Biron, Ernst Johann von

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Ernst Johann Reichsgraf von Biron

Ernst Johann Bühren, ab 1730 Reichsgraf von Biron, ab 1737 Herzog von Kurland[1] (Lebensrune.png 23. November 1690 in Kalnzeem, Herzogtum Kurland und Semgallen; Todesrune.png 29. Dezember 1772 in Mitau) war baltendeutscher Staatsmann, Herzog von Kurland und Semgallen sowie 1740 Regent des Russischen Kaiserreichs. 1730 wurde von Biron von Kaiser Karl VI. zum Grafen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation ernannt und in die kurländische Ritterschaft aufgenommen.

Einfluß

Von Biron galt, trotz des Widerstandes des russischen Adels, zeitweilig als der mächtigste Mann im russischen Reich, bevorzugt von Kaiserin Anna und Kaiserin Elisabeth (trotz ihres besonderen Deutschenhaß und die Weigerung, von Biron vollständig zu begnadigen), der selbst mit allen Mitteln Gegner bekämpfte, sie hinrichten oder nach Sibirien verbannen ließ. Als er jedoch durch Kaiserin Anna, gemeinsam mit der Mutter Prinzessin Anna von Mecklenburg, zum Vormund des Thronfolgers Iwan VI. – Sohn von Anton Ulrich d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern (1714–1774) – und somit Regent des Reiches ernannt wurde, machte er sich angreifbar.

„Seine Macht in Russland war auf den höchsten Grad gestiegen. Seine Reichthümer wuchsen täglich, seine Einkünfte waren gross, sein Aufwand wurde von der Monarchin bestritten, und er hatte überdies alle Mittel in Händen, sich zu bereichern. In Geldsachen bediente er sich des Hofjuden Liepmann, und theilte mit diesem den Wucher, den sie gemeinschaftlich durch Monopolien und andre Handelsbedrückungen erpressten. Seine Besitzungen in Russland waren sehr wichtig, und wurden noch ausser Landes durch die Herrschaft Wartenberg in Schlesien vermehrt. Den grössten Zuwachs aber erhielten seine Besitzungen durch das Herzogthum Curland. In dem er dadurch eine kleine Souverainetät erhielt, wurde sein Rang der grösste unter den Russischen Staatsdienern. Durch Geld und Intriguen brachte es der Russische Hof so weit, dass die Edelleute in Curland nach Aussterben des Kettlerischen Stammes im Jahr 1737 sich sehr geschmeichelt fühlten, denjenigen zu ihrem Herzog erwählen zu dürfen, den sie zehn Jahr vorher nicht als ihres Gleichen hatten annehmen wollen . Im Jahr 1739 erhielt der neue Herzog die Belehnung mit seinem Lande durch Deputirten in Warschau am Throne des Königs. In dem darauffolgen den Monat Julius schickte der deutsche Kaiser aus eigener Bewegung dem Herzoge ein Diplom, in welchem er ihm den Titel Durchlauchtig ertheilte. Biron hatte den Stolz, lange nicht darauf zu antworten, weil er fand, dass diese Urkunde schon eher hätte ausgefertigt werden können. Am Ende des Monats Oktober, im Jahre 1740, starb Anna. Der Herzog hatte es durch seinen entscheiden den Einfluss auf die Handlungen dieser Fürstin dahin zu bringen gewusst , dass sie ihn auf ihrem Todbette zum Regenten von Russland während der Minderjährigkeit des jungen Kaisers, Joan Antonowitsch, ernannte. Mit dem Tode der Kaiserin trat Biron die Regentschaft an. Sie war das letzte Auflodern ein es verlöschenden Lichtes. Er erhielt den Titel Hoheit, gab und unterschrieb im Namen des Kaisers einige Schenkungen an die Kaiserliche Familie, Verordnungen, die Gnadenbezeichnungen enthielten, und Urkunden, wie sie gewöhnlich beim Antritt einer Regierung bekannt gemacht werden; liess fast an jedem Tage Menschen arretiren, die ihm verdächtig waren, und vollendete dadurch den allgemeinen Hass. Mehr zu thun wurde er verhindert. Nach drey Wochen verlor er alles. Die Grossfürstin Anna, Mutter des Kaisers, erregte eine Revolution, die der General-Feld-Marschall Münnich mit seinem General-Adjutanten, dem berühmten Schriftsteller Mannstein,[2] ausführte.“[3]

