Gyatso, Tenzin
Tenzin Gyatso (gebürtig Lhamo Dhondrub; 6. Juli 1935 in Taktser, Provinz Amdo, Osttibet) ist ein buddhistischer Mönch, Linienhalter der Gelug-Schule des tibetischen Buddhismus, Befürworter der Rime-Bewegung und der 14. Dalai Lama. Verehrer in Europa nennen ihn „Seine Heiligkeit“. Die Tibeter selbst nennen ihn zumeist Kundün, Yeshe Norbu oder Gyalwa Rinpoche.
Inhaltsverzeichnis
Politische Kontroversen
Darstellung der Geschichte Tibets
Kritiker werfen Tenzin Gyatso vor, daß er die Zustände im damaligen Tibet heute noch idealisiert darstelle.[1] Den Kritikern zufolge gehörte den lamaistischen Mönchen zusammen mit einer kleinen Adelsschicht aller Grund und Boden;[2] es gab Leibeigene und Sklaven,[3] die von einer Mönchspolizei überwacht wurden.
Dieser auch von den chinesischen Behörden verbreiteten Darstellung[4] widerspricht die tibetische Exilregierung. Es sei „nicht korrekt, die alte tibetische Gesellschaft als Feudalgesellschaft oder Sklavensystem zu bezeichnen“. Tatsächlich sei Tibet „vor der Invasion wesentlich egalitärer als die meisten anderen asiatischen Länder in dieser Zeit“ gewesen.[5]
Autonomie-Forderung, Separatismus-Vorwurf
Tenzin Gyatso setzt sich für die Autonomie Tibets innerhalb der Volksrepublik China ein, was von den Machthabern als Separatismus bezeichnet wird. Am 10. März 1963 verkündete der 14. Dalai Lama eine an demokratischen Prinzipien orientierte Verfassung für die tibetische Exilregierung, die ihn als Staatsoberhaupt betrachtet. Vielen Tibetern geht die Forderung Tenzin Gyatsos nach Autonomie nicht weit genug, sie fordern die volle Unabhängigkeit Tibets[6]
Einstellung zur „westlichen Wertegemeinschaft“
Der Dalai Lama betrachtet die BRD-Demokratie als „vorbildlich“ und nennt den ehemaligen VS-Präsidenten George W. Bush „seinen guten Freund“.[7]
Während der Dalai Lama öffentlich nahezu unermüdlich von Gewaltfreiheit redet, segnete er mehrfach die Waffen buddhistischer Kämpfer im umkämpften Kaschmirstreifen.
Ebenso befürwortete er den durch die CIA finanzierten, bewaffneten Kampf gegen die Chinesen in Tibet. Der Dalai Lama selbst bezog lange eine jährliche „Zuwendung“ von 180.000 VS-Dollar durch die CIA.[8]
Passagen aus seiner Biographie aus dem Jahre 1962, in der er sich positiv über den bewaffneten Guerillakrieg gegen die Chinesen aussprach, wurde nach der Verleihung des Friedensnobelpreises 1989 in der Neuauflage ersatzlos gestrichen.
Überwiegend wird der Dalai Lama von der „westlichen Wertegemeinschaft“ politisch instrumentalisiert, um China zur Übernahme „Allgemeiner Menschenrechte“ zu bewegen. Der Dalai Lama ist Mitglied des „Club of Budapest“, einer Unterorganisation des „Club of Rome“.
