Breitkopf & Härtel
Breitkopf & Härtel ist ein Musikverlag mit Sitz in Wiesbaden (Hauptsitz), Leipzig und Paris. Das Archiv des Musikverlags Breitkopf & Härtel in Leipzig steht als National wertvolles Archiv unter Kulturgutschutz.
Geschichte
Die Geschichte des Hauses „Breitkopf & Härtel“ gehört zu den anziehendsten Themen auf dem Gebiet der Verlagsgeschichten, weil sich in ihr ein guter Teil deutscher Kulturlebens vom 16. Jahrhundert bist zur Gegenwart wieder spiegelt.
Als Bernhard Christoph Breitkopf im Jahre 1719 selbstständiger Leipziger Druckherr wurde, begann er seine Arbeit nicht auf umgepflügten Boden. Er unterschied sich in nichts von den Vorfahren seiner Zunft, die nach beendigter Lehrzeit nach einer Buchdruckereibesitzerswitwe Ausschau zu halten pflegten, wenn er mit der Witwe des Leipziger Buchdruckers Johann Casper Müller zugleich eine Druckerei heiratete. Müller hatte zwar ausnahmsweise diese Druckerei käuflich erworben, aber alle anderen Vorbesitzer, zurückverfolgbar bis ins 16. Jahrhundert, waren durch Einheirat, gelegentlich auch durch Erbschaft, Druckereibesitzer geworden.
Bis zurück zum Jahr 1542 läßt sich diese durch Johann Gottlob Immanuel Breitkopf später zu hohen Ansehen gelangte, verfolgen. Ein gewisser Aichbuchler, zugewandert aus dem Süden – wahrscheinlich aus Braunau am Inn–, eröffnet den Reigen. Es folgen Rambau, Dessner, Lamberg, Köler und Georg – alles tapfere, fleißige und gediegene Meister ihrer Kunst , die trotz mannigfaltiger Gefahren durch Krieg und Not das Unternehmen zu halten und so zu stützen wußten, daß Bernhard Christoph Breitkopf von der Witwe des letzten Besitzers der Druckerei eine Mitgift empfing, mit der er immerhin etwas anfangen konnte. Nur einer von diesen Frühmeistern der Breitkopfchen Druckerei ragt über seine Vor– und Nachfahren hinaus: Abraham Lemberg. Er muß ein Mann von außerordentlich starker Lebenskraft und Energie gewesen sein. Seine Vormachtstellung unter den Leipzigern Druckern und Verlegern – er war zum großen Verdruß der „Buchführer“ beides in einer Person – um das Jahr 1600 verdankte er hauptsächlich seinen geschickten Schachzug, ein Druck– und Verlagsprivileg für die Meßekataloge für sich zu erwerben. Mit dieser Tat machte er sich von seinen Gegnern unabhängig, den Höhepunkt seiner Tätigkeit erreichte er mit dem letzten Jahr vor dem Dreißigjährige Krieges.
Die Kataloge nennen noch im Jahr 1618 allein 72 Lambergische Verlagswerke, gewiß eine für diese Zeit erstaunlich hohe Ziffer. Lamberg hatte so viele Aufträge, daß er sich zeitweilig mit einem anderen Verleger, Casper Cloßmann, zusammentun und seine Druckerei vorübergehend verpachten mußte. Sein Unternehmergeist erhält auch daraus, daß er auch einige wenige Musikwerke in Verlag nahm, und zwar Werke, die in Leipzig, der Stadt der Thomaskirche: Musik des Thomaskantors Johann Hermann Schein. Der große Krieg ließ aber dann seinen Verlag so erheblich zurückgehen, daß er ihn verkaufen mußte und gezwungen war, wieder den einfachen Drucker abzugeben, als der er begangen hatte.
Ob Bernhard Christoph Breitkopf ohne die enge und herzliche Beziehung zu dem gewaltigen Dichterfürsten Johann Christoph Gottsched, Professor der Poesie an der Universität Leipzig, so schnell vorwärts gekommen wäre mit seinen Verlagsunternehmen, ist fraglich; zumal da er gleich nach der Übernahme des Geschäftes das Gebäude in der Universitätsstraße, den alten stehenden „Goldenen Bär“ (der Bär ist seitdem Breitkopfs Druck- und Verlagssignet) erweitern lassen mußte, und da auch die Töchter aus der ersten Ehe seiner Frau abzufinden waren.