Er hatte nun ernste Feinde, darunter die Mutter Iwans, (die als „Großfürstin“ alleinige Regentin sein wollte) und sein einstiger Freund Generalfeldmarschall Burkhard Christoph von Münnich, der sich im Ringen um politischen Einfluß und seiner Treue zur Anna von Mecklenburgvon ihm abgewandt hatte. Von Münnichs (der zum Premierminister ernannt wurde) Einfluß sollte jedoch nur von kurzer Dauer sein, Großfürstin Anna zwang ihn 1741 zur Verabschiedung, da von Münnich ein starkes Bündnis mit Preußen wollte, während Regentin Anna Bündnisse mit Österreich und Sachsen bevorzugte.

Herzöge von Kurland und Semgallen

Wappen des Herzogtums Kurland 1769-95

Teilung

  • 1595–1616 und 1617–1618 Friedrich I. (in Semgallen)
  • 1595–1616 Wilhelm (in Kurland)
Benigna Gottlieb(e) von Biron

Wiedervereinigung

  • 1618–1642 Friedrich I.
  • 1642–1681 Jakob (bereits seit 1638 Mitregent)
  • 1681–1698 Friedrich Kasimir
  • 1698–1711 Friedrich Wilhelm
  • 1711–1730 Anna (Regentin)
    • 1726–1729 Hermann Moritz (von der kurländischen Ritterschaft nur gewählt, trat die Regierung nie an)
  • 1730–1737 Ferdinand
  • 1737–1758 Ernst Johann (Diplom vom 13. Juli 1937, die Lehensreichung verzörgerte sich aber bis 20. März 1739)
  • 1758–1763 Karl Christian, einen Sohn Augusts III.
  • 1763–1769 Ernst Johann (erneut nach der Begnadigung durch Peter III.)
  • 1769–1795 Peter
    • Peter trat sein Herzogtum 1795 gegen Entschädigung an Rußland ab und lebte seitdem als „Herzog von Kurland, regierender Herzog zu Sagan“ in dem 1786 gekauften Herzogtum Sagan in Schlesien

Familie

Ernst von Biron war der Sohn von Carl von Bühren (1653-1735) und seiner Gemahlin Catharina Hedwig, geb. von der Raab (1663-1740). Nach dem Studium an der Universität Königsberg heiratete er 1723 Benigna Gottliebe von Trotta (Throtha) gen. Treyden (Lebensrune.png 15. Oktober 1703; Todesrune.png 2. November 1782). Das Paar hatte zwei Söhne und eine Tochter (Peter, Hedwig Elizabeth und Karl Ernst). Benigna Gottliebe wurde 1762 zur St. Katharina Dame ernannt.

Peter von Biron

Sein ältester Sohn Peter von Biron, ebenfalls deutscher Reichsgraf, wurde – nachdem Kaiser Peter 1762 endgültig die Verbannung der Familie aufgehoben hatte – zum General der Kavallerie der Kaiserlich-Russischen Armee ernannt. Peter (Lebensrune.png 15. Februar 1724 in Mitau; Todesrune.png 13. Januar 1800 in Gellenau, Grafschaft Glatz) war, wie sein Vater, Inhaber des Ordens vom Weißen Adler (Verleihung 1737), Ritter des Hohen Ordens vom Schwarzen Adler, Inhaber des Sankt Alexander Newski-Ordens und seit dem 20. Juli 1764 des Sankt Andreas-Ordens. Er war bis 1795 der letzte deutsche Herzog von Kurland und Semgallen.

