Kuntz, Herbert

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Leutnant Herbert Kuntz.jpg

Herbert Kuntz (Lebensrune.png 15. Februar 1915 in Dieflen/Saar; Todesrune.png 26. August 1998 in Dillingen/Saar) war ein deutscher Offizier der Wehrmacht, zuletzt Hauptmann der Reserve, Kampfflieger der Luftwaffe und Ritterkreuzträger des Zweiten Weltkrieges. Er absolvierte insgesamt rund 700 Feindflüge und galt als einer der wenigen He-111-Führer, die Erfahrung als Torpedo-Bomber hatten.[1]

Werdegang

He 111 H der 4. Staffel/KG 26 mit Besatzung im August 1940 bei Stavanger, rechts außen Lt. Herbert Kuntz über der Führerkanzel.

Kuntz trat freiwillig der Luftwaffe bei und wurde am 1. November 1937 zur 2./Flieger-Ersatz-Abteilung 12 kommandiert, wo seine Ausbildung zum Flieger begann. 1939/40 kam er zur Flugzeugführerschule A/B 3 (FFS A/B 3), anschließend zur Blindflugschule 3 in Königsberg-Devau.

Zweiter Weltkrieg

Mitte 1940 (ca. Juni) 1940 wurde Kuntz zur 4. Staffel/Kampfgeschwader 26 kommandiert. Am 31. Mai 1942 wurde die 4./KG 26 in 2./Kampfgeschwader 100 umbenannt. Am 19. Juni 1942 kam Kuntz in die 3. Staffel/KG 100. Am 4. November 1942 absolvierte er seinen 300. Feindflug. Im Februar 1943 wurde er Kapitän der 10./KG 100. Am 12. Juli 1943 wurde er dann zum Staffelkapitän der 11./KG 100 und am 16. Mai 1944 zum Staffelkapitän der 2./KG 100 ernannt. Als am 31. Mai 1944 aus der 2./KG 100 die 8./KG 100 wurde, blieb er Staffelkapitän bis 20. August 1944. Am 1. September 1944 wurde er zum Kapitän der 2. Staffel/Ergänzungskampfgruppe 177 ernannt. Die Erg.KGr.177 der Luftflotte „Reich“ (mit He 177 A ausgestattet) wurde am 12. Juli 1944 in Neuburg durch Umbenennung Teile der IV./Kampfgeschwader 1 aufgestellt, wobei die 2. Staffel die einstige 11. Staffel/Kampfgeschwader 40 war. Als aus der Ergänzungskampfgruppe 177 am 5. November (ggf. 6. November) 1944 zur IV. Gruppe/Kampfgeschwader 40 (Luftflotte 10) wurde, wechselte Kuntz (ggf. noch kurze Zeit Staffelkapitän 2./KG 40) zum geheimnisumwitterten Versuchskommando/KG 200.

Werner Baumbach (links) zu Gast bei Kuntz

Fliegerheld von Stalingrad

Kuntz war der letzte deutsche Versorgungsflieger, der noch am 3. Februar 1943 mit seiner Heinkel He 111 über den Kessel von Stalingrad im Einsatz war. Allerdings orteten Flugzeugführer der deutschen Luftwaffe in der Steppe um Stalingrad noch bis Mitte Februar Kleinsttrupps von bis zu fünf Mann, die versuchten, zu den deutschen Linien zu gelangen. Insgesamt absolvierte Kuntz 366 Feindflüge während der Schlacht um Stalingrad, darunter 18 Versorgungsflüge in den Kessel.