Diese Freundschaft, die sich äußerlich dadurch bekundete, daß Gottsched mit seiner Frau seit 1736 mit im „Goldenen Bären“, und zwar im ersten Stock und, wie Goethe in „Dichtung und Wahrheit“ meint, „sehr anständig“ wohnte, war für den Drucker und Verleger ein großer Gewinn. Bei Gottscheds ungeheuren Einfluß als Vorsitzender der „Deutschen Gesellschaft“ fanden seine Bücher, die allgemein gültige Regeln über die Dichtkunst und die Sprache aufstellten, reißenden Absatz. Seine Hauptwerke, namentlich die „Kritische Dichtkunst“ erlebten staatlichen Auflagezahlen.[1]
Bernhard Christoph Breitkopf war ein gediegener und tüchtiger Typograph, aber er war kein genialer Neuerer und keine so vielseitig gebildete Gelehrtennatur wie sein berühmter Sohn Johann Gottlob Immanuel, dessen Größe und Bedeutung mit wenigen Worten nur schwer dargestellt werden können. Seine Vielseitigkeit und sein Erfindergeist als Drucker, seine Leistungen auf organisatorischen Gebiet für die Entwicklung des Buchhandels, seine schriftstellerische Tätigkeit, seine vielen wertvollen Beziehungen zu den bedeutendsten Männern seiner Zeit, die Aufbauarbeit an seinem Haus und seine über Deutschlands Grenzen hinausgehenden Geschäftsverbindung können hier nur angedeutet werden.
Was den jungen Breitkopf, der sich nach den Jahren seines Universitätsstudium 1737 bis 1740 nicht leicht entschließen konnte, in das väterliche Geschäft einzutreten, mit einem Schlage weithin berühmt machte, war seine geniale Erfindung der Musiknotendruckes mit beweglichen und zerlegbaren Typen. Das erste große, in dieser Technik gedruckte Werk, ein Drama per musica von der Kurfürstin Maria Antonia Walpurgis von Sachsen im Jahre 1756 hatte schon ein ganz hervorragendes schönes Resultat gezeigt. Die treibende Kraft zu dieser Erfindung war nicht allein das Interesse an den Musikwerken und ihrer Verbreitung, sondern vernehmlich Breitkopfs mit großer Energie verfolgte Idee, das Buchdruckverfaren wieder zu Ehren zu bringen und ihm seine alte Position zurück zu erobern.
So wie er durch seine Erfindung den Stich der Noten durch einen vollkommenen Typensatz (wie beim Buchdruck) ersetzt, so versuchte er es auch auf anderen, dem Hochdruck noch weniger zugänglichen Gebieten. Er druckte Landkarten, Spielkarten, architektonisch gezeichnete Tapetenmuster; ja sogar Bildwiedergaben im Buchdruckverfahren erzielte er.
So wundert man sich nicht, daß Johann Gottlob Immanuel Breitkopf auf dem Hauptgebiet der Buchdruckerkunst, dem Schneiden der Stempel, dem Gießen der Lettern, dem Druck, der Herstellung von Schriften usw. Außerordentliches geleistet hatte. Die Breitkopf–Fraktur geht auf die Lebensarbeit dieses großen Mannes zurück.
