Moritz von Sachsen (1696–1750)
Hermann Moritz Graf von Sachsen (Französisch: Maurice comte de Saxe; 28. Oktober 1696 in Goslar; 30. November 1750 auf Schloß Chambord) war ein deutscher Feldherr und Kriegstheoretiker in französischen Diensten. Als französischer Marschall, daher meist Marschall von Sachsen („Maréchal de Saxe“) genannt, galt er als einer der bedeutendsten Heerführer seiner Zeit. In der Ruhmeshalle Walhalla ist ihm eine Büste gewidmet.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Graf Moritz von Sachsen war ein Sohn des sächsischen Kurfürsten und König Polens August der Starke und der Gräfin Aurora von Königsmarck. 1706 studierte er bereits Musik und Philosophie in Halle. Seine ersten Jahre verlebte er teils in Hamburg und Berlin, teils in Breslau, in dessen Nähe seine Mutter sich angekauft hatte. 1704 schickte ihn sein Vater nach Holland. Erst 1710 bzw. 1711 wurde er mit der Ernennung zum Grafen von Sachsen legitimiert.
Nach weitere Studien (u. a. Kriegskunst) in Leipzig und Den Haag trat er 1709 ins sächsische Heer ein, wo er in der Reichsarmee bzw. im kaiserlichen Korps in Flandern während des Spanischen Erbfolgekrieges (Spanische Niederlande/Generalstaaten) unter Prinz Eugen und dem Herzog von Marlborough mit Auszeichnung kämpfte. 1711 begleitete er seinen Vater auf dem Feldzuge in Pommern, 1713 ging er mit dem ihm von demselben verliehenen Regimente nach Polen. Er kämpfte 1716/17 erneut unter Prinz Eugen von Savoyen im ersten Türkenkrieg des römisch-deutschen Kaisers Karl VI.
Er wurde zum Generalmajor und Ritter des Weißen Adler-Ordens ernannt, mußte aber 1720 aufgrund von Intrigen den Hof verlassen.
Französische Dienste
1720 wechselte er gezwungener weise in französische Dienste über, wo er als vorläufiger Maréchal de camp 1722 ein deutsches Infanterie-Regiment (Régiment de Sparre Infanterie; aufgestellt 1716 aus dem Régiment de Fürstenberg von 1668) übertragen bekam. 1732 verfaßte er in dreizehn schlaflosen Nächten seine berühmte Schrift „Mes rèveries“, in der er neue und kühne Ansichten über die Kriegswissenschaft niederlegte. Der Polnische Thronfolgekrieg rief ihn wieder zum Waffendienst; er wurde dem Korps zugewiesen, das unter dem Marschall von Berwick über den Rhein ging und im August 1734 zum Generalleutnant ernannt.
Im Österreichischen Erbfolgekrieg erstürmte er bei den französischen Einfall in Böhmen 1741 die Festung Prag und führte dann den Oberbefehl auf dem belgischen Kriegsschauplatz, wo er am 11. Mai 1745 den großen Sieg bei Fontenoy über die Österreicher, Holländer und Engländer erfocht. Nach dem Sieg von Roucourt 11. Oktober 1746 wurde er Feldmarschall aller französischen Armeen (Generalmarschall der Feldlager und Armeen des Königs). Der Frieden von Aachen (1748) beschloß seine militärische Laufbahn und schon zwei Jahre später starb er an den Folgen eines Blutsturzes. Friedrich der Große hat sich manche seiner Kriegserfahrungen zunutze gemacht.