„Am 3. Februar 1943 flog Leutnant Herbert Kuntz von der Kampfgruppe 100 mit seiner He 111als letzter deutscher Flieger über Stalingrad. ‚Sehen Sie nach, ob noch irgendwo gekämpft wird oder ob Fluchtgruppen zu sehen sind‘, hatte Hauptmann Bätcher gesagt. ‚Werfen Sie dann die Ladung ab.‘ Die Ladung, das war Brot, Schokolade, Verbandzeug und etwas Munition. in 2000 Meter Höhe kurvt Kuntz über der Stadt. Kein Flakschuß fällt. Dichter Nebel liegt über der Steppe. Beobachter Hans Annen blickt hinüber zu Walther Krebs, dem Funker. Der schüttelt den Kopf: ‚Nichts mehr.‘ Kuntz drückt die Maschine tiefer. Hundert Meter zeigt der Höhenmesser. Achtzig. Bordwart Paske luchst wie ein Wilddieb. Da flattert der Nebel weg: Keine sechzig Meter hoch streifen sie über das zerfurchte, zerklüftete Schlachtfeld. Kuntz reißt die Maschine zurück in sichere Höhe, sucht weiter. Da – sind das nicht Menschen im flatternden Nebel? ‚Raus!‘ ruft er. Und die Ladung rauscht in die Tiefe. Brot fällt in den Schnee von Stalingrad. Fällt neben die Toten, die Erstarrten und die Wenigen, die noch auf den Tod warten. Vielleicht finden es die kleinen Gruppen, die versuchen, sich durchzuschlagen. Viele sind aufgebrochen: Stabsoffiziere mit ganzen Kampfgruppen, wie aus dem Stab des IV. Korps und der 71. I.D. Leutnante und Feldwebel sind bei Nacht und Nebel mit Zügen losmarschiert. Unteroffiziere, Gefreite, Schützen und Artilleristen haben sich zu dritt, zu viert oder gar allein durch die Trümmer aus der Stadt gepirscht. Einzelne Trupps werden später noch bis Mitte Februar von Fliegern in der Steppe gesichtet. Verlieren sich dann. Nur von einem einzigen, einem Unteroffizier einer Flakbatterie – Nieweg -, wird berichtet, daß er durchkam. Aber vierundzwanzig Stunden nach seiner Rettung fiel er auf einem Verbandsplatz der 11. Panzerdivision durch einen unglücklichen Granatwerferschuß.“[2]

Ritterkreuz

Oberleutnant Herbert Kuntz in Farbe.jpg

In der 3. Staffel/KG 100 versenkte Kuntz bei der Schiffsbekämpfung 16 Schiffe und beschädigte 11 weitere. Für diese Leistung und 365 Feindflüge wurde er zur Verleihung des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes eingereicht, das er am 14. März 1943 erhielt.

Terrorflieger

Eine interessante Anekdote fand im Mai 1944 statt. Ritterkreuzträger des Saarlandes Oberleutnant der Reserve Herbert Kuntz war auf Heimaturlaub in Dieflen, als am 11. Mai 1944 abgeschossene Terrorflieger der USAAF, die zuvor Saarbrücken in Schutt und Asche legten[3] und Hunderte Opfer in der Zivilbevölkerung verursachten, in der Ortschaft mit Fallschirm landeten und unter seiner Verantwortung gefangengenommen, aber auch beschützt wurden.

„An dem betreffenden Tag befand ich mich in meinem Heimatort Diefflen in Urlaub und beobachtete bei einem Spaziergang auf der Zipp das Herannahen der 4-motorigen Bomber und die Fallschirmabsprünge. Ich eilte nach Hause, um meinen Fotoapparat (mit Farbfilm) und meinen Dienstausweis zu holen und begab mich in Richtung ‚Kipp‘ und alte Prims, wo ich den einen Fallschirmabsprung vermutete. Dort hatte sich eine größere Menschenmenge zusammengefunden und umgaben - ich hatte den Eindruck ‚drohend‘ - den abgesprungenen Amerikaner. Zwei Arbeitsdienstführer hatten ihn bereits gefangengenommen. Ich präsentierte diesen meinen Ausweis und erklärte: ‚Alles hört auf mein Kommando, Platz machen!‘ Ich stellte mich als Pilot und Oberleutnant der Luftwaffe vor. Der Amerikaner beruhigte sich und bat mich um eine Zigarette. Ich ließ mir von einem Zuschauer eine solche geben. Wir begaben uns dann in Richtung Primsbrücke. Dort stand ein Personenwagen bereit; wir stiegen ein und fuhren zur Volksschule. Von dem Ortsgruppenleiter Paulus (ein sehr korrekter, unbescholtener Mann) wurde mir ein zweiter Amerikaner übergeben, und ich brachte die beiden Gefangenen zum Dillinger Rathaus. Dort war der Rest der Besatzung bereits versammelt, bis auf einen, von dem man mir sagte, er sei verwundet und befinde sich im Dillinger Krankenhaus.“[4]