Die Erfindung des Notentypendruckes bedeutete mehr als eine geniale Tat auf technischem Gebiet, sie war zugleich der Anlaß zu dem heute so gewaltigen hochgewachsenen Bau des Musikalienhandels. Man muß bedenken, daß in der Mitte des 18. Jahrhunderts auf diesem Gebiet gewissermaßen Urzustände herrschten. Daß ein Werk gestochen wurde, war überhaupt selten, und wenn es dazu kam, geschah es gewöhnlich „in Vorlegung Autoris“. Das meiste wurde in handschriftlichen Abschriften verbreitet. Die begreifliche Folge war, daß eine große Unsicherheit in der Liefermöglichkeit einerseits (J. G. I. Breitkopf hielt noch bis zum Ende des Jahrhunderts ein Abschriftenlager) und eine große Unklarheit über echt oder unecht der einzelnen Kompositionen anderseits herrschte. Um diesen Übelständen zu begegnen, ließ Breitkopf systematische und thematische Kataloge herstellen – jene wegen ihres Quellenwertes heute noch berühmten und kostbaren „ataloghi delle Sinfonie, che si trovano in manuscritto nella officina di Giov Gottl. Immanuel Breitkopf in Lipsia 1762-1787.“ Sie repräsentierten also den Bestand der bei Breitkopf auf Lager befindlichen handschriftlichen Kompositionen und gaben, so weit möglich, zuverlässig den Komponisten an. Durch Breitkopfs hervorragende Idee, die Themen der Anfänge mit aufzuführen, war nun jedem Kenner Gelegenheit gegeben, genau Bestellung zu machen, oder aber daraus zu entnehmen, welchem Komponisten die einzelnen Werke zuzuschreiben sind.
Zu den neuen Druckverfahren und den „Cataloghi“ gefessten sich nun als weitere Grundlage für das Aufblühen des Musikverlages jene überaus bedeutenden Verbindung Breitkopfs zu den Komponisten seine Zeit.
Nur die wichtigsten Namen seien kurz angeben: Hasse, Graun, Galuppi, Telemann, Quantz, C. PH. Bach, Mozart, Haydn, Benda, Dittersdorf, Stamitz, J. A. P. Schulz, Neefe und Reichardt. Die engste Verbindung bestand zwischen Breitkopf und dem berühmten Singspielkomponisten Johann Adam Hiller, dessen bedeutende Stellung im Musikleben der Stadt Leipzig als Dirigent der „Großen oder Kaufmannskonzerte der Stadt sich für das Haus Breitkopf sehr günstig auswirkte.
Auch eine große Zahl wertvoller Verbindungen vermittelte die nahe Bekanntschaft mit Hiller. Noch ein Wort über die Gelehrtennatur Breitkopfs.
Schon als Student hatte er sich als geläufiger Lateinsprecher und Übersetzer von Virgils Äneis einen Namen gemacht. Von seinem späteren Buchveröffentlichungen können hier nur kurz die Titel genannt werden, die allen schon von der Vielseitigkeit seines Geistes Zeugnis ablegen. „Über die Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst“ (1779) gedacht als eine Einführung in seine fast vollendete, leider nie erschienen „Kritische Geschichte der Buchdruckerkunst“, „Versuch, den Ursprung der Spielkarten, die Einführung des Leinenpapiers und den Anfang der Holzschneidekunst in Europa zu erforschen“ (1784), „Über Buchdruckerei in Leipzig“ (1793) und als letztes die Schrift „Über Bibliographie und Bibliophilie“, die sein energisches Einsetzen für die Frakturschrift als nationale deutsche Schrift enthält. Ein helles Licht auf die Spannweite und Tiefe seiner geistigen Interessen wirft auch der gedruckte Katalog seiner Privatbibliothek, der kurz nach seinem Tode erschien. Er erhält über 195.00 Nummern aus nahezu allen Gebieten der Wissenschaft und Kunst.
Die Beziehungen des jungen Goethe zum Hause Breitkopf knüpfen sich an die Namen der beiden Söhne Johann Gottlob Immanuels, Bernhard Theodor und Christoph Gottlob. Es war jene rasch fließende Zeit in Goethes Leben, in der er für Käthchen Schönkopf Gedichte im Stil der Epoche fertigte und sie von Bernhard Theodor Breitkopf in Musik setzen ließ. Man kennt das Werk, in dem Goethes Namen nicht genannt ist, heute unter der Bezeichnung „Leipziger Liederbuch“. Goethe half beim Umzug vom „Goldenen Bären“ in den schräg gegenüber neu erbauten „Silbernen Bären“, ging bei dem daselbst hausenden kupferstecher Stock in die Lehre und verfertigte unter anderem eigenständig eine kleine Radierung für den alten Herrn Schönopf. – Auch Gottsched besuchte er und reflektiert wie erwähnt darüber.