Sächsische Biografie
- Am Ende seines Lebens zählte M. zu den berühmtesten Feldherren seiner Zeit und galt als der einzige General, der nie eine Schlacht verloren hatte. Nach dem großen Sieg zu Fontenoy (Frankreich) 1745 wurde er 1747, obgleich Ausländer und Protestant, zum dritten Generalfeldmarschall (Maréchal-Général des Camps et Armées de France) in der französischen Geschichte ernannt. Nach der Hochzeit seiner Nichte Maria Josepha von Sachsen mit dem französischen Dauphin Ludwig 1747 und angesichts seiner Freundschaft mit der Marquise de Pompadour galt M. als einflussreiche Größe am französischen Hof. – In seiner Jugend wurde M. auf Wunsch seines Vaters Kurfürst Friedrich August I. unter Matthias Johann Graf von der Schulenburg zum Offizier ausgebildet. Er nahm an Feldzügen in Flandern (Schlacht von Malplaquet 1709), Pommern (1711) und Niedersachsen (1712) sowie an der Belagerung Belgrads unter Prinz Eugen von Savoyen (1717) teil. 1711 legitimierte ihn sein Vater als erstes seiner unehelichen Kinder und M. erhielt den Titel Graf von Sachsen sowie das Rittergut Schkölen bei Eisenberg. Mit Eifer widmete M. sich dem Aufbau seines eigenen Regiments. Spannungen bestanden mit dem Generalfeldmarschall und Kabinettsminister Jakob Heinrich Graf von Flemming. Auch die Beziehung zum Vater war recht wechselhaft. Der Kurfürst war anscheinend einerseits stolz auf den kriegerischen Sohn, der ihm ähnelte, andererseits prallten hier aber auch zwei starke Charaktere aufeinander. Insbesondere 1716, nachdem M. im Zuge der Heeresreform sein Regiment verloren hatte, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen bis hin zur Drohung des Kurfürsten, ihn nach Königstein zu schicken. – 1720 ging M. nach Frankreich und übernahm dort militärische Aufgaben. Die Abreise aus Sachsen geschah nicht zuletzt auch deshalb, weil ihn sein Vater außer Landes sehen wollte, um keinen direkten Vergleich mit dem legitimen Thronfolger, Friedrich August (II.), zuzulassen. In dieser Zeit scheint M. von Friedrich August I. auch mit diplomatischen Demarchen (beim französischen Regenten 1723 und dem König von England 1724) betraut gewesen zu sein und vertrat seinen Vater bei der Heirat König Ludwigs XV. von Frankreich. Sein einziges literarisches Werk, die „Rêveries“, waren für seinen Vater und als Hilfe bei dessen Auseinandersetzungen mit den polnischen Magnaten gedacht. – Zeit seines Lebens sollte M. den brennenden Ehrgeiz hegen, eine eigene Krone zu tragen. Tatsächlich wurde er 1726 zum Herzog von Kurland gewählt, konnte sich aber angesichts russischer Machtpolitik dort nicht durchsetzen. Hinter den Kulissen wurde er von seinem Vater unterstützt, der ihn aber offiziell zur Aufgabe seines Anspruchs drängte, was M. verweigerte. – In den Jahren nach 1733 zeichnete sich M. im Polnischen Erbfolgekrieg bei der Rheinarmee aus und hatte im Kampf Frankreichs gegen habsburgische Armeen Anteil an den Kämpfen um Kehl, bei Ettlingen und an der Mosel. 1734 wurde er zum französischen Generalleutnant befördert. Ab 1736/37 verbesserte sich M.s Verhältnis zu seinem Halbbruder, Kurfürst Friedrich August II. von Sachsen (als König von Polen August III.), für den er sich als „Gazetier“ betätigte, als Übermittler und Kommentator von Gerüchten und Entwicklungen am französischen Hof. M. ließ sich nicht als Franzose oder als Sachse einordnen - er beanspruchte für sich das Recht, aus eigener Bedeutung und kraft eigenen Talents zu urteilen. Zu Beginn des Österreichischen Erbfolgekriegs 1741 versuchte er seinen