Endkampf

1945 wurde Kuntz für den Endkampf im Rahmen der Reichsluftverteidigung zum Führer der Fw 190 ausgebildet, mit der er in der in 6. (Mistel-)Staffel/KG 200 (die im November 1944 aus der 8./KG 66 gebildet wurde und im Februar 1945 nach Burg verlegte) Mistel-S2-Kombinationen flog.[5] Ob er zur berühmten „Leonidas“-Staffel gehörte, ist unbekannt.

Im Mai 1945, als das Geschwader sich auflöste, konnte er der Kriegsgefangenschaft umgehen bzw. konnte aus der Gefangenschaft fliehen.

Auszeichnungen (Auszug)

Beförderungen (mit Wirkung vom)

Werk

  • Mein letzter Flug in den Kessel, in: Stalingrad – Der Untergang der 6. Armee. Überlebende berichten, S. 128ff

Fußnoten

  1. He 111 wurden mit je zwei Torpedos als Torpedobomber ausgerüstet. Einige Flugzeuge wurden mit Gleitflugbomben Hs 293 oder als Träger der V1 bestückt. Besonders eigenwillig war die fünfmotorige He 111 Z, die aus zwei He 111 zusammengebaut war. Bemerkenswert waren auch die Versionen He 111 H-8 mit Ballonkabelmessern zum Einsatz gegen Sperrballone und die H-23 als 8-sitziger Transporter für Fallschirmjägereinsätze. He 111 waren an der Vernichtung des Nordmeergeleitzuges PQ-17 ebenso beteiligt wie als Transportflugzeuge bei der Versorgung der 6. Armee in der Schlacht von Stalingrad oder beim Einsatz im Irak 1941.
  2. Paul Carell: Unternehmen Barbarossa, S. 549
  3. Der schwere Tagesangriff der VS-amerikanischen „Fliegenden Festungen“, der eigentlich auf den Hauptbahnhof und die Bahnanlagen abzielt, trifft Wohngebiete und tötet über 200 Menschen. Ließ bislang der regelmäßige Alarm die Saarbrücker nicht zur Ruhe kommen, sind jetzt erstmals seit acht Monaten wieder Opfer zu beklagen. Zwölf Bombenangriffe in drei Monaten. Es ist der Auftakt zu einer Serie von zwölf Angriffen in nur drei Monaten. Strategisches Ziel sind immer wieder die Bahnanlagen. Saarbrücken gilt als wichtiger Umschlagsplatz für den Nachschub an die Westfront. Die Bombardements fordern über 400 zivile Tote. Auch die Zerstörungen im Stadtbild sind groß. Immer mehr Wohnungen werden zerstört. Das öffentliche Leben beginnt empfindlich zu leiden: Immer wieder fallen Gas-, Wasser- und Stromleitungen aus, Straßenbahn- und Eisenbahnstrecken sind zeitweise nicht mehr passierbar. Oft versperren noch die Trümmer des letzten Angriffs die Straßen, wenn schon die nächsten Bomben fallen. Die ständige Gefahr von Blindgängern, die zu jeder Zeit an jedem Ort in die Luft fliegen können, zermürbt die Menschen zusätzlich.
  4. „Operation No. 351“ – Der 11. Mai 1944
  5. Luftwaffe Officer Career Summaries, Section G-K