Das lustige Treiben der dritten und letzten Generation Breitkopf wurde bald nach Goethes Fortgang stiller. Ja es kamen nun Zeiten ernster Prüfungen über Vater und Söhne. Der bestehend liebenswürdige, gesellschaftlich ungemein anregende, aber zu Verschwendungen sehr geneigte Bernhard Theodor verließ in den siebziger Jahren Leipzig, hielt sich noch einige Zeit bei den Geschäftsfreunden seines Vaters W. G. Korn in Breslau und Hartknoch in Riga auf, um schließlich von Petersburg aus noch viele Jahre hindurch das teure Sorgenkind seines Vaters zu sein. Erst seine Ehe mit Anne Paris gab seinem Wesen den nötigen Rückhalt und ließ seine reichen geistigen Gaben zur Entfaltung gelangen, so daß er schließlich nach der Konsolidierung seiner in Petersburg aufgemachten Buchdruckerei und Handlung sogar bis zum Hofrat aufstieg.
Sein Bruder Christoph Gottlob, wie Goethe sagt, „eine treue, gute Seele“, stand der schwierigen Aufgabe gegenüber, nach dem im Jahr 1794 erfolgten Tode seines Vaters die Geschicke des gewaltig hoch angewachsenen Baues des Hauses Breitkopf auf seine nicht allzu starken Schultern zu nehmen. Er war ein guter Glasharmonikaspieler, sogar ein leidliche Komponist und vor allem ein sehr edler Charakter; aber die geistige Tiefe und Kraft seines Vaters, ein so großes Unternehmen zusammen zu halten, eigneten ihm nicht.
Sein Bedeutendes für das Erbe des großen Vaters leistete er als interessierter Musikdilettant, der mit seiner liebenswürdigen Wesen gar manche, für lange Zeiten hochwichtige Beziehungen anzuknüpfen wußte. So lernte er auf einer Reise nach Wien Gluck, Haydn, Mozart und Wanhall persönlich kennen und verstand namentlich das freundschaftliche Verhältnis zu Joseph Haydn gut in den Dienst des Hauses zu stellen. Haydn hat auch nach dem frühen Tode ((1800) dieses letzten Breitkopf dauernd mit dem Hause in Fühlung gestanden – später dann mit Gottfried Christoph Härtel, dessen überragendem Geist es möglich war, da fortzufahren, wo Johann Gottlob Immanuel Breitkopf hatte aufhören müssen.
Härtel entstammt einer seit der Mitte des 16. Jahrhunderts in Schneeberg im Erzgebirge ansässigen Familie. In den Oktober des Jahres 1795 fallen seine ersten Verhandlung mit dem Hause Breitkopf, nachdem er schon vorher allerhand Anknüpfungsversuche an andere Verlagsunternehmungen gemacht hatte. Bereits am 1. November war der Sozietätskonstrakt unterzeichnet, indem sich Christoph Gottlob Breitkopf nur die Musikalienhandlung noch vorbehielt; und 1796 erfolgte schließlich der Dissoziations- und Kaufkonstrakt. Von da an stand Härtel mit seiner Tatkraft und seinem geschäftlichen Weitblick dem Hause vor bis zu seinem Lebensende 1827. Seine Bedeutung für die Firma Breitkopf & Härtel erschöpft sich nicht damit, daß er half, dieses ehrwürdige Institut zu erhalten. Er hat darüber hinaus durch seinen Unternehmergeist, durch seine hervorragende Persönlichkeit seine vielen geistigen Fähigkeiten die gesamten Unternehmungen erweitert und gefestigt, ja er hat sie auch durch neue Zweige vermehrt.
Die bedeutendste Tat Härtels war sein Unternehmen der „Oeuvres complètes“ von Mozart und Haydn. In diesem querformatigen Heften müssen wir die Keimzelle sehen, für die später durch Breitkopf & Härtel in so einzigartiger Weise aufgebauten großen kritischen Gesamtausgaben von den deutschen Meistern. Schon damals waltete jener wissenschaftliche Geist, der für Veröffentlichungen bürgte.