Halbbruder zu überzeugen, die bayerisch-französische Seite zu unterstützen und den Anspruch des bayerischen Kurfürsten auf die Kaiserkrone mitzutragen. Mit den französischen Truppen zog M. durch Bayern und bis wenige Kilometer vor Wien, wo dann die Armee in Richtung Prag abschwenkte, nicht zuletzt, um nicht den auf Prag ziehenden Sachsen die böhmische Hauptstadt zu überlassen. Im Zusammenspiel mit seinen sächsischen Halbbrüdern (Friedrich August Graf von Rutowski, Friedrich August von Cosel und Johann Georg) nahm M. Prag ein und zeichnete sich vor Eger (tschech. Cheb) aus. 1742/43 führte er die Kampagne in Bayern gegen die Österreicher und verteidigte das Oberelsass. 1744 wurde er zum Maréchal de France ernannt und führte fortan im Wesentlichen den Krieg in Flandern gegen England-Hannover, Habsburg und die Niederlande. In Gegenwart des Königs belagerte und nahm er Menin, Ypern und Furnes ein. 1745 errang er den berühmten Sieg in der Schlacht von Fontenoy, eine Schlacht, die bis heute in allen französischen Schulgeschichtsbüchern dargestellt wird und mit dem Satz „Schießen Sie zuerst, meine Herren Franzosen“ verbunden wird. U.a. die Städte Tournai, Gent, Brügge und Ostende fielen ihm zu. M. führte den Krieg durch das Verschieben großer Truppenteile über weite Flächen und galt zu Recht als genialer Stratege. 1747 wurde er General-Gouverneur der Niederlande, dann Gouverneur des Elsass. Er häufte eines der größten Privatvermögen in Frankreich an. – M.s frühe Ehe mit Johanna Victoria von Loeben wurde nach wenigen Jahren getrennt. Er war bekannt für zahlreiche Liebschaften und Affären mit hochadligen Damen ebenso wie mit Schauspielerinnen. Ernsthafter war seine Beziehung zu der bedeutenden Schauspielerin Adrienne Lecouvreur. Mit Marie Rinteau hatte er eine Tochter, Maria Aurora, die Großmutter der Schriftstellerin George Sand. Befreundet war M. u.a. mit Voltaire, der das Siegesgedicht auf ihn nach der Schlacht von Fontenoy verfasste. – Von Alter und Krankheit gezeichnet zog sich M. auf Schloss Chambord zurück, das ihm Ludwig XV. seiner Verdienste wegen geschenkt hatte. Von Juni bis Oktober 1749 unternahm er die letzte seiner regelmäßigen Reisen nach Dresden und hatte zugleich eine viel beachtete Begegnung mit Friedrich II. von Preußen in Sanssouci. Zur Niederkunft der Dauphine, Maria Josepha von Sachsen, reiste er im Herbst 1750 ein letztes Mal nach Versailles.[2]
Familie
Moritz von Sachsen heiratete am 12. März 1714 auf Drängen seiner Mutter die reiche Erbin Johanna Viktoria Tugendreich von Loeben ( 8. Februar 1699; 25. Juni 1747), Tochter von Ferdinand Adolf ( 1705) und Martha Katharina Elisabeth von Loeben (1665–1724).[3] Mit ihr hatte er einen Sohn, August Adolf ( 22. Januar 1715), der aber schon kurz nach der Geburt starb. Die Ehe wurde am 21. März 1721 geschieden. Johanna Viktoria heiratete 1728 den Oberstleutnant der Sächsischen Armee Friedrich Wilhelm von Runckel ( 18. Februar 1759).
Aus einer Affäre Moritz’ mit Marie Rinteau de Verrières (1730–1775) entstammt die illegitime Tochter Maria-Aurora von Sachsen, verehelichte Dupin, (1748–1821). Somit war er der Urgroßvater der französischen Schriftstellerin George Sand (eig. Aurore Dupin).
Literatur
- Louis-Benoît Picard: Der Marschall von Sachsen. Ein Lustspiel in drei Aufzügen, Celle 1805
- Die Großen der Weltgeschichte, Eckstein-Halpaus G.m.b.H., Dresden o.J. (1930)
- Hermann Stegemann: Die letzten Tage des Marschalls von Sachsen, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart und Berlin 1930