Bei seinem Besuch in Jerusalem 2006 wurde er von Rabbi Yonah Metzger aufgefordert, den Vorsitz einer „interreligiösen Weltrepräsentanz“ in Jerusalem zu übernehmen („One World Religion“).[9]
Er nennt sich selbst einen Bewunderer des Judentums, was wohl darauf zurückzuführen ist, daß es zwischen der jüdischen Kabbala-Lehre und den buddhistischen Tantra-Meditationen zahlreiche Gemeinsamkeiten gibt.[10]
Asylantenflut in Europa
Im Zusammenhang mit der seit 2015 eskalierenden fremdländischen Zuwanderung in Europa vertritt der Dalai Lama allerdings eine proeuropäische Position. So unterstellte er den Europäern zwar eine „moralische Verpflichtung“, einem „Flüchtling“ zu helfen, betonte aber, daß Flüchtlinge bei Wegfall der Gefahr wieder in ihre Heimatländer zurückgeführt werden müssen. In diesem Zusammenhang forderte er: „Nehmt sie auf, helft ihnen, bildet sie aus, aber am Ende sollten sie ihre eigenen Länder aufbauen.“ und fügte hinzu: „Ich denke, Europa gehört den Europäern.“[11] Zwar habe ein Mensch, dem es besser gehe, die Verantwortung zu helfen. „Andererseits sind es mittlerweile zu viele. Europa, zum Beispiel Deutschland, kann kein arabisches Land werden. Deutschland ist Deutschland.“, sagte er 2016 der FAZ.[12]
Rückzug aus der Politik
Im März 2011 bat der Dalai Lama das tibetische Exilparlament um die Zustimmung, aus der Politik zurückzutreten. Im April 2011 wurde daraufhin Lobzang Sangay zum Ministerpräsidenten der tibetischen Exilregierung gewählt. Seine Rolle als geistliches Oberhaupt der Tibeter behielt er.
Freundschaft mit Heinrich Harrer
Tenzin Gyatso verband eine lange Freundschaft mit dem deutschen Bergsteiger, Forschungsreisenden und SS-Mitglied Heinrich Harrer. Sie bestand seit der Ankunft des aus einem britischen Konzentrationslager geflohenen Harrer in Tibet 1946 bis zu dessen Tod im Jahre 2006.
Zitate
- „Wir brauchen eine Art innerliches Abschreckungsmittel.“[13] (Über die Schilderung heißer und kalter Höllenbereiche im buddhistischen Glauben und unheilsamer Handlungen)
- „Ein armer Tibeter hatte wenig Veranlassung, seinen reichen Gutsherrn zu beneiden oder anzufeinden, denn er wußte, daß jeder die Saat aus seinem früheren Leben erntet.“[14] (Über die Konsequenzen und Wirkungen unheilsamer Handlungen)
- „[Der] unverminderte Zustrom [von] Immigranten in [unser Land], der die Wirkung hat, [unsere] ausgeprägte kulturelle und religiöse Identität zu überwältigen und [uns] zu einer unbedeutenden Minderheit in [unserem] eigenen Land zu reduzieren, läuft auf eine Politik des kulturellen Genozids hinaus. In den meisten größeren Städten sind [wir] heute bereits an den Rand gedrängt. Wenn dieser Bevölkerungsaustausch weiterhin zugelassen wird, wird [unsere] Kultur in wenigen Jahrzehnten zu existieren aufhören.“[15]
- „Deutschland kann kein arabisches Land werden. Deutschland ist Deutschland.“[16]
Verweise
- Der Dalai Lama und die CIA
- Friedliebender Dalai Lama?
- Dalai Lama Mitglied des „Club of Budapest“
- Dalai Lama bittet um Rückzug aus der Politik
- Dalai Lama auf CIA-Gehaltsliste, standard.at, 13. Juni 2012
Literatur
- Colin Goldner: Dalai Lama: Fall eines Gottkönigs. Alibri-Verlag, Aschaffenburg ²2008, ISBN 978-3865690210
Fußnoten
- Geboren 1935
- Dalai Lama
- Tibeter
- Friedensnobelpreisträger
- Staatsoberhaupt
- Ehrenbürger von Warschau
- Ehrenbürger von Breslau
- Ehrenbürger von Ofen-Pest
- Ehrenbürger von Kanada
- Ehrenbürger von Rom
- Träger der Goldenen Ehrenmedaille des Kongresses
- Ehrendoktor der Westfälischen Wilhelms-Universität
- Kavalier des Ordens des Lächelns