Sodann gehört es zu den dauernden Verdiensten Härtels, daß er die Größe Beethovens so klar erkannt hatte. Im Jahr 1801 trat Härtel an ihn heran. Das erste Vertragswerk war das Quintett op. 29. Beethoven erkannte seinerseits die gediegene und vornehme Persönlichkeit Härtels und schätzte den Ruf des großen Hauses. Aber den Grundstein zu einer wirklich nahen Beziehung bildete erst Härtels Wiener Reise im Jahr 1808, die ihn mit Beethoven zusammen führte. Nun erschienen in rascher Folge sämtliche Komposition Beethoven von der 5. Symphonie bis zur C-dur-Messe op.86.
Innerhalb des Buchverlages seines Hauses hatte sich Härtel mit der Gründung der „Allgemeinen Musikalischen Zeitung“ im Jahre 1798 ein dauerndes Verdienst erworben. Sie erschien unter der Reaktion von Friedrich Rochlitz und darf für sich den Raum in Anspruch nehmen, auf die Person Beethovens wie auch auf die des jungen Richard Wagner nachdrücklich hingewiesen zu haben. Sie hielt sich unter wechselnder Redaktion und mit einem Stab von zum Teil sehr bedeutenden Mitarbeitern (u. a. E. T. A. Hoffmann) noch bis zum Jahre 1848. Einen erheblichen Aufschwung erlebten unter Gottfried Christoph Härtel sodann die technischen Betriebe. Um das Jahr 1800 war die Druckerei mit ihren 24 Pressen die größte am Platze. Sie verfügte damals über insgesamt 300 Schriften. Außerdem aber nahmen unter Härtel zwei neue Druckverfahren ihren Anfang: der Notenstich, der bis dahin nur sehr selten geübt worden war, und der Steindruck. Der Notenstich knüpfte an die Zeit von J. G. I. Breitkopf wieder an, aber er wurde jetzt durch eine besondere Legierung des Plattenmetalls rentabler und konnte erst von diesen Augenblick an in größerem Maße betrieben werden. Einen ganz neuen Weg jedoch ging Härtel mit der Einführung des Steindruckes. Härtel gebührt der Ruhm, dieses Verfahren nach Leipzig gebracht zu haben. Die ersten Verhandlungen mit Franz Anton von Weber, dem Vater des Komponisten Karl Maria von Weber, gehören bereits dem Jahre 1799 an. Später traten dann die direkten Beziehung zu Senefelder hinzu, der das Kriegsjahr 1813 im Härtelschen Hause mit erlebte. Schließlich erweiterte Härtel seine Betriebe auch noch um eine Pianofortefabrik. Sie ging hervor aus dem 1804 begonnenen Handel mit Instrumenten. Im Jahre 1807 begann die eigene Fabrikation, die sich bald in Mitteldeutschland einen guten Namen zu machen wußte. Härtels Klavier waren mehr auf den runden und starken Beethoven- gemäßen Ton eingestellt im Gegensatz zu den Wiener Instrumenten und wurden deshalb von Dussek und Czerny den anderen vorgezogen.
In seiner Fabrik waren zwei Männer als „Tischler“ tätig, deren Namen in der Geschichte der Klavierfabrikation einen guten Klang haben: Johann Gottlieb Irmler und Friedrich Wilhelm Feurich; auch stand eine Zeit lang der Bruder des Dichters Eduard Mörike als Faktor der Klavierfabrik vor. Erst im Jahre 1871 wurde die Fabrikation eingestellt. Nach G. C. Härtels Tode leitete zunächst für seine heranwachsenen Söhne Hermann und Reymund und der schon vorher im Hause tätige Vetter Florenz Härtel die Geschäfte. Aber bereits im Jahre 1832 erfolgte der Eintritt Reymunds und drei Jahre danach der seines Bruders. Diese beiden standen nun in vierzigjähriger fleißiger gemeinsamer Arbeit dem großen Hause vor. Ihre Tätigkeit zeichnete sich durch stetige Gleichschritt und Gewinnung wichtiger Stützpunkte für die Zukunft aus. Ihrem Vater G.C. Härtel hatten die Kriegsjahre zu Beginn des 19. Jahrhunderts viele Schwierigkeiten gebracht. Zeitweilig hatte seine Fabrik als Lazarett dienen müssen, die Metallschmelzen und Gießküchen als Küchen: die Kriegslasten waren groß.