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

Schriften (Auswahl)

  • Facti Species des Herzogs von Churland Biron von Ihm selbst aufgesetzt, 1751

Literatur

  • Gespräche Eines Deutschen und eines Rußens/ Welche einander umständlich erzählen, was sich kurz vor, bey und nach dem betrübten Absterben des ... Königs Carls des Sechsten/ Und der ... Kaiserin Anna Ivanowna ... merkwürdiges zugetragen hat: wobey Von dem Ursprunge/ der Erhebung und dem unverhofften Fall des Rußischen Regentens und Curländischen Herzogs Ernst Johann/ Grafen von Biron/ Und seiner ganzen Familie eine ausführliche Nachricht mitgetheilet wird, Möllerische Buchhandlung, Frankfurt am Mayn 1741
  • Zweytes Gespräche Eines Deutschen und eines Rußen/ Welche einander umständlich erzählen, was sich kurz vor, bey und nach dem betrübten Absterben des ... Königs Carls des Sechsten/ Und der ... Kaiserin Anna Ivanowna ... merkwürdiges zugetragen hat: Wobey Von dem wahren Ursprunge/ von der Erhebung, von dem unverhoften Falle ... Des Rußischen Regentens und Curländischen Herzogs Ernst Johann/ Grafens von Biron/ Und von der bißherigen Rußischen Regentin ... Anna/ Prinzeßin von Mecklenburg ... wie auch von ihres Sohnes ... Johannes des Dritten/ Absetzung und gegentheiliger Erhebung der Prinzeßin Elisabeth ... mitgetheilet wird, Möllerische Buchhandlung, Frankfurt am Mayn 1742
  • Christian Friedrich Hempel: Merckwürdiges Leben des unter dem Namen eines Grafens von Biron weltbekannten Ernsts Johann, gewesenen Regentens des Russischen Reichs, auch Herzogs, in Liefland, zu Curland und Semgallien: nebst den Haupt-Stücken der ehemalichen und heutigen, Staats-Verfassung von Curland; auch dem gegenwärtigen Zustande von Russland, Braunschweig 1742
  • Ernst Johann Biron, 1690-1990: Katalog der Ausstellung im Schloss Rundäle/Ruhental, Riga 1993

Verweise

Fußnoten

  1. Die aus Westfalen ins Kurland eingewanderte Familie hieß ursprünglich Bühren (bzw. Büren), noch bis 1730 hieß er nicht von Biron, sondern Ernst Johann Bühren. Dann nahm er 1730 den herzoglichen Namen von Biron an. Als der französische Chef des Hauses per Brief anfragte, wie denn Ernst Johann mit ihm verwandt sei, weigerte sich dieser zu antworten.
  2. Als die Kaiserin 1740 starb, erhielt der Herzog von Biron die Vormundschaft über den künftigen Zaren, aber dessen Mutter wollte Biron absetzen. Sie wandte sich an den Feldmarschall Münnich. Es wurde beschlossen, den Herzog zu verhaften. Das gefährliche Unternehmen wurde dem Oberstleutnant Manstein, der als preußischer Fähnrich in kaiserlich-russische Dienste trat, übertragen. Der führte es mit viel Geschick aus. Nach dem erfolgreichen Unternehmen wurde er zum Oberst befördert und ihm das Kommando des Astrachanschen Regiments übergeben. Zur Belohnung gehörten noch vier große Güter in Ingermanland. Manstein wurde am 15. März 1745 von Friedrich II. zu seinem Generaladjutanten ernannt. Er blieb bis zum Frieden von Dresden in dieser Funktion. Nach dem Krieg war er in verschiedenen Staatsgeschäften unterwegs und wurde am 12. September 1754 zum Generalmajor ernannt. Er fiel im Siebenjährigen Krieg am 27. Juni 1757 bei Welemin.
  3. Georg Adolf Wilhelm von Helbig: Russische Günstlinge, J.G. Cotta, Tübingen 1809, S. 157–158