet und ist nach dem jüdischen Philosophen und Aufklärer Moses Mendelssohn (1729–1786) benannt.
Inhaltsverzeichnis
Das Forschungszentrum
Das Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien wurde anläßlich des 50. Jahrestages der sogenannten „Wannseekonferenz“ im Jahre 1992 gegründet. Das MMZ ist ein eingetragener Verein und erhält seine Finanzierung durch das Land Brandenburg, die durch projektbezogene Drittmittel ergänzt wird. Als angeschlossenes Institut der Universität Potsdam ist es maßgeblich am Studiengang „Jüdische Studien / Jewish Studies“ beteiligt. Die Mitarbeiter, Gelehrten (Fellows) und Lehrbeauftragten des MMZ bringen ihre wissenschaftlichen Fragestellungen und Kenntnisse in die Lehre dieses Studiengangs ein. Leiter des MMZ ist der Jude Julius H. Schoeps.
Forschungsschwerpunkt
Das Forschungsinteresse des MMZ gilt der Geschichte, Religion und Kultur der Juden und des Judentums in den Ländern Europas. Ein Schwerpunkt ist dabei die Beziehungsgeschichte von Juden und nicht-jüdischer Umwelt. Die Forschungsarbeiten konzentrieren sich auf Probleme der gesellschaftlichen Integration und Akkulturation der Juden (u. a. Haskala-Forschung) sowie auf vergleichende sozialgeschichtliche Fragestellungen (Lebensbedingungen, geographische und soziale Mobilität) und soziokulturelle und ideengeschichtliche Aspekte (Literatur, Kunst, Religion, Philosophie, Musik). Wesentliche Akzente setzt das Zentrum in der Aufarbeitung der Regional- und Lokalgeschichte, insbesondere der neuen deutschen Bundesländer.
Arbeitsgebiete
Aus der Aufgabenstellung des MMZ wurden die nachstehenden zentralen Arbeitsgebiete entwickelt, denen die verschiedenen Forschungs- bzw. Publikationsprojekte thematisch zugeordnet sind:
- Europäisch-jüdische Geschichte, Regional- und Sozialgeschichte
- Europäisch-jüdische Literatur- und Kulturgeschichte
- Antisemitismus- und Rechtsextremismusforschung / Holocaust-Studien
- Geschichte des Staates Israel und des Zionismus
- Religions- und Geistesgeschichte, Philosophie
- Soziologie des Judentums / Jüdische Migrationsgeschichte
- Pädagogische Programme, Weiterbildung und Erziehung, Audiovisuelle und Neue Medien
- Editionen, Dokumentationen, Bibliographien
Mitglieder
- Julius H. Schoeps, leitender Geschäftsführer
- Gideon Botsch, Politikwissenschaftler
- Lars Rensmann, Politikwissenschaftler, MMZ-Fellow, University of Michigan, Ann Arbor
Moses Mendelssohn Medaille
Seit 1993 wird die Moses Mendelssohn Medaille (nicht zu verwechseln mit dem Moses-Mendelssohn-Preis) an diejenigen Personen vergeben, welche sich für Völkervermischung, speziell auch für die Überfremdung Deutschlands und bei der Unterdrückung etwaiger Gegenwehr aus der deutschen Bevölkerung besonders stark betätigt haben. Vornehmlich wird diese Medaille an in der BRD lebende Juden verteilt.
Offiziell wird das von seiten des MMZ freilich – wie üblich bei solchen Vereinigungen – mit den gewohnten Propagandaphrasen formuliert: „Die Moses Mendelssohn Medaille wird an verdienstvolle Persönlichkeiten verliehen, die sich im Sinne und in der Tradition der Gedanken von Moses Mendelssohn für Toleranz und Völkerverständigung und gegen Fremdenfeindlichkeit engagiert haben.“
Preisträger der Moses Mendelssohn Medaille
- 1993: Hinrich Enderlein, Rolf Mitzner, Benjamin Navon und Yirmiyahu Yovel
- 1994: Ignatz Bubis und Manfred Stolpe
- 1995: Ernst Benda
- 1998: Kurt Biedenkopf
- 1999: Arno Lustiger
- 2000: Werner Hartmann und Manfred Wolff
- 2002: Ari Rath und Martin Gabriel
- 2005: Lorraine Beitler
- 2006: Jörg Hillebrandt und Manfred Lahnstein
- 2007: Hans Keilson
- 2008: Charlotte Knobloch
- 2009: Daniel Barenboim
- 2010: Berthold Beitz
- 2011: Hildegard Hamm-Brücher
- 2012: Friede Springer
- ?
- 2015: Hubert Burda
Befindlichkeiten und Aktionen
Mit einem Gutachten des Politikwissenschaftlers Gideon Botsch vom Moses Mendelssohn Zentrum wollten SPD-Verbände ein Parteiausschlußverfahren (2009/10) gegen Berlins ehemaligen Finanzsenator Thilo Sarrazin erreichen. Sarrazin hatte im Oktober 2009 in einem Interview unter anderem gesagt, viele Türken und Araber hätten in Berlin „keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel“. Integration sei „eine Leistung dessen, der sich integriert“. Sarrazin warnte auch davor, daß moslemische Einwanderer durch höhere Geburtenraten die Kontrolle in Deutschland übernehmen könnten.
Das Papier des Moses Mendelssohn Zentrums bewertet einige Äußerungen Sarrazins als „rassistisch“[1], einem Kampfbegriff, welcher in der BRD grundsätzlich bei dem linken Zeitgeist gegenüber abweichenden Meinungen zum Einsatz kommt, selbst wenn die angegriffenen Persönlichkeiten meist gar keine Äußerungen zum Thema Rasse getätigt haben. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor schon ein Ermittlungsverfahren wegen sogenannter „Volksverhetzung“ eingestellt.[2]
Publikationen
Zu ihren Themenschwerpunkten gibt das MMZ jährlich zahlreiche Veröffentlichungen heraus: Gesamt- und Einzelausgaben, die Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, die Bibliothek verbrannter Bücher, Menora. Jahrbuch für deutsch-jüdische Geschichte sowie mehrere Schriftenreihen, darunter Studien zur Geistesgeschichte, Bibliographien zur deutsch-jüdischen Geschichte und Beiträge zur Geschichte und Kultur der Juden in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.[3]
Literatur
- Solang die Liebe nicht erkaltet. Das Moses-Mendelssohn-Zentrum kämpft um seine Erhaltung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. Februar 2000, Nr. 34, S. BS2
- Jan-Hendrik Wulf: Diese lästigen Geschäfte! Das renommierte Moses-Mendelssohn-Zentrum in Potsdam hat mit einem Rückgang der öffentlichen Mittel zu kämpfen. In: taz vom 4. September 2004
Siehe auch
- Moses Mendelssohn Stiftung
- Moses Mendelssohn Akademie
- Gesellschaft für Geistesgeschichte (GGG)
- Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte (ZRGG)