Auch noch nach dem Jahre 1813 war die Lage für ihn so schwer, daß er vorübergehend den Verkauf des Hauses in Erwägung gezogen hatte. Seine Söhne ließen sich nicht entmutigen, sondern gingen dem vom Vater groß angelegten Weg langsam und unbeirrt vorwärts.
Die Idee der Schöpfung von Gesamtausgaben förderten sie durch die im 100. Todesjahr Johann Sebastian Bachs begonnene große kritische Bach–Ausgabe, der sich im Jahre 1852, dem Jahre der 100. Wiederkehr des Todestages Händels, die Händel-Gesamtausgabe anschloß und im Jahre 1861 die Beethoven–Gesamtausgabe. Sie gewannen die besten Kenner der Meister für die Redaktion und schufen durch die Anregung von Gesellschaftsgründungen einen soliden Unterbau für das Gedeihen dieser momentan Publikationsreihen.
Aber sie waren auch ihrer Zeit gegenüber auf dem Posten. Fast alle großen Meister der Romantik zählten zu ihren Verlagsautoren: Schumann, Brahms, Chopin, Berlioz, Liszt, Loewe, Robert Franz, Gade, Reineke u.a. auch Marschner, Lortzing und Wagner wußten sie zu gewinnen. – Im Buchverlag entstanden zu ihrer Zeit einige hervorragende biographische Werke: die Anfänge von Spittas Bach-Biographie, Chrsanders Händel, Nissens und Jahns Mozart; ferner die grundlegenden Arbeiten Kiesewetters und Winterfelds, die thematischen Verzeichnisse von Köchel (Mozart) und Nottebohm (Beethoven) und die musiktheoretischen Werke von Marx und Krüger. Auch die vom Vater Härtel begonnene Klavierfabrik setzten die Söhne energisch fort.
Die Breitkopf-Flügel erfreuten sich namentlich bei Robert und Clara Schumann und Liszt großer Beliebtheit. Schließlich fällt die Arbeitszeit der Brüder Härtel ein äußeres Ereignis, daß sie als ein Symbol für die nun bald einsetzenden großen Aufschwung des Hauses Breitkopf & Härtel unter der Leitung ihrer beiden Neffen Oskar von Hase und Wilhelm Volkmann angesehen werden kann: der Bau eines neuen Hauses.
Die Vergrößerung der technischen Betriebe namentlich war es, die dazu drängte, die Universitätsstraße mit ihren beiden „Bären“, dem goldenen und den silbernen, zu verlassen. Der Neubau, der das Aussehen eines vielstöckigen Fabrikgebäudes erhielt, wurde im Jahre 1866 in der Nürnberger Straße errichtet. Ein Jahr später wurde der Betrieb daselbst aufgenommen.
Da der Mannesstamm der Familie Härtel mit den beiden Brüdern Hermann und Raymund ausstarb, ging das Haus zunächst an ihre beiden Schwestern Adele, verehelichte Volkmann und verehelichte Hase über, nachdem sich Raymund Härtel 1880 von der Leitung zurückgezogen hatte. Es war beschlossen worden, daß deren Söhne später die Leitung übernehmen sollen.
Daher wurden auch beide frühzeitig auf diesen Lebensweg vorbereitet. Sie erlernten den Buchhandel, volontierten von den Jahren 1860 und 1869 da an im Hause Breitkopf und wurden schließlich über die Stationen des Prokuristen und Teilhabers Mitbesitzer der Firma. Über das Lebenswerk dieser Männer, Oskar von Hase und Wilhelm Volkmann, besonders über den nun beginnende gewaltigen Aufbau des Musikverlages.
Da ist vor allem die ganz gigantische Leistung der Erstellung der kritischen Gesamtausgaben von den größten Komponisten, mit der sie der Spur ihres Großvaters G. C. Härtel und dessen Söhnen folgten.
Sie führten die Bach- und Händel-Ausgaben fort und schlossen im Laufe weniger Jahrzehnte die folgende gleich großen Unternehmen an: 1875 Chopin und Palestrina, 1876 Mozart, 1879 Schumann, 1883 Schubert und Gretry, 1885 Heinrich Schütz, 1888 und 1889 Johann Strauß und Lannner,
1894 Orlando di Lanner, 1900 Berlioz, 1901 Johann Hermann Schein, 1902 Vitoriaa, 1905 Cornelius, 1907 Haydn und Liszt und vor dem Ersten Weltkrieg in die einheitliche Zusammenfassung der Partituren Richard Wagners. Ferner veranstalteten sie die für die Musikgeschichtsforschung unentbehrlichen Publikationsreihe der „Gesellschaft für Musikforschung“ (1884 ff.), die „Die Denkmäler deutscher Tonkunst und die „Denkmäler der Tonkunst in Bayern“ (1892 ff.). Im Buchverlag sind alle Musikhistoriker von Rang vertreten: Eitner, Riemann, Kretzschmar, Abert. Die nahen und persönlich warmen Beziehung zu Felix Dahn führten zum Verlag seiner Werke.
Die Wissenschaft war, von der Musik abgesehen, durch Männer wie Karl von Hase, den berühmten Kirchenhistoriker und Vater Oskar von Hases, Alfred Wilhelm Volkmann, den bedeutenden Anatomie und Physiologen und Vater Wilhelm Volkmann, Rudolf von Ihering (Rechtswissenschaft), Duhn und Schmarsow (Kunstgeschichte) u.s.w. u.s.w. vertreten. Auch die Komponisten der Zeit fanden in erheblichem Maße Eingang in den Verlag: darunter vor allem d`Albert, Weingartener, Zilcher, Nicodè, Busoni und Sibelius.
Aber auch innerhalb des eigenen Hauses hat Oscar von Hase, auf dessen Initiative die genannten Arbeiten des Musikverlages vornehmlich zurückzuführen sind, Außerordentliches geleistet. Mit einer vollständigen Neuorganisation der Notenstände und der Anlage ganz neuer Abteilungen hatte er das angestaute kostbare Material des Verlages aufgelockert. 1877 war bereits eine neue Gruppe, die im Preise niedrige gehaltene „Volksausgaben“ entstanden; ihr schlossen sich 1879 eine Textbücher-Bibliothek, 1895 die Chor-Bibliothek, 1890 die Orchester-Bibliothek, 1893 die Partitur–Bibliothek und auch noch vor der Jahrhundertwende der „Deutsche Liederverlag“ an. Das aufblühen des Hauses vor dem Ersten Weltkrieg dokumentierte sich nach außen hin durch die Errichtung von Zweigunternehmungen im Ausland, in Brüssel, in London, und Neu York, die dann später von den Stürmen des ersten Weltkrieges hinweggerafft wurden.
Mancherlei große Aufgaben ergaben sich in den ersten Nachkriegsjahren mit ihrer staatlichen und wirtschaftlichen Zerrüttung von selbst: hatte der Verlag vor dem einem Jahrhundert verlegerischen die Richtung gewesen, als Veranstalter der Kritischen Gesamtausgaben der großen Meister der Musik die wissenschaftlichen Grundlagen für Musikpflege und – forschung geschaffen, mit den Bibliotheken für den praktischen Gebrauch, ihren Werken aus allen Gebieten und Zeiten dem Musikleben der ganzen Welt das Handwerkszeug geliefert, so galt es jetzt zunächst in der Beschränkung auf das Wesentliche das Vorhandene zu erhalten und, wo es erforderlich war, zu ergänzen und aufzufüllen.
Mit an erster Stelle steht hier die Vervollständigung und Vollendung der Kritischen Gesamtausgaben. Die nunmehr 60 Bände umfassend Werke Johann Sebastian Bachs wurden durch Einreihung der Neufassung der „Kunst und Fuge“ von Wolfgang Graefer um einen Supplementband erweitert.
Den Gesamtausgaben der Wechsel gibt Reis, Haydn, List, ein Regime und Richard Wagners wurden mehrere Bänder hinzugefügt. Der Höhepunkt auf diesem Gebiet jedoch wurde erreicht durch die Herausgabe des gesamten Werkes von Johann Johannes Brahms. Die 26 Bänder umfassen Ausgaben bildet einen bedeutsamen Markstein in der Nachkriegsentwicklung des Hauses Breitkopf & Hertel und die Grundlage eines ganzen Verlags im Verlag von Ausgaben für den praktischen Gebrauch.
1935 trat mit Martin von Hase der jüngste Bruder Hellmuth von Hases bei Breitkopf & Härtel ein. Er wurde 1936 zum Teilhaber und leitete den Verlag zusammen mit seinem Bruder bis 1961.
In der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 1943 wurden die Verlagsgebäude in der Nürnberger Straße durch Bombenangriff schwer beschädigt, Teile der Archivbestände blieben allerdings dank vorsorglicher Auslagerung erhalten. Sie befinden sich heute weitgehend als Depositum im Sächsischen Staatsarchiv – Staatsarchiv Leipzig.
1945 siedelte Hellmuth von Hase mit seiner Familie und den engsten Mitarbeitern nach Wiesbaden um. Im Anschluß an seine Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft Ende 1945 wurde Martin von Hase in den Jahren der Abwesenheit des Bruders (Mitte 1946 - Ende 1949) zum alleinigen Leiter des Verlages in Wiesbaden (Übergabe des Geschäftsanteils an Martin von Hase am 19. November 1946).
1947 erhielt er gemeinsam mit Rosemarie Lienau (Musikverlag Robert Lienau, Berlin) vom „Military Government-Germany“ in Berlin die Lizenz Nr. US-W-2035 für den Wiederaufbau von Breitkopf & Härtel. 1951 konnte sich der Verlag nach dem Verkauf wertvoller Handschriften, die vom Land Hessen erworben und in die Musiksammlung der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt eingegliedert wurden, konsolidieren. 1952 wurden Hellmuth und Martin von Hase in der DDR in Abwesenheit verurteilt und der Leipziger Verlag enteignet. Er firmierte nun als VEB Breitkopf & Härtel.
1954 startete die Gesamtausgabe Regers, 1959 bis 1971 folgte die von Beethoven. 1953 stieg Gottfried Härtels Nachkomme Joachim Volkmann und 1962 Härtels Ururenkelin Lieselotte Sievers in die Verlagsleitung auf. 1967 bezog der Verlag sein noch heute genutztes Gebäude in der Walkmühlstraße. In der Verlagskrise 1976 schied Joachim Volkmann aus dem Verlag aus, stattdessen stieg 1979 Gottfried Möckel in die Verlagsleitung ein. 1971 wurde die Zweigstelle Taunusstein geschaffen, in der sich die beiden Abteilungen Auslieferung und Vertrieb sowie Orchester und Bühne befinden. Von 1979 bis 2009 war Gottfried Möckel Mitgesellschafter des Verlages. 1991 konnte nach zähen Verhandlungen die Rückgabe des enteigneten Leipziger Verlages erwirkt werden, seitdem firmierte der Verlag unter dem Namen „Breitkopf & Härtel – Wiesbaden, Leipzig, Paris“. Ende 2014 zog sich der Verlag zunächst aus Leipzig zurück. Seit 2017 existiert wieder eine Niederlassung am Gründungsstandort.
Zum 1. September 2015 trat der Leipziger Musikverleger Nick Pfefferkorn an der Seite von Lieselotte Sievers und Sebastian Mohr in die Geschäftsleitung des Verlages ein. Damit wurde erstmals seit Gottfried Möckel (1979) wieder ein Verlagsleiter von Breitkopf & Härtel bestellt.